Die Hofkirche zu Innsbruck  

erstellt am
31. 05. 09

Es mag viele prächtige Kirchen geben – aber wer die Hofkirche zu Innsbruck betritt, kann sich der Mystik, die dieses Ensemble ausstrahlt, nicht entziehen.
Von Christa (Text) und Michael Mössmer (Fotos)
Ein Blick auf die Innsbrucker Innenstadt von der Hungerburg aus: links im Bild das Tiroler Volkskundemuseum und die Hofkirche, die Hofburg, dahinter der Turm der Servitenkirche auf der Maria-Theresien-Straße, rechts die Türme von Dom und Rathaus.

Ein Blick auf die Innsbrucker Innenstadt von der Hungerburg aus: links im Bild das Tiroler Volkskundemuseum und die Hofkirche, die Hofburg, dahinter der Turm der Servitenkirche auf der Maria-Theresien-Straße, rechts die Türme von Dom und Rathaus.
Wenn man Namen so mancher historischer Persönlichkeiten ausspricht, verbindet man diese unweigerlich mit einem bestimmten Ort. Was vebinden Sie spontan mit Kaiser Maximilian I. von Österreich? Innsbruck!

Diese Stadt kann ohne den Kaiser nicht sein, der Kaiser nicht ohne die Stadt. Beide sind verwoben zu einem Band der Geschichte und wir weben weiter, indem wir die Geschichte tradieren und festigen, auf daß das Band nie zerreißen möge. Manchmal müssen wir dieses Band mit viel Tatkraft, Engagement, Geduld und Überzeugungskraft weiterweben, trotz chronischen Geldmangels in allen öffentlichen Kassen. Aber sehen wir ab von der finanziellen Last, die uns unsere alten Kulturgüter aufbürden: Es bedarf vor allem des Glaubens an das Erbe unserer Väter, um es für kommende Generationen weiterzutragen.

Wer die Hofkirche zu Innsbruck besucht, weiß von diesem Glauben der Tirolerinnen und Tiroler zu berichten. Eines der großartigsten Denkmäler des Abendlandes wird seit Jahren minutiös restauriert und renoviert. In kaum dagewesenem Glanze präsentiert sich der Kenotaph (leeres Grabmal, Anm.) von Kaiser Maximilian I. seit seiner Restaurierung, die 2003 abgeschlossen wurde.

Das Grabmal, die überlebensgroßen bronzenen Figuren in dunkler Schönheit, aufgestellt zwischen roten marmornen Säulen, in Zentrum der dunkle Kenotaph mit den weißen Reliefs, die durch sachkundige Renovierung wieder Tiefenwirkung haben. Und, nicht zuletzt, überragt der zum Hauptalter hin knieende Maximilian auch aus Bronze gegossene Figuren, die die vier „Kardinaltugenden“ darstellen.

Staunend und ehrfurchtsvoll wandelt man der Reihe der Ahnen Maximilians entlang, blickt zu den Heiligen des Hauses Habsburg empor, verliert sich in den 24 Reliefs, die Höhepunkte des Lebens und Taten Maximilians darstellen. Das schmiedeiserene Gitter, das die Refliefs vor Beschädigung schützt, ist schon Kunstwerk für sich – und verwirrt mit seiner Ornamentik, vergoldeten Blättern und Blüten, den Betrachter, wenn er zu nahe davor steht. Das war nicht immer so.

Über Hunderte von Jahren wurde das Gitter nicht mehr professionell gereinigt, geschweige denn, restauriert. Um ein wenig des ursprünglichen Glanzes zu erhalten, wurde immer nur darübergemalt. Über Generationen hat man sich – aus heutiger Sicht „Gott sei dank“ – nicht darübergetraut, die Reliefs zu restaurieren. Denn die Schwierigkeit liegt darin, daß auch nach einer Reinigung ein wenig Patina erhalten bleibt, die die gewisse Tiefenwirkung vermittelt. Man stelle sich vor, es war sogar einmal daran gedacht, die bronzenen Figuren einzuschmelzen, um Kanonenkugeln daraus herzustellen.

