Dienstleistungsrichtlinie angenommen  

erstellt am
31. 05. 06

 Karas: Erfolgreiche Politik für Europa und seine Bürger
Kritik von Tumpel und Hundstorfer ungerechtfertigt
Brüssel (övp-pd) - "Die gestrige Ratseinigung zur Dienstleistungsrichtlinie ist ein wichtiger Schritt für die Europäische Union. Die Debatte über die Auswirkungen der Richtlinie wurde über Monate hinweg mit falschen und verzerrenden Argumenten geführt. Jetzt ist es in einer engen Kooperation zwischen dem Europäischen Parlament und der österreichischen Ratspräsidentschaft gelungen, mit einem kühlen Kopf, auf Faktenbasis und mit dem Willen zu einer Einigung ein sehr gutes und ausgewogenes Ergebnis zu erzielen", sagte der Vizepräsident der EVP-ED Fraktion und ÖVP-Delegationsleiter Mag. Othmar Karas am 30. 05. in Brüssel. "An diesem Ergebnis haben aber auch die europäischen Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände maßgeblich mitgewirkt. Aus diesem Grund empfehle ich auch den Herren Tumpel und Hundstorfer, das gute Ergebnis der Verhandlungen als solches zu Kenntnis zu nehmen und die erfolgreiche Leistung der österreichischen Ratspräsidentschaft anzuerkennen. In den letzten Monaten wurde erfolgreich Politik für Europa und die Menschen gemacht, und nicht an technischen Details gefeilt, wie Tumpel zu erkennen glaubt", so Karas weiter.

"Erst die gemeinsame Arbeit der beiden großen Fraktionen im Europaparlament, der Europäischen Volkspartei und der Europäischen Sozialisten, hat dieses Ergebnis möglich gemacht. Auf Basis des Parlamentskompromisses konnte Bundeskanzler Schüssel beim EU-Frühjahrsgipfel eine politische Zustimmung der Staats- und Regierungschefs und Wirtschaftsminister Bartenstein die Einigung im EU-Rat erreichen", sagte Karas weiter. "Die Richtlinie ist ein Herzstück der Lissabon-Strategie. Sie unterstützt eine konsequent fortgesetzte Marktöffnung und sichert die Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit in Europa - wie sie bereits von Anbeginn an in den EU-Gründungsverträgen vorgesehen und festgeschrieben war", so Karas. "Die Richtlinie ermöglicht die freie Erbringung von Dienstleistungen in ganz Europa. Sie garantiert den Schutz der Arbeitsnehmerrechte, verhindert Lohn- und Sozialdumping, ermöglicht Rechtssicherheit für die Unternehmen und leistet in Summe einen wesentlichen Beitrag zur Dynamisierung der europäischen Wirtschaft. Das schafft und sichert Arbeitsplätze", betonte Karas.

An die Adresse von ÖGB und Arbeiterkammer gerichtet, bedauerte Karas, dass es den Spitzenvertretern beider Institutionen offenbar nicht möglich sei, die konsequente und erfolgreiche Arbeit der österreichischen Ratspräsidentschaft anzuerkennen: "Im Europaparlament verhandelten PSE und EVP diesen Kompromiss. Von Seiten der Ratspräsidentschaft wurden alle Sozialpartner gleichermaßen und intensiv in die Verhandlungen miteinbezogen. Diese Richtlinie ist ein schlagender Beweis dafür, wie gemeinsam Europa gestaltet werden kann. Wer jetzt immer noch nur meckert und kritisiert, hat entweder geschlafen oder verschließt die Augen vor der Realität. Das Europaparlament wird jedenfalls in der zweiten Lesung seinen Kurs beibehalten und für einen raschen endgültigen Abschluss der Richtlinie sorgen", sagte Karas abschließend.

 

Berger: Ausweitung der Kompetenzen der EU-Kommission noch zu prüfen
Wien (sk) - "Die gestern Abend erzielte Einigung der Wirtschaftsminister zur Dienstleistungs- richtlinie ist in erster Linie durch den Vorschlag des Europäischen Parlaments möglich geworden. An diesen haben sich die Minister zu großen Teilen gehalten", betonte Maria Berger, Leiterin der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament, am 30. 05. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

"Der jetzige Standpunkt muss nun nochmals vom Europäischen Parlament in seiner zweiten Lesung geprüft werden. Zu prüfen sind dabei insbesondere die nun zusätzlich eingefügten Befugnisse der EU-Kommission. Es muss sichergestellt werden, dass die Kommission keine Kompetenzen zur Auslegung der Richtlinie erhält. Diese Aufgabe muss dem Europäischen Gerichtshof obliegen", so Berger.

"Entscheidend wird es nun sein, die Umsetzungsmaßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten, selbstverständlich auch in Österreich, genau unter die Lupe zu nehmen. Hier gilt es, wirksame Kontrollmechanismen einzusetzen", forderte Berger abschließend.

