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Das Stift Göttweig |
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Der hl. Altmann (1015-1091), seit 1065 Bischof von Passau, gründet Göttweig im Jahr 1083 als bischöfliches Eigenkloster und setzt eine Kanoniker-Gemeinschaft ein, die nach der Augustinus-Regel lebt. | ||||||
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Ab 1065 leitete Altmann diese große Diözese, die von der Isar bis zur Leitha reichte. Seine Hauptanliegen
waren die Erneuerung des Glaubens und die Reform des Klerus und der Klöster. Es war die Zeit des Investiturstreits, die Zeit schwerster Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser. Altmann unterstützt im Streit zwischen Reich und Kirche vehement die Position von Papst Gregor VII. (1073-1085) und wird daher seines Bischofsamtes enthoben und aus Passau vertrieben. Fortan übt er seine bischöfliche Tätigkeit daher vor allem im heutigen Niederösterreich aus und erwählt Göttweig zu seiner Residenz. Hier scharte Altmann gleichgesinnte Geistliche um sich, die mit ihm in Gemeinschaft lebten und die Augustinusregel annahmen. Dazu sicherte er sich die Unterstützung des Babenbergers Leopold II. Am 9. September 1083 weihte Altmann die neuerrichtete Klosterkirche zu Ehren der Muttergottes. Gleichzeitig übertrug Altmann den Brüdern die Seelsorge für vier Pfarren. Heute umfasst der Seelsorgebereich des Stiftes mehr als 30 Pfarren. Am 8. August 1091 starb Bischof Altmann in Zeiselmauer, seine Ruhestätte fand er in seiner Lieblingsgründung Göttweig. Schon im 12. Jahrhundert wurde Altmann als Heiliger verehrt, wie die „Vita Altmanni“ um 1140 bezeugt. Seine Reliquien befinden sich heute in einem kostbaren Schrein in der Krypta der Stiftskirche. Nach dem Tod Altmanns wurde Göttweig 1094 von Benediktinermönchen aus St. Blasien im Schwarzwald besiedelt. Mittelalter Göttweig gewinnt bald an Einfluß: So ist der erste Abt Hartmann (1094-1114) gleichzeitig Abt von St. Lambrecht in der Steiermark, St. Ulrich und St. Afra in Augsburg und Fürstabt von Kempten im Allgäu. Von Göttweig aus werden neue Klöster besiedelt: 1107 Garsten und 1116 Seitenstetten. Im 12. Jahrhundert nimmt die österreichische Annalistik in Göttweig ihren Ausgang. Vor allem die „Vita Altmanni“ sowie andere hier entstandene Bücher sind heute wertvolle mittelalterliche Geschichtsquellen. 1382 erhält der Göttweiger Abt die Pontifikalien, 1401 wird das Kloster „exempt“, also nicht mehr dem Bischof, sondern direkt dem Heiligen Stuhl unterstellt. Im 15. Jahrhundert begann die zweite große Bauperiode, der gotische Neubau der Pfarrkirche zu Ehren des hl. Gotthard und der Stiftskirche, des Kreuzganges, der Klosterräume mit Refektorium und Dormitorium sowie der gotischen Burg, die die Einfahrt ins Kloster bewachte. Von den mittelalterlichen Bauwerken sind auch heute noch Reste vorhanden (Erentrudiskapelle aus 1072, Alte Burg, Krypta und Chor der Stiftskirche). Ab 1418 wurde das Kloster durch den Anschluß an die Melker Reform innerlich erneuert. Dennoch nahm die Zahl der Konventmitglieder immer mehr ab, die Schulden wuchsen, die Lehren Martin Luthers und anderer Reformatoren brachten Verwirrung und Ratlosigkeit, die Türkengefahr wurde immer größer. Unter Abt Matthias von Znaim (1516-1532) wird das Stift befestigt und kann so den Türkenstürmen von 1529 und 1532 widerstehen. 1543 zählte der Konvent nur mehr sechs Mitglieder. Schließlich stellt 1561 ein kaiserlicher Visitationsbericht das Aussterben des Klosters fest: „Monasterium Gotwicense nullum habet religiosum“ … das Kloster Göttweig hat keinen Mönch mehr. 1564 wurde der Melker Benediktiner Michael Herrlich (1564-1603) als neuer Abt eingesetzt – er gilt heute als zweiter Gründer des Stiftes. Trotz wirtschaftlicher Notlage (Klosterbrand 1580, Reformationszeit, Pest, geringe Anzahl von Mönchen) rettete er in seiner fast 40jährigen Amtszeit die Kontinuität des Klosters.
