Dringliche Anfrage der NEOS im Nationalrat zu Arbeitsmarktpolitik, Arbeitsrecht, Lohnnebenkosten,
flexiblen Arbeitszeiten und Asylwerber
Wien (pk) - Eine "Partnerschaft des Stillstands", die Arbeitsplätze vernichtet, konstatieren
die NEOS und schlagen dabei eine Brücke zum Budget, das am 14.10. von Finanzminister Schelling dem Nationalrat
präsentiert wurde. In ihrer Dringlichen Anfrage, eingebracht von Sozialsprecher Gerald Loacker, werfen
die NEOS der Regierung Reformunwilligkeit vor, die nicht nur gegenwärtig Folgen habe, sondern bis 2018 hinein
wirke und die Arbeitslosigkeit weiter in die Höhe schnellen lasse. Die Zahl der Arbeitslosen werde in Kürze
400.000 erreichen, prognostiziert Loacker.
Der Zusammenhang zwischen arbeitsmarktpolitischen Rahmenbedingungen, wirtschaftlichen Impulsen, die daraus entstehen
können, und einer möglichen Budgetkonsolidierung lägen auf der Hand. Die steigende Arbeitslosigkeit
übe durch niedrigere Steuereinnahmen massiven Druck auf den Bundeshaushalt aus, sie verschärfe das Budgetproblem,
womit budgetäre Spielräume für Zukunftsinvestitionen nicht vorhanden seien. Dafür stiegen vergangenheitsbezogene
Ausgaben weiter an. Der Regierung fehle jegliches Konzept, um eine Trendwende einzuleiten, die Regierung wälze
die Verantwortung auf die Sozialpartner ab, deren einzige Leistung darin bestehe, jegliches Reformvorhaben im Keim
zu ersticken, so der Vorwurf der NEOS. Loacker sprach in seinen Ausführungen von einem "Doppelspiel zwischen
Regierung und Sozialpartnern". Die Regierung setze keine Erwerbs- und Leistungsanreize, Mehrarbeit rentiere
sich nicht, beklagte Loacker in seiner Begründung. Auch bei der Mindestsicherung sehe er keinen Erwerbsanreiz.
Vielmehr würden diejenigen, die arbeiten, zu "Deppen gemacht", so sein Resümée.
NEOS drängen auf umfangreiche Reformen am Arbeitsmarkt und im Arbeitsrecht und verlangen eine Senkung der
Lohnnebenkosten
In ihrer umfangreichen Anfrage an Sozialminister Rudolf Hundstorfer setzen die NEOS der Regierungspolitik ihre
eigenen Reformüberlegungen entgegen. Demnach müssten im Sinne einer aktiven Arbeitsmarktpolitik die Mittel
"sinnvoller und flexibler" eingesetzt werden, insbesondere dann, wenn die Mittel knapper werden, sagte
Loacker. Außerdem seien Maßnahmen gefragt, um die Nachfrage am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Qualifizierungs-
und Umschulungsmaßnahmen für Personen über 50 machten durchaus Sinn, meinte Loacker, die finanzielle
Konzentration auf eine einzige Problemgruppe am Arbeitsmarkt sei aber falsch und wirke sich negativ auf die Zahl
der Langzeitarbeitslosen aus. Die NEOS stoßen sich vor allem auch an der geblockten Altersteilzeit, die in
ihren Augen nichts anderes als eine durch das AMS finanzierte Frühpensionierungsmöglichkeit ist. Weitere
Kritikpunkte betreffen die Teilpension, die eigentlich keine sei, sowie die aus Sicht der NEOS mangelnde Treffsicherheit
der Bildungskarenz. Letztere sei dort notwendig, wo die Gefahr von Arbeitslosigkeit besteht, sie werde aber großteils
von jenen mit höherer Qualifikation genützt, merkte Loacker an. Ein Dorn im Auge sind den NEOS auch das
Senioritätsprinzip und der erhöhte Kündigungsschutz, weil diese die Beschäftigung älterer
ArbeitnehmerInnen behinderten. Sie plädieren daher für einen flexibleren Übergang zwischen Erwerbsleben
und Pension. Loacker zufolge sollte es auch möglich sein, nach einer längeren Krankheit nicht gleich
voll arbeiten zu müssen, sondern ein Modell der "Teilarbeitsfähigkeit" in Anspruch nehmen zu
können.