Die Hofkirche, eines der großartigsten Denkmäler des Abendlandes, wird seit Jahren minutiös restauriert und renoviert.

Die Hofkirche, eines der großartigsten Denkmäler des Abendlandes, wird seit Jahren minutiös restauriert und renoviert.


Die Hofkirche dürfte aber besonderen Schutz genießen: Während des Zweiten Weltkriegs war sie die einzige Kirche Innsbrucks, die keine Bombentreffer abbekam. Prof. Karl Pischl, Geschäftsführer des „Kuratoriums zur Erhaltung der Innsbrucker Hofkirche“, erinnert sich: „1943 hatte man die Bronzefiguren nach Kundl gebracht, damit sie die Kriegswirren überleben – man hat den Maximilian, hat das Gitter weggebracht und anschließend den ganzen Kenotaph eingemauert.“ So gut und vorausblickend das auch war, hat es leider auch zu einigen Schäden geführt, für deren Behebung in der Nachkriegszeit keinerlei Mittel zur Verfügung standen. Marmor kann man halt nicht einfach ausbessern, das bedarf fachkundiger Arbeit.
Die Hofkirche zu Innsbruck ist Teil der Geschichte des Hauses Habsburg und untrennbar verbunden mit den Schicksalen Kaiser Maximilians I. (1459-1519), dessen Enkel, Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) und Urenkel, Erzherzog Ferdinand II. von Tirol (1529-1595).

Die Hofkirche
Nun wollen wir uns einen kleinen Überblick über die Hofkirche verschaffen: Die Pläne dazu stammen vom angesehenen Trientiner Architekten Andrea Crivelli und dem aus dem deutschen Memmingen stammenden Baumeister Nikolaus Türing, dessen Großvater übrigens das „Goldene Dachl“ schuf. Er begann 1553 mit dem Bau der dreischiffigen Hallenkirche, verstarb aber fünf Jahre später. Ihm folgte der Steinmetzmeister Marx della Bolla, der das große Werk, nach zehn Jahren Bauzeit, 1563, abschließen konnte.

Andrea Crivelli hat „seine“ Kirche durch die Empore, den Lettner und die Rundpfeiler aus rotem Marmor gegliedert. Die Bausubstanz ist im großen und ganzen in ihrer Ursprünglichkeit erhalten, nur das Hauptgewölbe, also das Mittelschiff, wurde während eines Erdbebens beschädigt und durch Johann Martin Gumpp Ende des 17. Jahrhunderts in barockisiertem Stil wiederhergestellt.

Der Hochaltar war ursprünglich ein Renaissancealtar mit Pilastern und ohne Flügel, wurde aber 1755 durch einen Altar nach dem Entwurf des Wiener Hofarchitekten Nicolaus Pacassi ersetzt. Die Seitenstatuen wurden 13 Jahre später, also 1768, vom Hofbildhauer Balthasar Moll geschaffen. Links vom Hochaltar befindet sich der „Fürstenchor“, von wo aus nur die kaiserliche Familie der Messe beiwohnen durfte. Er ist aus neun verschiedenen, edelsten Hölzern geschaffen und zeugt von höchster Tischlerkunst der Spätrenaissance. Später wurde der Fürstenchor fachgerecht verlängert. Auf der gegenüberliegenden Seite ist die berühmte „Ebert Orgel“ zu bewundern, von der es weltweit nur mehr fünf geben soll. Dem chronischen Geldmangel ist es zu verdanken, daß uns diese Orgel erhalten blieb und nicht einem „moderneren“ Instrument weichen mußte. Vor dem linken Seitenaltar befindet sich das Grabmal des Weihbischofs Johannes Nasus. Links und rechts vom Kenotaph sehen wir den Paschalisaltar und Josefsaltar. Ein Blick in Richtung Hochaltar zeigt noch die Sippenheiligen des Hauses Habsburg.

