Österreich wehrte sich erfolglos gegen Einsatz von GV-Pflanzen im Klimaschutz  

erstellt am
11. 12. 03

USA kündigen höheren Ausstoß an Treibhausgasen an
Mailand (aiz.info) - Eine der im Kyoto-Protokoll vorgesehenen Möglichkeiten zur Reduktion von Treibhausgasen sind unter anderem so genannte CO2-Senken, nämlich Wälder und Felder, die Kohlenstoff binden und somit aus der Atmosphäre entfernen. Bei der Festlegung der Spielregeln für die praktische Umsetzung dieser Maßnahme bei der 9. UNO-Klima- konferenz (COP 9) in Mailand wurde nun beschlossen, dass dafür auch gentechnisch veränderte Pflanzen eingesetzt werden dürfen. Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll zeigte sich über dieses Ergebnis sehr besorgt, bei dem auch er weder für die Wirtschaft noch für die Umwelt einen Vorteil erkennen könne. Trotz aller Probleme dürfe man jedoch nicht klein beigeben und müsse auch an der geplanten Treibhausgas-Emissions-Reduzierung von 13% festhalten und konkrete Klimaschutz-Maßnahmen setzen. Währenddessen kündigten die USA, die sich dem Kyoto-Ziel erst gar nicht verpflichtet fühlen, an, ihren Treibhausgas-Ausstoß weiter zu erhöhen, um dem Wirtschaftswachstum nicht im Wege zu stehen.

GV-Bäume sollen als CO2-Senken im Klimaschutz eingesetzt werden
Österreich und Belgien haben sich laut Pröll bis zuletzt gegen die Verwendung von GV-Pflanzen als CO2-Senken im Sinne des Klimaschutzes ausgesprochen, wurden aber überstimmt. "Ich beurteile das sehr, sehr kritisch. Ich sehe den Vorteil nicht - weder für die Wirtschaft, noch für die Umwelt", erklärte der Minister. Ziel des Einsatzes von gentechnisch veränderten Organismen ist es hierbei, vor allem Bäume zu züchten, die schneller wachsen und größer werden, weil sie dann mehr Kohlenstoff aus der Luft filtern. In den "Modalitäten und Prozeduren für die Aufforstung und Wiederaufforstung durch CDM-Projekte" (Clean Development Mechanism) wurde in Mailand der Passus aufgenommen, dass GVO dafür verwendet werden dürfen, allerdings mit einer zuletzt adaptierten Einschränkung, dass dies in Übereinstimmung mit der jeweils nationalen Gesetzgebung dieses Bereiches erfolgen müsse.

Pröll: Nicht den Hut "draufhauen", sondern Unschlüssige überzeugen
Pröll hatte zuvor am Rande der Eröffnung der abschließenden Politiker-Runde bei der Klimakonferenz betont, dass auch die anhaltende Weigerung Russlands, das Klimaschutz-Protokoll von Kyoto zu ratifizieren, kein Grund wäre, "den Hut draufzuhauen". Ohne Russland und die USA, die schon vor längerem aus dem Klimaschutzprogramm ausgestiegen sind, kann das Kyoto-Protokoll - wie vom AIZ berichtet - nicht in Kraft treten. "Aber gerade deswegen ist die Konferenz hier so wichtig", betonte Pröll. Einerseits gehe es darum, Russland doch noch ins Boot zu holen. Andererseits mache Europa selbst mit seinen engagierten Klimaschutzprogrammen weiter. Jetzt gehe es darum, jene, die wanken würden, zu überzeugen. Europa allein könne den globalen Klimawandel nicht stoppen. Sollten nur weniger als die Hälfte der Treibhausgas-Verursacher mitmachen, würde dies potenzielle Wettbewerbsnachteile beispielsweise für die Europäer mit sich bringen, und zwar durch die Ausgaben für Emissionszertifikate.

Klimaschutzmaßnahmen können Wirtschaftsimpulse bringen
Pröll betonte, auch in Hinblick auf die in Österreich schwierigen Diskussionen in diesem Bereich, dass Klimaschutzmaßnahmen Wirtschaftsimpulse bringen könnten, man den Bogen aber nicht überspannen dürfe. "Wir wollen ja den Klimawandel stoppen und nicht die wirtschaftliche Entwicklung", so Pröll. Generell sei jedenfalls der ökonomische Schaden des fortschreitenden Klimawandels viel größer als das, was jetzt investiert werden müsse. Grundsätzlich meinte der Umweltminister vor dem schwierigen Hintergrund der Verhandlungen in Mailand, dass die Klimaschutzziele weiterhin nicht in Frage gestellt seien. Er zeigte sich auch zuversichtlich, dass die österreichischen Reduktionsverpflichtungen erfüllt werden könnten, auch wenn man derzeit deutlich von den geplanten Werten entfernt sei. "Die Klimaschutzstrategie werden wir Punkt für Punkt durchführen", erklärte der Minister. Ein Mix aus Maßnahmen in Verkehr, Wirtschaft und Haushaltsbereich sei nötig, wobei man hierbei etwa auf eine vorgezogene Beimischung von Bio-Treibstoffen, auf engagierte Wärmedämm- und Energiesparprogramme sowie auf den Industriesektor setze.