Zudem sprechen sich die NEOS für eine Senkung der Lohnnebenkosten, etwa durch die Halbierung der Kammerumlagen,
aus. Die Kammern legen an Fett auf Kosten der Erwerbstätigen zu, formulierte Loacker spitz. Sozialversicherungen
Beitragssenkungen aufzuerlegen, würde zu den notwendigen Strukturmaßnehmen führen, zeigte er sich
überzeugt. Die Unfallsversicherungsbeiträge seien um 40 % gestiegen, während die Arbeitsunfälle
sinken, nannte Loacker eine weitere Einsparungsmöglichkeit. Das geplante Bonus-Malus-System würde eine
Erhöhung der Lohnnebenkosten bedeuten, ebenso wie eine sechste Urlaubswoche, kritisierte der Sozialsprecher
der NEOS. Die Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage im Zuge der Steuerreform führe zu weiteren Lohnnebenkosten.
Auch beim Familienlastenausgleichfonds sehen die NEOS Einsparungspotential, da dieser heute unzählige versicherungsfremde
und teilweise familienfremde Leistungen finanziere, wie etwa die Schülerfreifahrt. Diese stelle eine Umwegförderung
des Regionalverkehrs dar, hielt Loacker fest. Außerdem würde seiner Meinung nach ein transparenter Lohnzettel
bzw. die Zusammenführung von Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträgen Kostenwahrheit bringen und den sozialversicherungsrechtlichen
Reformdruck entsprechend erhöhen. Streng ging Loacker auch mit der Wohnbauförderung ins Gericht, weil
aufgrund der nicht vorhandenen Zweckbindung das Geld teilweise in andere Kanäle fließe und es eine Umverteilung
von unten nach oben gebe.
Ein weiterer Reformbedarf besteht in den Augen der NEOS beim Arbeitsrecht. Dieses sollte modernisiert werden und
einen "Rahmen für flexibleren Ressourceneinsatz im Sinne von Vertrauensarbeitszeit, aber auch Jahresarbeitszeitmodelle
und Zeitkonten erlauben". Derzeit sei die Arbeitszeitflexibilität "zum Weinen" sagte Loacker.
Das Arbeitszeitgesetz stamme aus dem Jahr 1969 und sei nicht auf die moderne Arbeitswelt abgestimmt. Die Elternteilzeit
qualifizierte er als "überschießend".
Die größte gesellschaftliche und soziale Herausforderung sei die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen.
Die NEOS drängen daher darauf, Maßnahmen gegen die Dequalifizierung während der langen Wartezeit
zu setzen. So sollte etwa der "Kompetenzcheck" schon während des Asylverfahrens einsetzen und der
Arbeitsmarktzugang bereits nach sechs Monaten eröffnet werden.
All diese Reformvorschläge wurden in 92 Detailfragen an den Sozialminister herangetragen. Zudem fordern die
NEOS in weiteren fünf Fragen Informationen über den angekündigten Arbeitsmarktgipfel ein.
Hundstorfer: Arbeitsmarkt ist dynamisch, Regierung konnte Massenarbeitslosigkeit verhindern
Er setze dem bisher Gesagten eine positive Grundhaltung entgegen, konterte darauf Sozialminister Rudolf Hundstorfer
und appellierte, mit dem Jammern aufzuhören, denn das würde auch das Vertrauen der Wirtschaft und der
Investoren stärken. Das Problem sei kein arbeitsmarktpolitisches, sondern ein konjunkturelles, sagte er. Die
Wirtschaftskrise sei auch nach sieben Jahren nicht überstanden, das Umfeld sei daher weiter schwierig. Die
Regierung habe aber eine Massenarbeitslosigkeit in Österreich verhindern können, indem sie mit richtigen
Maßnahmen - wie Kurzarbeit, Steuersenkungen und öffentlichen Investitionen - gegengesteuert habe. Im
Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit nehme man sogar eine Vorreiterrolle ein. Der Sozialminister erinnerte zudem
daran, dass die Lohnnebenkosten bei der Unfallversicherung und beim Insolvenzentgeltfonds um jeweils 100 Mio. €
gesenkt worden seien, außerdem habe man über den Pflegefonds in den Ausbau der Sozialwirtschaft investiert
und zahlreiche neue Arbeitsplätze geschaffen.
