Ausgabe Nr. 110 vom 24. Jänner 2000

***** Regierungsverhandlungen SPÖ - ÖVP gescheitert *****
In der Nacht vom 18. auf den 19. Jänner einigten sich die Sozialistische Partei und die Österreichische Volkspartei auf ein Arbeitsprogramm für eine künftige Koalition. Dieses Arbeitsprogramm wurde von der SPÖ einstimmig befürwortet. Auch in der ÖVP wurde das Verhandlungspaket mit eindeutiger Mehrheit angenommen, 23 stimmten dafür und vier dagegen. Offen geblieben war die Aufteilung der Ressorts, aber das wurde zu diesem Zeitpunkt nur mehr als eine in sachlichen Gesprächen ohne größere Probleme lösbare Frage bezeichnet. Daß die Erleichterung und Freude über diesen erfolgreichen Abschluß der langwierigen und mühsamen Verhandlungen, in denen ja vor allem die Erstellung eines tragfähigen Budgets für die nächsten vier Jahre bewältigt werden mußte, keineswegs ungetrübt war, ist verständlich. Konnte doch auf unpopuläre Maßnahmen, bei denen die Verhandlungspartner, wie sie sagten, jeweils bis an die Grenzen des Erträglichen gegangen waren, nicht verzichtet werden.
Eine solche war die vom SP-Finanzminister Rudolf Edlinger erhobene Forderung auf Erhöhung des Antrittsalters für Frühpensionen. Diese wurde aber von der Gewerkschaft strikt abgelehnt. Daraufhin erklärte Bundeskanzler Viktor Klima, das bereits geschnürte Paket würde nicht mehr aufgemacht. Und er war zuversichtlich, die Gewerkschaft von der Unverzichtbarkeit dieser Maßnahme überzeugen zu können. Aber Vizekanzler Schüssel verlangte die Unterschrift vom Chef der SP-Gewerkschafter, Rudolf Nürnberger, um damit eine künftige Umsetzung dieses gemeinsam beschlossenen Arbeitsprogrammmes zu sichern, wie er sagte.
Gleichzeitig kam es zu heftigen Meinungsverschiedenheiten bei der Aufteilung der Ministerien, die letztendlich durch den ÖVP-Vorschlag eskalierten, das bisher der ÖVP zugehörige Wirtschaftsministerium gegen das von der SPÖ besetzte Finanzministerium einzutauschen. Als beide nicht von ihren Standpunkten weichen konnten, waren die Gespräche gescheitert
Am Freitag berichtet Bundeskanzler Viktor Klima dem Bundespräsidenten Thomas Klestil, daß die Gespräche mit der ÖVP erfolglos beendet wurden. Der Bundespräsident bekräftigte den Auftrag zur Regierungsbildung und ersuchte den Bundeskanzler, mit den Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Parteien Gespräche zu führen und ihm innerhalb von zehn Tagen wieder zu informieren.

Bundeskanzler Viktor Klima gab dann bekannt, daß er ein Minderheitskabinett mit SP-Ministern und unabhängigen Experten bilden und für wichtige Gesetze - wie das Budget 2000 - Mehrheiten im Parlament suchen wolle. Dieses Vorhaben scheint aber - nach dem heutigen Stand der Dinge - eher nicht zu funktionieren, da weder FPÖ noch ÖVP bereit sind, eine derartige Regierung zu unterstützen. Einzig die Grünen unter Dr. Alexander Van der Bellen haben angekündigt, in gewissen Teilfragen Unterstützung zu gewähren.
Wie kann es also weitergehen? Prinzipiell gibt es drei Varianten:
Eine Minderheitsregierung der SPÖ, die unter den eben angesprochenen Voraussetzungen keine allzulange Lebensdauer haben könnte, eine Koalition zwischen SPÖ und ÖVP, wobei weniger von den Parteichefs als aus dem Umfeld verlautet, daß dies nicht mehr in Frage käme. Und drittens eine Koalition zwischen FPÖ und ÖVP, die, so wurde in den letzten Tagen immer wieder und von verschiedenen Seiten gemeldet, innerhalb weniger Tage zustandekäme und auch über eine notwendige Mehrheit im Parlament verfügen würde. FPÖ-Parteiobmann Dr. Jörg Haider würde, in diesem Falle, Landeshauptmann von Kärnten bleiben. Wer als Kanzler dieser dritten Variante in Frage kommt, wird derzeit nur gerüchteweise gehandelt - die Wahrscheinlichkeit, daß es ein Mitglied der ÖVP sein würde, ist aber sehr groß. Mehr darüber dann nächsten Montag!

