IV-Präsident Mitterbauer: Reformweg muss 2003 konsequent weiter gegangen werden
Wien (pdi) - "Wir müssen 2003 sparen, entlasten und investieren. Kurz gesagt: Die Politik
muss den Weg der Reformen weiter gehen!", fasste der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), DI
Peter Mitterbauer, auf der IV-Bilanzpressekonferenz zum Jahresende die Erwartungen der Industrie an die Regierungsarbeit
im kommenden Jahr zusammen. Konkret erwarte sich die IV Einsparungen durch eine Ausgaben-, Aufgaben- und Verwaltungsreform.
"Zwei politische Maßnahmen müssen dabei umgesetzt werden: Die Einrichtung eines Verfassungskonventes
und eines Ministeriums für öffentliche Leistung und Verwaltungsreform. Wir brauchen für die Verwaltungsreform
ein Maximum an politischem Gewicht - sie muss Top-Priorität haben und in einem eigenen Ministerium abgewickelt
werden!"
Die aus diesem Prozess zu erwartenden Einsparungen müssen in Form von Entlastungen in die zu erwartende Konjunkturerholung
hinein geplant werden. "Die industriellen Kernpunkte sind bekannt: In einem ersten Schritt die zugesagte KÖSt-Senkung
auf 31 Prozent, in einem zweiten Schritt die Reduzierung der Betriebssteuer auf 25 Prozent, weiters die Einführung
einer Gruppenbesteuerung!", präzisierte der IV-Präsident, der insbesondere auf die schlechte Positionierung
Österreichs bei Gewinnsteuern, Lohnsummenabgaben und KÖSt verwies. Es sei in diesem Zusammenhang, so
Mitterbauer, "geradezu absurd, wenn durch eine Ökostrom-Verordnung weiterer Kostendruck auf energieintensivere
Unternehmen aufgebaut wird. Für die Industrie ist hier noch nicht das letzte Wort gesprochen!"
Zusätzliche Mittel für Forschung lukrieren: Forschungsagenden in zwei Ministerien konzentrieren
Noch intensiver muss, betonte der IV-Präsident, im kommenden Jahr in Forschung und Innovation, in Aus- &
Weiterbildung und in Infrastruktur investiert werden. "Für die Forschungsfinanzierung gilt es in der
kommenden Legislaturperiode zusätzliche Mittel aus Privatisierungen und den Gewinnen der Nationalbank (Nationalstiftung
für Forschung & Entwicklung) zu lukrieren."
Was die bundespolitische Struktur der Forschung & Entwicklung betrifft, empfiehlt die Industrie die Zusammenführung
der Forschungs- und Förderungskompetenzen in zwei Ministerien mit klaren Zuständigkeiten und Verantwortungsbereichen:
In ein BMBWF (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung) und in ein BMWTI (Bundesministerium
für Wirtschaft, Technologie und Innovation mit strategischer Abteilung für Beschäftigungspolitik).
Die Einrichtung eines "Parlamentarischen Ausschusses für Innovation" sieht die Industrie als sinnvoll
und notwendig an, um diesen entscheidenden Wettbewerbsfaktor stärker in den Mittelpunkt der Bundespolitik
zu rücken.
Bezüglich des Infrastrukturausbaues bekräftigte die IV ihre Unterstützung für den Einsatz privaten
Kapitals für die Fertigstellung der vorrangigen Strecken. "An der Entwicklung von Public-Private-Partnerships
muss intensiv weiter gearbeitet werden. Zudem müssen EU-Mittel für Infrastrukturvorhaben noch stärker
genützt werden (TEN-Strecken)", betonte Mitterbauer.
Lissabon-Prozess als Leitprinzip für neue Bundesregierung
Leitprinzip für das politische Handeln einer neuen Bundesregierung muss aus Sicht der Industrie die
im März 2000 in Lissabon festgelegte Strategie sein, Europa durch eine grundlegende Reformierung der Wirtschafts-
und Sozialpolitik bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum zu machen. "Es
muss gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten jener Wachstumsschub bewirkt werden, der unser Sozialmodell in
modernisierter Form erhält. Ein Schlüssel dafür ist eine kluge Industriepolitik, die immer eine
horizontale Politik ist", erinnerte Mitterbauer, der auch Vizepräsident des Europäischen Sozialpartners
und stärksten Arbeitgeberdachverbandes UNICE ist.
