Museumskooperation Salzburg-Wien  

erstellt am
10. 12. 03

Zusammenarbeit der Residenzgalerie Salzburg und des Wien-Museums
Salzburg (lk) - Im Wien-Museum Hermesvilla im Lainzer Tiergarten ist derzeit die Ausstellung „Orientalische Reise – Malerei und Exotik im späten 19. Jahrhundert“ zu sehen. Es handelt sich dabei um ein Kooperationsprojekt der Salzburger Residenzgalerie und des Wien-Museums. Die Salzburger Residenzgalerie präsentierte im Jahr 1997 die Ausstellung „Orient – Österreichische Malerei zwischen 1848 und 1914“; Teile dieser Ausstellung sind nun in der Schau in Wien zu sehen, die bis 12. April in der Hermesvilla gezeigt wird.

Die Faszination, die der Orient seit langem auf Europa ausgeübt hatte, erreichte im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt und wurde zu einem Spiegel europäischer Sehnsüchte. Was bisher nur für Forschungsreisende zu erfahren war, geriet nun in den Bereich des mondänen Tourismus. Mit Dampfschiffen des Österreichischen Lloyd konnte man schon ab 1848 direkt von Triest nach Alexandria reisen. Die Kunst war ein wichtiger Transformator einer Orientbegeisterung, die vom zivilisationsmüden Wunsch nach Ursprünglichkeit ebenso geprägt war wie von Phantasmagorien einer exotisch-erotisierenden Welt. Beliebte Bildmotive waren pittoreske Märkte, Haremsszenerien oder suggestive Porträts orientalischer Mädchen und Knaben. Das europäische Publikum ergötzte sich an der Weite und Hitze von Wüstenlandschaften mit Karawanen und wilden Tieren. Darstellungen der Monumente des alten Ägypten und des antiken christlichen Palästina waren ebenso gefragt wie – von der abendländischen Sicht geprägte – Bilder rund um das „alltägliche“ orientalische Leben.

Die Ausstellung stellt die „Orient-Lust“ am Beispiel Österreichs dar. Im Mittelpunkt stehen fünfzig Gemälde von Orientmalern aus dem Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts den Orient für sich entdeckten. Zu sehen sind Arbeiten von Eduard Charlemont, Carl Rudolf Huber, Johann Victor Krämer, Alphons Leopold Mielich, Alois Schönn und Leopold Carl Müller, von dem zwischen 1873 und 1886 neun mehrmonatige Aufenthalte in Ägypten bekannt sind. Von spätbiedermeierlich detailgetreuen Ansichten aus den 50er Jahren bis zur plein air-Malerei und der secessionistisch geprägten Kunst nach 1900 reicht ein weiter stilistischer Bogen. Darüber hinaus zeigen rare Fotos die reisenden Künstler „ganz privat“, etwa den Makart-Kreis während des Kairo-Aufenthaltes im Winter 1875/76.

Im Zentrum der Ausstellung stehen die von den Orientreisen inspirierten Gemälde. Diese werden jedoch um Objekte und Fotografien ergänzt, die belegen, wie viele Alltagsbereiche – sei es Architektur oder Interieur, Kunstgewerbe oder zeitgenössischer Nippes – von der Orientmode im ausgehenden 19. Jahrhundert berührt wurden.

Ein wichtiges Thema ist die Wiener Weltausstellung von 1873, die mit den morgenländischen Pavillons im „Orientalischen Viertel“ einen entscheidenden Impuls für diese Mode setzte. Das „türkische Zimmer“ des Kronprinzen Rudolf und das „arabische Zimmer“ im ehemaligen Museum für Kunst und Industrie dokumentieren orientalische Einflüsse im Interieur. Die Firma Lobmeyr fertigte kostbare „arabische“ Gläser und Friedrich Goldscheider trug der Exotikmode im Kunstgewerbe mit der Produktion „orientalischer“ Keramikfiguren Rechnung. Am Beispiel von Zigarettenetuis mit Sphinx- und Palmenmotiven und diversen Werbematerialien wird die Werbewirksamkeit des Orients verdeutlicht. Reiseaccessoires und exquisite orientalische Gastgeschenke sind als Belege der Orientreisen des Kaiserpaares zu sehen, Reiseführer und Plakate des Österreichischen Lloyd dokumentieren die Reiselust und -möglichkeiten des Bürgertums.

Eine Orient-Ausstellung im Winter ist ein Angebot, statt der saisonalen Fernreise in den Süden an einem Nachmittag in der Hermesvilla Bilder der Ferne komprimiert und genussvoll zu erleben.
 
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