»Hort nie gesehener Schätze«  

erstellt am
30. 06. 09

Schloß Ambras wurde schon zu Lebzeiten Erzherzog Ferdinands zu einem
Anziehungspunkt interessierter Gelehrter und Fürsten aus ganz Europa.
Das Interesse an Ambras wurde so stark, daß bereits 1615 regelmäßige
Führungen durch die Sammlungen eingeführt wurden. Von Margot Rauch *)
     
Bereits lange vor der Gründung Innsbrucks 1180 erreichte die damalige »Burg Ambras« überregionale Bedeutung als fester Sitz der mächtigen Andechser Grafen. Unter Erzherzog Ferdinand II. entstand dann ab 1564 das »Schloß Ambras«.

Bereits lange vor der Gründung Innsbrucks 1180 erreichte die damalige »Burg Ambras« überregionale Bedeutung als fester Sitz der mächtigen Andechser Grafen. Unter Erzherzog Ferdinand II. entstand dann ab 1564 das »Schloß Ambras«.
Weithin sichtbar, liegt auf einem Schieferfelsen – zirka 100 Meter über dem Talboden im Süden von Innsbruck, das Schloß Ambras. Der Blick von dort nach Norden führt in einer direkten Linie über das dicht besiedelte Stadtgebiet zum gewaltigen Massiv der Nordkette, dessen zumeist schneebedeckte Gipfel einen beeindruckenden Hintergrund für das Schloß abgeben. Die Lage von Ambras ist symptomatisch für die Bedeutung von Innsbruck als Verbindungsglied zwischen dem Süden und Norden Europas: Unmittelbar südlich des Schlosses führte die alte Römerstraße, vom Brenner-Paß kommend, nach Hall, wo die Waren auf dem Inn weiter transportiert wurden. Bereits lange vor der Gründung Innsbrucks 1180 erreichte die Burg Ambras überregionale Bedeutung als fester Sitz der mächtigen Andechser Grafen. Seit der Erwerbung durch Meinhard I. von Görz-Tirol 1253 blieb die „Burg samt Zugehör“ im Besitz des jeweiligen Landesfürsten, der darauf Burghauptleute einsetzte.

Sein heutiges Erscheinungsbild und seine Einzigartigkeit verdankt Schloß Ambras aber einer späteren Periode: Als Erzherzog Ferdinand II. (1529-95), der zweitgeborene Sohn Kaiser Ferdinands I., zum Landesfürsten von Tirol bestellt wurde, ließ er die mittelalterliche Burganlage ab 1564 zum Renaissanceschloß umgestalten. Der Innsbrucker Hofburg stellte der Erzherzog einen Palast vor den Toren der Stadt zur Seite, einerseits als Sommersitz, andererseits um seine nicht standesgemäße Ehefrau Philippine Welser fern von der Öffentlichkeit unterzubringen. Ferdinand II. zählt zu den bedeutendsten Mäzenen der Familie Habsburg und hatte schon während seiner Zeit als Statthalter in Böhmen eine beeindruckende Sammlung von Rüstungen und Porträts zusammengetragen. Diese Bestände wurden vorerst in der Innsbrucker Hofburg aufgestellt und konnten dort 1574 von Stephanus Venandus Pighius, dem Reisebegleiter von Prinz Karl Friedrich von Cleve, gesehen und beschrieben werden.


Museum seit 1572
Im Anschluß an die Umbauten des Hochschlosses und die Errichtung des Spanischen Saales wurde ab 1572 ein eigenes Museum in Ambras gebaut. Hier richtete der Erzherzog neben einer umfangreichen Bibliothek vier Rüstkammern und eine Kunstkammer ein. Das älteste erhaltene Inventar ist das der Waffensammlung aus dem Jahre 1583. Sicherlich gleichzeitig erfolgte aber auch die Aufstellung der Kunstkammer, deren erstes überliefertes Inventar aus dem Jahr 1596 stammt. Anhand dieser und späterer Inventare sowie verschiedener noch erhaltener musealer Einrichtungsgegenstände kann das Konzept von Ferdinands Aufstellung rekonstruiert werden. Dabei stellt sich heraus, daß er als erster von allen sammelnden Fürsten seine Bestände nach den übergeordneten Gesichtspunkten eines auf den Besucher hin orientierten Museums anordnete und aufstellte. Viele der größten und bedeutendsten Museen Europas fußen auf fürstlichen Sammlungen und sind heute noch in den ehemaligen Schlössern untergebracht: im Palais du Louvre, in der Eremitage des Zaren oder im Palazzo Pitti der Medici. All diese Institutionen wurden aber ursprünglich als private fürstliche Schatzkammern angelegt und erst viel später in einer Weise aufgestellt, die eine Besichtigung durch Besucher berücksichtigte.