Die „allgemeine“ Runde durch die Kirche führt uns schließlich zum Grabdenkmal von Andreas Hofer, der 1823 als Führer des Tiroler Freiheitskampfes dort beigesetzt wurde. Unmittelbar gegenüber befindet sich das „Heldendenkmal für den Tiroler Freiheitskampf“. Unter dem Aufgang zur „Silbernen Kapelle“ befindet sich das Grabmal der Katharina von Loxan, 1580/81 errichtet und durch ein Schmiedeisengitter mit Arabesken und Figuren abgeschlossen, das dem Innsbrucker Hofschlosser Hans Peck zugeschrieben wird.

Ein Blick vom Chor über den Kenotaph zum Hauptaltar

Ein Blick vom Chor über den Kenotaph zum Hauptaltar


Im jüngeren Teil der „Silbernen Kapelle“ befindet sich das Grabmal Erzherzog Ferdinands II., im älteren das seiner Gattin Philippine Welser (sie war die Nichte von Katharina von Loxan). Nach dem Tode Ferdinands wurde auf Weisung des Kaiserhauses sofort ein Gitter angebracht, um eine Unstatthaftigkeit zu beseitigen: daß nämlich eine Bürgerliche mit einem Mitglied der kaiserlichen Familie in einer gemeinsamen Kapelle begraben ist. Beide Grabmale wurden von Alexander Colin geschaffen. Ihren Namen erhielt die Kapelle durch das viele Silber, mit dem der Altar verziert ist. Er zeigt die Heilige Maria, die von marianischen Symbolen umgeben ist. In einer Nische, links vom Altar, findet sich ein wahres Kleinod der Orgelbaukunst: eine Kastenorgel aus Zedernholz im Stil der Spätrenaissance mit hölzernen Pfeifen in einem Schrankgehäuse. Sie wird, sehr zur Freude der Liebhaber Alter Musik, regelmäßig für Konzerte genutzt.



Der Bauherr
Maximilian (1459-1519) war der Sohn von Kaiser Friedrich III. und Eleonore von Portugal. Bereits als 27jähriger wurde er (1486) zum römischen König gewählt. Als sein Vater 1493 starb, folgte ihm Maximilian als Kaiser nach. Den Namen „Maximilian“ hatte er übrigens bekommen, weil der Heilige Maximilian als Märtyrerbischof von Pannonien auf die schwere Aufgabe des jungen Prinzen im Kampf gegen die Türken hinweisen sollte. Die erste Ehe mit Maria von Burgund, Tochter des Herzogs Karl des Kühnen, war eine ausgesprochene Liebesheirat. Doch nach einem tragischen Unglück – sie stürzte von einem Pferd – starb Maria von Burgund 1482. Dieser Ehe entstammten Philipp der Schöne und Margarete. Die zweite, 1493 geschlossene Ehe mit Bianca Maria Sforza endete durch deren Tod 1510 kinderlos.

Maximilian war ein Mann zwischen den Zeiten. Die Refliefs auf dem Kenotaph stellen sein wechselvolles Leben und seine Taten dar. Maximilian, ein Mann zwischen den Zeiten, ein Mann mit Schwert und Feder. So abwechslungsreich wie sein Leben, so voller Gegensätze beherrschte er doch die ritterlichen Künste, daher auch sein Beiname der „letzte Ritter“; ein Reformer der Verwaltung und in der Kriegsführung und er bildete das neue deutsche Fußvolk aus. Es bewies sein Können auch als Schriftsteller, wie viele Schriften über Kriegskunst, Gärtnerei, Jagd und Baukunst bezeugen. Seine bekanntesten autobiographischen Werke sind „Teuerdank“ und „Weißkunig“, in letzterem er schrieb die Worte: „Wer ime im leben kain gedechtnus macht, der hat nach seinem tod kain gedechtnus, und demselben menschen wird mit dem glockendon vergessen“. Maximilian begann auch, gemeinsam mit seinem Sekretär Marx Treitzsaurwein, die Geschichte seines Vaters und seiner Jugend als autobiographisches Werk zu verfassen. Es blieb aber unvollendet.