Radio-Interviews mit Viktor Klima und Wolfgang Schüssel
In den Radionachrichten im Samstag-Mittagjournal auf Österreich 1 wurden zwei Interviews mit den derzeitigen Regierungs-Chefs ausgestrahlt.
Bundeskanzler Viktor Klima antwortete auf die Frage, warum er sich für eine Minderheitsregierung entschieden habe, daß er eine Regierung wolle, die Probleme anpacke und im In- und Ausland Ansehen habe. Die Verhandlungen mit der ÖVP seien abgebrochen worden, weil viele den Eindruck hatten, die ÖVP verhandle nicht ernsthaft und treibe es auf die Spitze, weil sie eigentlich mit der FPÖ zusammenarbeiten wolle. Sein Ziel sei eine von der SPÖ geführte Regierung, die im Parlament eine Mehrheit hat. Eine Zusammenarbeit mit der Freiheitlichen Partei sei möglich, jedoch keine Koalition. Die SPÖ sei der ÖVP weit entgegengekommen, aber nun solle ein SP-Programm mit Stabilität des Staatshaushaltes, Defizitabbau, moderner Wirtschaft und langfristiger Sicherung des Pensionssystems umgesetzt werden. Auf die Frage des Reporters, wie er über Neuwahlen denke, falls er mit dem Budget nicht durchkomme, antwortete Bundeskanzler Klima, daß er daran nicht denke. er mache jetzt eine Regierung, die mit Experten zu arbeiten beginnt.

Der Chef der Österreichischen Volkspartei, Wolfgang Schüssel, wies im samstäglichen Radio-Interview die Anschuldigungen der SPÖ zurück, daß die wochenlangen Gespräche nur eine Finte gewesen seien. Österreich gehe einen guten und erfolgreichen Weg. Das ausgearbeitete große Programm mit den notwendigen Maßnahmen hätte man gut durchbringen können. Aber in der Sozialistischen Partei sei man mit der Information über die Vereinbarungen - mit der inhaltlichen Auseinandersetzung - noch nicht so weit gewesen. Und so sei das Umsetzungsprogramm an der Gewerkschaft gescheitert. Alle Chef-Verhandler wären sich einig gewesen, daß das Frühpensionsalter schrittweise angehoben werden müsse und diese Entscheidung kam vom SP-Finanzminister Rudolf Edlinger, weil sie als Notwendigkeit erkannt worden war. Die derzeit geplante Minderheitsregierung der SPÖ würde sehr früh scheitern und die Probleme nur vertagt werden. Auf die Frage des Reporters um seine Einstellung zu Schwarz-Blau stellte er fest, daß darüber keine Verhandlungen geführt worden seien und solche Behauptungen nicht der Wahrheit entsprächen. In den Sondierungsgesprächen mit den Freiheitlichen habe es deutliche Übereinstimmungen gegeben, dasselbe sei aber auch für die SPÖ möglich. Eine Partei, die so große Zustimmung gefunden hat, könne man nicht ganz einfach ausschalten.

***** Infineon in Villach ist Entwicklungszentrum für Mikroelektronik *****
Infineon, eine Chip-Tochter von Siemens, hat einen Chipsatz entwickelt, der im Internet Datenübertragungsraten ermöglicht, die bisher nicht vorstellbar waren. Mit einem Modem, das nicht größer als eine Zigarettenschachtel ist, wird es möglich, bis zu acht Fernsehfilme zu übertragen, gleichzeitig im Internet zu surfen und über die selbe Leitung zu telefoniernen. Dieser Chipsatz ist für den Einsatz in Kabelmodems mit der Technologie DSL (Digital Subscriber Line) konzipiert. Vereinfacht ausgedrückt, basiert diese Technologie auf einer Beschleunigung der Datenübertragung über herkömmliche Kupfer-Telefonkabel. Das Design-Center beschäftigt derzeit 2170 MItarbeiter und erzeugt integrierte Schaltungen (IC-Intrgrated Circuits) für Signalprozessoren sowie Chipkarten mit 43prozentigem Weltmarktanteil.

