Hervorragende Zahlen   

erstellt am
16. 03. 07

Walter Koren, Leiter der Außenwirtschaft Österreich (AWO), im Interview zu Rekorden der österreichischen Exportwirtschaft in den vergangenen Jahren und zu den Zielen bis zum Jahr 2010.
Von Michael Mössmer

MM: Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und Sie haben vor kurzem die Exportbilanz 2006 präsentiert, die hervorragende Werte aufweist. Die österreichische Wirtschaft hat im vergangenen Jahr mit einer Steigerung von über 12 Prozent eine


Walter Koren
Leiter der Außenwirtschaft Österreich
der Wirtschaftskammer Österreich
Foto: WKO/AWO
Exportquote von rund 60 Prozent erreicht. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, das noch zu verbessern. Wie packt man das an?

Walter Koren: Grundsätzlich ist zu sagen, daß Österreich zwar ein kleines, aber sehr offenes Land ist. Wir sind bestrebt, uns international zu vernetzen, was nicht nur im Interesse der Politik, sondern auch im Interesse der Wirtschaft ist. Es bringt natürlich Vorteile, wenn man nicht nur den heimischen Markt betrachtet, sondern in die Welt hinausgeht. Es beginnt schon in der Nachbarschaft und endet etwa in Wladiwostok oder in Los Angeles.

Wir Österreicher sind ein talentiertes Volk, wir haben entsprechend exzellente Produkte und Dienstleistungen anzubieten, und wir stärken nicht nur das einzelne Unternehmen, sondern die gesamte Wirtschaft und damit die Gesellschaft, wenn wir über den Tellerrand blicken.

Wir haben im vergangenen Jahr eine tolle Export-Performance gehabt. Nach den nun vorliegenden, endgültigen Zahlen waren es plus 12,7 Prozent. Das ist, in der Tat, eine sehr gute Leistung der österreichischen Wirtschaft, die wir von der Außenwirtschaft Österreich, getragen und finanziert von der Wirtschaft selbst, auch künftig bestmöglich unterstützen wollen.

MM: Welche Ziele haben Sie sich konkret gesetzt?

Walter Koren: Unsere Ziele sind einerseits ambitiös, liegen aber andererseits innerhalb der realistischen Reichweite. Wir haben uns vorgenommen, bis ins Jahr 2010 rund 200 Mrd. Euro an Waren- und Dienstleistungsexporten zu schaffen.

MM: Das würde eine Steigerung von rund 50 Mrd. Euro bedeuten?

Walter Koren: Ja. Wir halten derzeit bei rund 150 Mrd. Euro, haben 2006 die historische Marke von 106 Mrd. Euro Warenexport übersprungen. Dazu kommen aber auch noch die Dienstleistungsexporte, die im Zusammenhang mit der steigenden Bedeutung einer Dienstleistungsgesellschaft zunehmend wichtiger werden. Somit halten wir also bei knapp 150 Mrd. Euro. Das Ziel von 200 Mrd. Euro 2010 ist einerseits Anreiz, andererseits aber durchaus realistisch.

MM: Man kann unser kleines Land ja, gerade was Umwelttechnik anbelangt, als Vorreiter bezeichnen: Wir haben damit etwa 1994 begonnen und stehen jetzt bei einer Größenordnung von rund 4 Mrd. Euro. Wird sich künftig auch dadurch an der Relation zwischen Waren- und Dienstleistungsexport etwas verändern?

Walter Koren: Umwelttechnologie ist eine Paradedisziplin der österreichischen Wirtschaft, vor allem hier der Teilbereich der Technologie für erneuerbare Energie. Zusammen mit der Technologie für reines Wasser, reine Luft, reines Abwasser bis zur Müllentsorgung ist ein jetzt schon sehr wichtiger Bereich, vor allem aber einer mit sehr großem Zukunftspotential. Man denke nur daran, daß Österreich ja schon vor Jahren Trinkwasserqualität bei Seen erreicht hat, oder, zum Beispiel, was AVL an hoher Technologie in Sachen Emissionsmessung beigetragen hat. Ähnliches passiert nun im Bereich der erneuerbaren Technologie, wie Biodieselanlagen oder Anlagen auf Basis von Solar- oder Windenergie, vor allem von Biomasse, wo wir sicher eine Pionierrolle einnehmen. Ich denke hier, zum Beispiel, an neue Technologien zur Energieeinsparung und -effizienz im Wohnbau. Das ist sehr zukunftsträchtig und wird sich im Vergleich zur Gesamtwirtschaft sicherlich überproportional entwickeln.

