Laska/Brauner: Wiener Demokratiepaket baut Demokratie weiter aus

Wählen ab 16, ZuwanderInnenwahlrecht im Bezirk, Zwei Vorzugsstimmen, Möglichkeit der Wahlkartenabgabe außerhalb Wiens
Wien (rk) - "Der 13. Dezember wird zu einem wichtigen Tag für die Stadt Wien. Denn an diesem Tag entscheidet der Landtag über den Entwurf zum Wiener Demokratiepaket, mit dem wir noch mehr an Demokratie in Wien möglich machen", präsentierten Wiens Vizebürgermeisterin Grete Laska und die für Wahlen zuständige Stadträtin Mag. Renate Brauner am Dienstag (10. 12.) im Mediengespräch des Bürgermeisters eine vier Punkte umfassende Demokratiereform. "Am Freitag wird im Landtag über dieses ambitionierte Paket abgestimmt - im Interesse Wiens hoffen wir auf eine möglichst breite Zustimmung", so Laska und Brauner.

Diese große Demokratiereform soll die Mitbestimmung der in Wien lebenden Menschen anhand konkreter Punkte verbessern, die der Wiener Landtag in seinem Wirkungsbereich verändern kann. D. h. es betrifft die Landtags- und Gemeinderatswahlen bzw. die Bezirksvertretungswahlen und wird ab den nächsten Wiener Wahlen - also im Jahr 2006 - zur Anwendung kommen.

"Unser Ziel muss es sein, den WählerInnen den Zugang zu den Wahlurnen generell zu erleichtern und einer größeren Zahl der hier lebenden Menschen mehr Mitbestimmung und mehr Mitverantwortung zu ermöglichen. Denn eines ist klar: Je mehr Menschen ihren politischen Beitrag zu einem solidarischen und friedlichen Miteinander in Wien leisten können, desto besser ist dies für die Stadt Wien gesamt", zeigten die beiden Stadträtinnen auf.

Diese vier Punkte umfassen folgende Bereiche:

1) Die Jugend bestimmt ab 16 Jahre mit:
"Jugendliche nehmen immer früher am gesellschaftlichen Leben teil und engagieren sich auch in immer jüngerem Alter sehr aktiv in der Gesellschaft. Deshalb sollen Jugendliche ab 16 Jahren ihre Vertreter auf Landtags-, Gemeinderats- und Bezirksebene auch selbst wählen können", begründet Wiens Vizebürgermeisterin Grete Laska die Wahlaltersenkung.

Bei den Gemeinderatswahlen im Burgenland Anfang Oktober dieses Jahres haben die 16-18 Jährigen mit einer Wahlbeteiligung von 85% einen eindeutigen Beleg geliefert, wie wichtig ihnen das Wahrnehmen dieses Rechtes sei, betonte Laska: "Diese von den Jugendlichen eingebrachten neuen Ideen und diese positive Begeisterung' der Jugend wollen wir im Interesse Wiens in Zukunft noch stärker nutzen." Im Gegensatz zum Bund, der bei den heurigen Nationalratswahlen durch eine nicht erfolgte Änderung der Wahlordnung allein in Wien knapp 12.000 18-Jährige von ihrem demokratischen Wahlrecht ausschloss, wird Wien hier ein Zeichen für die Jugend setzen, so Laska. "Entscheidend für das aktive Wahlrecht wird es sein, am Stichtag vor der Wahl 16 Jahre alt zu sein."

Nach ersten Berechnungen werden sich knapp 40.000 WienerInnen zwischen 16 und 18 bei den Wahlen beteiligen können.

Das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit gewählt zu werden, wird weiterhin bei 18 Jahren liegen.

2) AusländerInnen-Wahlrecht nach 5 Jahren durchgehenden Aufenthalts in Wien:
"Mitverantworten und Mitbestimmen" bzw. "Pflichten und Rechte" lautet auch hier das Motto des Entwurfs für das Demokratiepaket. Jene Nicht-EU-BürgerInnen, die ihren Lebensmittelpunkt in Wien gesucht und gefunden haben, seit 5 Jahren durchgehend in Wien gemeldet sind, sollen auch die Möglichkeit haben, auf Bezirksebene ihre MandatarInnen mitzubestimmen.

Gerade auf Bezirksebene werden nämlich jene Fragen beschlossen, die die Menschen in ihrer Umgebung unmittelbar betreffen, etwa Verkehrsfragen oder die Parkbetreuung in den Bezirken.