"Die Industriepolitik fällt größtenteils in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten.
Die drei Säulen Sozialpolitik, Umweltpolitik & Nachhaltigkeit und Wirtschaftspolitik müssen in Balance
bleiben. Österreich schneidet europaweit in Belangen der Sozial- und Umweltpolitik gut bis überdurchschnittlich
ab. In Sachen Industriepolitik haben wir Aufholbedarf!"
Industrie für reformfreudige und stabile Regierung
"Wir brauchen für diese Reformvorhaben eine stabile und besonders reformfreudige Regierungskoalition.
Das ist aus heutiger Sicht aber nicht als Koalitionspräferenz zu verstehen!", nahm der IV-Präsident
zu den gegenwärtigen Sondierungsgesprächen Stellung. "Für die Industrie gilt: Besser mehr Zeit
für die Verhandlungen und die Definition der Umsetzungsziele einer neuen Regierung aufwenden, als eine Bundesregierung
zu bilden, in der Bremser Chancen haben, den Reformprozess aufzuhalten!"
Fürst: Chancen für Konjunkturerholung intakt
Anlässlich der Präsentation des Geschäftsberichts 2002 der Österreich AG wies Dr. Erhard
Fürst, IV-Bereichsleiter für Industriepolitik & Ökonomie, auf das schwierige konjunkturelle
Umfeld im Berichtsjahr hin. Dennoch stehen die Chancen gut, dass es bis Mitte 2003 zu einer deutlichen Konjunkturerholung
kommt, vorausgesetzt, dass die internationalen Krisenherde unter Kontrolle gehalten werden. Niedrige Zinsen, erhebliche
Restrukturierungsmaßnahmen im Unternehmenssektor, der steigende Druck auf die Vornahme von Ersatzinvestitionen
und ermutigende Konjunktursignale aus den USA bilden insgesamt gute Rahmenbedingungen.
Die Industriellenvereinigung steht voll hinter dem Wachstums- und Stabilitätspakt und tritt für ein ausgeglichenes
Budget über den Konjunkturzyklus ein. Sie begrüßt Überlegungen, der Verschuldungsquote einen
höheren Stellenwert einzuräumen und Ländern mit höherer Verschuldung eine striktere Anwendung
der Stabilitätskriterien abzuverlangen. "Österreich muss sich bewusst sein, dass ein über den
Konjunkturzyklus ausgeglichenes Budget entsprechend hohe Überschüsse in Hochkonjunkturjahren erfordert,
nicht zuletzt auch, um genügend Spielraum zum Gegensteuern in konjunkturellen Schwächephasen zu haben",
unterstrich der IV-Chefökonom.
Der aus vierteljährlichen Befragungen einer Expertengruppe abgeleitete Kurs der Österreich AG (Jahreswende
1999/2000 ist gleich 100 €) hat sich nach einem markanten Wertverlust im Herbst nur noch geringfügig um 2,5
% auf 71 € vermindert. Damit dürfte der Boden erreicht sein, die Erwartungen für die Kursentwicklung
in den nächsten 3 Monaten sind in Summe leicht positiv. Die Konjunkturbeurteilung als eines der kursbestimmenden
Elemente ist weniger pessimistisch als noch im September, auch die erfassten Standortfaktoren werden - mit Ausnahme
der Budgetpolitik - im großen und ganzen neutral bewertet. Eine massive Veränderung ergab sich bei der
Beurteilung der politischen Situation. "Während im Herbst im Zusammenhang mit dem Auseinanderbrechen
der Regierungskoalition alle Experten eine Verschlechterung der politischen Situation konstatierten, sieht nun
die Mehrheit eine Verbesserung. Offenbar wird von vielen Panelisten der Wahlausgang als Chance für eine Fortsetzung
und Intensivierung der als notwendig erachteten Reformen angesehen", so Erhard Fürst. |