Deutscher Bundeskanzler Schröder beendete Wien-Besuch
Freitag kam Deutschlands Bundeskanzler Gerhard Schröder zu einem Kurzbesuch nach Wien, es ist dies
der erste Besuch eines EU-Regierungschefs nach Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Österreich im Vorjahr.Dies
führte zu einiger Aufregung in Österreich und auch in Deutschland: Schröder trifft nämlich
vorrangig mit Vertretern der SPÖ und SPÖ-nahen Kritikern der österreichischen Bundesregierung aus
Künstlerkreisen zusammen und folgte abends einer SPÖ-Einladung zu einem Frühlingsfest. Einzig ein
Arbeitsessen mit Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und ein Besuch bei Bundespräsident Dr. Thomas Klestil
am heutigen Samstag stehen auf Schröders "offiziellem" Programm, ein Treffen mit Vizekanzlerin Dr.
Susanne Riess-Passer oder anderen Regierungsmitgliedern der FPÖ wurde von vorneherein ausgeschlossen, um sie
nicht "hoffähig" zu machen, wie es in den Medien kommentiert wird.
Die von den EU-14 verhängten Sanktionen gegen Österreich sind nun schon seit geraumer Zeit "offiziell"
beendet. In den meisten Staaten und Regierungen ist man - sinnvollerweise - wieder zum normalen Alltag zurückgekehrt.
Warum hier gerade unser Nachbar ausschert und offenbar an keine Normalisierung denkt - obwohl Schröder verlauten
ließ, daß die gemeinsame Arbeit in der Europäischen Union gut funktioniere -, ist nicht nur uns
unverständlich. Auch, daß im Zuge der Berichterstattung über Schröders Wien-Reise ein Kommentator
des Bayrischen Rundfunks in seinem Stimmungsbild über Österreich offenkundig die letzten paar Monate
"übersehen" hat. Aber nicht nur inhaltlich war seine Einschätzung überholt, auch die Filmaufnahmen
der wöchentlichen Donnerstags-Demonstrationen waren Monate alt, denn: Heute demonstrieren ein paar Dutzend
gegen die Bundesregierung, in der besagten Einspielung zum Kommentar sah man Tausende - die Aufnahme war demnach
"zufällig" aus dem Archiv "hineingerutscht".
Schüssel: Österreich und Deutschland in guter Nachbarschaft
verbunden
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel traf Samstag mittag den deutschen Bundeskanzler Gerhard
Schröder zu einem Arbeitsgespräch im Bundeskanzleramt. "Weit über Personen- und Parteibeziehungen
hinaus sind Deutschland und Österreich in guter Nachbarschaft verbunden. Wir wollen in allen Bereichen mit
unseren deutschen Nachbarn gut zusammenarbeiten", betonte Bundeskanzler Schüssel. Auf Einladung von Bundeskanzler
Schröder wird Bundeskanzler Schüssel auch Deutschland besuchen. Im Mittelpunkt des heutigen Arbeitsgesprächs
standen die EU-Erweiterung, die Grenzregionenförderung, der Transitverkehr, das Atomkraftwerk Temelin und
die Finalität der Europäischen Union.
Bundeskanzler Schüssel betonte, dass Österreich und Deutschland sich stark für die EU-Erweiterung
einsetzen werden. Das schwierige Kapitel der Übergangsfristen bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer
und bestimmter Branchen im Dienstleistungssektor hoffe man gemeinsam bei dem Europäischen Rat in Göteborg
schließen zu können, so Schüssel. "Deutschland und Österreich haben die längste
gemeinsame Außengrenze zu den neuen Beitrittsländern. Deshalb müssen wir diesseits und jenseits
der Grenzen unsere gemeinsame Position kommunizieren", so der Bundeskanzler.
"Für Österreich und Deutschland sind gleichermaßen die höchst möglichen Sicherheitsstandards
des Atomkraftwerks Temelin von großer Bedeutung", so Schüssel. Der Melker Prozess, der eine umfassende
Umweltverträglichkeitsprüfung europäischen Standards des AKWs Temelin vorsieht, werde sowohl von
Deutschland wie auch von der Europäischen Kommission unterstützt, betonte Schüssel.
Bundeskanzler Schröder betonte die Wichtigkeit der guten Zusammenarbeit zwischen Österreich und Deutschland.
"Wir haben in vielen Bereichen identische Interessen", so Schröder. Österreich und Deutschland
seien Nettozahler in der Europäischen Union und verfolgen gleiche Positionen in Fragen der EU-Erweiterung
und der Grenzlandförderung, bestätigte Schröder. In Fragen des Transitverkehrs verstehe Deutschland
die ökologische Sensibilität Österreichs, auch wenn in diesem Bereich Deutschland eine unterschiedliche
Position einnehme, so Schröder. (BPD)
FPÖ kritisiert Ablauf des Schröder-Besuches
Der stellvertretende FPÖ-Bundesobmann und Vorarlberger Landesstatthalter Hubert Gorbach übte
Freitag deutliche Kritik am Verhalten des deutschen Regierungschefs Österreich gegenüber, die eines gemeinsamen
Europas unwürdig wäre: "Kanzler Schröder hat offensichtlich aus der Sanktionspleite nichts
gelernt", so Gorbach.Während Justizminister Dieter Böhmdorfer am Freitag in einer ORF-Sendung meinte:
"Wir haben keinen Grund, uns von der Spitze eines europäischen Landes so behandeln zu lassen", nannte
Generalsekretär Peter Sichrovsky Schröders Verhalten in einem Interview mit der Austria Presseagentur
"respektlos gegenüber einer demokratischen Entscheidung". Kärntens Landeshauptmann Dr. Jörg
Haider hätte in dieser Causa mehr Solidarität von Bundeskanzler Schüssel erwartet, da Schröder
nachträglich die Sanktionen gegen Österreich verteidigt habe und von Schüssel unwidersprochen blieb.
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