Sozialpolitik – Pensionsharmonisierung  

erstellt am
17. 12. 03

 Gusenbauer: Regierung hat alle Versprechen gebrochen
Wien (sk) - "Die Blamage ist perfekt. Die Regierung hat auch punkto Pensionsharmonisierung ihr Versprechen, nämlich noch bis Ende dieses Jahres zu einem Beschluss zu kommen, gebrochen. Sie konnte sich nicht einmal auf eine Punktation einigen, von einer Beschlussfassung kann überhaupt keine Rede sein", erklärte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer am Dienstag (16. 12.) in einer Pressekonferenz. Für ihn ist das Thema Harmonisierung der Pensionssysteme ein "trauriges Kapitel", er spricht von einem "Begräbnis erster Klasse".

Zur Verdeutlichung der Situation führte der SPÖ-Vorsitzende den Entschließungsantrag von "Molterer, Scheibner & Co." vom 11. Juni dieses Jahres an, in dem die Regierung ersucht wird, bis Ende des Jahres 2003 einen "Gesetzesentwurf betreffend ein einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen zu erarbeiten und dem Nationalrat bis längstens 31. Dezember 2003 zur Beschlussfassung vorzulegen". Zahlreiche Zitate von Bundeskanzler Schüssel gingen in dieselbe Richtung: So hat er etwa am 4. Mai in der ORF-"Pressestunde" angekündigt, "bis zum Jahresende dem Parlament einen solchen Beschluss, einen solchen Antrag vorzulegen", am 4. Juni erklärte er dem Parlament, "die Zeit ist reif für ein einheitliches, harmonisiertes Pensionssystem", am 29. Juli kündigte Schüssel im ORF-"Mittagsjournal" immer noch an, "bis Jahresende wird dann dem Parlament ein Gesetzesentwurf vorgelegt", und am 13. September erklärte der Kanzler, dass er zu Jahresbeginn die Pensionsharmonisierung, ein neues Steuersystem, eine Gesundheitsreform "und anderes" vorlegen werde.

"Seitdem herrscht breites Schweigen. Die Blamage ist perfekt, denn die Regierung kann sich nicht einmal auf eine Punktation einigen, von einer Beschlussfassung kann überhaupt keine Rede sein", so Gusenbauer, der der Regierung vorwirft, wieder ein klares Versprechen gebrochen zu haben. "Millionen ASVG-Versicherter werden sich mit Recht denken, dass sie wieder alleine die Last zu tragen haben. Die Pensionsharmonisierung hat ein Begräbnis erster Klasse bekommen."

Der SPÖ-Vorsitzende erklärte, dass es auch einfacher gegangen wäre. Die SPÖ habe als einzige Partei 2003 ein Konzept zur Pensionssicherung und -harmonisierung in einem vorgelegt. Die Regierung habe den ersten Schritt, die Beschädigung von Millionen Österreicherinnen und Österreichern gesetzt. Der zweite Schritt zur Harmonisierung bleibe aber aus. "Dies ist in hohem Maß ungerecht und verantwortungslos. Diese Regierung ist nicht handlungsfähig", so Gusenbauer.

Auf eine Frage bezüglich Präsidentschaftswahlkampf erklärte der SPÖ-Vorsitzende abschließend, dass die SPÖ über mehrere Personen, die den hohen Ansprüchen eines Bundespräsidenten entsprechen, verfüge: "Einen werden wir bei unserer Neujahrskonferenz präsentieren".

 

Lopatka zu Gusenbauer: Harmonisierung wird kommen Regierung wird gute Lösung auf breiter Basis erarbeiten
Wien (övp-pk) - Mit Unverständnis reagierte ÖVP- Generalsekretär Abg.z.NR Dr. Reinhold Lopatka, am Dienstag (16. 12.) auf die Behauptung von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer, dass die Regierung der Harmonisierung "ein Begräbnis erster Klasse" bereiten werde. Die Regierung wolle ohne Zeitdruck arbeiten, um eine möglichst breite Basis in dieser wichtigen Frage zu finden, so Lopatka.

"Während die SPÖ in allen Bereichen, in denen die Regierung Reformen umsetzt, das Tempo kritisiert, kann es ihr bei der Harmonisierung nicht schnell genug gehen", sagte Lopatka. Dabei gehe es der Bundesregierung bei der Harmonisierung um eine "breite Basis", die möglichst unter Einbindung der Sozialpartner zu suchen sei.

