Wissenschaftspreis der Stadt Innsbruck 2002 vergeben
Innsbruck (rms) - Der Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für die wissenschaftliche Forschung an der Universität Innsbruck wurde heuer in den Bereichen Medizin und Naturwissenschaften verliehen. Überwiegend ausländische Gutachter wählten drei Wissenschafter und eine Forschergruppe aufgrund ihrer hervorragenden Arbeiten aus 14 Antragstellern aus.

Am Freitag (13. 12.) übergab Bürgermeisterin Hilde Zach im Rahmen einer Feierstunde auf der Weiherburg Urkunden und Preise im Gesamtwert von 17.400 Euro. Die Preisträger sind von der Medizinischen Fakultät Dr. Sibylle Tonko-Geymayer und von der naturwissenschaftlichen Fakultät das Forschungsteam Univ.-Prof. Dr. Helmut Bauer und Dr. Stefan Mayr sowie Dr. Alexandra Koschak und Dr. Barbara Knoflach-Thaler.

Bürgermeisterin Hilde Zach hob die großartigen Leistungen der Wissenschafter hervor und ließ nicht unerwähnt, dass von den fünf Preisträgern drei Frauen sind. Zach betonte auch den Willen der Stadt, eine studentenfreundliche Stadt zu sein. Der früher oft strapazierte "Elfenbeinerne Turm" gehöre längst der Vergangenheit an, die Uni stehe mitten im Leben von Stadt und Land, in vielen Bereichen gebe es eine fruchtbare Zusammenarbeit. Auch dass Innsbruck unter großer Konkurrenz den Zuschlag für das Sekretariat der Alpenkonvention bekommen hat, sei u. a. auch der UNI Innsbruck für die europaweit anerkannte Alenforschung zu danken, so Zach.

Vizerektor Uni.-Prof. Dr.Peter Loidl erläutere einleitend den mehrfachen Wert des Preises, einerseits für die Preisträger, deren lange Jahre dauernde mühsame Forschungsarbeit gewürdigt wird, und anderseits für die Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für die Bedeutung der Forschung sowie für das Ansehen der Universität. Anschließend stellte Vizerektor Loidl die Preisträger vor.

Die Preisträger und ihre Arbeiten:
Das Forscherteam Helmut Bauer und Stefan Mayr vom Institut für Botanik beschäftigt sich schon seit Jahren mit den Ursachen für die Entstehung der alpinen Waldgrenze. In dieser Höhe stoßen die Nadelbäume an ihre Wachstumsgrenze. Ihr Leben und Überleben und damit auch die Schutzwaldfunktion der Bergwälder, durch die die Besiedlung in den Tälern erst gesichert wird, ist aber durch viele Stressfaktoren gefährdet. Das Forscherteam konzentrierte sich in ihren Untersuchungen auf den Stressfaktoren Pilzinfektion und Frosttrocknis der Fichten. Die zunehmende Erkrankung der Fichtennadeln mit dem Fichtennadelblasenrost - zu erkennen an der Gelbfärbung der Nadeln - wurde bisher als eher harmlos angesehen. Die Innsbrucker Wissenschaftler konnten aber zeigen, dass die Infektion die Photosyntheseaktivität der betroffenen Nadeln zum Erliegen bringt. Dabei sind junge Bäume stärker beeinträchtigt, womit die natürliche Verjüngung, aber auch die Aufforstung an der Waldgrenze gefährdet wird. Es gibt aber auch Fichten, die gegen die Pilzinfektion resistent sind. Ein nächster Schritt der Untersuchungen wird die Klärung der Resistenzmechanismen sein, um genetisch besser angepasste Fichtensorten für die Aufforstung zu finden.

In der zweiten Untersuchung konnten die Wissenschaftler erstmals zeigen, dass Frosttrocknis im Winter sogenannte "Embolien" im Wassertransportsystem der Fichten auslöst: eindringende Luftblasen unterbrechen die Wasserleitung im Bereich des Holzes, wodurch die Wasserversorgung von pflanzlichen Organen beeinträchtigt wird und im weiteren sogar zum Absterben der Bäume führen kann. Die Ergebnisse aus diesen Forschungen zeigen, dass komplexe Wechselwirkungen biotischer und abiotischer Faktoren die Entstehung der Waldgrenze verursachen und die variierende Höhe der Waldgrenze und die Dominanz verschiedener Baumarten bedingen.