Im Gegensatz zu den NEOS hält der Sozialminister den österreichischen Arbeitsmarkt für einen der
dynamischsten, er sei keineswegs erstarrt. Hundstorfer wies in diesem Zusammenhang auf die derzeitige Rekordbeschäftigung
trotz anhaltender Wirtschaftskrise hin. Jährlich würden 1,5 Mio. Beschäftigungsverhältnisse
neu gegründet. Es würden immer wieder neue Angebote geschaffen, um Beruf, Familie und Weiterbildung in
Einklang bringen zu können, etwa die Teilpension, Pflege- oder Bildungsteilzeit. Durch die Steuerreform würde
die Binnennachfrage gestärkt und die öffentlichen Investitionen etwa in den Wohnbau, in die Infrastruktur
und in Innovation erhöht. Dadurch würden Arbeitsplätze geschaffen und der Wirtschaftsstandort gestärkt.
Budgetär habe man durch ein niedriges Zinsniveau profitiert und die Aussichten seien auch solide, sagte Hundstorfer.
Der Sozialminister verteidigte vehement die Sozialpartnerschaft. Dass es in Österreich so wenig Arbeitskämpfe
gibt, liege daran, dass 97 % der unselbstständig Beschäftigten einen Kollektivvertrag haben. Hundstorfer
verhehlte aber nicht, dass auch er sich mehr Dynamik wünschen würde. "In manchen Situationen dauert
das Gemeinsame länger. Aber es ist dennoch immer der richtige Weg", unterstrich der Minister.
Sozialminister gegen Leistungskürzungen für die Sozialversicherungen
In Beantwortung der 97 Fragen kündigte Hundstorfer einen baldigen Arbeitsgipfel an, ohne jedoch ein konkretes
Datum zu nennen. Ihm gehe es in erster Linie um Inhalte, sagte er, konkrete Punkte nannte er nicht, betonte aber,
dass es konjunkturelle Maßnahmen geben werde.
Hundstorfer konnte auch die Kritik an der Teilpension nicht nachvollziehen. Was sei denn schlecht daran, wenn Menschen
weiterarbeiten, und nicht in Pension gehen, fragt er. Die Teilpension bringe allen Vorteile. Ebenso wenig teilte
er die Kritik an der Bildungskarenz, denn diese sei nicht auf eine Zielgruppe hin konzipiert. Durch einen erleichterten
Zugang habe man jedoch die Attraktivität der Bildungskarenz für jene mit geringeren Qualifikationen erhöht.
Er stehe voll zur steuerlichen Entlastung des Faktors Arbeit, sagte er und bekräftigte, offen für Diskussionen
zu sein. Jedenfalls arbeite man daran weiter. Eine Leistungskürzung für die Sozialversicherung stehe
aber nicht in seinem Programm, erklärte Hundstorfer und wies darauf hin, dass die Verwaltungskosten der Sozialversicherung
bei 2 % liegen, jene der privaten Versicherungen bei 4 bis 5 %.
Ein Arbeitsrechtspaket stehe in Verhandlung, informierte Hundstorfer weiter und bezeichnete die sechste Urlaubswoche
als eine Frage der Fairness. Durch die hohe Flexibilität am Arbeitsmarkt kämen viele Beschäftigte
derzeit nicht mehr in den Genuss einer sechsten Urlaubswoche. Weitere Flexibilisierungen im Arbeitszeitrecht seien
aber derzeit nicht geplant, stellte er fest und widersprach damit vehement den Forderungen der NEOS. Der Sozialminister
machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass es in der Arbeitswelt mehrere Realitäten gebe.
Dezidiert stellte Hundstorfer fest, dass die Lockerung des Kündigungsschutzes für ArbeitnehmerInnen über
50 nicht zur Debatte stehe. Hundstorfer fühlt sich in Bezug auf die Einführung eines Bonus-Malus-Systems
an das Regierungsprogramm gebunden, derzeit kommt aber laut seiner Aussage keine Einigung darüber zustande.
Was die Öffnung des Arbeitsmarkts für Asylwerbende betrifft, so tritt der Sozialminister für eine
gesamteuropäische Lösung ein. Um Verzerrungen zu vermeiden, müsse im Vorfeld ein Verteilungsschlüssel
fixiert werden, sagte er. Wichtig sei vor allem ein rasches Asylverfahren.