Der »Spanische Saal« zählt zu den schönsten freistehenden Saalbauten der Renaissance. Er wurde 1569–1572 nach den Vorstellungen Erzherzog Ferdinands II. als Festsaal errichtet und 2009 umfangreichen Sanierungsarbeiten unterzogen.

Der »Spanische Saal« zählt zu den schönsten freistehenden Saalbauten der Renaissance. Er wurde 1569–1572 nach den Vorstellungen Erzherzog Ferdinands II. als Festsaal errichtet und 2009 umfangreichen Sanierungsarbeiten unterzogen.


Führungen seit 1615
Schloß Ambras wurde schon zu Lebzeiten Erzherzog Ferdinands zu einem Anziehungspunkt interessierter Gelehrter und Fürsten aus ganz Europa, die es als Hort nie gesehener Schätze priesen. Das Interesse an Ambras wurde so stark, daß bereits 1615 regelmäßige Führungen durch die Sammlungen eingeführt wurden.
In der Kunstkammer ließ der Erzherzog 18 Schränke Rücken an Rücken in die Längsachse des Raumes stellen, damit sie von den gegenüberliegenden Fenstern ausreichend Tageslicht erhielten. Die Objekte wurden nach ihrer Materialgleichheit wie Gold, Silber, Stein, Porzellan und Holz in den einzelnen Kästen vereinigt. Dieses Ordnungsprinzip hat eine enge Verwandtschaft mit italienischen Sammlungen, die in dieser Form jedoch nicht mehr erhalten sind. Durch die Ordnung der Objekte nach Materialien wurden die einzelnen Schränke zu optischen Einheiten, deren ästhetische Wirkung durch eine sorgfältig ausgewählte Hintergrundfarbe noch gesteigert wurde: Zum Beispiel plazierte Erzherzog Ferdinand goldene Gegenstände in blau und anthrazitfarbene Handsteine in rot ausgemalten Kästen. Diese Präsentation ist für das 16. Jahrhundert ein absolutes Novum.

Faszinierend ist der Kontrast zwischen dem Millionen Jahre alten Fels und dem topmodernen Stiegenaufgang, der zum Spanischen Saal und ins Schloß führt.

Faszinierend ist der Kontrast zwischen dem Millionen Jahre alten Fels und dem topmodernen Stiegenaufgang, der zum Spanischen Saal und ins Schloß führt.


Da das Ausstellen neben dem Sammeln und Bewahren zu den vordringlichsten Aufgaben eines Museums zählt, gilt Schloß Ambras mit Recht als erstes neuzeitliches Museum. Für Ambras wurde die Bezeichnung „Museum“ auch schon von den Zeitgenossen verwendet. So wird, beispielsweise, auf einer Federzeichnung des Schlosses von Georg Hufnaegel aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausdrücklich das Vorhandensein einer Bibliothek und eines Museums vermerkt.

Die Porträtgalerie umfaßt mehr als 200 Bildnisse, u.a. Gemälde von Lukas Cranach, Tizian, Anton van Dyck und Diego Velázquez.

Die Porträtgalerie umfaßt mehr als 200 Bildnisse, u.a. Gemälde von Lukas Cranach, Tizian, Anton van Dyck und Diego Velázquez.

Die Porträtgalerie befindet sich im Hochschloss, wo zur Zeit Ferdinands II. die Wohnräume lagen.

Die Porträtgalerie befindet sich im Hochschloss, wo zur Zeit Ferdinands II. die Wohnräume lagen.


