Beschaffenheit und Eigenschaften von Kohlenstoff-Nanostrukturen
Wien (fwf) - 1985 kam es zu einer zukunftsträchtigen Entdeckung: Fullerene - winzige, nur nanometer-große
Kohlenstoffbällchen traten ins Blickfeld der internationalen Wissenschaft. Wenig später (1991) richtete
sich das wissenschaftliche Rampenlicht auch auf die sog. Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Mittlerweile hat sich durch
die Entdeckung von verbesserten Herstellungsverfahren (1996) ein viel-beachtetes Forschungsgebiet entwickelt, das
die Beschaffenheit und die Eigenschaften dieser Strukturen
analysiert.
Diese Moleküle, deren Größe etwa dem Tausendstel des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht,
könnten die Bausteine für die künftige Informations- und Energie-technologie sein. Thomas Pichler
hat durch seine Forschungsarbeit am Institut für Materialphysik der Universität Wien, unterstützt
vom FWF, einen wesentlichen Beitrag zum grundlegenden Ver-ständnis der elektronischen Struktur der Moleküle
geleistet und dafür vor kurzem den Fritz-Kohlrausch-Preis der Österreichischen physikalischen Gesellschaft
erhalten.
Transistoren, die aus nur einem einzigen Molekül bestehen, Flachbildschirme, molekulare Getriebe und Speicher,
Wälzlager und Teleskopfedern – all dies könnte in absehbarer Zeit mit Kohlenstoff-Nanostrukturen hergestellt
werden. Sie sind extrem zug- und scherfest, haben höchste Biegsamkeit und können isolierende, halbleitende,
metallische oder auch supraleitende Eigenschaften aufweisen. Sie sind die idealen Bausteine für die molekulare
Nanoelektronik. Genaue Kenntnisse über ideale Herstellungsmethoden, Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionalitäten
sind daher der Schlüssel zu einer Technologie neuen Charakters. „Wir haben anhand optischer Spektroskopie
und im Vergleich zu Messungen mittels Hochenergiespektroskopie (durchgeführt am IFW-Dresden) an Modell-Strukturen
von Fullerenen und Kohlenstoff-Nanoröhrchen dargestellt, wie die elektronische Struktur und die optischen
Eigenschaften dieser Nanostrukturen von ihrer Größe, der lokalen molekularen Struktur und der Leitfähigkeit
abhängen“, erklärt Pichler.
So wird etwa die elektronische Struktur der Nanomoleküle bis zu einer Teilchengröße von 4 Nanometern
herab durch Graphit bestimmt. Erst bei kleineren Teilchen kommt die molekulare Elektronenstruktur zum Tragen.
Gezielte Strukturveränderungen
Pichler widmete sein Interesse aber nicht nur der Analyse der Eigenschaften, sondern auch der gezielten Veränderung
der elektronischen und strukturellen Eigenschaften der Kohlenstoffnanostrukturen. „Auch auf die Art und Dynamik
der Ladungsträger der Nanostrukturen haben wir besonderes Augenmerk gelegt. Es ist uns gelungen, Fullerene
und Nanoröhrchen mit Metallionen zu befüllen und den Ladungstransfer sowie die gegenseitigen Wechselwirkungen
zwischen Fullerenenkäfig und Metallionen zu untersuchen. Unsere Ergeb-nisse sind Schlüsselwerte für
die weitere Arbeit mit Kohlenstoff-Nanostrukturen“, erläutert Pichler. Er hat bereits weitere Projekte, auch
in Zusammenarbeit mit der Industrie in Planung, so etwa die Herstellung von gezielt funktionalisierten Nanoröhrchen
und Untersuchungen des Inneren von gefüllten Nanoröhrchen. |