»Schöpfung« statt »Gott«: Aufregung um Österreichs Verfassungsentwurf  

erstellt am
18. 12. 03

Wer „Schöpfung“ sagt, anerkennt, dass es einen Schöpfer gibt, stellte der Verfassungsrechtler Heinz Mayer fest. Das könnte die Abtreibungsgesetzgebung gefährden
Wien (kath.net) - Der jüngste Entwurf für die Präambel der österreichischen Verfassung ist Gott los. Oder etwa doch nicht? Für Aufregung in der österreichischen politischen Landschaft sorgt nun der Alternativ-Begriff „Schöpfung“, enthalten im von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) ausgearbeiteten Entwurf für die Präambel. „Wenn es eine Schöpfung gibt, gibt es auch einen Gott“, lautet die besorgte Schlussfolgerung des österreichischen Verfassungsrechtlers Heinz Mayer in der Zeitung „Falter“. Gott würde dadurch indirekt wieder in die Verfassung aufgenommen.

Auch der Präsident des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), Clemens Jabloner, ist beunruhigt. Der Begriff „Schöpfung“ laufe darauf hinaus, dass es sich dabei um etwas von einem übernatürlichen Wesen Gemachtes handle. Eine mögliche Auswirkung könne sein, dass die Fristenlösung beim Verfassungsgericht angefochten werden könnte. Die Richter müssten im Zweifelsfall abwägen, ob eine Abtreibung „überhaupt mit dem Schöpfungsgedanken vereinbar“ sei.

„Möglicherweise kommt man dann zu dem Schluss, dass Abtreibung Tötung sei, und erklärt sie für unzulässig“, befürchtet Heinz Mayer. Auch das Sexualstrafrecht ist seiner Ansicht nach betroffen. Es müsste geklärt werden, ob Homosexualität verfassungsrechtlich verboten ist oder nicht. Ebenso lasse sich darüber streiten, ob Organtransplantationen, künstliche Befruchtung und der gesamte Bereich der bioethischen Forschung „im Sinne der Schöpfung“ seien. „So kraus und wirr kann niemand denken“, weist Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) diese Gedankenführung zurück. Jede Diskriminierung sei ausgeschlossen. Die Kritiker seien „negativ fixiert“.
 
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