Temelin: Regierung und Opposition meilenweit auseinander
Grünes Licht für vorläufigen Abschluss des Energiekapitels
Wien (pk) - Die Frage Temelin und die am 29. November 2001 diesbezüglich getroffene Vereinbarung
mit der Republik Tschechien standen heute im Mittelpunkt des Hauptausschusses, der unter Vorsitzführung von
Nationalratspräsident Fischer bzw. Zweitem Präsidenten Thomas Prinzhorn stattfand. Dabei wurde ein von
FPÖ und ÖVP eingebrachter Antrag auf Stellungnahme mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen,
die Anträge auf Stellungnahme der beiden Oppositionsparteien blieben in der Minderheit.
FPÖ UND ÖVP BETONEN RECHTSVERBINDLICHKEIT DER VEREINBARUNG MIT TSCHECHIEN - BEI ZWEIFEL AN UMSETZUNG
WEITERE VERHANDLUNGEN ZUM ENERGIEKAPITEL MÖGLICH
In dem von FPÖ und ÖVP vorgelegten Antrag wird das zuständige Mitglied der Bundesregierung ersucht,
am 10. Dezember 2001 im Rahmen des Rates der Allgemeinen Angelegenheiten den Inhalt des Entschließungsantrages
des Nationalrates vom 21. November 2001 zur Kenntnis zu bringen, und darauf hinzuweisen, dass sich Österreich
vorbehält, insbesondere im Lichte der zwischen der Tschechischen Republik und Österreich erzielten Vereinbarung
vom 29. November 2001 auf das Energiekapitel zurückzukommen. Weiters wird die Außenministerin ersucht,
bei der Erweiterungskonferenz am 12. Dezember 2001 die rechtliche Absicherung dieser Vereinbarung zu thematisieren,
wobei der Hauptausschuss davon ausgeht, dass die Rechtsverbindlichkeit durch die Aufnahme des Verhandlungsergebnisses
in einem Protokoll zur Beitrittsakte erfolgen soll. Der Hauptausschuss hält darüber hinaus ausdrücklich
fest, dass er die Initiative der österreichischen Bundesregierung beim Gipfel von Laeken bezüglich der
Einführung einheitlicher europäischer Sicherheitsstandards für Kernkraftwerke unterstützt und
Österreich weiterhin für den europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie eintritt. Dies gilt insbesondere
für die von Österreich im Rahmen der Energiepartnerschaft angestrebte Nullvariante für das Kernkraftwerk
Temelin.
Die Klubobleute Andreas Khol (V) und Peter Westenthaler (F) wiesen darauf hin, dass das Energiekapitel am Montag
nicht abgeschlossen werde, sondern dass das von der Beitrittskonferenz festgelegte Prinzip gelte, wonach eine Einigung
über Einzelthemen erst dann als endgültig anzusehen sei, sobald eine Gesamteinigung vorliege. Die Kontrolle
der Umsetzung der rechtlich verbindlichen Vereinbarung bis dahin werde durch eine Peer-Review-Group durchgeführt
und sei somit eine Angelegenheit der EU und nicht der tschechischen Atombehörde. Sobald Zweifel an der Umsetzung
bestünden, sei es möglich, auf das Energiekapitel zurückzukommen.
SPÖ UND GRÜNE GEGEN VORLÄUFIGEN ABSCHLUSS DES ENERGIEKAPITELS - VEREINBARUNG MIT TSCHECHIEN FÜR
OPPOSITION UNZUREICHEND
Dem gegenüber bezeichneten die Oppositionsparteien SPÖ und Grüne die in Brüssel ausverhandelte
Vereinbarung als unzureichend, da damit die Entschließung des Nationalrates vom November dieses Jahres nicht
erfüllt werde. Abgeordneter Josef Cap (S) nannte den gegenständlichen Antrag auf Stellungnahme eine "Verwirrungsstrategie"
und "Lachnummer" und zweifelte insbesondere die immer wieder behauptete Rechtsverbindlichkeit der Vereinbarung
an. Der Antrag sei seiner Meinung nach keine Bindung eines Regierungsmitglieds und verpflichte die Außenministerin
lediglich zu einer wirkungslosen Wortmeldung. Ihm fehle jede Erklärung, wie ein hoher Sicherheitsstandard
in der EU erreicht werden soll, außerdem sei der rechtliche Status des Abkommens mit Tschechien unklar.
