EU-Gipfel von Kopenhagen muss Finanzierung der Erweiterung klären | ||
Außenminister reichen brisante Fragen an Staats- und Regierungschefs
weiter Brüssel (aiz.info) - Die Staats- und Regierungschefs der 15 EU-Staaten müssen am Donnerstag und Freitag (12. u. 13. 12.) bei der Endrunde der Erweiterungsverhandlungen in Kopenhagen eine Vielzahl "harter Nüsse" von Finanz- und Agrarfragen bis zu Ökopunkten und dem tschechischen AKW Temelin knacken. Den Außenministern der 15 EU-Staaten gelang es bei der letzten Vorbereitungsrunde am Dienstag in Brüssel nicht, alle "Hausaufgaben" zu erledigen, um dem EU-Gipfel nur mehr wenige aber brisante Streitfragen zur Entscheidung zu überlassen. Sowohl Kandidatenländer wie EU-Mitgliedsstaaten brachten zwei Tage vor der Konferenz zahlreiche Sonderwünsche vor. Ein Kampf wird in Kopenhagen aber zweifellos um die Finanzierung des historischen Erweiterungsprojekts toben. Grundsätzlich haben die Außenminister der EU-15 das dänische Erweiterungspaket gebilligt, allerdings mit Ausnahme der Haushaltsfragen. Zustimmung fand der dänische Vorschlag zu den Produktionsquoten und die schrittweise Einführung der Direktzahlungen. Die dänische Präsidentschaft ist in dieser Frage den Kandidatenländern weiter entgegengekommen und bietet ihnen nun die Möglichkeit an, die Direktzahlungen durch staatliches Geld bis auf 45% des EU-Niveaus im Jahre 2004, 50% im Jahre 2005 und 55% im Jahre 2006 zu steigern. Diesem topping-up stimmten die Außenminister ebenso zu wie spezifischen bilateralen Fragen wie beispielsweise der Luchsjagd in Estland und in Lettland, dem Heringfang in den baltischen Ländern oder einer technischen Hilfeleistung für die Schließung der Kernkraftwerke in Litauen und in der Slowakei. Kein zusätzlicher budgetärer Spielraum Die Außenminister der EU-15 haben den Bewerberländern deutlich gemacht, dass das Angebot des dänischen Vorsitzes "das Maximum" dessen darstellt, was die Mitgliedsstaaten bereit sind zu akzeptieren. Die zusätzlichen Kosten des dänischen Pakets gegenüber dem finanziellen Angebot, das beim Europäischen Rat in Brüssel gemacht wurde, betragen EUR 1,6 Mrd. "und lassen keinerlei zusätzlichen Spielraum für Kopenhagen", warnte der dänische Außenminister Per Stig Möller. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi appellierte am Mittwoch an die Fünfzehn, sich großzügiger gegenüber den neuen Ländern zu zeigen. Kommissar Günter Verheugen rechnete vor, dass die EU trotz aller bisherigen Zusagen noch immer EUR 1,6 Mrd. unter der 1999 in Berlin vereinbarten Obergrenze der Finanzmittel bis 2006 bleibe. "Billiger" gehe die Osterweiterung nicht, meinte der Erweiterungskommissar. EU-Ratspräsident Anders Fogh Rasmussen wies inzwischen den Vorstoß von Prodi und Verheugen zurück. Es bleibe bei dem im Oktober in Brüssel vereinbarten Finanzrahmen. "Mehr Geld hat die EU nicht", so Rasmussen. Zusätzliche finanzielle Verbesserungen beim Gipfel in Kopenhagen werden demnach ausgeschlossen. Neben den Forderungen der Alt-Mitglieder bereiten der dänischen EU-Präsidentschaft auch die noch offenen Wünsche der Kandidatenländer Kopfzerbrechen. Vor allem die lange Wunschliste, die Polen bei der letzten Verhandlungsrunde vor dem Gipfel am Montag in Brüssel vorgebracht hatte, muss noch geprüft werden. Man sei bereits an die "Grenzen der Großzügigkeit" gegangen, warnte Möller. "Das Portemonnaie steckt in der Tasche, es kommt nicht mehr heraus." Die meisten Kandidaten möchten höhere direkte Beihilfen an ihre Landwirte und eine höhere Milchquote durchsetzen, als die EU bisher angeboten hat. Lange Wunschliste der Kandidatenländer Ungarn als einer der potenziellen EU-Nettozahler will eine pauschale Entschädigungssumme der EU nicht nur für das erste Beitrittsjahr 2004, sondern auch für 2005 und 2006 herausholen. Slowenien hofft auf mehr Geld aus den EU-Strukturfonds. Verheugen stellte klar, dass