In Wiener Neustadt – wo sich Maximilians eigentliches Grabmal befindet – konnten die Bronzefiguren nicht aufgestellt werden, die ja Maximilian bereits 1502 selbst in Auftrag gab, das sie viel zu schwer waren, vom Kirchenboden nicht getragen werden konnte

In Wiener Neustadt – wo sich Maximilians eigentliches Grabmal befindet – konnten die Bronzefiguren nicht aufgestellt werden, die ja Maximilian bereits 1502 selbst in Auftrag gab, das sie viel zu schwer waren, vom Kirchenboden nicht getragen werden konnten. So legte Kaiser Ferdinand I. die Errichtung eines neuen Stiftes mit Kirche und Kloster in Innsbruck – eigentlich nur für das Grabdenkmal – fest.


Maximilan war begeisterter Anhänger des Humanismus, er ließ mittelalterliche Dichtungen sammeln, Chroniken und Handschriften, wie z. B. die berühmte Ambraser Handschrift, abschreiben. Er war ein Reformer, ein Förderer der Wissenschaften und Künste.

Im oberösterreichischen Wels verfaßte er sein Testament, das höchst eigenwillige Bestimmungen für seine Bestattung enthält. Der Kaiser war auf seiner Reise nach Wien erkrankt und bestimmte detailliert die Zuwendungen und Stiftungen, besonders an Spitäler und Armenhäuser, über sein persöliches Eigentum und seine Sammlungen. Alle Zähne sollen ihm herausgerissen, das Haupthaar abrasiert werden. Da das von ihm 1502 beauftragte Grabmal noch nicht fertiggestellt war, verfügte er, neben seiner Mutter in der St. Georgs-Kapelle der Wiener Neustädter Burg bestattet zu werden. Das Herz sollte ihm herausgenommen und neben seiner Gemahlin Maria von Burgund in Brügge beigesetzt werden.
   

Bei seinem Tod hinterließ er ein Imperium, das den Habsburgern mit Spanien, den Niederlanden und Österreich jene Hausmacht verlieh, die ihnen die Kaiserkrone für die Zukunft sichern konnte. Mit der gefürsteten Grafschaft Tirol fühlte sich Max persönlich sehr verbunden. Tirol war das erste Land in seinem ereignisreichen Leben, in dem er als von allen
    Sollten einmal zu Kanonenkugeln eingeschmolzen werden: die »Schwarzen Mander« in der Hofkirche.
   

Sollten einmal zu Kanonenkugeln eingeschmolzen werden: die »Schwarzen Mander« in der Hofkirche.
     
Ständen gerufener Landesfürst regieren durfte. Es war sein Jagdrevier, sein Rüstungszentrum und durch die Silberbergwerke seine unerschöpfliche Geldquelle. Viele seiner Ideen konnten leider nicht umgesetzt werden. Zu Lebzeiten Kaiser Maximilians dürften zum eigentlichen Grabmal nur skizzenhafte Entwürfe existiert haben. Und trotzdem ist dieser wunderbarer Kenotaph erbaut wurde, was wir seinem Enkel, Kaiser Ferdinand I., und seinem Urenkel, Erzherzog Ferdinand II., zu verdanken haben.