"Gerade weil die Harmonisierung ein sehr umfangreiches und auch sensibles Thema darstellt, ist es wichtig, dass eine gemeinsame Lösung angestrebt wird", so Lopatka.

Gusenbauers Motto in dieser Frage sei anscheinend: "Rasch eine Lösung übers Knie brechen, ohne Rücksicht auf Verluste", sagte der ÖVP-Generalsekretär. Dafür sei das Thema aber zu sensibel: "Deshalb nimmt die Bundesregierung weitere Verhandlungen in Kauf, um im ersten Halbjahr des kommenden Jahres gemeinsam mit den Sozialpartnern eine tragfähige Lösung zu finden", so Lopatka abschließend.

 

 Bleckmann: »Nur das Ergebnis zählt«
Wien (fpd) - Als "billigste Polemik" kritisiert FPÖ-Generalsekretärin Magda Bleckmann die jüngsten Aussagen des SPÖ-Vorsitzendem Gusenbauer zur Pensionsharmonisierung. Während sich Gusenbauer sonst ständig über das Reformtempo der Regierung beschwere, kritisiere er bei der Pensionsharmonisierung plötzlich das Gegenteil. "Weiß Gusenbauer eigentlich noch was er will?", kann man da nur fragen.

"Mit den Sozialpartnern wird bei der Harmonisierung der Pensionen konstruktiv verhandelt. Dabei kommt es auf das Ergebnis und nicht auf einige Wochen auf oder ab an. Wenn sich jetzt Gusenbauer von der Sozialpartnerschaft verabschieden will, soll er das klipp und klar sagen. Für das Wechseln von politischem Kleingeld ist die Pensionsharmonisierung jedenfalls ein zu wichtiges Thema", so Bleckmann abschließend.

 

 Aussagen von Bartenstein und Finz zu Pensionen entsprechen nicht den Intentionen der Sozialpartner
Wien (grüne) - Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger empfiehlt den Sozialpartnern den Ausstieg aus den Verhandlungen zur Pensionsharmonisierung. "Die Sozialpartner sollten sich gut überlegen, ob sie diese Statistenrolle noch weiter spielen wollen", so Öllinger am Dienstag (16. 12.) im Gespräch mit der APA. "Ich würde dieses Schmierentheater nicht mehr mitmachen."

Die jüngsten Aussagen von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und Finanzstaatssekretär Alfred Finz "entsprechen in keiner Weise der Intention der Sozialpartner", meinte Öllinger. Arbeiterkammer und ÖGB wollen ja eine Harmonisierung ab einem bestimmten Stichtag, während die Regierung nur unter 35-Jährige "harmonisieren" möchte. Die Regierung denke also nicht daran, die Harmonisierung vor 2030 bzw. 2035 schlagend werden zu lassen, kritisiert der Sozialsprecher der Grünen.

Öllinger erinnert daran, dass die Koalition per Ministerratsbeschluss und Entschließungsantrag eine Harmonisierung ab Jänner 2004 versprochen habe: "Die Regierung ist wortbrüchig geworden." Dass Finz die Schwerarbeiterregelung "bewusst sehr eng halten" will, ist für Öllinger eine gefährliche Drohung. Unverständlich sei auch, dass Finz erkläre, budgetär nicht auf die Harmonisierung vorbereitet zu sein. "Und die zukünftigen PensionistInnenen, die sind vielleicht vorbereitet auf das, was die Regierung hier vorhat?"

Dass eine Harmonisierung für UnternehmerInnen, Bäuerinnen und Bauern zwangsläufig höhere Beiträge bedeuten würde, glaubt Öllinger nicht. Eine Möglichkeit wäre es seiner Meinung nach auch, den Versicherten die Wahl zu lassen: Höhere Beiträge und damit höhere Pensionen oder niedrige Beiträge und niedrige Pensionen. Also eine Entscheidung zwischen Einkommensverlust jetzt und Einkommensverlust später? Öllinger: "Na klar, auf das läuft das hinaus." Möglich wäre seiner Meinung nach aber auch eine Übergangsregelung, bei der die Beiträge für Bäuerinnen und Bauern und Wirtschaftstreibende langsam an das höhere ASVG-Niveau angeglichen werden.
     

 Wir versuchen prinzipiell, an dieser Stelle Aussendungen
aller der vier im Parlament vertretenen Parteien aufzunehmen

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