Die SPÖ legte deshalb einen eigenen Antrag auf Stellungnahme vor, in dem verlangt wird, dem "Kapitel
14: Energie" mit Tschechien, beim Rat der Außenminister nicht zuzustimmen. Der Tagesordnungspunkt solle
daher nicht als ein A-Punkt, über den nicht mehr diskutiert werde, sondern als B-Punkt behandelt werden. Die
Zustimmung solle erst dann erfolgen, wenn die sieben Sicherheitsmängel in einer Vereinbarung verbindlich anerkannt,
deren Behebung mit einem konkreten Zeitplan verbindlich zugesagt wird und wenn seitens der Tschechischen Republik
eine seriöse Durchrechnung der Nulloption vorgenommen worden ist und Ausstiegsvarianten geprüft worden
sind. Klubobmann Khol (V) sprach sich vehement gegen diesen Antrag auf Stellungnahme der SPÖ aus, da man bei
dessen Annahme nicht mehr die Umsetzung der Implementierung der Sicherheitsmaßnahme ab 10. Dezember verlangen
könne.
Abgeordnete Eva Glawischnig (G) bezichtigte den Bundeskanzler der bewussten Irreführung und Täuschung
und widersprach ebenfalls jenen Äußerungen, wonach die Vereinbarung eine rechtliche Absicherung mit
sich bringe. Außerdem würden nicht alle sieben, sondern nur zwei Sicherheitsmängel überprüft.
Ihr wurde entgegen gehalten, dass Bundesrat Schennach (G) die Entschließung der Regierungsfraktionen im Rahmen
der gestrigen Bundesratssitzung unterstützt habe.
Auch die Grünen brachten einen eigenen Antrag auf Stellungnahme ein, worin festgehalten wird, dass die Behebung
der Sicherheitsmängel durch das Brüssel-Abkommen nicht sichergestellt sei, dass ein vorläufiger
Abschluss des Energiekapitels das Ende der Temelin-Verhandlungen bedeute und dass es keine Rechtssicherheit für
das Brüsseler Temelin-Abkommen gebe. Die Grünen treten daher dafür ein, einem vorläufigen Abschluss
der Verhandlungen des Energiekapitels mit Tschechien nicht zuzustimmen, solange nicht garantiert sei, dass die
im Brüsseler Abkommen verankerten Sicherheitsmaßnahmen entsprechend dem internationalen Expertenbericht
im Auftrag der Bundesregierung ergänzt, konkretisiert und finanziert sind oder ein Durchbruch in Richtung
Stilllegung des AKW Temelin erreicht ist.
SCHÜSSEL: STANDARD AN SICHERHEITSGARANTIEN, VERBINDLICHKEIT UND INFORMATION IST MODELLHAFT
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel unterstrich, dass mit der Vereinbarung vom 29. November erstmals ein bilateraler
Vertrag abgeschlossen worden sei, der die Bedingungen für die Weiterführung des Melker Dialogs zum Inhalt
habe, womit ein weiterer Verhandlungsbedarf zum Energiekapitel nicht mehr gegeben sei. Damit werde am 10. Dezember
der Startschuss für die Implementierung und Umsetzung der verbindlichen Maßnahmen gegeben, die Tschechien
zugesagt hat. Der Melker Prozess habe somit einen Standard an Information, Verbindlichkeit und Sicherheitsgarantien
erreicht, für die es kein vergleichbares Modell gebe. Die sieben zentralen Sicherheitsprobleme würden
einer verbindlichen Lösung zugeführt, ein Zeitplan werde am Montag festgelegt, die Kontrolle erfolge
durch eine Peer-Review-Group, und die 21 Auflagen der Umweltverträglichkeitsprüfung würden umgesetzt.