***** Wien verzeichnete 1999 einen Anstieg bei Jungunternehmern ****
Derzeit gibt es Wien insgesamt 80.000 Unternehmer. Im Jahre 1999 haben sich - vermutlich aufgrund des im September 1999 in Kraft getretenen Neugründungs-Förderungs-Gesetzes - rund 5500 Wiener selbständig gemacht. Bevorzugt sind Berufe im Dienstleistungsbereich, vor allem in der Datenverarbeitung und im Tourismus. Für Neugründungen stehen den angehenden Jungunternehmern mehrere Anlaufstellen zur Verfügung, um ihnen aus dem Risiko-Kapitalfonds und anderen Zuschußaktionen des Wirtschaftsförderungsfonds eine finanzielle Starthilfe zu ermöglichen. Die Wirtschaftskammer bietet eine wesentliche Vereinfachung mit dem "One Stop Shop" als einzige Anlaufstelle für die Anmeldung eines Gewerbes.

***** Hedy Lamarr, gebürtige Wienerin, Diva und Erfinderin, ist tot *****
Im Jahre 1914 kam Hedy Lamarr in Wien als Tochter einer jüdischen Großbürgerfamilie zur Welt. Ihr bürgerlicher Name war Hedwig Eva Maria Kiesler. Max Reinhardt entdeckte ihre schauspielerische Begabung. Anfang der 30er Jahre wurde sie durch Filme mit Heinz Rühmann und Hans Moser bekannt und beliebt. Als ihre Ehe mit dem Generaldirektor der Hirtenberger Patronenfabrik, Fritz Mandl, scheiterte, ging sie 1937 nach London. Der MGM-Boss Louis B. Mayer engagierte sie nach Hollywood, wo sie unter dem Namen Hedy Lamarr als "schönste Frau der Welt" mit rund 30 Filmen weltweit Berühmtheit erlangte. Ihre Erfahrungen aus der Zeit in Österreich, in der sie damals als Frau des Hirtenberger Rüstungsfabrikanten Einblick in militärtechnische Wissensgebiete bekommen hatte, waren die Voraussetzung für eine epochale technische Erfindung. Zusammen mit dem amerikanischen Komponisten George Antheil entwickelte sie eine Funk-Fernsteuerung für Torpedos zur Absicherung gegen Feind-Störungen. Auf dieser Erfindung basiert das Satellitenabwehrsystem der USA, wurde aber auch von großer Bedeutung bei der Entwicklung von Schnurlos- und Mobiltelefonen. Im Jahre 1998 erhielt sie den Österreichischen Erfinderpreis, und als im Vorjahr ihr Sohn an der Feier anläßlich der "Hommage á Hedy Lamarr" der Kunsthalle Wien teilnahm, berichtete er, daß sie sich immer noch als Österreicherin fühle, obwohl sie 1953 die US-Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Seit einigen Jahren lebte sie zurückgezogen in Florida, wo sie vergangenen Mittwoch im 86. Lebensjahr verstorben ist.