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Gegenseitige Vorwürfe von Sozialabbau und Neoliberalismus bis Politikstillstand
und Arbeitsplatzvernichtung
Die unterschiedlichen Auffassungen, was denn zu tun sei, um die Arbeitslosigkeit zu senken, durchzogen auch
die weitere Debatte zur Dringlichen Anfrage im Nationalrat. Während sich die SPÖ hinter ihren Sozialminister
und die Sozialpartnerschaft stellte, die ÖVP die Leistungen der österreichischen Unternehmen hervorhob
und wie die FPÖ und das Team Stronach zudem für eine unternehmensfreundliche Politik mit einem Bürokratieabbau
und einem Belastungsstopp eintrat, thematisierten die Grünen die Bildungspolitik als zentralen Faktor gegen
die Arbeitslosigkeit. Einer allzu großen Flexibilisierung am Arbeitsmarkt stehen sie skeptisch gegenüber.
Einmal mehr forderte die FPÖ eine sektorale Schließung des Arbeitsmarkts für AusländerInnen.
Die NEOS blieben bei ihrer Kritik an der Regierungspolitik. Die von ihren Mandataren vorgelegten Entschließungsanträge
zu einem Jahresarbeitszeitmodell im Tourismus, zur Reduktion der Kammerpflichtbeiträge sowie zur Öffnung
des Arbeitsmarkts für AsylwerberInnen fanden keine Mehrheit.
Schellhorn: Die Regierung fährt an die Wand
Die Regierung übe sich in Stillstand und Reformunwilligkeit. NEOS-Wirtschaftssprecher Josef Schellhorn hielt
an den Vorwürfen der Dringlichen fest und sprach kritisch von 10.500 reformlosen Tagen, in denen es SPÖ
und ÖVP verabsäumt haben, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an die Dienstleistungsgesellschaft anzupassen.
Gesetze würden vielmehr an der Realität vorbei beschlossen, befand er und ortete vor allem Mängel
bei der Arbeitszeitflexibilisierung. Seine Forderung eines Jahresarbeitszeitmodells für den Tourismus, die
er in einem Entschließungsantrag nachreichte, fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit. Vor dem
Hintergrund einer dramatischen Entwicklung, die eine weitere Zunahme der Arbeitslosenzahl erwarten lässt und
durch die Flüchtlingskrise noch verschärft werde, fahre die Regierung an die Wand, lautete Schellhorns
kritisches Resümée.
Muchitsch gegen gesetzliche Lohnregelung
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch verteidigte die Sozialpartnerschaft, wobei er sich vor allem vehement gegen
eine Schwächung der Arbeiterkammer wandte und den Forderungen nach gesetzlicher Regelung der Löhne eine
klare Absage erteilte. Lohnpolitik dürfe nicht von der Parteipolitik gestaltet werden, stand für ihn
dabei fest. Wenig hält Muchitsch auch von einer Öffnung des Arbeitsmarkts für AsylwerberInnen, die
seiner Meinung nach angesichts der aktuell hohen Arbeitslosigkeit nicht verkraftbar wäre. Vielmehr gelte es,
Asylberechtigte schneller in den Arbeitsmarkt einzubinden, damit sie von Leistungsempfängern zu Beitragszahlern
werden. Hohe Erwartungen verknüpft der SPÖ-Abgeordnete zudem mit der Steuerreform. Diese sei ein wichtiger
Schritt, damit sich Arbeit wieder mehr lohnt, meinte er. Nicht vom Tisch ist für Muchitsch überdies die
Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche für alle Beschäftigten.
Haubner fordert Belastungsstopp für Unternehmen
Arbeitsplätze werden von den Unternehmen geschaffen, betonte ÖVP-Wirtschaftssprecher Peter Haubner und
sah die Politik aufgefordert, der Wirtschaft entsprechende Impulse zu geben. Als zentral hob er in dem Zusammenhang
die Bedeutung der KMU hervor. Haubner untermauerte das Nein seiner Fraktion zur sechsten Urlaubswoche und zum Überstundeneuro
und erhob vielmehr die Forderung nach einem Belastungsstopp für die Unternehmen. Was die Wirtschaft brauche,
sei eine Senkung der Lohnnebenkosten und ein Rückbau bei der überbordenden Bürokratie, gab er zu
bedenken. Für sinnvoll hielt Haubner auch eine Fortführung des Handwerkerbonus.
