BA-CA Konjunkturindikator: Der Euroraum konnte
Wohlstandsgefälle zu USA reduzieren – Starker Euro kostet 2003 0,5 Prozent Wachstum, 2004 0,1 Prozent
Wien (ba-ca) - Der monatliche Konjunkturindikator der Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) zeigte im
November mit 2,7 Prozent den gleichen Wert wie im Oktober. "Die von uns für das vierte Quartal erwartete
weitere Erholung der österreichischen Wirtschaft wird bestätigt", meint Marianne Kager, Chefvolkswirtin
der BA-CA. Dass die Dynamik dieser Erholung nicht deutlich zunimmt, war von den BA-CA Ökonomen erwartet worden.
Positiv ist, dass die Industrie erneut einen optimistischeren Wert als im vergangenen Monat zeigt. So stieg
das Vertrauen der gesamten Industrie des Euroraumes sowie auch der österreichischen Industrie im November
nochmals an. Der Stimmungsindikator für die Industrie hat sowohl im Euroraum als auch in Österreich damit
wieder einen Wert wie zuletzt Anfang 2001 erreicht. Das läßt darauf schließen, dass die Industrie
noch von einer weiteren Beschleunigung der Erholung ausgeht. Sie folgt damit der Entwicklung in den USA, wo der
Stimmungsindikator inzwischen eine Dynamik wie in Hochkonjunkturzeiten erreicht hat. "Europa und Österreich
sind davon zwar noch entfernt, doch die Stimmung in unseren wichtigsten Absatzmärkten hat sich im Verlauf
des zweiten Halbjahres dramatisch verbessert", bemerkt Stefan Bruckbauer von der BA-CA.
Dementsprechend erwarten die Ökonomen der BA-CA auch für 2004 ein Wachstum von 2,1 Prozent. Gleichzeitig
fügen sie jedoch hinzu, dass das Wachstum immer noch unter dem Potenzialwachstum und erst recht unter dem
Wachstum, das Österreich in Hochkonjunkturphasen hatte, liegt.
Da sich die Konjunkturbeschleunigung noch nicht sehr deutlich in den veröffentlichten Zahlen und erst recht
nicht am Arbeitsmarkt bemerkbar gemacht hat, bleiben die Konsumenten noch vorsichtig. Zwar hat die Konsumentenstimmung
nun sehr deutlich das Tief vom Sommer dieses Jahres überwunden, die weitere Verbesserung erfolgt jedoch sehr
verhalten. Die Stimmung der Verbraucher ist derzeit nur knapp über dem langjährigen Durchschnitt, die
Stimmung der österreichischen Industrie liegt jedoch bereits über dem langjährigen Durchschnitt.
In einer aktuellen Analyse beleuchten die Ökonomen der BA-CA auch die ersten fünf Jahre des Euro. "Die
Euroeinführung war kein Flop", fasst Kager die ersten fünf Jahre des Euros zusammen. Der Euro konnte
eindeutig die Position der Nummer Zwei in der Welt einnehmen. Am Anleihemarkt hat er sogar zum US-Dollar aufgeschlossen,
am Devisenmarkt bleibt jedoch der US-Dollar unangefochten die Nummer Eins.
Der Wert des Euro erlebte in seinen ersten fünf Jahren eine Berg- und Talfahrt. Er steht heute gegenüber
dem US-Dollar wieder dort, wo er begann. Trotzdem bedeutet das für 2003 eine Aufwertung um rund 20 Prozent.
Die Ökonomen der BA-CA weisen jedoch darauf hin, dass der effektive Wechselkurs des Euro, also gegenüber
allen Währungen, die im Aussenhandel (mit Ländern außerhalb der Eurozone) eine wichtige Rolle spielen,
lediglich 11 Prozent aufwertete. Die Bedeutung der Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar für die
Wirtschaft im Euroraum bzw. in Österreich wird nach Meinung der Ökonomen der
BA-CA auch dadurch relativiert, dass ein immer größerer Teil des Außenhandels innerhalb des Euroraumes
abgewickelt wird. "Der effektive Wechselkurs für Österreich dürfte heuer lediglich 4 Prozent
gestiegen sein" analysiert Bruckbauer. Zudem weisen die Ökonomen der BA-CA darauf hin, dass es auch positive
Effekte gibt, etwa die Verbilligung der Rohstoffimporte.