 

Haubner: Soziale Dienstleistungen verbleiben in Nationalkompetenz
Wien (bzö) - "Der von Österreich vertretene Vorschlag für die Dienstleistungsrichtlinie ist jener Kompromiss, der eine gute Balance zwischen wirtschaftlichen Vorteilen und sozialer Sicherheit gewährleistet", kommentiert Sozialministerin Ursula Haubner die einhellige Zustimmung zur Dienstleistungsrichtlinie.

Dort, wo es um Dienstleistungen im sozialen Umfeld gehe, bleibt nach wie vor das sozialrechtliche Niveau der einzelnen Mitgliedsstaaten maßgeblich. "Diese Ausnahme vom Wettbewerb habe ich durchgehend vertreten, daher sehe ich darin einen enormen Erfolg und Fortschritt im Sinne des sozialen Gleichgewichts mit Wirtschaftswachstum und Beschäftigung", so Ursula Haubner.

Sozialministerin Ursula Haubner sieht somit in der erzielten Einigung bei den Verhandlungen um die Dienstleistungsrichtlinie ihre Forderungen erfüllt: "Bereiche wie Daseinsvorsorge, Pflege, Gesundheit, Kinderbetreuung und sozialer Wohnbau betreffen die Menschen direkt, sie haben im freien Wettbewerb nichts verloren!"

Als Aufbereitung und Bewusstmachung für die Dienstleistungsrichtlinie und ihre soziale Ausgestaltung hat Ursula Haubner im Vorfeld eine europäische Expert/innenkonferenz in Wien durchgeführt. Bei dieser Konferenz wurden soziale Dienstleistungen identifiziert und definiert, um überhaupt eine entsprechende gesetzliche Festlegung zu ermöglichen. Diese erzielten Ergebnisse finden sich auch in der Mitteilung der Europäischen Kommission wieder, sie erhalten nunmehr als Interpretationshilfe eine wesentliche Relevanz.

Der neue Kompromiss ist für Ursula Haubner auch ein Beispiel für die soziale Dimension der neuen Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung. "Strategien für Wachstum und Beschäftigung müssen Sozialstrategien stärken und umgekehrt. Sozialschutz ist als produktiver Faktor zu verstehen. Die erzielte Einigung stellt einen Ausgleich zwischen Marktöffnung und Sozialschutz dar," erklärt Ursula Haubner abschließend.

 

Mölzer: Gefahr für den Mittelstand
Wien (fpd) - "Es entbehrt jeder vernünftigen Grundlage, dass Österreich der Dienstleistungsrichtlinie zugestimmt hat", erklärt der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. "Denn diese Richtlinie gefährdet die heimische mittelständische Wirtschaft und den heimischen Arbeitsmarkt gleichermaßen und zeigt, dass sich die Osterweiterungsländer zu Lasten der mittelständischen Wirtschaft durchgesetzt haben", betont Mölzer. "Die österreichischen Arbeitnehmer werden noch mehr als bisher der Dumpinglohn-Konkurrenz aus Osteuropa ausgesetzt. Und die österreichischen Klein- und Mittelbetriebe, die unter einer riesigen Steuer- und Abgabenlast stöhnen, sollen mit den Billiganbietern aus den neuen EU-Ländern Schritt halten", kritisiert der freiheitliche EU-Mandatar.

Weiters weist Mölzer darauf hin, dass sich die Lobbys der Globalisierung und des Neoliberalismus auf allen Linien durchgesetzt haben. "Die einzigen, die von der Dienstleistungsrichtlinie profitieren, sind die internationalen Großkonzerne", sagt Mölzer

 

 Verfrühter Jubel nicht angebracht
Wien (grüne) - Die Einigung zur Dienstleistungsrichtlinie im EU-Rat darf nicht über die vielen Unklarheiten und Schwierigkeiten hinwegtäuschen. „Die Richtlinie in der vorliegenden Form schafft keine besseren Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung. Wegen und Unklarheiten wird sie wohl ein Fall für den EuGH werden“, betont Michaela Sburny, Wirtschaftssprecherin der Grünen. Die Forderungen der Grünen, allen voran die umfassende und tatsächliche Beseitigung des Herkunftslandprinzips, würden durch den Kompromiss nicht ausreichend berücksichtigt. In der Umsetzung entstünde zusätzliche Rechtsunsicherheit, die den KritikerInnen der EU neue Argumente liefern würde. Sburny begrüßt zwar das Eingehen des Rates auf Änderungen des Europäischen Parlaments, bis zur 2. Lesung im Herbst sei aber die Eingrenzung der Richtlinie ausschließlich auf kommerzielle Leistungen notwendig.

 

Pollirer: "Einigung Meilenstein unter österreichischer EU-Präsidentschaft"
Wien (pwk) - Hans-Jürgen Pollirer, Obmann der Bundessparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), begrüßt die politische Einigung im EU-Rat zur Dienstleistungsrichtlinie. "Damit wurde unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft ein Meilenstein gesetzt", gratuliert Spartenobmann Pollirer der österreichischen Bundesregierung zur deren Bemühungen, die zur Einigung geführt haben.