Kassegger drängt auf Senkung der Lohnnebenkosten und Bürokratieabbau
FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger schloss sich dem Ruf Haubners nach Senkung der Lohnnebenkosten und Bürokratieabbau
an, stellte dabei aber die Frage in den Raum, warum denn diese Forderungen nicht realisiert werden. Handlungsbedarf
ortete er darüber hinaus auch bei der Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen, in Sachen Innovationsdynamik
oder etwa bei der betrieblichen Lehrlingsausbildung. Zudem gelte es auch, die Stimmung in der Wirtschaft zu bessern.
Maßnahmen wie die Registrierkassenpflicht, die die Unternehmer dem Generalverdacht des Betrugs aussetzen,
würden da wenig hilfreich sein, merkte Kassegger pointiert an. Besorgt zeigte sich der FPÖ-Mandatar schließlich
auch angesichts der Migrationsbewegung, die seiner Einschätzung nach die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch zusätzlich
verschärfen werde.
Schatz: Die beste Arbeitsmarktpolitik ist eine ordentliche Bildungspolitik
500 Mio. € an zusätzlichen Investitionen in die aktive Arbeitsmarktpolitik forderte Birgit Schatz (G). Eine
ordentliche Bildungspolitik sei die beste Arbeitsplatzpolitik, zumal die Hälfte der Arbeitslosen nur über
einen Pflichtschulabschluss verfügt. Kein Thema sind für Schatz die von den NEOS geforderten längeren
Tagesarbeitszeiten und die Aufhebung der Ruhezeiten. Flexibilisierung sei zwar grundsätzlich zu begrüßen,
diese dürfe aber nicht zu ständigen Belastungen, mehr Arbeit und weniger Geld führen, steckte Schatz
den Standpunkt ihrer Fraktion in dieser Frage ab. Anliegen der Sozialsprecherin der Grünen ist zudem eine
stärkere Berücksichtigung von Klimaschutz, Energie und Globalisierung in der Wirtschafts- und Standortpolitik.
Klar ist für Schatz zudem auch, dass Arbeit anders verteilt werden müsse.
Dietrich will eine unternehmensfreundliche Stimmung
Waltraud Dietrich vom Team Stronach will ebenfalls bei der Wirtschaft als dem Motor für die Schaffung von
Arbeitsplätzen ansetzen. Undenkbar sind für sie angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt
eine sechste Urlaubswoche und ein Überstundeneuro. Die Wirtschaft leide unter unternehmensfeindlichen Rahmenbedingungen,
die die Wirtschaftstreibenden in erster Linie kriminalisieren, stellte Dietrich mit Blick auf die Registrierkassenpflicht
fest. Vielmehr würden die Unternehmen ein einfacheres Steuersystem, ein One-Stop-Shop zur Erleichterung von
Unternehmensgründungen, die Senkung der Lohnnebenkosten sowie eine Durchforstung der Bürokratie unter
Einbindung von Praktikern brauchen. Ein kritisches Auge warf Dietrich schließlich auch auf die Flüchtlingsströme
und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt.
NEOS: Lohnnebenkosten um 4 Mrd. € senken, Arbeitsmarkt für AsylantInnen öffnen
Für Niko Alm stand seitens der NEOS fest, dass die Senkung der Lohnnebenkosten weit substanzieller hätte
ausfallen müssen, als dies Finanzminister Schelling angekündigt hat, um effektiv Arbeitsplätze zu
schaffen. Die Vorstellungen der NEOS beliefen sich hier auf rund 4 Mrd. €, sagte Alm. In einem Entschließungsantrag,
mit dem er sich jedoch nicht durchsetzen konnte, forderte er unter anderem die Streichung der Kammerumlage 2. Die
Öffnung des Arbeitsmarkts für AsylwerberInnen war wiederum zentrales Thema der Rede von Nikolaus Scherak
(N). Er verlieh dieser Forderung mit einem Entschließungsantrag Nachdruck. Scherak hält dies für
eine wichtige Maßnahme, um die Kosten der Versorgung zu senken und die Integration zu verbessern. Legale
Arbeit würde auch verhindern, dass Menschen in Schwarzarbeit abwandern und damit Kollektivverträge unterlaufen,
sagte er.
Die Regierungsfraktionen versuchten gemeinsam mit dem Minister, die Situation nur schönzureden, fasste Gerald
Loacker (N) seine Sicht der Debatte zusammen. "Im Bereich Arbeitsmarkt können wir von dieser Regierung
gar nichts erwarten". Sie ergreife keine Maßnahmen zur effektive Bekämpfung der Arbeitslosigkeit,
wie man am Beispiel der Teilpension sehe. Die NEOS setzten sich dagegen für MitarbeiterInnen und ArbeitgeberInnen
kleiner und mittlerer Unternehmen sein.