MM: Wie weit läßt sich denn der Technologieexport gezielt, sozusagen thematisch, mit dem Warenexport koppeln?

Walter Koren: Es ist eine Kette an Leistungen, die oft mit Beratern und Planern, mit Engineering beginnt. In Moskau oder St. Petersburg, zum Beispiel, werden ganze Masterpläne für einzelne Regionen entworfen, was man zur Energieeinsparung oder zur Erhöhung der Umwelteffizienz beitragen kann. Es beginnt also mit Dienstleistern, dahinter steht eine ganze Armada an Produkten. Das beginnt bei Kläranlagen, und geht bis zu mit Biomasse gespeisten Energieanlagen, die dann mitangeboten und verkauft werden.

MM: Dazu ist es aber notwendig, einen großen Marktüberblick zu haben – und das weit über die Grenzen hinaus.

Walter Koren: Aufgabe der Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich ist es, mit ihren 107 Büros auf der ganzen Welt, zu beobachten, wo Wachstumspotentiale entstehen und für welche Branchen sich diese entwickeln. Um zur Umwelttechnologie zurückzukehren: Da gibt es natürlich sogenannte „Schwellenländer“, die einen rasanten industriellen Aufschwung – leider mit entsprechender Umweltbelastung und „üppigem“ Umgang mit Umweltressourcen – verzeichnen. Die dortigen Entscheidungsträger merken selbst, daß das nicht unlimitiert vonstatten gehen kann, sondern daß man sehr wohl Maßnahmen in Richtung Umwelteffizienz und -schutz treffen muß. Nur als Beispiele seien hier aufstrebende Länder genannt wie Rußland, China, Indien, oder auch die neuen Mitgliedsländer in der Europäischen Union. Bulgarien und Rumänien sind Paradeländer für die österreichische Wirtschaft, aber auch die zehn neuen Mitgliedsländer nach der EU-Erweiterung im Jahre 2004, wo der Schutz der Umwelt ein doppeltes Anliegen ist, sind doch einige davon unsere unmittelbaren Nachbarn.

MM: Es gibt ja sehr lange und gute Tradition zu diesen Länden, in denen ja auch zu Zeiten des „Eisernen Vorhanges“ beste wirtschaftliche Beziehungen bestanden. Welchen Stellenwert haben denn heute die von der Außenwirtschaft Österreich organisierten Gemeinschaftsausstellungen?

Walter Koren: Auch wenn wir ab und zu gefragt werden, ob diese Form der Präsentation in Zeiten des Internet noch zeitgemäß wäre, ist klar zu sagen: sie haben eindeutig ihre Wichtigkeit behalten. Wir organisieren jährlich etwa 100 Gemeinschaftsstände auf internationalen Messen weltweit – außerhalb von Österreich –, wir unterstützen da nicht nur in Planung und Vorbereitung, sondern auch finanziell. Die Mitarbeiter der teilnehmenden Unternehmen können, ohne jede Vorarbeit, die von uns aufgebauten Stände beziehen und sich, mit Messeeröffnung, ungestört ihren Kontakten und Geschäften widmen. Der persönliche Kontakt zum Interessenten, zum künftigen Kunden, ist also auch in Zeiten des Internet ein ganz wesentliches Werkzeug zur Vertrauensbildung. Man kann übers Internet sicher gute Geschäfte machen, wenn man, zum Beispiel, Bücher bestellt, Kinokarten kauft. In der Regel sind die österreichischen Produkte aber know how- und technologieintensiv, da wird sehr großes Gewicht auf die Beratung gelegt.

Die Österreicher sind sehr verläßliche Geschäftspartner. Und dieses gute Image kann man natürlich auf diesen Messen sehr gut festigen.