Ministerium kündigt "Klima-Aktiv-Programm" für 2004 an
Mit Emissionshandel lasse sich in Österreich allerdings nur "der kleinste Teil" der Reduktionsverpflichtungen erfüllen. Es kämen dafür 240 Großanlagen in Frage. Pröll betonte, dass Klimaschutz in der Öffentlichkeit und für den Einzelnen immer noch schwer greifbar sei. Er kündigte daher für das kommende Jahr ein "Klima-Aktiv-Programm" seines Ressorts an.

EU-Kommission fordert von Österreich rasche Maßnahmen für Klimaschutz
Das dürfte ganz im Sinne der Kommission sein, die Österreich auffordert, rasch Maßnahmen zu setzen, um die im Kyoto-Protokoll vereinbarten Klimaschutzziele zu erreichen. Die Entwicklung bei der Emission von Treibhausgasen gehe in Österreich wie in anderen Mitgliedsstaaten "sehr stark in die falsche Richtung", sagte Henning Arp vom Kabinett der EU-Umweltkommissärin Margot Wallström. Die Emissionen von Treibhausgasen seien im Jahr 2001 um 9,6% über dem Niveau von 1990 gelegen. Arp verteidigte den oft als "Freikauf" von Umweltverpflichtungen kritisierten Emissionshandel. Solcherart würden die Emissionen nämlich dort reduziert, wo es am billigsten ist. Auch nannte er den Verkehr als "zentralen Problembereich", da hier die Emissionen um 20% zugenommen hätten. Außerdem müsse die Umweltpolitik künftig auch in andere Politikbereiche wie Landwirtschaft oder Verkehr integriert werden. "Oft gibt es in diesen Bereichen Fehlentwicklungen, die wir dann nicht beheben können", so Arp.

"Flexible Maßnahmen" zur Erreichung der Reduktionsziele
Allgemein sollten auf der COP 9 bereits die Weichen für die zweite Phase der Umsetzung des 1997 beschlossenen Protokolls für einen erweiterten, vertieften und verbesserten globalen Klimaschutz gestellt werden. Nun geht es in Mailand eher um die Festlegung von - durch Umweltschutzorganisationen als "buchhalterisch" kritisierten - Klimaschutzmaßnahmen wie die bereits erwähnten CO2-Senken und Anrechnungsmöglichkeiten von Klimaschutzprojekten in anderen Staaten, so genannten "flexiblen Mechanismen" zur Erreichung der Reduktionsziele von Treibhausgasen. Die Industrienationen haben sich - wie berichtet - verpflichtet, ihre Emissionen bis 2008 beziehungsweise 2012 um durchschnittlich 5,2% zu verringern.

USA rechnen mit Zunahme der Treibhausgas-Emissionen
Während sich andere bemühen, gezielte Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes zu setzen, hat die US-Delegation vor der COP 9 für die kommenden Jahre eine Zunahme der Treibhausgas-Emissionen eingeräumt. Der Zuwachs werde jedoch unter den eigentlich zu erwartenden Werten liegen, sagte der Delegierte Harlan Watson. Einem Bericht der Klimarahmenkonferenz zufolge stiegen die Treibhausgasmissionen der USA in den Jahren 1990 bis 2001 um 13%. Das Wirtschaftswachstum werde eine weitere Zunahme zur Folge haben, kündigte Watson Anfang dieser Woche an. In den nächsten zehn Jahren werde der Anstieg jedoch um 4,5% geringer ausfallen als "normalerweise". Genaue Werte nannte Watson nicht. Die US-Regierung hatte das 1997 ausgehandelte Kyoto-Protokoll bekanntlich vor zwei Jahren mit der Begründung abgelehnt, die Auflagen würden der Wirtschaft schaden. Damit das Kyoto-Protokoll trotzdem in Kraft treten könnte, müsste Russland zustimmen. Wie berichtet, weigern sich diese jedoch bisher und schieben ebenso das Wirtschaftswachstum als Gegenargument vor.
 
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