Als Kenotaph wird ein Grabdenkmal oder auch Scheingrab bezeichnet, das als Erinnerung für einen an anderer Stelle beigesetzten Toten dient. Es handelt sich um eine Sitte, die ihren Ursprung in der Antike hat. Vermutlich wurden Kenotaphe von wandernden Stämmen angelegt, um die Ahnen, die ganz wo anders begraben werden mußten, weiterhin verehren zu können. Kaiser Maximilian I. wollte ein politisches Denkmal schaffen im Sinne des römisch-deutschen Kaisertums, tief verwurzelt mit der Tradition des Hauses Habsburg. Sein Glaube war die Weiterentwicklung des europäischen Kaisertums, was auch in seiner Heirats- und Adopitionspolitik ihren Niederschlag fand. Die Ehen wurden immer aus politischen Gründen geschlossen, das Herz wurde nie gefragt. Schon im Kindesalter stand fest, wer wen zu heiraten hatte. Es war schon ein seltenes Glück, so wie bei Maximilian, daß seine Ehe mit Maria von Burgund eine Liebesheirat war, und territorialer Gewinn und politisches Kalkül dennoch nicht zu kurz kamen.

Sein Sohn, Philipp „der Schöne“ (1478 - 1506), der elf Jahre vor Maximilian starb, wurde mit Johanna „der Wahnsinnigen“ verheiratet. Seine Schwester Margarete, geboren 1480, wurde bereits dreijährig also 1483, mit dem 13jährigen Dauphin verheiratet und zum französischen Hof gebracht. Aber aus dieser Heirat wurde dann schlußendlich nichts, da andere politische Interessen im Vordergrund standen. Später kam es zu der berühmten Doppelhochzeit, da Kaiser Maximilian einen Bund schloß mit König Ferdinand von Aragon. Dessen Sohn Juan wurde mit Margarete und Tochter Juana (Johanna) eben mit Philipp – wie oben schon erwähnt verheiratet, der aber schon sechs Monate nach der Hochzeit starb. Aber die Heirat Philipps mit Johanna brachte die Habsburger an die Spitze Spaniens mit Süditalien und den Kolonien. Man bedenke: 1492 hat Columbus Amerika entdeckt. So wurde das mächtigste Imperium des Westens gebildet. Daß hier der Grundgedanke für eine Schaffung eines europäischen Denkmals im Sinne europäischen Kaisertum vorherrschte, kann einen nun nicht mehr verwundern.

Von der Gotik zur Renaissance
Von der Gotik zur Renaissance waren vor allem die Einflüsse italienischer Renaissancedenkmäler vorherrschend, aber auch Einflüsse von französischen und burgundisch-niederländischen Herzogsgräben waren gepaart mit der Vorgabe des antiken Totenkults, wobei zu sagen ist, daß Maximilian bei seiner Ahnenreihe recht großzügig war, ging sie doch bis zu Cäsar zurück.

Aber wie auch immer, der Gedanke an ein Ehrengrab wurde skizzenhaft festgehalten und erst sein Enkel Ferdinand I., Sohn von Philipp dem Schönen und Johanna der Wahnsinnigen und Bruder von Karl V., in dessen Reich die Sonne nie untergehen sollte, war der Erfüller des Testaments seines Großvaters.

Der zum Hauptalter hin knieende Maximilian überragt auch aus Bronze gegossene Figuren, die die vier »Kardinaltugenden« darstellen.

Der zum Hauptalter hin knieende Maximilian überragt auch aus Bronze gegossene Figuren, die die vier »Kardinaltugenden« darstellen.


In Wiener Neustadt konnte dieses Grabmal aus baulichen Überlegungen nicht aufgestellt werden, da die Bronzefiguren, die ja Maximilian bereits 1502 selbst in Auftrag gab, viel zu schwer waren, vom Kirchenboden nicht getragen werden konnten. So legte Kaiser Ferdinand I. die Errichtung eines neuen Stiftes mit Kirche und Kloster in Innsbruck – eigentlich nur für das Grabdenkmal – fest.

