Schüssel:
Erste Verhandlung mit FPÖ war Sachdiskussion
Am Donnerstag fand Gesprächsrunde zwischen ÖVP und FPÖ im Bundeskanzleramt statt
Wien (bpd) - Nach der Erteilung des Auftrags zur Regierungsbildung durch Bundespräsident Klestil
an Bundeskanzler Schüssel fand am Donnerstag (05. 12.) als zweites der Gespräche
mit den drei Parlamentsparteien eine Verhandlungsrunde mit der FPÖ im Bundeskanzleramt statt. "Ich habe
den gleichen Problemaufriss dargestellt wie bei den Sozialdemokraten. Wir hatten ein sehr substantielles Gespräch.
Diese Verhandlung war eine echte Sachdiskussion", so Bundeskanzler Schüssel. Schüssel wies jedoch
auch daraufhin, dass man sehr offen über die Irritationen in der Vergangenheit gesprochen habe. "Das
sind Themen, die man selbstverständlich auch jetzt ansprechen muss. Wir haben in den nächsten Wochen
große europapolitische Weichenstellungen vor uns. Daher müssen wir sicher sein, dass Österreich
diese zentrale Rolle in Europa auch wirklich spielen will, die wir spielen können", betonte der Bundeskanzler.
In der heutigen Verhandlungsrunde mit der FPÖ wurden weiterführende Gespräche in Arbeitskreisen
vereinbart. Diese werden nächste Woche erstmals zusammentreten. In der Woche vor Weihnachten ist dann ein
Plenargespräch geplant.
Schüssel wies daraufhin, dass es vor allem wichtig sei, in den folgenden Verhandlungen mit allen drei Parteien
die "Problemzonen" anzusprechen. Dazu gehören vor allem die Folgen der Konjunkturschwäche sowie
Reformen in der Verwaltung und im Gesundheits- und Pensionssystem. "Die bisher geführten Gespräche
waren sehr substanzreich. Wir werden jedenfalls solange verhandeln, bis wir eine starke österreichische Bundesregierung
bilden können", so Schüssel. |
Cap
bezweifelt, dass ÖVP ernsthafte Gespräche mit der SPÖ führt
Kassasturz wesentliche Voraussetzung, um notwendige Maßnahmen für Budget 2003 und 2004
bewerten zu können
Wien (sk) - Man sei bei den Sondierungsgesprächen mit der ÖVP derzeit im Stadium der "Pflanzerei",
sagte der gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap Donnerstag (05.12.) in einer Pressekonferenz.
"Die ÖVP ist nicht daran interessiert, Budgetzahlen auf den Tisch zu legen. Die SPÖ wird schriftlich
die notwendigen Unterlagen einfordern, die für einen Kassasturz notwendig sind. Wir erwarten uns darauf auch
eine schriftliche Antwort bis zur nächsten Gesprächsrunde, um eine möglichst hohe Transparenz in
den Gesprächen mit der ÖVP zu erreichen", so Cap. Ein Kassasturz sei die wesentliche Voraussetzung
dafür, um bewerten zu können, welche Maßnahmen für die Budgets 2003 und 2004 notwendig seien.
Cap habe den Eindruck, dass die ÖVP die "Wirklichkeit" verheimlichen wolle und Auskünfte verweigert,
weil sie ohnedies mit der FPÖ die eigentlichen Gespräche führt. Das erhöhe natürlich die
Skepsis in der SPÖ.
Die ÖVP solle gleich sagen, dass sie mit der FPÖ weitermachen wolle und nicht irgendwelche Ehren- und
Beschäftigungsrunden drehen. Cap wies darauf hin, dass die SPÖ in den letzten zweieinhalb Jahren in der
Opposition gewesen sei und daher über die Budgetlage nicht im gleichem Ausmaß wie die ÖVP Bescheid
wisse. "Wenn man nicht den gleichen Wissens- und Informationsstand will, dann heißt das, man will keine
fairen Gespräche", so Cap. "Ein Kassasturz ist nicht nur eine Momentaufnahme und kann sich daher
nicht alleine in der Darstellung des Erfolgs des Budgets 2002 erschöpfen. Die Budgetlage gibt den finanziellen
Rahmen für alle Politikfelder vor", unterstrich der gf. SPÖ-Klubobmann.
Cap wies darauf hin, dass man einen Kassasturz nicht einfach mit einem A4-Blatt abhandeln könne und weiter
dazu nichts sage. Nicht einmal über das Defizit 2002 gebe es fundierte Zahlen, denn es gebe unterschiedliche
Prognosen vom Wifo mit 1,5 Prozent, von der Nationalbank mit 1,6 Prozent, vom Finanzminister mit 1,3 Prozent und
von der EU mit 1,8 Prozent. Hätte es keine Neuwahlen gegeben, würden wir jetzt über das Budget 2003
im Parlament debattieren. Der Finanzminister hätte längst seine Budgetrede gehalten. "Es kann uns
niemand erzählen, dass es daher nicht schon längst Verhandlungen zwischen dem Finanzminister und den
Ressortchefs über das Budget gegeben hat." Cap schließt daraus ebenfalls, dass die ÖVP an
ernsthaften Gesprächen mit der SPÖ nicht interessiert sei.
Wie sehr die Skepsis der SPÖ angebracht sei, zeigen die Zahlen. So habe es 2002 die größte Abweichung
des Budget-Vollzugs vom Voranschlag in der Zweiten Republik gegeben. Das Budget ist in unvorhergesehenem Ausmaß
und mit einer besorgniserregenden Tendenz aus dem Ruder gelaufen. Der Finanzminister habe noch Mitte 2002 von einem
Nulldefizit für 2002 gesprochen. Es bestehe daher die berechtigte Befürchtung, dass sich diese Tendenz
2003 und in den folgenden Jahren verstärkt. Es sei ein legitimes Interesse, über diese Entwicklung genau
informiert zu sein.
Zu den notwendigen Unterlagen, die von ÖVP bis zu den nächsten Sondierungsgesprächen Mitte Dezember
vorzulegen seien, gehören unter anderem die Annahmen für die Eckdaten der volkswirtschaftlichen Entwicklung
für die Jahre 2003 bis 2006, darauf basierend eine Einnahmenschätzung, eine Schätzung der großen
Ausgabenblöcke Pensionszuschuss, Arbeitslosenversicherung, Beamte oder ÖBB, eine Schätzung der gesamten
budgetwirksamen Ausgaben unter der Annahme, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen unverändert fortgeschrieben
werden, eine Darstellung der daraus resultierenden Defizite, eine Darstellung des Budgetpfades, zu dem Österreich
die letzte Regierung in der EU verpflichtet hat und der daraus resultierende jährliche Konsolidierungsbedarf.
Als weiteren Hinweis dafür, dass es die ÖVP mit der SPÖ nicht ernst meine, seien die Geheimverhandlungen
des Finanzministers über den Ausverkauf der Post AG parallel zu den Sondierungsgesprächen. Die Opposition
sei darüber nicht informiert worden. Für Cap ist das ein Skandal, weil es hier um Strategien über
die Positionierung und den Ausverkauf der ÖIAG gehe, die eine Angelegenheit der zu bildenden Regierung sei.
"Welche Basis haben die Sondierungsgespräche mit einer Partei unter der Perspektive von ernsthaften Regierungsverhandlungen,
wenn ungeniert parallel dazu Geheimverhandlungen erfolgen", kritisierte der gf. Klubobmann. |