Kärntner Bundesratspräsidentin lenkt Blick auf Stärken und Verantwortung des
Bundesrats für die Zukunft
Wien (pk) – "Erinnern, Versöhnen, Zukunft gestalten" – unter diesen Leitfaden will die Kärntner
Bundesratspräsidentin Ana Blatnik ihre Amtsführung bis Ende dieses Jahres stellen, wie sie am 23.07.
in ihrer Antrittsrede vor dem Plenum unterstrich. Kärnten hat am 1. Juli 2014 bis Ende des Jahres nicht nur
die Leitung in der Länderkammer des Parlaments, sondern auch in der Landeshauptleutekonferenz übernommen.
Auseinandersetzung mit Vergangenheit ist Voraussetzung für den Blick nach vorn
Blatnik setzt mit dem von ihr gewählten Motto auch einen Schwerpunkt, der auf die bis in die Gegenwart wirkenden
historischen Ereignisse im südlichsten Bundesland Bezug nimmt und aus denen Lehren für ein friedliches
Miteinander in einem vereinten Europa gezogen werden müssen. Spezielle Initiativen, wie etwa die Wanderausstellung
"Zwangsweise Aussiedlung slowenischer Familien aus Kärnten" und die Konferenz im Oktober "Balkan
als Chance" sollen einen Beitrag dazu leisten. "Erinnern und Versöhnen im Rahmen einer intensiven
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bildet eine wesentliche Voraussetzung für den Blick nach vorn"
sagte Blatnik. Eine vielschichtige Beschäftigung mit Spuren der Geschichte in Gegenwart und Zukunft könne
auch nicht an Staatsgrenzen enden, sondern komme in Zeiten eines vereinten Europas erst durch die Möglichkeit
einer internationalen Perspektive zur Entfaltung. Durch die Erinnerung an die historischen Ereignisse rücke
man nicht nur den unschätzbaren Wert des Friedensprojekts "Europäische Union" in den Mittelpunkt,
sondern auch die Aufgabe und Herausforderung, diese EU weiterzuentwickeln.
Blatnik lud mit Nachdruck dazu ein, die Herausforderungen im Geist eines von gegenseitiger Wertschätzung getragenem
Miteinanders zu bewältigen. Dieses Miteinander äußere sich auch in der Offenheit für kulturelle
und sprachliche Vielfalt, spielte sie darauf an, dass sie ihre sprachliche und kulturelle Identität im Parlament
schon seit zehn Jahren lebe. Sie dankte daher auch für den diesbezüglichen gemeinsamen Beschluss, der
ihr das ermöglicht habe, und fasste am Schluss ihrer Ausführungen die Rede auf Slowenisch zusammen.
Bundesrat als Mitgestalter der Zukunft nicht schwächen, sondern stärken
Die Bundesratspräsidentin betonte insbesondere auch die wesentliche Funktion und Mitverantwortung der Länderkammer
bei der Gestaltung der Zukunft. Als wichtiges Bindeglied zu den Gemeinden, zum Land, zur Bundesregierung und zur
europäischen Ebene bilde der Bundesrat einen zentralen Baustein, um ein lebendiges Europa der Regionen am
Puls der Bedürfnisse seiner Bürgerinnen und Bürger mitzugestalten, umschrieb sie die Rolle der Länderkammer.
Vor allem der EU-Ausschuss habe es geschafft, entscheidende Themen zu besetzen. Nur Schweden habe im Rahmen der
Subsidiaritätsprüfung mehr Stellungnahmen im EU-Gesetzgebungsverfahren eingebracht als der österreichische
Bundesrat, zeigte sich Blatnik über das weithin anerkannte Engagement des Ausschusses erfreut. Um diese Tätigkeit
auch in der Öffentlichkeit mehr wahrnehmbar zu machen, sollten die Berichte des EU-Ausschusses im Plenum diskutiert
werden, schlug Blatnik vor.
