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Wo lassen Sie fälschen? |
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Es ist ein Irrtum, zu glauben, daß Fälschen strafbar ist. Denn man muß nur Regeln
einhalten, schon darf man es. Wenn man kann. Viele können es perfekt, dürfen aber nicht. Verwirrend?
Nun, das »Fälschermuseum Wien« sorgt für Klarheit. Von Christa Mössmer. |
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Man nehme altes Papier, Tinte aus dem 17. und 18. Jahrhundert (Bister genannt) oder Sepien aus dem späten 18. Jahrhundert. Dann rupfe man einem Vogel eine oder besser gleich zwei Federn aus.
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Hat man diese Utensilien zusammen, suche man sich ein Bild der alten Meister, wie Rembrandt, Michelangelo, Leonardo
da Vinci, oder wen immer Sie bevorzugen.
Fälschungen im Umlauf
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Spuren finden
Lassen Sie uns einen kleinen Ausflug machen: Die Löwengasse entstand um 1700 und war damals schon eine wichtige Durchzugsstraße und wurde nach dem Hausschild „Zum goldenen Löwen“ Haus Nr. 29, benannt. Nicht unweit davon steht, auf Nr. 19, das Geburtshaus von Josef Engelhart. Der wurde 1864 geboren, war Maler und Bildhauer, Gründungsmitglied der Wiener Secession. Der gehörte auch Gustav Klimt an (Klimt-Fälschungen hängen im Fälschermuseum). Josef Engelhart malte viele Szenen und Typen aus dem Wiener Volksleben. Nicht bekannt ist, ob vielleicht auch von ihm Fälschungen im Umlauf sind. Aber was sicher keine Fälschung ist, das ist das Buch von Hans Bisanz, „Josef Engelhart“ erschienen im „Verlag Der Apfel“. |
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1883 wurde Anton von Webern geboren, jener berühmte Komponist, der irrtümlich 1945 von einem US-Soldaten
erschossen wurde. Webern zählte, wie Arnold Schönberg und Alban Berg zu den Hauptvertretern der Wiener
Schule der Zwölftontechnik. Auch sei natürlich das weltbekannte „Hundertwasserhaus“ erwähnt, benannt nach dem berühmten Maler Friedensreich Hundertwasser, der eigentlich Friedrich Stowasser hieß und an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Queen Elizabeth II.“ auf der Fahrt von Neuseeland nach Europa am 21. Februar 2000 verstarb. Und genau gegenüber vom Hundertwasserhaus ist das „Fälschermusuem Wien“. Eingetaucht in diese künstlerische Atmosphäre wirkt es auf den Besucher mit seinen imposanten Fälschungen. Es ist ein Privatmuseum und erhält keinerlei Subventionen. Diane Grobe, eine hübsche, junge, Frau, quirlig und temperamentvoll, kommt uns entgegen und führt uns gleich hinunter in die Fälschergalerie. Dort hängen sie – ich meine die gefälschten Bilder. Wir setzen uns und man merkt sofort wie leidenschaftlich und begeistert sie von ihrem Museum und von „ihren“ Fälschern oder Kopisten ist. Sie erklärt, was eine Fälschung, was ein Falsfikat, ein Plagiat, was eine Kopie ist: Fälschung (Identfälschung) Eine Kopie eines bestehenden Werkes, mit dem (falschen) Hinweis, es sei das Original. Falsifikat (Stilfälschung) Ein Werk, das im Stile des Künstlers gemalt wurde, mit dem (falschen) Hinweis, es sei ein Original des Künstlers. Verfälschung Eine Identfälschung, bei der Änderungen oder Bearbeitungen durchgeführt wurden. Plagiat Ein fremdes Werk, von dem jemand (z. B. der Besitzer) behauptet, es sei sein eigenes Werk. Kopie (Meisterkopie) Eine Kopie eines bestehenden Werkes, ohne dem (falschen) Hinweis, es sei das Original. Das „Fälschermuseum Wien“ ist einzigartig. Auch schon deshalb, weil man dort auch Bilder kaufen kann, nämlich sowohl dort ausgestellte, wie auch solche auf Bestellung. Man wünscht sich ein Motiv, ungeachtet dessen, ob es sich um ein Tryptichon von Hyronimus Bosch handelt oder um das Dalli-Klick-Foto der Schwiegermutter: es läßt sich alles malen, und wird es auch. Was auch zur Kostendeckung des Museums beiträgt. „Auch die berühmten Fälscher werden schon gefälscht“, verrät Diane Grobe, die uns zu Bildern der schon vorher erwähnten Kunstfälscher von Keating, Kujau, van Meegeren, Stein und Mrugalla führt und uns kompetent und geduldig auf Details aufmerksam macht. Erwähnenswert sind an dieser Stelle natürlich die Identfälschungen von Schiele, Klimt, van Gogh, Monet, Raffael oder Rembrandt. Künstler, die in Museen – ganz legal natürlich – oft künstlerisch höchstwertige – Kopien vor Ort malen, haben die Möglichkeit ihre Werke hier im Fälschermuseum auszustellen und zum Kauf anzubieten. |
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Vom „Zeitgenossen“ Johannes Emich kopiert, können Sie Gustav Klimt‘s „Judith I“ bestaunen,