Barockzeit Die barocke Hochblüte in Göttweig ist untrennbar mit dem Namen von Abt Gottfried Bessel (1714-1749) verbunden, dem 50. Abt von Göttweig. Sein größtes Werk ist der Neubau des Stiftes, der nach der Brandkatastrophe 1718 notwendig geworden war. Der kaiserliche Architekt Johann Lucas von Hildebrandt lieferte die Pläne für den grandiosen Klosterbau, der 1720 begonnen wurde. 1725 übergab Hildebrandt die Bauführung an Franz Jänngl; ab 1734 leitete Franz Anton Pilgram die Fortführung des großen Werkes. Abt Bessel verband politisches Geschick mit einer hohen Kompetenz als Theologe, Geschichtswissenschafter, Berater und Diplomat im kaiserlichen Dienst, Rektor der Universität Wien und Kunstmäzen. Den modernen Grundsätzen des mit ihm befreundeten Gottfried Wilhelm Leibniz zufolge, sollte das Kloster Zentrum für Kunst und Wissenschaft werden. Als Historiker nutzte Bessel bereits sehr früh das kritische Quellenstudium für sein 1732 erschienenes „Chronicon Gotwicense“. Seine Kunst- und Wunderkammer mit dem Graphischen Kabinett ist bis heute von überregionaler Bedeutung. 19. und 20. Jahrhundert Nachdem die Zeit des Josephinismus und der Franzosenkriege beträchtliche Einschnitte für das Stift brachte, begünstigte die Wiedereröffnung der theologischen Hauslehranstalt 1804 das geistige Leben der Göttweiger Mönche. Das Jahr 1848 brachte mit der Staats- und Verwaltungsreform die Auflösung der Grundherrschaft und damit auch große Schwierigkeiten für das Stift, das sich erst an die neuen Verhältnisse gewöhnen mußte. Das wissenschaftliche Interesse der Patres jener Zeit galt nicht nur theologischen Fächern, sondern auch anderen Wissensgebieten – so wurde etwa der Archivar Pater Friedrich Blumberger wegen seiner Arbeiten zur Mittelaltergeschichte zu einem der ersten Mitglieder der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Der „Höhlenpfarrer“ Pater Lambert Karner widmete sich künstlichen Höhlen und Erdställen. Pater Leopold Hacker war nicht nur Mineraloge und Insektenkundler, er entdeckte auch die Gudenushöhle. Pater Benedikt Kissling stieß bei seinen botanischen Forschungen auf eine neue Erd-Orchidee, die heute noch seinen Namen trägt. Durch seine frühzeitlichen Bodenfunde erlangte Abt Adalbert Dungel bedeutenden Ruf als Archäologe. Dafür wurde ihm 1886 als hohe Auszeichnung der Franz Joseph-Orden verliehen. Der Erste Weltkrieg war für das Stift, wie für die ganze Region um den Göttweiger Berg, eine schwere Zeit. Nach dem Ende der Monarchie konnte man sich nicht so schnell auf die neuen Umstände einstellen. Im Zweiten Weltkrieg werden die Mönche aus dem vom NS-Regime beschlagnahmten Stift vertrieben, das Haus wird als „Napola“ (nationalpolitische Erziehungsanstalt) und auch als Umsiedlerlager verwendet.
1945 quartieren sich für mehrere Wochen 3000 russische Soldaten im Klostergebäude ein, ehe die vertriebenen Patres am 15. August 1945 wieder nach Göttweig zurückkehren konnten. Jedoch schienen die Wiederaufbauarbeiten menschliche Kräfte zu übersteigen. Als Abt Hartmann Strohsacker 1946 verstarb, bezweifelte man auch kirchlicherseits die Chancen für einen Neubeginn und die Existenzberechtigung Göttweigs. Jüngere Geschichte Den Äbten Edmund Vasicek (1947-1949), Wilhelm Zedinek (1949-1971) und Benedikt Ramoser (1971-1973) gelingt mit ihren Mitbrüdern das unmöglich Scheinende: Unter schwierigsten Bedingungen stellen sie die selbständige wirtschaftliche Lebensfähigkeit des schwer geschädigten Stiftes wieder her – Göttweig lebte wieder auf. Unter Abt Clemens Lashofer (1973-2009) verdoppelte sich der Personalstand, das Stift konnte zusätzlich zu seinen Aufgaben neue Aktivitäten beginnen. 1969 wurde durch den späteren Wiener Erzbischof, Kardinal Hans Hermann Groër, die Wallfahrt in der Stiftspfarre Maria Roggendorf erneuert. 1991 konnte das Stift an der Wallfahrtskirche ein Priorat begründen, das im Dezember 2005 als selbständiges Kloster errichtet wurde. Im Jahr 1978 begann eine intensive Gesamtrestaurierung des Göttweiger Klosterkomplexes, die zum größten Teil mit der Renovierung der Erentrudiskapelle 2003/04 zum Abschluß gekommen ist. Anläßlich des 900jährigen Stiftsjubiläums wurde 1983 das Exerzitienhaus St. Altmann eingeweiht und 1999 anstelle des Sängerknabenkonvikts ein Jugendhaus errichtet.
