EU-Gipfel
 Schüssel: Bin dazu da, österreichische Interessen zu vertreten
Bundeskanzler beharrt vor Kopenhagener Gipfel auf Lösungen gemäß der schon einmal getroffenen Vereinbarungen
Wien (övp-pk) - "Wir beharren schlicht darauf, dass wir Beschlüsse, die wir schon einmal gemeinsam getroffen haben, jetzt auch gemeinsam umsetzen", sagte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel bei der Pressekonferenz mit Außenministerin Dr. Benita Ferreo-Waldner am Mittwoch (11. 12.) zu den offenen Fragen im Bereich Verkehr und Melker Prozess vor dem EU-Gipfel von Kopenhagen. "Wir gehen mit Zuversicht, aber auch der notwendigen Festigkeit in diese Schlussrunde in Kopenhagen", so der Kanzler, der ergänzte: "Ich bin dazu da, dass ich österreichische Interessen vertrete, und das tue ich auch."

Sowohl das Energiekapitel als auch das Verkehrskapitel seien unter der Voraussetzung geschlossen worden, dass es zu Lösungen komme, "und darauf bestehen wir." Bisher habe man aber in der Frage der Verkehrsströme "ein sehr enttäuschendes Ergebnis" gesehen, das deutlich von dem abweiche, was schon einmal einstimmig beim EU-Gipfel in Laeken erzielt worden sei. Dementsprechend gebe es einen "sehr vernünftigen Vorschlag" der Europäischen Kommission, der in Österreich nicht nur Freude ausgelöst habe, zu dem er aber stehe, so Schüssel, für den es in Kopenhagen "das einfachste" wäre, auf diesen Vorschlag zurückzukommen. Wenn andere nun jedoch etwas anderes wollten, müsse man darüber verhandeln. Österreich sei bereit über mögliche andere Zugänge, die zum gleichen Ergebnis führen, zu reden.

"Wir lizitieren nicht", wies der Kanzler darauf hin, dass es von österreichischer Seite keine neuen Forderungen gebe. Hinsichtlich des Melker Prozesses gehe es ausschließlich um eine "juristische Verankerung" der mit Tschechien erzielten Vereinbarung, damit diesbezüglich der Europäische Gerichtshof angerufen werden könne. Das halte er "für absolut unverzichtbar." Darauf habe die Außenministerin im Allgemeinen Rat hingewiesen und sie habe diesbezüglich auch eine Erklärung bei der Erweiterungskonferenz in Anwesenheit der tschechischen Seite abgegeben. Überdies habe man den COREPER bemüht. Niemand könne also sagen, dass Österreich nicht mit offenen Karten spiele, betonte der Bundeskanzler.

Es sei "eine Frage von Treu und Glauben," also der Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, "das umzusetzen, was schon einmal vereinbart war." In einer gemeinsamen politischen Union, also einer "Familie von Gleichgesinnten", müsse man einander ernst nehmen. Auf eine Journalistenfrage, ob man das Energiekapitel und das Verkehrskapitel in Kopenhagen wieder aufmachen könne, erläuterte der Bundeskanzler, dass es in der Union das Prinzip gebe, dass bis zum Abschluss von Verhandlungen grundsätzlich alles offen bleibe und jeder das Recht habe, auf ein Kapitel zurückzukommen, das unter bestimmten Voraussetzungen geschlossen worden sei.

Es sei "eigentlich absurd", dass die Schweiz als Nicht-Mitglied im Verkehrsbereich teilweise besser gestellt sei als Österreich und Gütertransporte deshalb durch West-Österreich rollen müssten, weil es in der Schweiz ein anderes Regime gebe. Zur Frage einer möglichen Isolierung Österreichs sagte der Kanzler, dass Österreich in den Fragen Verkehr und nukleare Sicherheit "gute Argumente" auf seiner Seite habe. Mit der österreichischen Politik vertrete man zudem auch europäische Interessen, so Schüssel, der auf Fortschritte im Bereich von nuklearen Sicherheitsstandards in Europa hinwies und darauf, dass es bezüglich der Verkehrsströme ähnliche Probleme in anderen Ländern gebe bzw. geben werde, zum Beispiel in Frankreich mit dem Mont-Blanc-Tunnel oder in Südtirol oder Süd-Deutschland. 

 
 Gusenbauer: Obergrenze für Transitfahrten unverzichtbar
Wien (sk) - Für SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer bedeutet die von Kanzler Schüssel angekündigte Transitlösung nichts anderes als die Freigabe der Transitfahrten. "Es geht nicht um irgendeine Transitlösung", hält Gusenbauer Schüssel entgegen, "gerade für Österreich als Binnenland ist eine Obergrenze für Transitfahrten unverzichtbar." Nur eine Mengenbeschränkung bei den Lkw-Transitfahrten sei für die österreichische Bevölkerung akzeptabel und verdiene auch tatsächlich die Bezeichnung "Transitlösung".

