Überlegungen eines Bischofs aus Bosnien beim Adventgespräch
2003 des Dr.-Karl-Kummer-Instituts für Sozialpolitik und Sozialreform in der Steiermark
Graz (seckau) - Einen deutlicheren Einsatz der Christen zur spirituellen und moralischen Erneuerung
Europas forderte Montag (08. 12.) Abend der Bischof von Banja Luka, Dr. Franjo Komarica,
beim diesjährigen Adventgespräch des Dr.-Karl-Kummer-Institus für Sozialpolitik und Sozialreform
in der Steiermark ein. "Wir müssen als Christen überzeugend mitreden", man dürfe die "Vorherrschaft
der wirtschaftlichen Interessen" nicht hinnehmen, wenn man den Weg zum Materialismus nicht frei machen wolle,
so der Vorsitzende der Bischofskonferenz von Bosnien und Herzegowina in seinem Vortrag zum Thema "Christen
und die Herausforderung Europas - Überlegungen eines Bischofs aus Bosnien". Bei allem Bemühen müsse
der Mensch - so wie es auch das 2. Vatikanische Konzil in "Gaudium et Spes" gefordert habe - immer im
Mittelpunkt stehen, man müsse den Menschen in seiner Ganzheit erfassen, so Bischof Komarica. Er sieht die
Verstärkung und Vertiefung der moralischen und spirituellen Werte, besonders die Hochachtung der menschlichen
Person mit ihren Rechten und Pflichten, die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, die Hochschätzung von
Ehe und Familie, die Solidarität mit Armen und Benachteiligten, das Eintreten für kleine Völker
und unterentwickelte Regionen als Voraussetzung dafür, dass Europa glaubwürdig vor der Welt bestehen
kann. Europa dürfe sich nicht in ein "Museum des Christentums" verwandeln, vielmehr sollten die
Christen wieder "Salz der Erde" sein - dazu gehöre seiner Meinung nach auch der Kampf um den Gottesbezug
in der Europäischen Verfassung. "Wofür man nicht zu kämpfen bereit ist, das verliert man"
so Bischof Komarica, der mit Hinweis auf den Untergang Westroms die Westeuropäer vor der Wahl sieht, ein säkulares,
materialistisches oder ein geistiges Konzept, in dem der christliche Glauben seinen Platz hat, auf diesem, vom
Atlantik bis zum Ural reichenden Kontinent umzusetzen. Wenn die Christen nicht mit den "Waffen des Geistes,
der Kraft des Glaubens," die Solidarität überzeugend leben, werde Europa nicht gewinnen.
In bewegten Worten beschrieb Bischof Dr. Franjo Komarica auch seinen pastoralen Beistand für die nach in den
Kriegsjahren 1992 - 1995 großteils vertriebenen Katholiken seiner Region, die auch nach dem Friedensschluss
und dem Abkommen von Dayton nur zöglich in ihre zum Teil zerstörten Häuser und Wohnungen zurückkehrten.
"Acht Jahre nach dem Krieg ist es höchste Zeit, den Menschen ein hoffnungsvolles Bild anzubieten"
so der Bischof, der nicht ohne Emotion die Frage in den Raum stellte, warum man "die Opfer und nicht die Täter"
bestrafe. Die nach wie vor vorhandenen Ungerechtigkeiten und die Not in seiner Heimatdiözese versuche er mit
Lebensmittelhilfen, medizinischer Versorgung, Bemühungen um Arbeitsplätze usw. seitens der Diözese
und Caritas zu lindern - auch habe man sich schon während der Kriegstage auf ökumenischer Basis um Frieden
und Versöhnung bemüht. Es bedürfe aber deutlicher Anstrengungen Europas, damit diese Region "kein
Pulverfass" bleibe, so Bischof Komarica, der seinen Zuhörerinnen und Zuhörern zum Abschluss der
Adventbesinnung das Licht des Heiligen Geistes wünschte, "dass Sie ihre Aufgabe erkennen, damit Sie Gott
gefallen".
LH-Stv.a.D. Prof. Kurt Jungwirth, bei der gestrigen Generalversammlung wiedergewählter Obmann des Dr.-Karl-Kummer-Instituts,
dankte dem Vortragenden am Ende der Veranstaltung, "dass Sie uns aufgerüttelt haben". Es sei wertvoll
gewesen, diese Stimme zu hören. Man habe die Stimme eines Kämpfers gehört, "der nicht schweigen
wird und will" so Jungwirth, der die bestehenden Pfarrpartnerschaften und den laufenden Mitteleuropäischen
Katholikentag als "Fenster für die Zukunft", aber auch als einen Auftrag interpretierte, "etwas
zu tun, wo immer wir können". |