zusätzliche Konzessionen an einzelne Kandidaten in Kopenhagen auch den übrigen Ländern zugestanden werden sollen, um Diskriminierungen zu vermeiden. Wenn nur ein Land mehr erhalte, müssten alle Verhandlungspakete angepasst werden, so Verheugen. Selbst wenn es immer noch schwierig bleibt, mit Sicherheit vorherzusagen, wie die Verhandlungsstrategie der Kandidatenländer in Kopenhagen aussehen wird, so zeichnet sich ab, dass mit Ausnahme von Polen und Malta die anderen acht Bewerberstaaten das derzeitige Angebot mit Vorbehalten akzeptieren könnten. Zypern, Estland und Lettland haben bereits dem Paket des Vorsitzes, einschließlich des Haushaltsteils, zugestimmt. Sie berufen sich jedoch auf die allgemeine Regel, nach der sie automatisch von allen Verbesserungen profitieren wollen, die andere in Kopenhagen erhalten könnten. Litauen gab zu verstehen, das Paket nur dann zu akzeptieren, wenn die Kaliningrad-Frage geregelt wird. Litauen verlangt von Brüssel Garantien, dass die EU die Gesamtheit der Kosten für die Umsetzung der mit Russland abgeschlossenen Vereinbarung zum Transit zahlen wird. Slowenien, Ungarn, die Tschechische Republik und die Slowakei werden in Kopenhagen alles daran setzen, um einen höheren Haushaltsausgleich zu erhalten. Polen fordert mehr Geld für seine Bauern, will höhere Produktionsquoten und eine andere Obergrenze für das "topping up". Ministerpräsident Leszek Miller verteidigte die harte Linie seines Landes: "Unser Ziel ist nicht nur der EU-Beitritt, sondern auch die bestmöglichen Bedingungen." Malta verlangt wiederum lange Übergangsfristen im Agrarbereich und möchte die Mehrwertsteuerbefreiung auf Arznei- und Nahrungsmittel beibehalten. Beitrittsverhandlungen mit Türkei sollen Mitte Juli 2005 eröffnet werden Weniger Probleme als zunächst erwartet dürfte dagegen in Kopenhagen der Beschluss bereiten, der Türkei ein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen anzubieten. Der deutsch-französische Vorschlag, die Runde bei entsprechenden Reformfortschritten der Türkei Mitte Juli 2005 zu eröffnen, fand breite Unterstützung im Kreis der 15 Außenminister. Österreich mit Temelin und Ökopunkten isoliert Weitgehend isoliert sah sich Österreich bei dem Treffen der Außenminister mit seiner Forderung nach Verankerung des so genannten Melker Abkommens zum tschechischen Atomkraftwerk Temelin in einem Protokoll im Beitrittsvertrag mit Tschechien und der Verlängerung des Ökopunktesystems für den Alpengütertransit. Der dänische Außenminister und EU-Ratsvorsitzende Per Stig Möller hielt Österreich vor, sich wie ein Beitrittskandidat und nicht wie ein EU-Mitglied zu verhalten. Österreich habe viele Probleme aufgelistet, die eher in Beitrittsverhandlungen gehörten, wie etwa die Ökopunkte-Regelung. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner hatte die Verhandlungen wegen der ablehnenden Haltung der EU-Partner in beiden Fällen am Dienstag abgebrochen. Damit sind sowohl das mit den Kandidatenländern bereits ausgehandelte Energie-, wie auch das Verkehrskapitel blockiert. Allerdings können die Kapitel nur per einstimmigem Beschluss aller Fünfzehn wieder geöffnet, beziehungsweise geschlossen werden, wie Erweiterungskommissar Günter Verheugen klarstellte. Die Chancen dafür standen am Dienstag gleich Null. Die beiden Fragen werden nun den EU-Gipfel beschäftigen, da die Erweiterung nur nach Abschluss aller Verhandlungsbereiche mit den zehn Kandidaten besiegelt werden kann. "Wir müssen und werden eine Einigung zu Österreich beim Gipfel finden", betonte Verheugen. Aber auch andere EU-Länder nutzten die Gelegenheit, um Sonderwünsche anzumelden. So verlangte Portugal eine Aufstockung der Förderungen aus dem EU-Fonds für benachteiligte Gebiete in Höhe von EUR 131 Mio. Italien möchte eine Aufstockung seiner Milchquote um 570.000 Kilogramm erreichen. |
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