Wie schon erwähnt, nahm Maximilian das antike Vorbild als Grundlage für seinen Trauerzug. Vierzig bronzene, kerzenhaltende Figuren, die seine Ahnen und Verwandten darstellen sollten, wurden an den Münchner Gilg Sesselschreiber beauftragt, der auch die Entwürfe dafür lieferte. Einige Jahre später, 1508, zog Sesselschreiber nach Innsbruck, wo ihm in Mühlau eine alte Gußhütte zur Verfügung gestellt wurde. Gleichzeitig mit ihm kam auch Stefan Godl nach Innsbruck, der die Heiligenstatuen ausgeführt hatte. Noch nie wurden im deutschen Raum bislang so überlebensgroße Figuren gegossen. Aber die Arbeiten waren sehr gesundheitsschädlich, da durch das Erhitzen des Kupfers giftige Gase entstanden, heute unvorstellbar, unter welchen Umständen damals gearbeitet werden mußte.

Die erste bronzene Figur, nämlich Ferdinand von Portugal, Vorfahre der Mutter Maximilians, wurde 1509 in der Werkstatt von Peter Löffler gegossen. Interessant ist, daß die letzte Figur, die des Frankenkönigs Chlodwig, erst 1550 gefertigt wurde, und zwar vom Sohn Löfflers, Gregor. Die Löfflers waren ein berühmtes Tiroler Gießergeschlecht bis ins 17. Jhdt. Stammvater war Peter, ihm folgten Gregor, Hans Christof und Elias. Von Peter sind 14 Glocken erhalten. Die älteste von ihnen in Tirol ist die von Amras bei Innsbruck aus dem Jahre 1491, die berühmteste ist wohl die „Maximiliana“ aus dem Jahre 1503 in der Pfarrkirche von Schwaz im Unterinntal.

Viele berühmte Künstler und Handwerker schufen diese imposanten schwarzen Figuren aus Bronze. Entwürfe stammen von Pollhaimer, Kölderer, Tiefenbrunn, Amberger und vor allem vom berühmten Albrecht Dürer. Die Figuren Dürers sind sehr leicht erkennbar, wenn man die Ahnen und Verwandten in der Hofkirche genauer betrachtet: sie sind in ihrer Darstellung nämlich viel zierlicher als alle anderen Figuren. Auch die verschiedensten Bildhauer haben mitgewirkt, neben Sesselschreiber vor allem Magt, dann Leinberger, Artusmeister und Arnberger; die Gießer waren Godl, die schon erwähnten Löfflers und vor allem auch Peter Vischer d. Ä. aus Nürnberg, der von Maximilian noch selbst beauftragt wurde. Er schuf 1513 die beiden Figuren „Gotenkönig Theoderich“ und „König Artus von England“, die Entwürfe dafür kamen von Albrecht Dürer (mit dem Blick zum Hochaltar, rechter Hand, die fünfte und achte Figur). Die dritte Figur, die Dürer entworfen hatte, stellt „Graf Albrecht IV. von Habsburg“ dar und wurde von Godl gegossen. Elf Figuren wurden bis zum Tode Maximilians 1519 fertiggestellt.

Der Kenotaph
Für den Kenotaph lieferte Florian Abel, der in Prag kaiserlicher Hofmaler war, einen originalgroßen Entwurf im Florisstil der Spätrenaissance. Er bildet den dominierenden Mittelpunkt des Grabdenkmals. Die Reliefs sollten von Abels Brüdern Bernhard und Arnold bearbeitet werden. Doch wurden davon wurden nur drei bewerkstelligt, da sie, wie Prof. Karl Pischl erzählt, „sich in Innsbruck zu Tode getrunken haben. Wir haben noch die Rechnungen über den Weinkonsum von mehr als 2500 Liter – und sie haben nur einen Bruchteil von den 24 Reliefs geschafft.“



1564 erteilte Ferdinand II. den Auftrag, ein Gitter um das Grabmal zu errichten, um die wertvollen Marmorreliefs zu schützen.

1564 erteilte Ferdinand II. den Auftrag, ein Gitter um das Grabmal zu errichten, um die wertvollen Marmorreliefs zu schützen.