***** Die Architektur-Pionierin Grete Schütte-Lahotzky gestorben *****
Wenige Tage vor ihrem 103. Geburtstag verstarb in Wien die große österreichische Pionierin des sozialen Wohnbaus, die Architektin Grete Schütte-Lihotzky. Die gebürtige Wienerin studierte als damals erste und einzige Frau Architektur in Wien. Sie war Schülerin von Oskar Strnad, arbeitete dann im Atelier von Adolf Loos, bis sie nach Frankfurt berufen wurde, wo sie ein Billigteil-Fertigensemble für den Sozialen Wohnbau entwarf. Die weg- und platzsparende Küche wurde als "Frankfurter Küche" Vorläufer der inzwischen weltweit verbreiteten Einbauküchen. An diese großen Erfolge schlossen sich weitere an. Mit ihrer mobilen Baubetreuungsgruppe richtete sie im Ausland Schulen und Kindergärten ein, wirkte in der Sowjetunion, kam als Spezialistin für Kinderkrippen nach China und unterrichtete in Istanbul an der "Akademie des Beaux Arts". Als Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime wurde sie im Jahre 1941 anläßlich eines Wienaufenthaltes verhaftet und verbrachte die Zeit bis zum Ende des Regimes 1945 im Gefängnis. Einige Jahre später unterrichtete sie in Peking, Havanna und Ostberlin. Noch als 82jährige hielt sie an der Technischen Universität in Wien Vorträge über Siedlungsbau. Sie erhielt vier Ehrendoktorhüte und das Ehrenabzeichen für Verdienste um die Befreiung Österreichs.

***** Wieder Hermann Maier Sieger beim Herren-Super-G in Kitzbühel *****
Hermann Maier feiert mit dem 25. Weltcup-Triumph im Super-G auf der Streif in Kitzbühel sein "Herminator"-Jubiläum. Es war ein spannendes Schlechtwetter-Rennen mit Schneegestöber. Wieder konnte Hermann Maier mit einem großartigen Sieg sein Können unter Beweis stellen, gefolgt von Franz Werner auf dem 2. Platz, Josef Strobl auf dem 4. und Christian Mayer auf dem 9. Platz.

***** Fritz und Josef Strobl Sieger bei Weltcup-Abfahrt in Kitzbühel *****
Zwei Österreicher auf den ersten Plätzen bei der Weltcup-Abfahrt der Herren auf der Streif in Kitzbühel: Erster der Kärntner Fritz Strobl und Zweiter Josef Strobl zeitgleich mit dem Italiener Kristian Ghedina. Am 4. Platz Hermann Maier, Fünfter Hannes Trinkl, Sechster Andreas Schifferer. Am 7. Platz der Norweger K.-A. Aamodt, Achter Roland Assinger, Neunter Werner Franz und Zehnter Stephan Eberharter. Demnach sind unter den ersten 10 nur 2 Nichtösterreicher.

***** Tanja Schneider Zweite bei der Damen-Abfahrt in Cortina *****
Die österreichischen Damen waren bei diesem Abfahrtslauf in Cortina nicht so gut in Form, aber die Osttirolerin Tanja Schneider brachte dann ein versöhnliches Ergebnis und wurde Zweite hinter der Französin Regine Cavagnoud.

***** Für Österreichs Damen beim Riesenslalom nur 6. und 8. Platz *****
Im 1. Lauf beim Damen-Riesen-Slalom In Cortina d'Ampezzo lagen die Österreicherinnen noch recht gut auf den 3., 4., 5. und 10. Plätzen. Im 2. Durchgang mußten dann Renate Götschl und Anita Wachter wegen zu schlechter Sichtverhältnisse aufgeben, und Evelyne Rohregger stürzte - auf dem Weg zur Bestzeit - zwei Tore vor dem Ziel. Und so mußten sich die Östereicherinnen mit den Plätzen 6 für Christine MItterwallner und 8 für die Weltcup-Leaderin Michaela Dorfmeister zufriedengeben.

***** Sensationeller Slalom-Sieg von Mario Matt in Kitzbühel *****
Der 20jährige Mario Matt aus Vorarlberg brachte Österreich auf dem Ganslernhang in Kitzbühel den ersten Slalomerfolg in diesem Winter. Es war sein drittes Weltcup-Rennen und er startete mit der hohen Nummer 47. Seine ausgezeichnete Technik auf kurzem Ski und seine geradezu akrobatische Leistung führten zu dem sensationellen Sieg mit 0,98 Sekunden vor dem Slowaken Vrhovnik und 1,23 Sekunden vor dem Österreicher Benjamin Raich. Als weitere Österreicher kamen Thomas Stangassinger auf den 5. Platz und Kilian Albrecht auf den 9. Platz.