MM: Die allgemeinen Publikumsmessen, die vor allem auch in der Nachkriegszeit regen Zulauf verzeichneten, haben zunehmend an Interesse eingebüßt. Welche Rolle spielt eigentlich die Fokussierung auf Themenbereiche?

Walter Koren: Es treffen Angebot und Nachfrage in spezifischen Branchen, sehr fachlich orientiert, aufeinander, neue Facetten wie Symposien und Fachvorträge bieten dem Messebesucher – wie auch dem Aussteller – Möglichkeit, das Fachwissen zu vertiefen. Und man muß bei diesen Fachmessen einfach dabeisein, um in der Weltwirtschaft, in seiner Branche, mitspielen zu können.

Die Außenwirtschaft trägt diesem Trend Rechnung und trägt mit der Aktion „go international“ nicht nur mit Wissen und Dienstleistung, sondern auch finanziell bei. In welcher Größenordnung bewegen sich denn die Mittel, die Ihnen dafür zur Verfügung stehen?

Walter Koren: Wir haben in der Anlaufphase 2003 mit einem sogenannten „Quickstart-Paket“ begonnen, in den Folgejahren wurden dann die Mittel erhöht bzw. für 2007 fortgeschrieben. Zu den rund 10 Mio. Euro aus dem Bundesbudget kommen weitere rund 70 Mio. Euro aus dem Budget der Wirtschaftskammer Österreich. Daraus finanzieren wir auch unser weltweites Außenstellennetz, also unsere etwa 600 Mitarbeiter, die ihre Erfahrung und ihr Wissen einsetzen.

MM: Dort spielen ja sicherlich regionale Kenntnisse eine vorrangige Rolle?

Walter Koren: Humankapital und interkulturelle Kompetenz sind heute wichtiger denn je, wenn es darum geht, Ziele wie die unseren erreichen zu können. Deshalb stammt etwa die Hälfte aller 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem jeweiligen Land, um den österreichischen Unternehmen den Weg in die von ihnen betreuten und bearbeiteten Märkte noch besser, kompetenter zeigen zu können, sie ein Stück weit zu begleiten, allenfalls bei Pannen hilfreich zur Seite zu stehen. Und das setzen wir nicht nur in fernen Ländern wie etwa Südamerika oder Japan um, sondern auch in unseren Büros in München oder in Bratislava. Das heißt, es entsteht bereits dort ein bereits mit der Landesmentalität abgestimmtes Beratungsangebot. Und das ist ein ganz großer Vorteil, den wir unseren Unternehmen hier zur Verfügung stellen können.

MM: Apropos Unternehmen. Wieviele heimische Betriebe sind denn derzeit im Export tätig?

Walter Koren: Bei meinem Amtsantritt im Jahr 2002 setzten wir uns ehrgeizige Ziele. Wir wollten mit unseren Exportförderungsmaßnahmen bis Ende 2007 mehrerlei schaffen: Die Steigerung des Waren-Exportvolumens auf 100 Mrd. Euro und die Verdoppelung der Zahl der österreichischen Unternehmen, die im Export tätig sind von damals 15.000 auf 30.000 – und beides haben wir schon ein Jahr früher erreicht. Zusätzlich hat Österreich erstmals die Schweiz und Deutschland beim BIP pro Kopf überholt: Österreich 34.000 US$, Schweiz 32.000 und Deutschland 31.000 US$.

MM: Eine weitere Erfolgsmeldung betrifft die österreichischen Investitionen im Ausland.

Walter Koren: Wir sehen wesentliches Anliegen unserer Organisation darin, vom Exportförderer zur Internationalisierungsagentur der österreichischen Wirtschaft zu wachsen. Denn es geht nicht nur um den reinen Güterexport. Es geht um viel mehr, es geht um österreichische Direktinvestitionen im Ausland. Hier ist der Bestand von 47 Mrd. Euro im Jahr 2003 auf 57,7 Mrd. Euro im Jahr 2005 gestiegen. Allein 2005 investierte Österreich 7,4 Mrd. Euro im Ausland. Es genügt ja nicht, die USA oder China einfach mit heimischen Waren zu beliefern, es bedarf ja auch einer gewissen Infrastruktur im Land, also etwa eine Service-, Wartungs- oder Vertriebsgesellschaft, die auch Montageaufgaben übernimmt.