Dieses Museum ist heute noch an ursprünglicher Stelle erhalten, wenn sich auch in den über 400 Jahren, die seit dem Tode seines Schöpfers vergangen sind, einiges verändert hat. Ferdinands Sohn, Markgraf Karl von Burgau, verkaufte die Bestände an Ferdinands Neffen, den großen Sammler und Kunstmäzen Rudolf II. von Prag. Trotzdem war weiterhin eine Besichtigung der Sammlungen für fürstliche und gebildete Besucher möglich und bei Durchreisenden aus ganz Europa üblich. Nach Königin Christine von Schweden stattete beispielsweise auch Johann Wolfgang von Goethe Schloß Ambras einen Besuch ab. Mit dem Aussterben der Tiroler Nebenlinie der Habsburger hat aber in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Abtransport vieler Gegenstände begonnen, was durch den zum Teil beklagenswerten Zustand der Baulichkeiten und Sammlungsgegenstände auch gerechtfertigt war. Im Zuge der napoleonischen Kriege wurde 1806 ein Großteil der Bestände nach Wien in Sicherheit gebracht und im Unteren Belvedere den Fürsten anläßlich des Wiener Kongresses gezeigt. Bedeutende Zimelien, die sich heute in Wiener Institutionen befinden, stammen aus Schloß Ambras: das Salzfaß des Benvenuto Cellini im Kunsthistorischen Museum ebenso wie die legendäre Federkrone des Montezuma im Völkerkundemuseum oder das Ambraser Heldenbuch in der Österreichischen Nationalbibliothek.

Jedoch bereits 1880 wurde Schloß Ambras in das Museum der k.k. Ambraser Sammlungen umgewidmet und zahlreiche Objekte, vor allem Kuriosa und Mirabilien, sind wieder den umgekehrten Weg gegangen. Dadurch kann die Kunst- und Wunderkammer Erzherzog Ferdinands II. heute als die einzige am selben Ort erhaltene manieristische Kunstkammer gezeigt werden. Zeitgleich mit Ferdinand II. haben auch andere europäische Fürsten Kunstkammern angelegt. Diese wurden aber entweder geplündert (München, Prag, Stuttgart) oder durch Nachfolger derart verändert, daß sie einen anderen Charakter erhalten haben (Dresden, Kassel).
   

Seit 400 Jahren an Ort und Stelle
Der Inhalt der Ambraser Kunstkammer repräsentiert immer noch das Programm der enzyklopädischen Kunstkammern der späten Renaissance, in der das Kunstwerk gleichrangig der Naturalie ist und das Spielzeug seinen Platz neben der Reliquie hat. Neben der historischen Präsentation einer manieristischen Kunstkammer liegt die Besonderheit der Ambraser Kunstkammer aber in den heute noch an Ort und Stelle erhaltenen Objekten, die im 16. Jahrhundert zwar anderswo ebenfalls gesammelt wurden, aber nur hier durch die Abgeschiedenheit des Ortes überlebt haben. Dies sind in erster Linie die geschnittenen, freistehend aufgestellten oder in Kabinetten angeordneten Korallen, die gedrechselten Aufbauten aus Holz und Elfenbein, die Figurenszenen aus Glas sowie die Sammlung von chinesischem Porzellan und Seidengemälden, die sicherlich zu den ältesten Kollektionen asiatischer Kunst in Europa gehört. Objekte der Ambraser Kunstkammer sind aber auch bedeutende Kunstwerke wie das Tödlein des Hans Leinberger oder typische Kunstkammerstücke wie Handsteine und Pokale aus Rhinozeroshorn oder Kokosnuß. Daneben finden sich Bergkristallgefäße, präparierte Fische und Echsen, Musikinstrumente, Uhren und Automaten, Porträts der Haarmenschen und des Grafen Dracula und vieles andere. Aufgrund dieser vielschichtigen und überaus besonderen Sammlungsgegenstände hat Erzherzog Ferdinand II. in seinem Testament seine Kunstkammer erstmals mit der Bezeichnung Kunst- und Wunderkammer versehen. In dieser scheinbar spielerischen Vielfalt und wundersamen Mischung liegt aber auch die bis heute ungebrochene Anziehungskraft der Ambraser Kunst- und Wunderkammer.

Die »Kleine Rüstkammer«
 
»Kunst- und Wunderkammer«
 
»Rüstkammer des 16. Jahrhunderts« (unten)
 
Die »Kleine Rüstkammer« (oben), »Kunst- und Wunderkammer« (Mitte) und die »Rüstkammer des 16. Jahrhunderts« (unten)


Das Hauptaugenmerk des Erzherzog lag auf Rüstungen und Waffen
Die Präferenz Erzherzog Ferdinands II. als Sammler lag jedoch sowohl quantitativ als auch qualitativ auf der Rüstungs- und Waffensammlung. Sein Bemühen war vor allem darauf gerichtet, große Feldherren möglichst umfassend darzustellen. Die in der Heldenrüstkammer ausgestellten Rüstungen galten als Monumente, als Erinnerung an die Träger und ihre Taten. Daher wurden die Rüstungen durch ein Porträt des Trägers und seine Biographie im „Armamentarium Heroicum“, dem 1601 auf Latein erschienenen Buch zur Heldenrüstkammer, ergänzt. Dieses Geschichtswerk des Jakob Schrenck von Notzing mit Kupferstichen von Domenicus Custos beinhaltet eine derart genaue Wiedergabe der einzelnen Rüstungen, daß es erstmals auch die Funktion eines modernen musealen Katalogs erfüllte.

