Innsbruck (rms) - Der Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für die wissenschaftliche
Forschung an der Universität Innsbruck wurde heuer in den Bereichen Medizin und Naturwissenschaften verliehen.
Überwiegend ausländische Gutachter wählten drei Wissenschafter und eine Forschergruppe aufgrund
ihrer hervorragenden Arbeiten aus 14 Antragstellern aus.
Am Freitag (13. 12.) übergab Bürgermeisterin Hilde Zach im Rahmen einer Feierstunde
auf der Weiherburg Urkunden und Preise im Gesamtwert von 17.400 Euro. Die Preisträger sind von der Medizinischen
Fakultät Dr. Sibylle Tonko-Geymayer und von der naturwissenschaftlichen Fakultät das Forschungsteam Univ.-Prof.
Dr. Helmut Bauer und Dr. Stefan Mayr sowie Dr. Alexandra Koschak und Dr. Barbara Knoflach-Thaler.
Bürgermeisterin Hilde Zach hob die großartigen Leistungen der Wissenschafter hervor und ließ nicht
unerwähnt, dass von den fünf Preisträgern drei Frauen sind. Zach betonte auch den Willen der Stadt,
eine studentenfreundliche Stadt zu sein. Der früher oft strapazierte "Elfenbeinerne Turm" gehöre
längst der Vergangenheit an, die Uni stehe mitten im Leben von Stadt und Land, in vielen Bereichen gebe es
eine fruchtbare Zusammenarbeit. Auch dass Innsbruck unter großer Konkurrenz den Zuschlag für das Sekretariat
der Alpenkonvention bekommen hat, sei u. a. auch der UNI Innsbruck für die europaweit anerkannte Alenforschung
zu danken, so Zach.
Vizerektor Uni.-Prof. Dr.Peter Loidl erläutere einleitend den mehrfachen Wert des Preises, einerseits für
die Preisträger, deren lange Jahre dauernde mühsame Forschungsarbeit gewürdigt wird, und anderseits
für die Stärkung des öffentlichen Bewusstseins für die Bedeutung der Forschung sowie für
das Ansehen der Universität. Anschließend stellte Vizerektor Loidl die Preisträger vor.
Die Preisträger und ihre Arbeiten:
Das Forscherteam Helmut Bauer und Stefan Mayr vom Institut für Botanik beschäftigt
sich schon seit Jahren mit den Ursachen für die Entstehung der alpinen Waldgrenze. In dieser Höhe stoßen
die Nadelbäume an ihre Wachstumsgrenze. Ihr Leben und Überleben und damit auch die Schutzwaldfunktion
der Bergwälder, durch die die Besiedlung in den Tälern erst gesichert wird, ist aber durch viele Stressfaktoren
gefährdet. Das Forscherteam konzentrierte sich in ihren Untersuchungen auf den Stressfaktoren Pilzinfektion
und Frosttrocknis der Fichten. Die zunehmende Erkrankung der Fichtennadeln mit dem Fichtennadelblasenrost - zu
erkennen an der Gelbfärbung der Nadeln - wurde bisher als eher harmlos angesehen. Die Innsbrucker Wissenschaftler
konnten aber zeigen, dass die Infektion die Photosyntheseaktivität der betroffenen Nadeln zum Erliegen bringt.
Dabei sind junge Bäume stärker beeinträchtigt, womit die natürliche Verjüngung, aber auch
die Aufforstung an der Waldgrenze gefährdet wird. Es gibt aber auch Fichten, die gegen die Pilzinfektion resistent
sind. Ein nächster Schritt der Untersuchungen wird die Klärung der Resistenzmechanismen sein, um genetisch
besser angepasste Fichtensorten für die Aufforstung zu finden.
In der zweiten Untersuchung konnten die Wissenschaftler erstmals zeigen, dass Frosttrocknis im Winter sogenannte
"Embolien" im Wassertransportsystem der Fichten auslöst: eindringende Luftblasen unterbrechen die
Wasserleitung im Bereich des Holzes, wodurch die Wasserversorgung von pflanzlichen Organen beeinträchtigt
wird und im weiteren sogar zum Absterben der Bäume führen kann. Die Ergebnisse aus diesen Forschungen
zeigen, dass komplexe Wechselwirkungen biotischer und abiotischer Faktoren die Entstehung der Waldgrenze verursachen
und die variierende Höhe der Waldgrenze und die Dominanz verschiedener Baumarten bedingen.