Nach dem Tod der Brüder Abel wurde Alexander Colin aus Mecheln die Fertigstellung der Reliefs aus der Ehrenpforte übertragen. An den Schmalseiten des Kenotaphs sind je vier, an den Längsseiten je acht Reliefs des flämischen Künstlers angebracht. Es handelt sich um Werke der Spätrenaissance, die den Holzschnitten der Ehrenpforte nachempfunden sind. Die Reihenfolge der Reliefs beginnt im Norden – alle Reliefs tragen Nummern. Die Tumba (sarkophagartiger Überbau eines Grabes mit Grabplatte) stammt von dem Trientiner Steinmetzmeister Hieronymus Longhi. Colin war einer der führenden Bildhauer an den Habsburger Höfen in Innsbruck, Prag und Wien, er starb 1612. Das Gesamtbild des Kenotaphs wird durch die große künstlerische Darstellung der „Vier Kardinaltugenden“ oberhalb des Grabes geprägt, die den knieenden Maximilian als Höhepunkt umrahmen. Sie wurden erst im Jahre 1584 in der Mühlauer Gußhütte gegossen, seit dem Tode Maximilians (1519) sind also bereits 65 Jahre vergangen. Die Frauengestalten stellen Prudentia, die Klugheit mit dem Spiegel, Iustitia, die Gerechtigkeit mit dem Schwert, Temperantia, die Besonnenheit mit Schale und Wassergefäß, und Fortitudo, die Tapferkeit mit der Säule, dar. Außerhalb der Hofkirche werden Colin in Hall und Schwaz (Tirol), in Meran, in Murstetten und Maria Laach (beide NÖ) weitere Grabdenkmäler und Epitaphe zugeschrieben. Die Krönung, die bronzene Statue des knieenden Maximilian, wurde von dem sizilianischen Wandergießer Ludovico de Duca zum Abschluß der gesamten Grabmalarbeiten gegossen.

1564 erteilte Ferdinand II. den Auftrag, ein Gitter um das Grabmal zu errichten, um die wertvollen Marmorreliefs zu schützen. Als Vorbild diente das Gitter um das Grabmal der Königin Anna im Prager Veitsdom. Aber erst vier Jahre später konnte die Arbeit in Angriff genommen werden, da die beauftragten Schlosser allesamt an einer Seuche starben. Der Entwurf, ein
    Das Grabdenkmal von Andreas Hofer, der 1823 als Führer des Tiroler Freiheitskampfes dort beigesetzt wurde.
   

Das Grabdenkmal von Andreas Hofer, der 1823 als Führer des Tiroler Freiheitskampfes dort beigesetzt wurde.
     
Kunstwerk von Flechtwerkmustern, Spiralen, Blättern, Blüten, kalligraphischen Arabesken, Blechschnitten von Engeln, Wappen und krönenden Spindelblüten, stammte vom Innsbrucker Maler Paul Trabel und das Gitter wurde vom Prager Hofschlosser Georg Schmidhammer geschaffen. Das Giebelfeld über dem Doppelflügeltor zeigt das Wappen Ferdinands I. und die umlaufenden Abschlußzonen zieren die 36 Wappen seiner Besitztümer. Dieses Gitter wurde dann sozusagen als Vorbild für die Innsbrucker Gitterwerkkunst genommen. Jedenfalls kann man Prof. Karl Pischl nur beipflichten, wenn er meint: „Die internationalen Experten weisen der Kirche und dem Grab Maximilians einen hohen Stellenwert zu. So wird die Hofkirche nicht nur als bedeutendstes Denkmal Tirols, sondern als großartigstes Kaisergrab in ganz Europa tituliert. Außerdem weisen sie dem Maximiliangrab die Rolle der größten figuralen Denkmalsanlage des Abendlandes zu.“