Noch heute sind in der ersten Rüstkammer Harnische in originalen Schränken aus der Heldenrüstkammer ausgestellt. Zur Darstellung der alten Form des ritterlichen Turniers wählte Erzherzog Ferdinand sogenannte Renn- und Stechzeuge aus den Rüstkammern seiner Vorfahren, Erzherzog Siegmund und Kaiser Maximilian I. In der heutigen Präsentation wurde zur Veranschaulichung dieser Turniere ein Turnierplatz geschaffen. Im wahrsten Sinne des Wortes aus der Sammlung herausragend ist der Harnisch von Bartlmä Bon, dem Hofriesen auf dem Wiener Turnier von 1560. Wie zu Ferdinands Zeiten wird der Harnisch heute noch auf der über 260 cm großen originalen Gliederpuppe präsentiert. Die zweite Rüstkammer ist der Selbstdarstellung Ferdinands II. gewidmet. Als sogenannte Leibrüstkammer umfaßt sie die Harnische des Erzherzogs und des Innsbrucker Hofes. Da Ferdinand II. ein großer Veranstalter höfischer Feste war, sind in dieser Rüstkammer auch Realien von den dabei veranstalteten Turnieren, wie Plankengestech, Fußturnier und Freirennen untergebracht. Die dritte Rüstkammer enthält heute im wesentlichen Gebrauchswaffen des österreichischen Kaiserhauses aus dem 17. Jahrhundert.

In der Präsentation wurde zur Veranschaulichung ritterlicher Turniere ein Turnierplatz geschaffen.

In der Präsentation wurde zur Veranschaulichung ritterlicher Turniere ein Turnierplatz geschaffen.


Die Decke dieses Saales wurde vor 1586 vom italienischen Hofmaler des Erzherzogs, Giovanni Battista Fontana, ursprünglich für den westlich des Hochschlosses gelegenen Speisesaal geschaffen. In Öl auf Holz sind die Allegorien der Sternbilder, umgeben vom Band der Tierkreiszeichen sowie die Allegorien der Elemente und die Planetengötter dargestellt. Diese astronomische Himmelsdarstellung hat berühmte Gegenstücke: die Decke in der Sala del Mappamondo im Palazzo Farnese in Caprarola von 1573 oder die Decke, die Giulio Romano ab 1524 für die Sala dei Venti im Palazzo del Te in Mantua gemalt hat.


Ein Juwel manieristischer Baukunst
Ein Juwel manieristischer Baukunst ist der Spanische Saal, den Erzherzog Ferdinand von 1569 bis 1572 am Fuße des Burghügels errichten ließ. Der freistehende, 43 Meter lange Saal diente der fürstlichen Repräsentation und ist mit ganzfigurigen Porträts der Tiroler Landesfürsten in Freskomalerei ausgestaltet. Daneben wird der Raumeindruck von der farbigen Einlegearbeit der Holzdecke und -türen von Conrad Gottlieb, den Grotesken in den Fensternischen von Denis van Hallaert und den Stuckarbeiten von Anthonis van Brackh bestimmt. Heute werden in diesem Saal Konzerte der „Alten Musik“ veranstaltet, die einen internationalen Ruf genießen.

Auch das gesamte Hochschloß ließ Erzherzog Ferdinand II. im Stil der Spätrenaissance umgestalten. Da es anschließend nie mehr dauerhaft bewohnt wurde, ist es in diesem Erscheinungsbild bis heute erhalten geblieben. In seinem Inneren konnte aber in jüngerer Zeit eine zusätzliche Bereicherung geschaffen werden: Erzherzog Ferdinands außerordentliches Interesse an Porträts – bis zu seinem Lebensende hat er eine zirka 1000 Stück umfassende Sammlung aufgebaut – war einer der Gründe, warum im Hochschloß von Ambras 1976 die Habsburger Porträtgalerie eingerichtet wurde. Es handelt sich dabei um eine Sammlung von knapp 300 zum Teil von so berühmten Malern wie Hans Burgkmair, Lukas Cranach d. J., Giuseppe Arcimboldo, Peter Paul Rubens oder Diego Velázques stammenden Porträts. Die Galerie beginnt mit Herzog Albrecht III. im 14.. Jahrhundert und endet mit Kaiser Franz I. von Österreich im 19. Jahrhundert und umfaßt damit die Zeitspanne, in der die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation regelmäßig an Habsburger verliehen wurde.