Die Forschungsobjekte von Barbara Knoflach-Thaler vom Institut für Zoologie sind wenige Millimeter
große Eintasterspinnen, deren bemerkenswerte Sexualbiologie unter dem Mikroskop erstmals untersucht wurde.
Die Eintasterspinnen- Männchen, die deutlich kleiner sind als die Weibchen, besitzen als einzige Spinnenart
nur einen Taster, mit dem die Spermien übertragen werden. Der Geschlechtsakt besteht aus einem einmaligen
Einführen des Tasters und ist bei allen untersuchten Arten mit dem Tod und Verzehr des Männchen verbunden.
Dieser Sexualkannibalismus ist einmalig in der Familie der Kugelspinnen, zu denen die Eintasterspinnen gehören.
Quasi als "Hochzeitsgeschenk" stellen die Männchen ihren Körper zum Verzehr zur Verfügung,
der damit unmittelbar, und nicht nur über die Samen, in die Produktion der Nachkommen eingeht. Das Weibchen
profitiert im "Konflikt der Geschlechter" auf verschiedene Weise: Durch die Befruchtung durch mehrere
Männchen bekommt es zusätzliche Mahlzeiten und es erhöht sich die genetische Vielfalt der Nachkommenschaft.
Aufgrund der Vielmännerei der Weibchen und der letalen Ein-Frau-Beziehung der Männchen zeichnet sich
auch - im Vergleich zu den meisten anderen Gliedertieren - eine Umkehr der Geschlechterrolle ab: Weibchen müssen
bei den untersuchten Eintasterspinnen um Männchen werben und sind auch ausgesprochen aktiv.
In der Arbeit von Alexandra Koschak vom Institut für Pharmazie werden die funktionellen und
pharmakologischen Eigenschaften von Klasse D L-Typ Kalziumkanäle beschrieben. Spannungsabhängige Kalziumkanäle
sind Eiweißkomplexe in der Plasmamembran von elektrisch erregbaren Zellen, die bei elektrischer Erregung
geöffnet werden und damit den Einstrom von Kalzium ins Zellinnere ermöglichen. Diese Kanäle können
durch bestimmte Pharmaka - sogenannten Kalziumantagonisten - blockiert werden. Beim Menschen wirken Kalziumantagonisten
vorwiegend auf Kanäle im Herz-Kreislauf-System und werden etwa bei der Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt.
Koschak fand heraus, dass diese D Kalziumkanäle ein ganz spezifisches Öffnungs- und Schließverhalten
besitzen und eine geringe Sensitivität gegenüber einer speziellen Gruppe von Kalziumantagonisten - den
Dihydropyriden - besitzen, sodass bei konventioneller Therapie mit Kalziumantagonisten diese Kanäle nicht
blockiert werden. Diese neu entdeckten Eigenschaften machen Klasse D Kanäle zu einem interessanten Zielprotein
für eine neue Generation von Kalziumkanalmodulatoren.
Als Preisträgerin der Medizin wurde Sibylle Tonko-Geymayer vom Institut für Medizinische Chemie
und Biochemie ausgewählt. Sie entdeckte neue molekulare Mechanismen, die bei der Entwicklung gesunder
Milchdrüsen bei Frauen eine entscheidende Rolle spielen. Ihr Interesse galt dabei dem sogenannten Prolaktin
Rezeptor - JAK - STAT Signaltransduktionsweg, der für die Entwicklung und Differenzierung der Milchdrüsen
notwendig ist und mit dem das Hormon Prolaktin Signale von der Zellmembran zur DNA im Zellkern überträgt.
In den beiden für den Preis eingereichten Arbeiten konnte gezeigt werden, wie dieser Weg durch andere Hormone
und Wachstumsfaktoren positiv und negativ beeinflusst wird. Ihre Arbeiten sind von besonderer Relevanz für
die Aufklärung der molekularen Ursachen von Brustkrebs. Denn Erkenntnisse über die molekularen Ereignisse
bei der normalen Entwicklung der Brustdrüsen können mithelfen, das Entstehen entarteter Brustdrüsenzellen
besser zu verstehen und mögliche Ansatzstellen einer effektiveren Behandlung des Mammakarzinoms aufzeigen. |