Wie der Bundeskanzler betonte, gelten die Vereinbarungen unabhängig vom Betreiber, die Vereinbarungen würden
im Energiekapitel verankert werden, womit die EU-rechtliche Verbindlichkeit gegeben sei.
Der Bundeskanzler ging auch auf die prinzipielle Frage der nuklearen Sicherheitsstandards ein und nannte diese
als einen Teil der österreichischen Gesamtstrategie. Dabei habe man insofern Erfolge verbuchen können,
als drei Kernkraftwerke mit einem fixen Zeitplan geschlossen würden und die anderen in den Beitrittsländern
sicherheitsmäßig nachgerüstet würden. Im zuständigen Fonds habe Österreich als einziges
Mitgliedsland Mitspracherecht, da es in diesen Fonds auch einzahle. Er werde sich beim kommenden Rat um eine Diskussion
über gesamteuropäische Sicherheitsstandards bemühen, wofür sich auch der belgische Ratsvorsitzende
öffentlich ausgesprochen habe.
OPPOSITION: REGIERUNG RÜCKT VOM MELKER PROZESS AB
ÖVP: VEREINBARUNG IST KONSENS DER VERNUNFT UND VERANTWORTUNG
FPÖ: BASIS FÜR NACHHALTIGEN ERFOLG ATOMPOLITIK ÖSTERREICHS
Abgeordnetem Josef Cap (S) zufolge rückt die Regierung durch die am 29. November getroffene Vereinbarung mit
der Tschechischen Republik vom Melker Prozess ab, da vor allem die Durchrechnung der Nulloption und die Durchführung
der Auflagen der Umweltverträglichkeitsprüfung fehlen. Damit stünde sie auch im Gegensatz zum Entschließungsantrag
des Nationalrates. Seiner Meinung nach ist die Rechtsnatur des Übereinkommens unklar, weil es weder ein Staatsvertrag
noch ein Regierungsübereinkommen sei und daher die Verbindlichkeit angezweifelt werden müsse. Wenn man
am Montag dem Energiekapitel zustimme, dann sei die Chance, das Energiekapitel neuerlich zu öffnen, gleich
Null. Der Bundeskanzler habe Österreich durch diese Vereinbarung in rechtswidriger Form verpflichtet, dass
die Tschechische Atombehörde feststellen könne, ob Sicherheitsmängel vorliegen oder nicht.
Ins selbe Horn stieß Abgeordnete Eva Glawischnig (G), die meinte, dass ein Großteil der Behauptungen
der Regierungsparteien nicht den Tatsachen entspräche. So würden laut Vereinbarung nur zwei Sicherheitspunkte
von der Peer-Review-Group überprüft, nicht aber die anderen fünf Punkte, und nur diese zwei Punkte
fänden sich auch im Energiekapitel wieder. Es gebe auch keine rechtliche Absicherung, denn sogar im FP-VP-Antrag
sei davon die Rede, dass diese Frage nur "thematisiert" werde. Das Ganze sei nur ein bilaterale Absichtserklärung
und deshalb könne das Energiekapitel nicht abgeschlossen werden.
Dem gegenüber bezeichnete Klubobmann Andreas KHOl (V) die Vereinbarung vom 29. November als einen "Konsens
der Vernunft und der Verantwortung", da sich die wesentlichen Sicherheitsvoraussetzungen, die alle vier Parteien
in ihren jeweiligen Entschließungsanträgen formuliert hätten, auch in der Vereinbarung wiederfänden.
Heftig widersprach er Abgeordnetem Cap und betonte ausdrücklich, dass die Kontrolle der Umsetzung dieser rechtlich
verbindlichen Vereinbarung der Regierungschefs durch eine Peer-Review-Group erfolge und damit Angelegenheit der
EU sei. Durch den Antrag auf Stellungnahme der beiden Regierungsparteien sei die Vereinbarung Gegenstand weiterer
Verhandlungen, sobald Zweifel an der Umsetzung aufkommen sollten. Die Einigung über das Energiekapitel erfolge
nicht jetzt, sondern am Schluss. Die Vereinbarung werde auch als Protokoll zum Erweiterungsvertrag den Beitrittsakten
einverleibt, womit diese EU-relevant und beim EuGH einklagbar würde.