Durch die vielfältigen dynastischen Beziehungen zeigt diese Porträtsammlung auch Mitglieder anderer europäischer Herrschergeschlechter jener Zeit. Da kaum eine andere Familie die Geschicke Europas über viele Jahrhunderte so wesentlich mitbestimmt hat wie die der Habsburger, wird ein Rundgang durch diese Galerie auch zu einer Reise durch die europäische Geschichte.

Als umfassendste Porträtsammlung der Habsburger ist die Galerie auf Schloß Ambras mit der National Portrait Gallery in London oder der Historischen Porträtsammlung in Schloß Versailles bei Paris vergleichbar.

Dieser Flügel beherbergt Rüstkammern und die »Kunst- und Wunderkammer«.

Dieser Flügel beherbergt Rüstkammern und die »Kunst- und Wunderkammer«.


Gesamtkunstwerk des 16. Jahrhunderts
Schloß Ambras stellt als Gesamtkunstwerk des 16. Jahrhunderts mit dem ältesten neuzeitlichen Museum und der einzigen am selben Ort erhaltenen manieristischen Kunstkammer ein einzigartiges Zeugnis fürstlicher Repräsentationslust und fürstlichen Sammelwesens jener Zeit dar. Durch die kulturellen Aktivitäten Erzherzog Ferdinands II. wurde Innsbruck mit Schloß Ambras zu einem bedeutenden Zentrum in Europa. Auch die heute einmalige Lage von Innsbruck im Schnittpunkt zwischen dem pulsierenden Inntal und den einsamen Tälern des Karwendel wurde gewissermaßen auf Schloß Ambras schon vor 400 Jahren vorweggenommen: Der äußerst reizvolle Kontrast dieses höfischen Gesamtkunstwerks zur ungestalteten und rauhen Tiroler Bergwelt dürfte schon Erzherzog Ferdinand II. bewußt gewesen sein. So ließ er im Schloßgarten einen Wildpark mit Gehegen für Hirsche und Rehe und einem noch bestehenden Wasserfall anlegen. Und Stephanus Venandus Pighius verwunderte es 1574, „unter den höchsten Bergkuppen im Innthale“ einen Palast anzutreffen, „mit Bildern und fürstlichem Hausrath, wie man ihn nur in der Stadt sucht“.


St. Nikolauskapelle
Die wechselhafte Geschichte der St. Nikolauskapelle von Schloß Ambras reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück. Ihr heutiges Erscheinungsbild geht aber auf das 19. Jahrhundert zurück, als der Statthalter von Tirol, Erzherzog Karl Ludwig (1832–1896), die schadhaften Wandmalereien des 16. Jahrhunderts abschlagen ließ und eine allgemeine Neugestaltung in Auftrag gab. Mit ihrer künstlerisch wertvollen Gestaltung durch August von Wörndle (1867) stellt die Kapelle ein wichtiges Bindeglied vom Mittelalter über die Renaissance bis zur jüngeren Vergangenheit dar.

Im Kapellenvorraum wird der Kapellenschatz präsentiert: bis ins 14. Jahrhundert zurückgehende Ablaßbriefe, wertvolle gotische Skulpturen, kostbares Augsburger Kirchensilber und seltene, reich bestickte Meßgewänder aus dem 16. Jahrhundert.

Die Kapelle dient aber nicht nur musealen Zwecken: Neben Taufen und Hochzeiten ließ die Pfarrgemeinde Amras auch die für viele Jahre unterbrochene Tradition einer jährlichen Sankt-Nikolaus-Messe wieder aufleben. 

Die wechselhafte Geschichte der St. Nikolauskapelle von Schloß Ambras reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück.

Die wechselhafte Geschichte der St. Nikolauskapelle von Schloß Ambras reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück.
     
http://www.khm.at/schloss-ambras/     
*) Mag. Margot Rauch ist Kuratorin auf Schloß Ambras, das als Museum samt den dortigen Sammlungen als „Sammlungen Schloß Ambras“ zum Kunsthistorischen Museum Wien gehört.
Alle Fotos: KHM / Michael Mössmer
     
Den vollständigen Artikel finden Sie im "Österreich Journal" pdf-Magazin,
Ausgabe 073 vom 30. 06. 2009
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