Für den SPÖ-Vorsitzenden war die Vereinbarung von Laeken bereits "ein erstes Zurückweichen". Die Regierung Schüssel habe es bereits vor einem Jahr in Laeken verabsäumt, die Interessen der Menschen in diesem Land zu vertreten. Nun wolle die EU-Kommission mehr Lkw-Verkehr zulassen als damals vereinbart. "Die Versäumnisse der Regierung Schüssel drohen der österreichischen Bevölkerung nun auf den Kopf zu fallen", so Gusenbauer, der abschließend die Forderung der SPÖ bekräftigte, auf eine Obergrenze im Transit keinesfalls zu verzichten.

 
 Kronberger: "Beharren auf nachhaltige Transitlösung beim EU-Gipfel"
Keine Diskriminierung durch Herausnahme der Transitstrecke Hörbranz
Wien (fpd) - "Ein Beharren auf eine nachhaltige österreichische Transitlösung beim EU-Gipfel in Kopenhagen", forderte am Mittwoch (11. 12.) der freiheitliche EU-Parlamentarier und Transitstellungnahme-Verfasser Hans Kronberger.

Kronberger: "Die Vorschläge der dänischen Ratspräsidentschaft die Transitstrecke Hörbranz von einer künftigen Regelung auszunehmen sowie für die Euro4-LKW keine Ökopunkte anzuwenden, sind inakzeptabel"

"Die bestehende Ökopunkte-Regelung, die bis jetzt nicht erfüllt wurde, ist einzuhalten. Die Ausnahme eines österreichischen Gebietes von einer künftigen Transit-Regelung ist diskriminierend, darüber hinaus würde sich die Handhabung der Transitnachfolgeregelung noch mehr verkomplizieren, wenn diese für bestimmte LKWs keine Anwendung finden soll. Eine
wirtschaftliche Umsetzung wäre dann wohl kaum mehr möglich", kritisierte Kronberger.

Den grünen Umweltminister Jürgen Trittin, der meinte die Hörbranz-Strecke sei ohnehin zum größten Teil untertunnelt ladet Hans Kronberger zu einer Vor-Ort-Besichtigung ein, um die Belastungen der vom Transitlärm geplagten Bevölkerung selbst zu studieren.

Kronberger weiter: "Das Europäische Parlament hat im Rahmen des Mitentscheidungs- verfahren noch ein Wörtchen mitzureden, entscheidend wird aber das Ergebnis des EU-Rates von Kopenhagen sein. Ich appelliere daher an den Bundeskanzler auf eine nachhaltige Transitlösung zu bestehen."
   
 Glawischnig: Melker Prozeß ist wie Seifenblase zerplatzt
Schüssel hat ÖsterreicherInnen in Causa Temelin an Nase herumgeführt
Wien (grüne) - Entgegen den monatelangen Versprechungen von Bundeskanzler Schüssel ist es der Bundesregierung nicht gelungen, sicherzustellen, daß das sogenannte Melker Abkommen im tschechischen Beitrittsvertrag als Annex verankert wird und damit die Einklagbarkeit der Sicherheitsstandards vor dem EuGH sichergestellt ist. Dabei hätte nicht einmal der neue tschechische Außenminister Cyril Svoboda ein Problem damit, wenn das Melker Übereinkommen Eingang in den Beitrittsvertrag gefunden hätte, wie er am 10.12.2002 dem ‚Standard’ gegenüber zu verstehen gab. "Schüssel hat damit ein Jahr lang die österreichische Bvölkerung an der Nase herumgeführt", so Eva Glawischnig, stv. Bundes- und Umweltsprecherin der Grünen.

Im gestrigen Hauptauschuß des Nationalrates hat das Grüne Mitglied Eva Lichtenberger beantragt, die Rechtsverbindlichkeit des Melker Prozesses sicherzustellen. Dieser Antrag wurde von ÖVP, SPÖ und FPÖ abgelehnt. "Die ohnehin schon schwer angeschlagenen Glaubwürdigkeit von Blau-Schwarz ist damit endgültig zerstört", so Glawichnig.

Die Grünen haben bereits vor einem Jahr, bei Abschluß des Energiekapitels mit Tschechien, darauf hingewiesen, daß die EU 14 das Melker Übereinkommen als ausschließlich bilaterales Übereinkommen ansehen. Die ÖVP hat dies damals heftig dementiert. Monatelang wurden aufgrund dieser Uneinsichtigkeit weitere Bemühungen seitens der Regierung verabsäumt.
 
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