SPÖ: Sozial- und Arbeitsmarktpolitik muss auf eine solidarische Gesellschaft abzielen
Ulrike Königsberger-Ludwig (S) kritisierte den Antrag der NEOS, da dieser einen neoliberalen Geist atme und
auf eine Schwächung der Interessensvertretungen abziele. Dem hielt sie die Forderung der Sozialdemokratie
nach einer solidarischen Gesellschaft entgegen. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze sei zweifellos von großer
Wichtigkeit, deshalb plädierte sie dafür, über eine Wertschöpfungsabgabe zu sprechen, um den
Sozialstaat zu erhalten. Auch Markus Vogl (S) konnte den Vorschlägen der NEOS nichts abgewinnen. Die Senkung
von Lohnkosten, wie die NEOS sie fordern, sei keine Garantie für die Schaffung neuer Arbeitsplätze, meinte
er. Das Problem liege nicht in der Entwicklung der Lohnstückkosten, sondern es gelte, in Forschung und Entwicklung
zu investieren, um die Arbeitsplätze der Zukunft zu schaffen.
"Diese Dringliche ist ein Bauchfleck der Sonderklasse", replizierte Wolfgang Katzian (S), biete sie doch
keinerlei Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die Vorhaltung der NEOS, Reformen würden
im Keim erstickt, ließ Katzian nicht gelten. Die Sozialdemokratie stelle sich lediglich gegen Veränderungen,
die zu einer Verschlechterung für ArbeitnehmerInnen führe. Vielmehr setze man durch die kommende Steuerreform
alles daran, die Kaufkraft zu steigern und so die Konjunktur zu beleben. Eine Senkung der Lohnnebenkosten, wie
von der Oppositionspartei verlangt, führe wiederum nicht automatisch zu mehr Arbeitsplätzen, unterstrich
der SPÖ-Mandatar.
ÖVP: wirtschaftliche Erfolge Österreichs nicht vergessen
Die Beschäftigungsquote steige zwar, stellte August Wöginger (V) fest, gleichzeitig jedoch auch die
Arbeitslosigkeit. Dafür sei unter anderem ein zu geringes Wirtschaftswachstum ausschlaggebend. Er sei zuversichtlich,
dass das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahr steigen werde, sagte Wöginger und zeigte sich überzeugt
davon, dass die beschlossenen Entlastungen zur Steigerung von Kaufkraft und Wirtschaftswachstum führen werden.
Auch Jakob Auer (V) wollte das Positive hervorheben und kritisierte, dass in der Diskussion über die Wirtschaftslage
in Österreich eine Tendenz vorherrsche, negative Entwicklungen besonders zu unterstreichen, positive Entwicklungen
jedoch zu ignorieren. Auer verwies auf positive Beispiele erfolgreicher Betriebe. Der Schlüssel zum internationalen
Erfolg seien ein effektives Management und gut ausgebildete und motivierte Fachkräfte, stellte er fest.
Als Hauptgrund für die hohe Arbeitslosigkeit sieht Angelika Winzig (V) die Verunsicherung vieler Unternehmen,
weil folglich weniger Jobs geschaffen würden. Deutlich wandte sie sich deswegen gegen neue Belastungen für
kleine wie große Betriebe. Maßgebliche für ein wirtschaftliches Reüssieren im internationalen
Wettbewerb ist für die ÖVP-Mandatarin nicht nur eine Senkung der Lohnnebenkosten, sondern auch eine Flexibilisierung
des Arbeitsrechts. Überdies gelte es, betonte Winzig, Sozialbetrug nachhaltig zu bekämpfen.
