Wien (wifo) - Die erste Stufe der Steuerreform stellt ab 2004 Bruttojahreseinkommen
bis 14.500 Euro steuerfrei. Außerdem werden die Lohnnebenkosten für ältere Beschäftigte gesenkt.
Die unmittelbare Konjunkturwirksamkeit der Lohnsteuersenkung wird durch anhaltende Konsolidierungsbemühungen
und Gegenfinanzierung durch Anhebung anderer Abgaben und Beiträge eingeschränkt.
Die ebenfalls vorgesehene Einkommensteuerbegünstigung einbehaltener Gewinne verbessert die Selbstfinanzierungskraft
der Personen- und Einzelunternehmen. Die Fähigkeit und Bereitschaft zu riskanten Investition wird gestärkt,
wenn auch die Nutzung für Investitionen nicht vorgeschrieben ist. Zudem schafft eine erhöhte Eigenkapitalausstattung
der Unternehmen bessere Voraussetzungen zur Beschaffung von Fremdkapital. Unternehmen mit höheren Gewinnen
bzw. höherer Quote der Gewinnthesaurierung werden tendenziell stärker begünstigt.
Die zweite Stufe der Steuerreform, die 2005 in Kraft treten soll, wird primär Einkommen- und Unternehmensteuersenkungen
umfassen. Die Steuerreform sollte primär Strukturänderungen im Steuersystem bringen und das Wirtschaftswachstum
heben. Die zu erwartenden Konjunktureffekte sind angesichts der zögerlichen Belebung der Wirtschaft und der
Ungewissheit über Dauer und Stärke des Zyklus schwierig zu beurteilen.
So sollte die geplante Körperschaftsteuersenkung auch für Strukturreformen im Körperschaftsteuersystem
genutzt werden. Der im Vergleich der EU-Mitgliedstaaten nicht mehr niedrige und im Vergleich mit einigen Beitrittsländern
hohe Körperschaftsteuersatz vermittelt negative Signale bezüglich der steuerlichen Rahmenbedingungen
in Österreich. Dies spricht für eine Senkung des Körperschaftsteuertarifs. Zur effektiven Steuerbelastung
liegen unterschiedliche Berechnungen vor, die noch vertieft und ergänzt werden müssen. Da Österreich
bezüglich der Effektivbelastung im internationalen Vergleich besser positioniert sein dürfte als bezüglich
des Tarifsatzes, sind Möglichkeiten zu prüfen, die geplante Körperschaftsteuersenkung durch Streichung
von Ausnahmen ("tax cut cum base broadening") zu ergänzen.
Die Effizienz und Effektivität von isolierten, die Konjunktur stimulierenden Maßnahmen wird durch den
hohen Grad der wirtschaftlichen Verflechtung im europäischen Binnenmarkt beeinträchtigt. Der Schwerpunkt
nationaler wirtschaftspolitischer Initiativen sollte daher nicht in dem Versuch liegen, die Konjunktur im Inland
kurzfristig in Gang zu bringen. Vielmehr sollten Maßnahmen ergriffen werden, die die längerfristige
Entwicklung unterstützen und das Vertrauen von Unternehmen und Konsumenten verbessern.
Maßnahmen, die die Produktivität auf mittlere und längere Sicht steigern und die Standortwahl der
Unternehmen günstig beeinflussen, sind vor allem im Bildungs- und Forschungssektor anzusiedeln. Dabei geht
es insbesondere um die Steigerung der Erwerbsbeteiligung durch den Abbau von Qualifikationsmängeln und durch
die Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um die Nachqualifikation Älterer, um Qualitätsverbesserungen
an den höheren Schulen und Universitäten und um eine Forschungsinitiative, die die bisherigen Engpässe
überwindet.
Österreichs Ausgaben für Informations- und Kommunikationstechnologien sind insbesondere gemessen an den
skandinavischen Ländern gering. Dieser Sektor dürfte die Wirtschaftsentwicklung in den Industrieländern
mittelfristig wesentlich vorantreiben. Deshalb erscheinen öffentliche Investitionen in diesen Bereich sinnvoll.
Ihre Ausweitung wäre vor allem eine Aufgabe der öffentlichen Beschaffung (e-Government, Adonis-Funknetz,
Computer- und Internetausstattung in öffentlichen Einrichtungen, elektronische Verkehrsbemautung usw.).
Die Ausweitung des Finanzierungsrahmens für Asfinag und SCHIG im Zuge der Konjunkturbelebungspakete von 2001
und 2002 dürfte 2002 und 2003 die größten Effekte ausgelöst haben, ohne kurzfristig den Staatshaushalt
nennenswert zu belasten. Österreich sollte sich darüber hinaus um die zügige Umsetzung der laut
Europäischer Kommission prioritären Verkehrsinvestitionen zum Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze
(TEN) bemühen. Die Verwirklichung dieser Projekte ist im österreichischen Interesse, da sie wesentliche
heimische Verkehrsverbindungen erfasst und die Investitionsbedingungen in Österreich verbessert. Wichtige
kurzfristige Konjunkturimpulse können von der TEN-Initiative vor allem aufgrund ihres Signalcharakters ausgehen,
langfristig hat sie positive Wachstumswirkungen.
Quelle: WIFO
Autorin: Margit Schratzenstaller |