Zu diesem Konzept gehören auch noch die Schutzheiligen des Hauses Habsburg. Sie wurden vom Bildschnitzer und Modellierer Leonhard Magt nach den Entwürfen vom Hofmaler Jörg Kölderer um 1514/15 und in Bronze von Meister Stefan Godl ausgeführt. Man unterteilt sie in vier Gruppen nach ihrem Aussehen und Gewändern. Wie bereits angesprochen, war Maximilian ein Mann zwischen den Zeiten. Am Beginn der Renaissance wurde die Antike wiederentdeckt und so sollten das Grabdenkmal 34 römische Büsten zieren, die nach einer Vorlage römischer Münzbilder, die Konrad Peutinger geliefert hatte, in Augsburg modelliert und in Bronze gegossen wurden. 21 Büsten wurden bei der endgültigen Aufstellung des Grabdenkmals aber nicht verwendet, sondern nach Schloß Ambras gebracht. Von dort gelangten sie ins kaiserliche Depot in Wien, wurden 1948 zurück nach Innsbruck transportiert und auf der Nordempore der Hofkirche aufgestellt. 1974 brachte man sie nach Schloß Ambras. Aber nur 20, denn die 21. Büste befindet sich im bayerischen Nationalmuseum.

Der Stilwandel dieser Zeit, also im Verlauf des 15. Jahrhunderts, war – von Italien ausgehend – eine Wiedergeburt der antiken Kunst (also „Renaissance“), dessen Entwicklung nördlich der Alpen erst nach 1500 zum Tragen kam. Römische Kaiser, Szenen aus der antiken Mythologie wurden dargestellt. Freizügig, oft unbekleidete männliche und weibliche Figuren. Hier hat ein tiefgreifender Wandel stattgefunden, der in der Hofkirche deutlich spürbar ist. Kaiser Ferdinand I. ließ daneben auch das sogenannte „Neue Stift“ erbauen, das er 1564 zur Betreuung den Franziskanern übergab, die, wie Prof. Pischl, erzählt, aus Venedig kamen: „Als die Kirche fertig war mit dem Grabmal und den Reliefs, also so um 1568, ist ja gleichzeitig auch das Kloster dazugebaut worden. Denn zu jedem Kaisergrab und zu jeder Kaiserkirche hat es ein Kloster gegeben. Da dieses Grabmal aber leer war, wollte kein Orden dieses Kloster übernehmen – weil man die Auflage hatte, 24 Stunden für den Kaiser ,durchzubeten‘. Und die Patres der verschiedenen Orden haben gesagt: ,Wenn kein Leichnam da ist, für wen sollen wir beten‘. Und dann ist es nach geraumer Zeit und mit viel Überredungskunst – wahrscheinlich auch mit finanziellem Einsatz des Kaiserhauses – gelungen, Franziskaner aus Venedig hierherzubringen, die unter ganz bestimmten Auflagen diese Aufgabe übernommen haben. Auflage war, zum Beispiel, daß nur italienisch sprechende Geistliche hierherkommen, daß keinerlei Seelsorge damit verbunden ist und eines, was immer ein bißchen amüsant ist, daß jeder neue Pater, der in das Kloster nach Innsbruck kommt, vom Kaiserhaus komplett neu eingekleidet werden mußte. Die Orden waren schon sehr gescheit und sehr fortschrittlich damals und haben sich viel Geld erspart, indem sie jedes Jahr eine neue Gruppe von Patres vom Mutterhaus aus Venedig geschickt haben. Die sind dann jedes Jahr neu eingekleidet worden.“ Das Kloster wurde dann im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, 1972 abgerissen und von H. Prachensky neu errichtet. Seit 1974 ist Innsbruck auch wieder Residenz des Provinzials.

Der Kenotaph in der Hofkirche zu Innsbruck ist nicht nur die größte figurale Denkmalanlage des Abendlandes. Der Kenotaph ist ein Stück – heimischer – Kulturgeschichte, auf das nicht nur Innsbruck und Tirol zu Recht stolz sein können. Er sollte eigentlich schon längst in die Reihe des Weltkulturerbes aufgenommen sein. 
     
Alle Fotos: Michael Mössmer
     
Den vollständigen Artikel finden Sie im "Österreich Journal" pdf-Magazin,
Ausgabe 072 vom 31. 05. 2009
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