Der Autor Brian Innes stellt in „Das große Buch der Fälschungen“ fest, das Problem der Unterscheidung zwischen dem Original eines Meisters, der unter seiner Leitung gefertigten Kopie und einer vorsätzlichen Fälschung könne am Fall des niederländischen Malers Rembrandt van Rijn (1606-1669) veranschaulicht werden. Innens: „Rembrandts Bilder sind sehr wertvoll und viele Arbeiten werden mit seinem Namen in Verbindung gebracht. In den Akten der US-Zollbehörde zum Beispiel scheinen nicht weniger als 9428 Arbeiten ,von Rembrandt‘ auf, die zwischen 1909 und 1951 in die USA transportiert wurden. Sicherlich war Rembrandt sehr produktiv, doch damit diese Zahlen stimmen, hätte er, gerechnet auf sein Berufsleben, zwei Werke in drei Tagen schaffen müssen, authentifizierte Bilder in Sammlungen und im Privatbesitz nicht eingerechnet.“ Einen großen Teil der Verwirrung habe Rembrandt selbst zu verantworten. Er habe zahlreiche Werkstätten unterhalten, in denen seine Schüler Werke produzierten, die der Meister persönlich signiert und als seine eigenen verkauft habe. „Nach seinem Tod schufen auch andere Künstler in ehrlicher Bewunderung Imitationen der Rembrandt-Werke. Unter ihnen befindet sich ein wenig bekannter englischer Maler aus dem 18. Jahrhundert, Thomas Worlidge, dessen Arbeiten man einst für echte Rembrandts hielt. Gleichzeitig ließ der Überfluß an „Nicht-Rembrandts“ Zweifel an Bildern aufkommen, die echt sein könnten. Innes: „Die Londoner National Gallery besitzt das Gemälde ,Alter Mann mit Pelzkappe‘, das als eine ,Imitation von Rembrandt, möglicherweise aus dem 18. Jahrhundert‘ katalogisiert wurde. Die Signatur Rembrandt f/1648 wurde ebenfalls für gefälscht gehalten. Später jedoch zeigten Untersuchungen, daß das Bild fast sicher aus dem 17. Jahrhundrt stammt und charakteristische Eigenschaften von Rembrandts Maltechnik aufweist.“ In der Publikation zur Ausstellung im British Museum „Fälschung? Die Kunst des Betrugs 1990“ ist zu lesen: „Die natürlichste Schlußfolgerung wäre, das Bild für einen echten Rembrandt zu erklären, doch kein Kenner seiner Kunst ließ sich von den wissenschaftlichen Ergebnissen überzeugen. Die Debatte um die Authentizität des Bildes hat sich schon lange ausgereizt.“ 1) Wer jetzt „Gusto“ bekommen hat, das „Fälschermuseum Wien“ in der Löwengasse zu besuchen, dem sei noch mitgegeben, daß Diane Grobe einstündige Führungen macht, während der sie die Schicksale der Künstler in sehr unterhaltsamer Weise näherbringt. Spät, aber doch, stellt sich die Frage: Was treibt einen Menschen dazu, ein Kunstwerk zu fälschen? Talent, Neugierde, Größenwahn? Brian Innes meint dazu: das Hauptziel einer Kunstfälschung sei ohne Zweifel Profit. Es sei jedoch interessant, daß viele Fälscher behaupteten, auch durch etwas anderes getrieben zu werden: den Wunsch, Experten zu überlisten. Innes: „Um eine überzeugende Fälschung zu schaffen, braucht man Talent, Wissen und Geschick. Oft mußten Fälscher erkennen, daß ihnen die Anerkennung und ein angemessener Preis für ihre eigenen Arbeiten vorenthalten blieben. Wenn aber ein Kunstwerk einem berühmten, vorzugsweise toten Künstler zugeschrieben wird, kann es viel Geld einbringen. So ist die Versuchung, zu fälschen, häufig zu groß, um ihr zu widerstehen.“ 2) Wer die vielen Geschichten und Schicksale von den Fälschern erfahren möchte, ist bei Diane Grobe im „Wiener Fälschermuseum“ bestens aufgehoben. Zum Abschluß noch etwas zum Schmunzeln. Die „Dithmarscher Landeszeitung“ schrieb 1990 über den Prozeß, der Mrugalla in Meldorf gemacht worden war, folgendes: „Edgar Mrugalla präsentierte sich vor Gericht wieder ganz als ,der alte‘. Im weißen Overall beschrieb er in breitem Dialekt, wie es zu den Taten gekommen war. Mehrfach sorgte das Berliner Original im Saal für Gelächter, wenn er Details seiner emsigen Schaffenskraft zum Besten gab. Vorsitzender Richter Hans-Peter Voß konterte die ,Berliner Schnauze‘ teils auf plattdeutsch, teils setzte er noch humorvolle Spitzen oben drauf.“ So habe sich selbst der Staatsanwalt ein Lachen nicht verkneifen können, als Mrugalla erklärte, wie er die Leinwände auf alt getrimmt habe. Er habe, sagte er mit toternster Miene, Gummibärchen in Wasser aufgelöst, das Papier in der Soße „behandelt“ und im Backofen getrocknet. Er setzte hinzu: „Haribo macht Kinder froh.“ Richter Voß ergänzte wortgewandt: „… und Mrugalla ebenso.“ 3) Informationen: http://www.faelschermuseum.com 1,2) Brian Innes, „Das große Buch der Fälschungen – Die Tricks der größten Fälscher aller Zeiten“ ; Copyright 2005, Amber Books Ltd. London, Originaltitel: „Fakes & Forgeries – The true crime stories of History greatest Deceptions“ Copyright oft the German translation © 2006 tosa im Verlang Carl Ueberreuter Ges. m. b. H., Wien. 3) http://www.mrugalla.com |
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Diesen Artikel finden Sie – mit ein paar anderen Bildern – auch im "Österreich Journal" pdf-Magazin, Ausgabe 045 | ||||
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