Bezüglich der Frage, ob dieser Vorschlag verfassungskonform ist, hat die für Wahlangelegenheiten zuständige MA 62 ein Rechtsgutachten des renommierten Verfassungsexperten Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer eingeholt: Dieses Gutachten bestätigt klar und deutlich die Verfassungskonformität des AusländerInnenwahlrechts. In Bezug auf die 5-Jahres Frist als Voraussetzung für das Wahlrecht nennt Mayer hier folgendes: "Das Erfordernis eines fünfjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Wien für die Einräumung des aktiven und passiven Wahlrechts von Nicht-EU- Ausländern zu den Bezirksvertretungen, wie dies in Aussicht genommen ist, ist jedenfalls angemessen und verstärkt das Element der Sachlichkeit. Wer fünf Jahre lang ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Wien hat, dessen Interessen an der Mitgestaltung seiner unmittelbaren Umwelt haben eine Verdichtung erlangt, die ein Wahlrecht sachlich rechtfertigen."

Die einzige von Mayer genannte Einschränkung ist, dass Mandatare aus Nicht-EU-Staaten in keiner hoheitlicher Funktion tätig sein dürfen: d.h. sie dürfen

  • nicht Bezirksvorsteher
  • nicht Bezirksvorsteher-Stellvertreter
  • nicht Mitglied der jeweiligen Bauausschüsse in den
  • Bezirksparlamenten sein.

Das Wahlrecht für Nicht-EU-StaatsbürgerInnen betrifft die Bezirkswahlen, gilt aber nicht für die Landtags- und Gemeinderatswahlen, da dies die österreichische Bundesverfassung nicht vorsieht.

In Wien würde dies bedeuten, dass auf Bezirksebene gesamt knapp 100.000 Personen - das sind 8,2 Prozent aller für die Bezirksvertretungen Wahlberechtigten - zusätzlich das Wahlrecht ausüben können. Bei den letzten Bezirksvertretungswahlen waren 1.121.767 Wahlberechtigte, bei den kommenden Wahlen wären dies mit heutigem Stichtag 1.222.188 Wahlberechtigte.

Mit dem AusländerInnen-Wahlrecht nach mehrjährigem Aufenthalt nimmt Wien die Vorreiterrolle innerhalb Österreichs ein und folgt erfolgreichen internationalen Beispielen wie den Niederlanden, Großbritannien, Irland, Portugal oder der Schweiz. In all diesen Ländern habe sich gezeigt, so Brauner, dass die mit dem Wahlrecht verbundene stärkere Mitverantwortung und Mitbestimmung auch die Integrationsbereitschaft erhöht.

3) Ausbau des Persönlichkeitswahlrechts durch mehr Vorzugsstimmen:
Mit Hilfe der Reform wird es möglich sein, bei den kommenden Landtags- und Gemeinderatswahlen auf einem übersichtlicheren Stimmzettel zwei Vorzugsstimmen auf der Landesliste (Stadtwahlvorschlag) abzugeben. Damit trägt die Stadt Wien dem Wunsch der Bürger Rechnung, das Persönlichkeitswahlrecht auszubauen. "Mit unserem Vorschlag wollen wir die Möglichkeit, Vorzugsstimmen zu vergeben, erleichtern", so Brauner. "Stimmen- Splitting", also das gültige Wählen einer Partei und zugleich von KandidatInnen einer anderen Partei, wird aber auch in Zukunft nicht möglich sein.

4) Möglichkeit der Wahlkarten-Abgabe auch außerhalb Wiens für die Wiener Wahlen ermöglichen:
Ein zentrales Ziel eines reformierten Wahlrechts ist es, möglichst viele Wahlberechtigte zur Wahlurne zu bringen. Hier soll und muss das Wahlrecht also auch auf die geänderten Lebensgewohnheiten der Menschen Rücksicht nehmen. Wien will den Wählerinnen und Wählern bei den nächsten Wiener Wahlen im Jahr 2006 deshalb ermöglichen, ihre Stimme auch von außerhalb Wiens abzugeben.

So wie bei Nationalratswahlen können Wahlkarten dann auch per Post an die Wahlbehörde geschickt werden. Ändern kann diese Regelung aber nur das österreichische Parlament. Es wird im Wiener Landtag deshalb einen Antrag aller im Landtag vertretenen Parteien an das österreichische Parlament geben, diese Änderung im Sinne der WählerInnen möglichst bald durchzuführen.

 
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