Angesichts dessen sollte man sich nicht darauf konzentrieren, wie man den Parlamentarismus und Föderalismus
schwächen, sondern vielmehr wie man die beiden Pfeiler unserer Demokratie stärken könne, stellte
sie mit Blick auf die immer wieder geäußerte Forderung nach Abschaffung des Bundesrats fest. In der
Frage der Stärkung des Bundesrats gelte es aber abzuwägen, was realistisch und was konkret umsetzbar
ist, mahnte Blatnik.
Sie tritt in diesem Sinn wie ihre Vorgänger auch dafür ein, der Länderkammer bereits vor Beschlussfassung
im Nationalrat ein Stellungnahmerecht einzuräumen und ihr auch die Möglichkeit von Teileinsprüchen
zu geben. Ein weiterer zentraler Punkt stellt für die Präsidentin ein Rederecht von Bundesrätinnen
und Bundesräten im Landtag dar. Der Länderkammer sollte Blatnik zufolge ferner ein Mitspracherecht bei
der Bestellung der Volksanwältinnen und Volksanwälte gewährt werden, da diese ja auch mit Ländermaterien
betraut sind.
Ein eigener Ausschuss für Kinderrechte und eine Enquete zur dualen Ausbildung
Einen wesentlichen Auftrag für eine gute Zukunft sieht Blatnik vor allem auch darin, die wachsende Kluft zwischen
Arm und Reich wieder zu schließen und sich konsequent für die Gleichstellung zwischen Mann und Frau
einzusetzen. Ein besonderes Augenmerk müsse dabei dem Bildungsbereich geschenkt werden, hielt Blatnik fest,
denn es sei trotz intensiven Bemühens noch immer eine Realität, dass sich eine Mehrheit der Mädchen
bei der Berufswahl auf typische Felder beschränkt, die schlechter entlohnt würden, was sich wiederum
auf die Altersversorgung auswirke. Daher seien Anstrengungen erforderlich, um Frauen für technische und naturwissenschaftlich
ausgerichtete Ausbildungszweige zu interessieren und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit junge Mädchen neue
Wege gehen können.
Für Blatnik zählt dazu auf jeden Fall ein adäquates Kinderbetreuungsangebot. Sie sprach sich deshalb
für die Abhaltung einer Enquete mit dem Schwerpunkt "duale Ausbildung" aus, in der alle Facetten
dieser Problematik beleuchtet und Impulse für Veränderungen gegeben werden.
Des Weiteren will sich die Bundesratspräsidentin für die Einrichtung eines eigenen Kinderrechte-Ausschusses
stark machen. "Eine gerechte, zukunftsorientierte Gesellschaft ist für mich auch eine, die sich ihrer
jüngsten Mitglieder annimmt. Ich werde mich daher dafür einsetzen, dass Kinderrechte nicht mehr unter
ferner liefen vorkommen, sondern mehr Gewicht erhalten" begründete sie ihre Initiative.
Festakt im Parlament zum Vorsitzwechsel
Anlässlich des Vorsitzwechsels im Bundesrat und in der Landeshauptleutekonferenz lud Blatnik gemeinsam mit
dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser Mittwochabend auch zu einem Festakt ins Parlament. Das Land Kärnten
sei stolz, dass erstmals eine Kärntner Slowenin Bundesratspräsidentin sei, hob Landtagspräsident
Reinhard Rohr in Vertretung von Kaiser hervor. Politisch machte sich der Kärntner Landtagspräsident im
Sinne eines gelebten Föderalismus für ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den verschiedenen
politischen Ebenen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Interesse der Bevölkerung stark.
Auch nach Meinung von Blatnik können die aktuellen Aufgaben nur mit einem Miteinander und nicht mit einem
Nebeneinander oder gar einem Gegeneinander bewältigt werden. Sie sieht den Vorsitz im Bundesrat und in der
Landeshauptleutekonferenz im zweiten Halbjahr 2014 außerdem als Chance für Kärnten, als modernes,
weltoffenes und international orientiertes Bundesland in Erscheinung zu treten.
Für viel Kärntner Flair beim Festakt sorgten der Männerchor des Kulturvereins "Bilka"
und der Gemischte Chor der Sängerrunde Ludmannsdorf.
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