Als "tragbar" bezeichnete Klubobmann Peter Westenthaler (F) die erzielte Einigung mit der Tschechischen
Republik und unterstrich seinerseits, dass das Energiekapitel erst mit dem einstimmigen Beschluss im Rat und mit
der Ratifizierung im österreichischen Parlament mit Zwei-Drittel-Mehrheit abgeschlossen werden könne.
Die Vereinbarung sei ein wichtiger Schritt und ein beachtliches Ergebnis, weil sie eine Basis für den nachhaltigen
Erfolg österreichischer Atompolitik darstelle. Im Gegensatz zur Desinformationspolitik von Cap bringe der
heutige Antrag eindeutig und glasklar Licht in die Sprachverwirrung. Er gebe der Außenministerin nicht den
Auftrag mit, das Energiekapitel abzuschließen, sondern beauftrage sie, einen Vorbehalt Österreichs dagegen
geltend zu machen, damit Österreich, wenn notwendig, darauf zurückkommen könne. Der heutige Antrag
beinhalte zweimal die Nullvariante, die weiterhin Ziel bleibe. Damit sei für Österreich jeglicher Handlungsspielraum
gewahrt.
DISKUSSION BRINGT KEINE ANNÄHERUNG DER STANDPUNKTE
Auch im weiteren Verlauf der Diskussion kam es zu keiner Annäherung der Standpunkte zwischen Koalitionsparteien
und Opposition. ÖVP und Freiheitliche beharrten auf ihrer Sicht, wonach das Energiekapitel mit Tschechien
kommende Woche nicht abgeschlossen wird und Österreich auch ohne grundlegende Änderung der Rechtssituation
und ohne Zustimmung der übrigen 14 Mitgliedstaaten die Verhandlungen über das Kapitel wieder aufnehmen
könnte, wie etwa FPÖ-Abgeordneter Karl Schweitzer betonte. Dies ist ihm zufolge durch den von Österreich
im Coreper eingebrachten Vorbehalt sichergestellt. Die Vertreter der Regierungspartein bekräftigten darüber
hinaus, dass im Brüsseler Abkommen alle sieben von Österreich geforderten Sicherheitsaspekte verankert
worden seien und Rechtsverbindlichkeit bestehe.
SPÖ und Grüne ließen sich von diesen Argumenten jedoch nicht überzeugen und machten geltend,
dass die Verhinderung des vorläufigen Abschlusses des Energiekapitels nächste Woche die letzte Chance
für Österreich in der Frage Temelin sei. Abgeordnete Ulrike Sima (S) hielt fest, dass man mit dem Antrag
der Regeierungsfraktionen Temelin akzeptiere.Vorwürfe seitens der ÖVP und der FPÖ, sie würden
Parteiinteressen vor Staatsinteressen stellen und durch die Ablehnung einer gemeinsamen Vorgangsweise die Position
Österreichs schwächen, wiesen die Oppositionsfraktionen als völlig haltlos und absurd zurück.
Massive Kritik an der Opposition kam etwa von Drittem Nationalratspräsidenten Werner Fasslabend (V). Er sei
über die Art und Weise, wie die Diskussion geführt werde, "entsetzt", sagte er, bei einer "so
zentralen Lebensfrage wie Temelin" müsste es das Bestreben aller Parteien sein, einen nationalen Konsens
herzustellen, um eine größtmögliche Wirkung nach außen zu erzielen. Stattdessen würden,
so Fasslabend, SPÖ und Grüne kleinlich agieren.
