Empfang im Parlament anlässlich der Abstimmung im Bundesrat
Wien (pk) - "Wir freuen uns, dass wir unter dem gemeinsamen Dach Europa wieder mit Ihnen vereint
sind." Diese Worte richtete Nationalratspräsident Andreas Khol am Donnerstag (18. 12.)
bei einem Empfang im Parlament an die ParlamentspräsidentInnen jener Nachbarstaaten Österreichs, die
im kommenden Jahr der EU beitreten werden. Beim anschließenden gemeinsamen Pressefoyer kündigte er zudem
regelmäßige Zusammentreffen mit seinen Amtskollegen aus der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn
an, um, wie er sagte, in Europa gemeinsam Politik zu machen und etwaige bilaterale Probleme zu lösen.
Anlass für das Zusammentreffen der Parlamentspräsidenten von vier Nachbarländern Österreichs
mit ihren österreichischen Amtskollegen Andreas Khol und Hans Ager im österreichischen Parlament war
die heutige Ratifikation des EU-Erweiterungsvertrags durch den Bundesrat. Mit diesem Beschluss ist das parlamentarische
Genehmigungsverfahren der EU-Erweiterung in Österreich nunmehr abgeschlossen, nachdem der Nationalrat seine
Zustimmung bereits am 3. Dezember gegeben hatte.
Das "heutige Freudenfest" werde, so Nationalratspräsident Khol, auch nicht durch "die kleine
Krise" getrübt, in der sich Europa derzeit befinde. Er zeigte sich hinsichtlich der Zukunft der EU zuversichtlich.
"Europa hat sich immer aus Krisen entwickelt." Mit der EU-Erweiterung sei der eiserne Vorhang nun endgültig
überwunden.
Ihrer Freude über die österreichische Ratifizierung des EU-Erweiterungsvertrags gaben nicht nur Nationalratspräsident
Khol, sondern auch Bundesratspräsident Hans Ager und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner Ausdruck.
Ager sprach von einem historischen Augenblick und betonte, mit der Zustimmung des Bundesrates habe Österreich
nun auch rechtsverbindlich zum Ausdruck gebracht, dass es die EU-Erweiterung für richtig halte. Was zusammengehöre,
wachse zusammen, bekräftigte er. Außenministerin Ferrero-Waldner betonte, der heutige Tag sei ein großer
Moment für Österreich, die österreichischen Nachbarländer und die EU. Österreich habe
immer versucht, fair zu verhandeln und die Karten auf den Tisch zu legen, letztendlich sei ein "faires Ergebnis"
erzielt worden.
Stellvertretend für die Landeshauptleute jener Bundesländer, die an die neuen EU-Staaten grenzen, wandten
sich der Burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl, der Kärntner Landeshauptmann
Jörg Haider und der Steirische Landeshauptmann Waltraud Klasnic an die Gäste. Niessl
wies darauf hin, dass das Burgenland die einzige Region in Europa sei, die gleich an drei Beitrittsländer
angrenze: die Slowakei, Ungarn und Slowenien. Früher sei das Burgenland die Bruchstelle zwischen zwei Machtblöcken
gewesen, konstatierte er, nunmehr werde es zur Nahtstelle der Integration und rücke in das Zentrum Europas.
Landeshauptmann Jörg Haider erinnerte daran, dass in der Vergangenheit die damals "tote Grenze"
zu Slowenien unüberwindlich erschienen sei, mittlerweile habe sich zwischen Slowenien und Kärnten eine
gute Freundschaft entwickelt. Nicht zuletzt vertrauensbildende Maßnahmen hätten dazu beigetragen, dass
sich heute alle gemeinsam auf den 1. Mai 2004, den Tag der EU-Erweiterung, freuten. Haider äußerte die
Erwartung, dass die neuen EU-Mitglieder die EU, "ein Schiff, das ins Schlingern geraten ist", - "durch
die Kraft der Kleinen und die Mäßigung der Großen" - wieder auf Kurs bringen. Offen gebliebene
Fragen mit einzelnen der neuen EU-Länder hofft er "im Geiste eines neuen Miteinander" lösen
zu können.
Landeshauptmann Waltraud Klasnic zeigte sich ebenfalls über den Abschluss des Ratifizierungsprozesses der
EU-Erweiterung erfreut. Vielleicht brauche es sogar zwei Generationen, bis es in der EU so laufe, "wie wir
uns das vorstellen", meinte sie, aber man könne den kommenden Generationen guten Gewissens sagen, "wir
haben den Auftrag erfüllt, den wir hatten" und "die Türen geöffnet".
Der Fraktionsvorsitzende der SPÖ im Bundesrat Albrecht Konecny wies darauf hin, dass die Erweiterung
der Union ein gemeinsames Anliegen der Regierung und der Opposition gewesen und der Ratifizierungsbeschluss im
Bundesrat nahezu einstimmig gefallen sei.
Im Anschluss an den Empfang im Parlament stellten sich Nationalratspräsident Andreas Khol, Pavol Hrusovsky
(Präsident des slowakischen Nationalrats), Valentin Pohorec (Vizepräsident der slowenischen Nationalversammlung),
Janez Susnik (Präsident des slowenischen Staatsrats), Lubomir Zaoralek (Präsident der tschechischen Nationalversammlung),
Jan Ruml (Vizepräsident des tschechischen Senats) und Katalin Szili (Präsidentin der ungarischen Nationalversammlung)
gemeinsam der Presse.
Die Parlamentspräsidenten begrüßten dabei nicht nur unisono das heutige Treffen, sondern äußerten
die Bereitschaft zur weiteren engen Zusammenarbeit. So meinte etwa der Präsident der tschechischen Nationalversammlung
Lubomir Zaoralek, er sehe die Arbeitsgespräche im österreichischen Parlament als Beginn eines gemeinsamen
Dialogs, Janez Susnik, Präsident des slowenischen Staatsrates, erklärte, es sei gut, die Herangehensweise
an Probleme in Brüssel besser zu koordinieren. Die ungarische Parlamentspräsidentin Katalin Szili wies
auf die reichen EU-Erfahrungen Österreichs hin, die ihrer Ansicht nach für die neuen EU-Länder nützlich
sein könnten. Nationalratspräsident Khol versicherte auf Nachfrage eines Journalisten allerdings, dass
alle der anwesenden Parlamentspräsidenten Anhänger eines einheitlichen, gemeinsamen Europas seien und
wollten, dass Europa mit einer Geschwindigkeit fahre. "Wir wollen keinen Sonderzug und keine Extrawurst."
Der tschechische Senatspräsident Jan Ruml wertete die klare Abstimmung im Bundesrat als eine
Manifestation des Willens des österreichischen Parlaments und zeigte sich zuversichtlich, dass in der "neuen
Atmosphäre" bisher nicht gelöste Fragen sachlich gelöst werden könnten. Auch seine AmtskollegInnen
zeigten sich über das eindeutige Abstimmungsergebnis heute erfreut. Er habe bei der Abstimmung im Bundesrat
allerdings nicht so sehr auf das Ergebnis geschaut, sagte etwa Janez Susnik, sondern auf die Gesichter, und auf
diesen habe man sehen können, mit welcher Freude die Mitglieder des Bundesrates ihre Zustimmung zur EU-Erweiterung
gegeben hätten.
Der slowakische Nationalratspräsident Pavol Hrusovsky unterstrich, "wir haben eine gemeinsame
lange Geschichte hinter uns", aber, und das sei heute wichtiger, "wir haben auch eine gute gemeinsame
Zukunft vor uns." |