Ein wesentlicher Faktor sind aber auch die internationalen Technologie-Kooperationen, wo wir uns nicht nur einbringen, sondern auch lernen können. Ein solcher Partner ist zum Beispiel das „Massachusetts Institute of Technology“, wo wir Technologie quasi einkaufen, unterstützen aber auch unsere Unternehmen beim Technologietransfer ins Ausland, beim Transfer von Geschäftsideen, Vertriebskonzepten oder bei der Klärung von Finanzierungsfragen. In diesen Bereichen sind rund 10.000 heimische Betriebe tätig, weshalb unser Ziel für 2010 lautet, für insgesamt 50.000 österreichische Unternehmen dazusein.

MM: Wo stehen wir denn im internationalen Vergleich mit unseren Export-Zahlen?

Walter Koren: Wir waren, nach Aussagen der EU-Kommission, Export-Europameister in den Jahren 2000 bis 2006, was den jährlichen Export-Zuwachs betrifft. Was das Exportvolumen, bezogen auf die Bevölkerung, also „pro Kopf“ angeht, liegen wir weltweit an siebter Stelle, beim Dienstleistungsexport pro Kopf an sechster Stelle. Letzteres bedeutet, daß unser kleines Land immerhin 1 Prozent des gesamten weltweiten Dienstleistungsexportes stellt.

MM: Gibt das der heimischen Exportwirtschaft nicht auch einen massiven Stellenwert am Wirtschaftssaufkommen?

Walter Koren: Rund 60 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs werden im Ausland verdient. Das heißt auch, daß neue, zusätzliche Arbeitsplätze, zu 60 Prozent im Ausland erwirtschaftet werden. Von den 60.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen im Laufe des Jahres 2006 sind 40.000 auf den Waren- und Dienstleistungsexport zurückzuführen. Auch 2 Prozent des 3,2-prozentigen Wirtschaftswachstums im vergangenen Jahr können wir dem Export zurechnen. Noch dazu können wir ja recht stolz darauf sein, daß unsere Handelsbilanz nahezu ausgeglichen ist.

MM: Alleine in den neuen EU-Mitgliedsländern stehen im Bereich Umwelttechnik Investitionen um über 120 Milliarden Euro an. Das ist eine enorme Chance für österreichische Unternehmen aus den Bereichen Hightech, Energie, Umwelt, Nahrungsmittel, Automobilindustrie und Kfz-Zulieferer, die auf diesem Gebiet zu den Top-Anbietern weltweit zählen. Wie ist es zu schaffen, diese unendliche Fülle an Informationen für die einzelnen Unternehmen verwertbar zu machen?

Walter Koren: Die Wirtschaftskammer Österreich hat ein „Netzwerk Umwelttechnik International“ (NUI) ins Leben gerufen. Die österreichische Umwelttechnikindustrie verzeichnet bereits jetzt Umsatzzuwächse von jährlich fast 8 Prozent. Dieser dynamische Industriezweig mit über 600 Unternehmen soll nun mit einer umfassenden Informationsdrehscheibe bei seinen Auslandsaktivitäten und -geschäften unterstützt werden. Ziel ist, die österreichische Umwelttechnik im internationalen Umfeld zu positionieren. Es handelt sich dabei, wohlgemerkt, um keinen Cluster, sondern um eine Kommunikationsplattform.

Abschließend richtet Walter Koren noch einen glühenden Appell an alle Auslandsösterreicher, der österreichischen Wirtschaft mit ihren vielfach hervorragenden Kontakten zu helfen. Koren, der selbst viele Jahre im Ausland tätig war, bedankt sich schon jetzt dafür bei den zig-tausenden „Botschaftern“ unseres Landes.

Informationen:
http://wko.at/awo/
Diesen Artikel finden Sie auch im "Österreich Journal" pdf-Magazin, Ausgabe 046
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