Der starke Euro hat auch dazu beigetragen, dass der Euroraum sein Wohlstandsgefälle zu den USA trotz geringerem
realen Wachstum seit Einführung der gemeinsamen Währung reduzieren konnte. Zu Beginn der Währungsunion
lag das Einkommen pro Kopf in den USA noch 40 Prozent über dem des Eurolandes, heute nur mehr 33 Prozent.
Reichstes Land im Euroraum ist heute nach Luxemburg Irland, das ein Wachstum von fast 70 Prozent seit der Euroeinführung
aufweisen kann, der gesamte Euroraum konnte lediglich 19 Prozent zulegen, Schlusslicht ist Deutschland mit lediglich
9 Prozent Wachstum in fünf Jahren. Österreich liegt mit 14 Prozent ebenfalls im unteren Drittel.
Das aggregierte öffentliche Defizit des Euroraums ist im Verlauf der ersten fünf Jahre deutlich gestiegen,
von knapp über 1 Prozent 1999 auf heuer rund 3 Prozent. Vor allem die großen Länder, allen voran
Deutschland und Frankreich, haben ihre Defizite erhöht. Dies ist nach Meinung der BA-CA Ökonomen nicht
nur auf die schlechte Konjunktur zurückzuführen. Die kleineren Länder haben ihre Defizite hingegen
verringert, so auch Österreich. Die Reduktion des Defizits im Jahr 2001 war allerdings in erster Linie durch
Einnahmenerhöhungen möglich, dementsprechend stieg auch die Abgabenquote. Gleichzeitig gelang es dadurch
jedoch, Spielraum für die Konjunkturpakete eins bis drei zu schaffen. Die Verschlechterung des Budgetsaldos
von 2001 +0,3 Prozent auf heuer rund -1 Prozent dürfte nach Meinung der Ökonomen der BA-CA zu einem Drittel
auf die Konjunktur und zu zwei Drittel auf die Konjunkturpakete zurückzuführen sein. 2004 rechnen die
Ökonomen mit wenig fiskalischen Effekten und damit auch mit keinen Wachstumsimpulsen, die Effekte von Steuer-
und Abgabenreform, Konjunkturpaketen und Pensions- und Gesundheitsreform heben sich auf.
Für die weitere Entwicklung des Euro in den nächsten Jahren sehen die Ökonomen neben den konjunkturellen
Herausforderungen vor allem die Diskussion um den Stabilitäts- und Wachstumspakt und die Euroeinführung
in den Beitrittsländern als große Herausforderungen. Nach Meinung von Marianne Kager ist der Stabilitäts-
und Wachstumspakt nicht tot. "Nicht der Pakt, seine strikte und unflexible Interpretation ist tot", meint
Kager. Nach Ansicht der BA-CA Ökonomen muss die EU nun bessere Regeln für eine "professionelle Fiskalpolitik"
finden, gleichzeitig braucht sie aber auch glaubhafte Defizitregeln. "Wir müssen Regeln finden, die die
Fiskalpolitik den konjunkturellen Erfordernissen unterwirft und nicht von Wahlterminen oder von der Einnahmensituation
abhängig macht", fasst Kager die Anforderungen zusammen, "Gleichzeitig brauchen wir auch Regeln,
die ausufernde Defizite verhindern."
Hinsichtlich der Euroentwicklung gehen die Ökonomen der BA-CA davon aus, dass der Euro, nach kurzzeitigen
Rückgängen, seinen Aufwärtstrend fortsetzen wird. Sie rechnen im Jahresdurchschnitt 2004 mit 1,19,
d.h. 5 Prozent Aufwertung. "2003 dürfte der starke Euro rund 0,5 Prozentpunkte, 2004 wird er 0,1 Prozentpunkte
Wachstum kosten", meint Stefan Bruckbauer. "Steigt der Euro auf 1,30 kostet dies zusätzlich 0,2
Prozentpunkte Wachstum, bei 1,50 wären es 0,7 Prozentpunkte", zeigt Bruckbauer mögliche Risikoszenarien
für die Konjunktur in Österreich auf. Die Ökonomen der BA-CA gehen jedoch davon aus, dass diese
nicht eintreten. Zudem wäre dann die EZB gefordert.
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