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Graphische Sammlung und Kunstsammlungen Die Graphische Sammlung des Stiftes Göttweig umfaßt ca. 32.000 Blätter, vorwiegend druckgraphische Arbeiten der deutschen, niederländischen, italienischen, französischen und englischen Schule des 16. bis 20. Jahrhunderts. Bis zur systematischen Gründung der Kollektion durch den Barockabt Gottfried Bessel (1714-1749) lassen sich seit Beginn des 17. Jahrhunderts gestochene Andachts- und Heiligenbildchen, Thesenblätter sowie Diözesankalender oder Herrscherporträts als repräsentativer Wandschmuck archivalisch nachweisen. Angeregt durch die Sammeltätigkeit des Kaiserhauses und des Adels sowie begünstigt durch seine internationalen Kontakte erwarb Abt Bessel die Druckgraphik auch in Deutschland und Italien, oft sogar gesamte Sammlungen mit mehreren hundert Blättern auf einmal. Die ursprüngliche Einrichtung des „Musaei Contignatio Superior“ erinnert mehr an eine Kunst- und Wunderkammer als an eine von der Aufklärung bestimmte Graphiksammlung. Die Kooperation mit der Donau-Universität Krems ab dem Jahr 2002 erbrachte eine Übersiedlung aus dem Sebastianiturm und Archivtrakt in die mittelalterliche „Burg“, wo die Sammlung auch für die Studierenden als Lehrmaterial zur Verfügung steht. Im Gegenzug wird vom Department für Bildwissenschaften die schrittweise digitale Inventarisierung des Graphikbestandes mittels modernster Technik umgesetzt. Die Graphische Sammlung ist nicht öffentlich zugänglich, sondern kann nur nach vorheriger Anmeldung für Studienzwecke benützt werden. Musikarchiv Das Musikarchiv des Stiftes Göttweig zählt zu den größten und bedeutendsten Musiksammlungen Österreichs: Es umfaßt ca. 10.000 Objekte aus der Zeit vom 17. bis zum späten 19. Jahrhundert, darunter ca. 5000 Musikhandschriften, 2500 Musikdrucke, 500 Schriften über Musik, über 600 Briefe von Musikern und Musikgelehrten, ferner Textbücher, Musikzeitschriften und historische Musikinstrumente. Wie alle Sammlungen des Stiftes ist das Musikarchiv nicht öffentlich zugänglich, einzelne Objekte werden aber immer wieder im Rahmen von Ausstellungen gezeigt. Ein Überblick Unübersehbar thront das Benediktinerstift Göttweig in 449 Metern Seehöhe am östlichen Rand des weltberühmten Donautales der Wachau, südlich der Stadt Krems an der Donau. Seit 2001 Weltkulturerbe, ist es heute nicht nur Anziehungspunkt für touristische Gäste aus aller Welt, sondern auch ein spirituelles Zentrum im Herzen Niederösterreichs, getragen von einer Gemeinschaft von derzeit 50 Mönchen. Den Mittelpunkt der weitläufigen Anlage bildet die Stiftskirche Mariä Himmelfahrt, um die sich das Leben der benediktinischen Mönchsgemeinschaft im Sinne des „ora et labora“ („bete und arbeite!“) seit über 925 Jahren entfaltet. Das Kloster wurde 1083 vom hl. Altmann, Bischof von Passau, gegründet. Gleichzeitig übertrug Altmann den Brüdern die Seelsorge für einige Pfarren, die bis zum heutigen Tag auf mehr als 30 angewachsen sind und einen wesentlichen Bestandteil seelsorglichen Wirkens darstellen. Am 8. August 1091 starb Bischof Altmann – heute birgt ein kostbarer silberner Reliquienschrein seine Gebeine in der Krypta der Stiftskirche. Von den mittelalterlichen Bauwerken Göttweigs sind nur noch Reste vorhanden (Erentrudiskapelle, Burg, Krypta und Altarraum der Kirche) – nach einer verheerenden Brandkatastrophe im Jahre 1718 wurde der barocke Neubau des Stiftes notwendig. Der kaiserliche Hofarchitekt Johann Lucas von Hildebrandt lieferte die Pläne für den grandiosen Klosterbau, der 1720 unter Abt Gottfried Bessel begonnen und zu zwei Drittel vollendet werden konnte. Das Museum im Kaisertrakt führt dem Besucher diese barocke Pracht vor Augen, so etwa die monumentale Kaiserstiege mit dem Deckenfresko Paul Trogers aus 1739, die zu den schönsten und größten barocken Treppenhäusern Europas zählt. Aus der gleichen Zeit stammen die sehenswerten Fürsten- und Kaiserzimmer, die für jährlich wechselnde Sonderausstellungen im Rahmen der „Göttweiger Klostergeschichten“ dienen. Auf dem Weg vom Stiftseingang an der Pforte-Reception in den Stiftshof begleitet den Gast die Dauerausstellung „Klosterleben“, die über Leben und Arbeit der Göttweiger Mönche informiert.
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Alle Fotos: Stift Göttweig / Michael Mössmer | ||||||
Den vollständigen Artikel
finden Sie im "Österreich Journal" pdf-Magazin, Ausgabe 075 vom 31. 08. 2009 |
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