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Grün-Abgeordnete Eva Lichtenberger wies diesen Vorwurf als völlig haltlos zurück. Ihr zufolge liegt
es nicht an der Opposition, dass keine Vier-Parteien-Einigung zustande gekommen ist. Konsens könne nicht heißen,
dass die Opposition ein Papier, das man ihr vorlege, vorbehaltlos unterschreibe, ohne in die Verhandlungen eingebunden
gewesen zu sein, argumentierte sie.
Abgeordneter Karl Schweitzer (F) schloss sich hingegen der Meinung Fasslabends an, dass sich die Oppositionsparteien
von einer gemeinsamen Position "verabschiedet" hätten und dadurch die Position Österreichs
schwächten. Darüber hinaus bekräftigte er seinen Standpunkt, dass es am Montag zu keinem Abschluss
des Energiekapitels mit Tschechien kommen werde. Aktiv werden muss Österreich Schweitzer zufolge im Hinblick
auf den möglichen Verkauf der tschechischen Energiegesellschaft an die französische EDF, da ein solcher
allen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen der EU widersprechen würde. "Das kann so nicht laufen."
Umweltminister Wilhelm Molterer unterstrich, Tschechien habe sich verpflichtet, unabhängig von der Eigentümergesellschaft
die im Brüsseler Abkommen vereinbarten Sicherheitsstandards zu garantieren. Ihm zufolge sind darüber
hinaus im Abkommen alle sieben Sicherheitspunkte enthalten und könnten nach einem EU-Beitritt Tschechiens
in ihrer Gesamtheit beim EuGH eingeklagt werden. Molterer wies außerdem auf das Lob des deutschen Umweltministers
Jürgen Trittin für das Verhandlungsergebnis hin.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bekräftigte in einer weiteren Stellungnahme, Österreich habe mehr
erreicht als je zuvor. "Darauf können wir doch gemeinsam stolz sein." Er verstehe nicht, meinte
der Kanzler, warum man aus dem Durchbruch auf europäischer Ebene, an dem auch die Opposition beteiligt sei,
einen "kleinlichen Parteienstreit" mache.
Die Bedenken der Opposition sind nach Ansicht von Schüssel unbegründet, schließlich werde das gesamte
Brüsseler Abkommen beim EuGH einklagbar sein. Zudem gibt es ihm zufolge den Begriff "vorläufiger
Abschluss" in der EU-Sprache nicht, vielmehr werde kommende Woche lediglich festgestellt, dass es im Augenblick
keinen weiteren Verhandlungsbedarf mit Tschechien über das Energiekapitel gebe. "Wir geben grünes
Licht für einen Sicherheitsprozess im Interesse Österreichs", versicherte Schüssel.
Abgeordnete Barbara Prammer (S) mahnte von Bundeskanzler Schüssel eine klare Stellungnahme zum Anti-Temelin-Volksbegehren
ein. Sie fragte sich außerdem, was die Freiheitlichen tun werden, wenn Tschechien alle Punkte des Brüsseler
Abkommens - die schließlich nicht mit dem Melker Prozess ident seien - erfülle.
Abgeordnter Georg Schwarzenberger (V) begrüßte zwar das Lob des deutschen Umweltministers für das
Verhandlungsergebnis, meinte jedoch, es wäre hilfreicher gewesen, wenn sich Trittin an den Verhandlungen beteiligt
hätte.
Abgeordnte Eva Glawischnig (G) wies Vorwürfe, die Position der Opposition erzeuge Irritationen auf EU-Ebene
zurück und betonte, das einzige, was Irritationen auslöse, seien die Veto-Drohungen der FPÖ. Im
Übrigen vertrat auch sie die Auffassung, dass die geplante Übernahme der tschechischen Energiegesellschaft
durch die französische EDF auf EU-Ebene diskutiert werden müsse.
Abgeordneter Gerhard Fallent (F) bekräftigte nochmals, das Energiekapitel mit Tschechien werde am Montag nicht
abgeschlossen, die "Nullvariante" sei im vorliegenden Antrag der Regierungsparteien enthalten und habe
Priorität, eine Rechtsverbindlichkeit des Brüsseler Abkommens sei gegeben.