Freiheitliche für sektorale Schließung des Arbeitsmarkts
Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) war der Überzeugung, der österreichische Arbeitsmarkt könne keine
weitere Zuwanderung aufnehmen. Die Forderung der FPÖ nach einer Schließung einzelner Sektoren des Arbeitsmarktes
ist für sie höchst aktuell. Die Masseneinwanderung sei ein weitgehendes hausgemachtes Problem, betonte
Belakowitsch-Jenewein. Aufgrund der niedrigen Qualifikation der meisten Zuwanderer hält sie deren Integration
in den Arbeitsmarkt für äußerst schwierig. Ihr Klubkollege Werner Neubauer (F) forderte den Sozialminister
auf, die Kosten, die in den nächsten Jahren durch die Zuwanderung entstehen, offenzulegen. Die Öffnung
des Arbeitsmarktes für AsylwerberInnen sah er negativ. In dieser Frage stehe er auf Seiten der leider viel
zu vielen arbeitslosen ÖsterreicherInnen. Die Bundesregierung habe durch immer neue Belastungen viele Arbeitsplätze
vernichtet, beklagte er.
FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm vermisst von den Regierungsfraktionen die richtigen Antworten auf die hohe Zahl
an Arbeitslosen, MindestsicherungsbezieherInnen bzw. NotstandsbezieherInnen in Österreich, gerade angesichts
der aktuellen Flüchtlingsbewegungen. Auch er sprach sich für sektorale Zuzugsbeschränkungen aus.
"Der Anteil der Ausländer an der Arbeitslosigkeit beträgt bereits satte 28 %", sagte er und
folgerte, dadurch ergäben sich unerwartete Mehrkosten in Milliardenhöhe.
Grüne: Politik muss zur Schaffung der Arbeitsplätze der Zukunft beitragen
Judith Schwentner (G) verwies auf Probleme in der Frauenbeschäftigung und der sozialen Absicherung von pflegenden
Angehörigen. Die Vorstellungen der NEOS würden gerade die Beschäftigten im Niedriglohnsektor übersehen.
Die Erwerbsbiographien hätten sich verändert, die Politik müsse darauf reagieren, so Schwentner.
Team Stronach: Arbeit muss sich wieder lohnen
Die Regierung schaffe nur mehr Arbeitsplätze am AMS, nicht jedoch in der Wirtschaft, fasste Christoph Hagen
(T) seine Kritik zusammen. Er verwies darauf, dass immer mehr junge Menschen die Lehre abbrechen und Mindestsicherung
in Anspruch zu nehmen. Hier laufe eindeutig etwas falsch, es brauche ein Umdenken und Veränderungen, damit
Leistung und Arbeit sich wieder lohnen.
Leopold Steinbichler (T) verknüpfte die hohe Arbeitslosigkeit mit der niedrige Geburtenrate in Österreich,
wodurch auch die Steuereinnahmen sinken würden. Damit die kleinstrukturierte österreichische Wirtschaft
lebendig bleibt, auch in ländlichen Gebieten, plädierte Steinbichler für eine Regionalpolitik, die
kleine und mittlere Unternehmen ebenso stärkt wie die heimische Landwirtschaft.
Langfristig müsse Österreich mit einer Arbeitslosenrate von 10% rechnen, zeichnete die fraktionslose
Mandatarin Jessi Lintl ein düsteres Bild. Sozialhilfeempfänger würden immer jünger und gelangten
oft direkt nach dem Pflichtschulabschluss in die Arbeitslosigkeit. Ähnlich wie der Freiheitliche Peter Wurm
sieht auch sie die Flüchtlingssituation und eine verfehlte Standortpolitik der österreichischen Regierung
als maßgeblich verantwortlich für die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt.
Sozialminister: Budgetäre Vorsorge für AMS wird getroffen
In einer zweiten Wortmeldung betonte Bundesminister Rudolf Hundstorfer, die populistischen Vorschläge, die
von Seiten der Opposition gebracht wurden, würden das Sozialbudget insgesamt mit weiteren 12 Mrd. € belasten.
Die Kritik an der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS), sie würde Menschen dazu verleiten, das Sozialsystem
auszunutzen, ließ er nicht gelten. Aus diesem Grund sei sie befristet, es werde Missbrauch festgestellt und
es gebe die Möglichkeit, diese zu kürzen, stellte er fest. Zu den im Laufe des nächsten Jahres neu
hinzukommenden AsylwerberInnen hielt Hundstorfer fest, es sei davon auszugehen, dass der überwiegende Teil
davon unter 15 Jahre alt sein werde, nur sehr wenige über 65. Er rechne daher damit, dass im Laufe des nächsten
Jahres rund 30.000 Personen der Altersgruppe dazwischen, also im arbeitsfähigen Alter, Asyl erhalten werden.
Für sie werde im Budget des AMS ausreichend Vorsorge getroffen, betonte er.
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