Fischer zieht Bilanz über ein zu Ende gehendes Parlamentsjahr  

erstellt am
18. 12. 03

Sieht wenig Harmonie, Spielregeln wurden aber eingehalten
Wien (pk) - Man könne das zu Ende gehende Parlamentsjahr im Großen und Ganzen als unspektakulär bezeichnen. Diese Bilanz zog der Zweite Präsident des Nationalrates Heinz Fischer bei einem Pressegespräch am Mittwoch (17. 12.). Er würde nicht sagen, dass es harmonisch zugegangen sei, sagte Fischer mit Hinweis auf die zahlreichen inhaltlichen Differenzen zwischen Regierung und Opposition, im Großen und Ganzen haben sich aber alle Beteiligten seiner Meinung nach an die Spielregeln gehalten. Es habe zwar eine Reihe "schwerer Auseinandersetzungen" gegeben, etwa in der Frage des Abfangjägerkaufs, der Pensionsreform oder beim Voest-Verkauf, aber das Parlament sei schließlich der Ort, wo politische Konflikte ausgetragen würden, betonte Fischer.

Viele Werte, die statistisch erfassbar sind, haben sich laut Fischer im Durchschnittsbereich bewegt, etwa die Zahl der Gesetzesbeschlüsse. Dass 60 % dieser Beschlüsse einstimmig waren, hat für ihn wenig Aussagekraft. Die Statistik werde "verbogen und geschönt", meinte er, da das - mehrheitlich beschlossene - Budgetbegleitgesetz rund 70 Einzelgesetze umfasst habe, darunter zahlreiche strittige Materien wie die Abfangjäger. Unbestreitbar ist für ihn überdies, dass die meisten wichtigen Gesetze keine Einstimmigkeit erzielten, von zehn wichtigen Gesetzen seien, so Fischer, wahrscheinlich acht mehrheitlich verabschiedet worden.

Bedauern äußerte Fischer darüber, dass die Mehrheit im Nationalrat kaum die verfassungsrechtlich vorgesehene Möglichkeit nutze, die Verhandlungspositionen Österreichs auf EU-Ebene mitzuformulieren. Man habe mit den entsprechenden Verfassungsbestimmungen zwar ein starkes Instrument geschaffen, skizzierte er, die Abgeordneten würden dieses im Rahmen der Beratungen des Hauptausschusses aber selten anwenden. Fischer zufolge ist heuer ein einziges Mal von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, Regierungsmitgliedern "Guidelines" für ihre Verhandlungen auf EU-Ebene mitzugeben. Alle Anträge der SPÖ und der Grünen auf Fassung einer Stellungnahme seien abgelehnt worden.

Das Scheitern des EU-Gipfels in Brüssel führte der Zweite Nationalratspräsident nicht zuletzt darauf zurück, dass der vom europäischen Verfassungskonvent ausgearbeitete Entwurf - für Fischer ein "kluger und brauchbarer Vorschlag" - von vielen EU-Ländern "ziemlich forsch aufgeschnürt" worden sei. Natürlich seien in manchen Punkten Nachbesserungen erforderlich gewesen, meinte er, ein gewisses Maß an Zurückhaltung beim Aufschnüren des Pakets wäre aber abgebracht gewesen. Fischer sieht aber noch eine "Restchance" dafür, dass "das europäische Verfassungsschiff im kommenden Jahr doch noch flott gemacht wird". Die Idee eines Europas der zwei Geschwindigkeiten gefalle ihm jedenfalls umso weniger, je mehr er darüber nachdenke, sagte er.

Kritisch setzte sich Fischer mit der Frage der Pensionsharmonisierung auseinander. Er wies auf einen vom Nationalrat angenommenen Entschließungsantrag hin, demzufolge die Regierung bis spätestens 31. Dezember 2003 einen Entwurf zur Pensionsharmonisierung vorzulegen habe. Dieser Auftrag des Nationalrates werde von der Regierung nicht erfüllt, konstatierte er.

Fischer begrüßte zwar ausdrücklich, dass in der Frage der Pensionsharmonisierung ein Konsens angestrebt wird und meinte, er verstehe, wenn jemand sage, dass gute Lösungen wichtiger seien als die Einhaltung eines bestimmten Zeitplans, er stellte aber die Frage, warum dieser Grundsatz nicht bereits beim "Pensionskürzungspaket" angewendet worden sei und man nicht von Vornherein ein Gesamtpaket - Pensionsreform und Harmonisierung - anvisiert habe. Fristversäumnisse ortet Fischer auch bei der Vorlage eines bundeseinheitlichen Tierschutzgesetzes.

In Bezug auf den Österreich-Konvent wies Fischer auf die Arbeit hin, die in den Ausschüssen geleistet wird. Es sei schwierig, meinte er, aber "die Chance lebt".
 
zurück