Kontrovers wie die Diskussion fiel auch das abschließende Resümee der vier Fraktionen zur Frage Temelin
aus. SPÖ-Klubobmann Josef Cap meinte, die Regierungsparteien würden sich eine eigene Wirklichkeit schaffen.
Er sieht in der Zustimmung zum SPÖ-Antrag die letzte Möglichkeit, das Energiekapitel mit Tschechien nicht
endgültig zu schließen. Auch Abgeordnete Eva Lichtenberger (G) wertete die Regierungslinie als "widersprüchlich
in sich und absurd". Für sie ist es außerdem immer noch offen, ob es nun ein Veto gegen den EU-Beitritt
Tschechiens geben werde oder nicht.
ÖVP-Obmann Andreas Khol erklärte, er sei nicht überrascht, dass die SPÖ ihre Meinung nicht
geändert habe, letztlich aber doch enttäuscht. Seiner Meinung nach hat die SPÖ einmal mehr "die
Linie der Vernunft und der Staatspolitik verlassen". FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler (F) ortet Uneinigkeit
innerhalb der SPÖ und der Grünen.
Neben der Causa Temelin kamen bei den Beratungen des Hauptausschusses auch kurz der zur Weiterentwicklung der EU-Verträge
in Aussicht genommene Konvent und das Thema Verkehr zur Sprache. Grün-Abgeordnete Lichtenberger unterstrich
die Notwendigkeit, dass der Konvent ein Verfassungskonvent werde und einen Demokratie-Schub bringe. Bezüglich
des Verkehrskapitels mahnte sie die Ausarbeitung von Vorschlägen seitens der Regierung zu einer Übergangsregelung
für den Transitvertrag ein und urgierte jedenfalls numerische Obergrenzen. Lichtenberger forderte außerdem
die Abhaltung einer weiteren Sitzung des Hauptausschusses zum Rat in Laeken und wertete es als "parlamentarisches
Desaster", dass eine solche nicht vorgesehen sei.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hielt dazu fest, Österreich wolle, dass der Transitvertrag so lange verlängert
werde, bis eine neue Wegekostenrichtlinie der EU in Kraft trete. Die EU-Kommission müsse sich möglichst
bald deklarieren, unterstrich er.
WETERE THEMEN DES EUROPÄISCHEN RATS VON LAEKEN
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel informierte die Abgeordneten auch über die weiteren Themen des kommenden
Rats von Laeken, der sich unter anderem auch mit der Debatte über die Zukunft Europas befasst. Es werde einen
Beschluss über den Konvent geben, der jedoch die spätere Regierungskonferenz nicht binden werde. Eine
wesentliche Frage dabei werde diejenige des Präsidenten sein, wofür mehrere qualifizierte Personen genannt
worden seien. In einem weiteren Thema werde man sich mit Terrorismusbekämpfung befassen, wobei es einige Fortschritte
gegeben habe. In strafrechtlicher Hinsicht habe man gemeinsame Definitionen finden können, zum Beispiel hinsichtlich
der Fälschung des Euro, Menschenhandel und Schlepperei, weit seien die Gespräche zum illegalen Drogenhandel
und zur Kinderpornographie gelangt. Die Justizminister hätten am vergangenen Donnerstag den Beschluss zu Eurojust
gefasst, zum europäischen Haftbefehl gebe es eine Einigung von 14 Staaten, außer Italien, und bei der
Auslieferung eigener Staatsbürger, die in drei Jahren in Kraft trete, habe Minister Böhmdorfer eine individuelle
Übergangsfrist von weiteren fünf Jahren erzielen können.
Bei der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik habe es deutliche Fortschritte gegeben und die belgische
Ratspräsidentschaft habe Österreich Unterstützung für Übergangsregelungen in der Transitfrage
zugesagt. Österreich unterstütze auch die Frage des Gemeinschaftspatents, das an der Sprachenfrage gescheitert
sei.
Von den außenpolitischen Themen würden der Nahe Osten, Afghanistan und der Westbalkan zur Sprache kommen,
informierte Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. |