Die Forschungsobjekte von Barbara Knoflach-Thaler vom Institut für Zoologie sind wenige Millimeter große Eintasterspinnen, deren bemerkenswerte Sexualbiologie unter dem Mikroskop erstmals untersucht wurde. Die Eintasterspinnen- Männchen, die deutlich kleiner sind als die Weibchen, besitzen als einzige Spinnenart nur einen Taster, mit dem die Spermien übertragen werden. Der Geschlechtsakt besteht aus einem einmaligen Einführen des Tasters und ist bei allen untersuchten Arten mit dem Tod und Verzehr des Männchen verbunden. Dieser Sexualkannibalismus ist einmalig in der Familie der Kugelspinnen, zu denen die Eintasterspinnen gehören. Quasi als "Hochzeitsgeschenk" stellen die Männchen ihren Körper zum Verzehr zur Verfügung, der damit unmittelbar, und nicht nur über die Samen, in die Produktion der Nachkommen eingeht. Das Weibchen profitiert im "Konflikt der Geschlechter" auf verschiedene Weise: Durch die Befruchtung durch mehrere Männchen bekommt es zusätzliche Mahlzeiten und es erhöht sich die genetische Vielfalt der Nachkommenschaft. Aufgrund der Vielmännerei der Weibchen und der letalen Ein-Frau-Beziehung der Männchen zeichnet sich auch - im Vergleich zu den meisten anderen Gliedertieren - eine Umkehr der Geschlechterrolle ab: Weibchen müssen bei den untersuchten Eintasterspinnen um Männchen werben und sind auch ausgesprochen aktiv.

In der Arbeit von Alexandra Koschak vom Institut für Pharmazie werden die funktionellen und pharmakologischen Eigenschaften von Klasse D L-Typ Kalziumkanäle beschrieben. Spannungsabhängige Kalziumkanäle sind Eiweißkomplexe in der Plasmamembran von elektrisch erregbaren Zellen, die bei elektrischer Erregung geöffnet werden und damit den Einstrom von Kalzium ins Zellinnere ermöglichen. Diese Kanäle können durch bestimmte Pharmaka - sogenannten Kalziumantagonisten - blockiert werden. Beim Menschen wirken Kalziumantagonisten vorwiegend auf Kanäle im Herz-Kreislauf-System und werden etwa bei der Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt. Koschak fand heraus, dass diese D Kalziumkanäle ein ganz spezifisches Öffnungs- und Schließverhalten besitzen und eine geringe Sensitivität gegenüber einer speziellen Gruppe von Kalziumantagonisten - den Dihydropyriden - besitzen, sodass bei konventioneller Therapie mit Kalziumantagonisten diese Kanäle nicht blockiert werden. Diese neu entdeckten Eigenschaften machen Klasse D Kanäle zu einem interessanten Zielprotein für eine neue Generation von Kalziumkanalmodulatoren.

Als Preisträgerin der Medizin wurde Sibylle Tonko-Geymayer vom Institut für Medizinische Chemie und Biochemie ausgewählt. Sie entdeckte neue molekulare Mechanismen, die bei der Entwicklung gesunder Milchdrüsen bei Frauen eine entscheidende Rolle spielen. Ihr Interesse galt dabei dem sogenannten Prolaktin Rezeptor - JAK - STAT Signaltransduktionsweg, der für die Entwicklung und Differenzierung der Milchdrüsen notwendig ist und mit dem das Hormon Prolaktin Signale von der Zellmembran zur DNA im Zellkern überträgt. In den beiden für den Preis eingereichten Arbeiten konnte gezeigt werden, wie dieser Weg durch andere Hormone und Wachstumsfaktoren positiv und negativ beeinflusst wird. Ihre Arbeiten sind von besonderer Relevanz für die Aufklärung der molekularen Ursachen von Brustkrebs. Denn Erkenntnisse über die molekularen Ereignisse bei der normalen Entwicklung der Brustdrüsen können mithelfen, das Entstehen entarteter Brustdrüsenzellen besser zu verstehen und mögliche Ansatzstellen einer effektiveren Behandlung des Mammakarzinoms aufzeigen.
 
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