Brüssel (eu.int) - Die Europäische Kommission ruft alle interessierten
Parteien auf, einen Beitrag zu einer Konsultation zum Thema Arbeitszeit zu leisten, nachdem ein Bericht über
die Auswirkungen der derzeitigen einschlägigen EU-Rechtsetzung veröffentlicht worden ist. Schwerpunkt
des Berichts sind die Problematik des so genannten „Opt-out", das es Einzelpersonen ermöglicht, auf ihre
Rechte aus der Richtlinie zu verzichten, sowie Definition und Berechnung der Arbeitszeit. Als Folge jüngster
Urteile des Europäischen Gerichtshofs nehmen jetzt mehr Mitgliedstaaten die Möglichkeit des Opt-out in
Anspruch. Die Kommission will mit ihrer Konsultation der Frage nachgehen, wie die Richtlinie in Zukunft überarbeitet
werden könnte.
„Selbstverständlich achten wir die Freiheit der einzelnen, darüber zu entscheiden, wie sie arbeiten",
bemerkte Anna Diamantopoulou, für Beschäftigung und Soziales zuständige Kommissarin. „In der Praxis
werden aber die von der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer, wenn
diese sich zu dem Opt-out bereit erklären, nicht ordnungsgemäß angewandt. Wir müssen eine
Lösung finden, die den Interessen aller Betroffenen gerecht wird. Wir müssen auch darüber nachdenken,
wie sich die Arbeitszeit optimal definieren lässt, damit wir vermeiden, dass aus den jetzigen flexiblen rechtlichen
Rahmenbedingungen unnötige Belastungen erwachsen."
Das Kommissionsdokument verfolgt drei Ziele
Analyse der Umsetzung des Opt-out und Abweichungen von dem Zeitraum, in dem die Arbeitszeit berechnet wird („Bezugszeitraum")
Analyse der Auswirkungen der neuesten Rechtsprechung, bei der es um die Definition der Arbeitszeit und um die Einstufung
von „Bereitschaftsdienst" ging, d. h. um die Frage, ob dieser als „Arbeitszeit" oder „Ruhezeit"
zu gelten hat
Konsultation interessierter Parteien zu möglichen zukünftigen Änderungen der Richtlinie
Der Arbeitszeitrichtlinie kommt entscheidende Bedeutung zu, wenn es sich um den Schutz von Gesundheit und Sicherheit
der Arbeitnehmer vor den Auswirkungen von übermäßig langer Arbeitsdauer, unzureichenden Ruhezeiten
und unregelmäßigen Arbeitszeiten handelt. Sie kann auch zu erhöhter Produktivität und einer
gelungeneren Vereinbarung von Arbeit und Familienleben beitragen.
1993 handelte das Vereinigte Königreich eine Opting-out-Lösung aus, die den Mitgliedstaaten erlaubt,
die Begrenzung der Arbeitszeit unter bestimmten Bedingungen nicht anzuwenden: vorherige Zustimmung des einzelnen
Arbeitnehmers, keine negativen Konsequenzen bei einer Weigerung, die Opting-out-Lösung zu wählen und
Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden der Personen, die sich für das Opt-out entschieden
haben.
In Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Spanien und Luxemburg hat man Rechtsvorschriften verabschiedet, um
in bestimmten Sektoren die Möglichkeit des Opt-out in begrenztem Umfang zu nutzen oder man bereitet derartige
Vorschriften vor. Dem Bericht der Kommission ist zu entnehmen, dass nicht sämtliche Garantien der Richtlinie
tatsächlich eingehalten werden. So wird z. B. Besorgnis darüber geäußert, dass von Arbeitnehmern
häufig verlangt wird, gleichzeitig mit ihrem Arbeitsvertrag auch die Opt-out-Vereinbarung zu unterzeichnen,
was eine Beeinträchtigung der Wahlfreiheit bedeutet.
Bei der Konsultation werden Reaktionen zu fünf wesentlichen Punkten erwartet, im Hinblick auf eine zukünftige
Überarbeitung der Richtlinie:
Dauer des Bezugszeitraums derzeit vier Monate, mit der Möglichkeit, unter gewissen Umständen sechs Monate
oder ein Jahr zuzulassen
Definition der Arbeitszeit nach jüngsten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs über Bereitschaftsdienstzeiten
Bedingungen für die Anwendung der Opt-out-Klausel
Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben
Möglichkeiten des optimalen Ausgleichs
Der Termin für die Konsultation ist der 31. März 2004. |