Die Bundessparte Information und Consulting ist die interessenpolitische Heimat für wirtschaftsnahe Dienstleister aus den Bereichen Kommunikation, Information und Beratung - von Unternehmensberatung/Informationstechnologie über Werbung/Marktkommunikation bis zu Finanzdienstleistern. Die Exportquote der Wirtschaftszweige der Sparte Information und Consulting in der Wirtschaftskammer Österreich war in den vergangenen Jahren konstant hoch und betrug 2005 9,3 Prozent vom Gesamtumsatz. Bei Planungsexporten konnte sogar eine Exportquote von 16 Prozent erzielt werden, bei Beratungs- und IT-Dienstleistungen 13,3 Prozent.

"Die Dienstleistungsrichtlinie ist ein wichtiger Impuls zur weiteren Steigerung österreichischer Dienstleistungsexporte", so Pollirer. Er unterstreicht: "Das Qualitätsniveau österreichischer Dienstleistungen ist sehr hoch. Ein Beweis dafür ist, dass Österreich bei Dienstleistungsexporten 2004 weltweit gar den 13. Platz im WTO-Ranking erreichen konnte." Er verweist darauf, dass allein durch die bisherige Öffnung des Warenmarktes nach Untersuchungen seit 1992 über 2,5 Millionen neue Arbeitsplätze entstanden sind. Die Öffnung des Dienstleistungsmarktes, in der 70 Prozent der Wertschöpfung in der EU erbracht wird, birgt ein weiteres enormes Wachstumspotenzial.

"Und gerade die österreichischen Unternehmen aus den Bereichen Information, Kommunikation und Beratung werden von der Dienstleistungs-Richtlinie besonders profitieren. Die Beseitigung ungerechtfertigter Diskriminierungen und Hemmnisse kommt Österreichs Dienstleistungsexporteuren in Europa unmittelbar zugute." Etwa sollen Verwaltungsschritte und Verfahren, die zur Gewerbeausübung führen, für Erbringer von Dienstleistungsen beschleunigt und transparent gestaltet werden. Kernstück der Richtlinie in diesem Zusammenhang ist die Errichtung so genannter One-stop-Shops, d.h.: Unternehmer sollen zukünftig alle notwendigen Bewilligungen und Informationen von einer einheitlichen Anlaufstelle erhalten, wovon Unternehmer auf fremden Märkten besonders profitieren.

Begrüßswert ist aus Sicht von Pollirer weiters, "dass der hohe österreichische Standard in der Berufsausbildfung erhalten bleibt." Denn im vorliegenden Entwurf zur Dienstleistungs-Richtllinie ist klargestellt, dass die Frage der Berufsqualifikationen von dieser Richtlinie ausgenommen ist und weiterhin durch die Berufsanerkennungsrichtlinie geregelt bleibt. "Die einzelnen Qualitätsstandards in den Mitgliedstaaten sollen auch weiter nicht unterlaufen werden", fordert Pollirer. Positiv bewertet der Interessenvertreter auch, dass Spezialbereiche wie etwa Telekommunikation und audiovisuelle Dienstleistungen nicht durch die Richtlinie geregelt werden sollen.

 

 Tumpel kritisiert neues Überwachungsverfahren
Wien (ak) - "Ein unnötiger administrativer Aufwand und ein schleichender Kompetenzverlust der Mitgliedstaaten an die EU - das ist das neue Screeningverfahren", kritisiert AK Präsident Herbert Tumpel das zwischen den EU Wettbewerbsministern vereinbarte Verfahren zur Überwachung der nationalen Bestimmungen der Mitgliedstaaten.

Im gestern auf Ratsebene vereinbarten Entwurf zur Dienstleistungsrichtlinie ist ein Überwachungsverfahren vorgesehen, das zur Folge hat, dass die Mitgliedstaaten ihren gesamten Rechtsbestand auf eventuelle Binnenmarkthindernisse durchforsten müssen. Spätestens bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist müssen die Mitgliedstaaten einen Bericht an die Kommission weiterleiten, in dem sie genau begründen, weshalb sie Beschränkungen für die Dienstleistungsfreiheit vorsehen. Weiters müssen die Mitgliedstaaten der Kommission sämtliche Änderungen und neue nationale Anforderungen melden.

Besonders kritisch sieht Tumpel, dass nach dem neuen Vorschlag die Kommission in jährlichen Abständen "Analysen" über die Auswirkungen der nationalen Vorschriften und "Orientierungshilfen" dazu erstellen soll. "Zwar dürfen die Mitgliedstaaten rein rechtlich auch in Zukunft Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit vorsehen, jedoch erhöht sich durch dieses Überwachungsverfahren massiv der politische Druck der Kommission auf die nationale Politikgestaltung", so Tumpel. In der Folge sind vermehrt Vertragsverletzungsverfahren gegen die Mitgliedstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu befürchten, wenn die Mitgliedstaaten den "Orientierungshilfen" der Kommission nicht Folge leisten.
     
Siehe auch den Beitrag vom 29. 05.: Bartenstein erreicht Einigung bei Dienstleitungsrichtlinie
 
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