NR-Präsidentin in Israel

 

erstellt am
26. 09. 16
11:00 MEZ

Nationalratspräsidentin Bures besucht Haus der Ghettokämpfer und Center for Humanistic Education in Akko – Gespräche mit österreichischen Überlebenden der Shoah in Jerusalem
Akko/Jerusalem/Wien (pk) - Mit dem Besuch des bekannten Museums "Haus der Ghettokämpfer" (Beit Lochamei haGeta’ot) im nördlich der historischen Hafenstadt Akko gelegenen Kibbutz Lochamei haGeta'ot setzte Nationalratspräsidentin Doris Bures am ihren offiziellen Aufenthalt in Israel fort. Das Museum widmet sich vor allem der Erinnerung an den organisierten Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Im "Center for Humanistic Education", das mit dem Museum eng zusammenarbeitet, führte Bures ein Gespräch mit dem Direktor der Bildungseinrichtung, dem Historiker Yariv Lapid. Lapid leitete von 2007 bis 2013 den Aufbau der Vermittlungsabteilung an der Gedenkstätte Mauthausen und war dort maßgeblich für die Entwicklung eines neuen, am Dialog mit den BesucherInnen orientierten Konzepts tätig.

Die Nationalratspräsidentin zeigte vor allem Interesse für die Programme des Instituts, die sich an Jugendliche aus allen Bevölkerungsgruppen Israels richten. Das Bildungszentrum widmet sich neuen Zugängen in der Vermittlung von zeitgeschichtlichem Wissen zur Shoah und will damit das Demokratieverständnis und den Einsatz für Menschenrechte fördern.

"Die jungen Menschen von heute haben die Zukunft in der Hand. Sie entscheiden, ob ein friedliches Zusammenleben möglich ist", betonte Bures die Notwendigkeit, Zeitgeschichte den Jugendlichen in einer sie ansprechenden Form nahe zu bringen. "Nur so kann auch vermittelt werden, dass Respekt vor dem anderen, Toleranz und soziale Verantwortung wichtige Grundlagen der Demokratie sind".

Nationalratspräsidentin trifft österreichische Überlebende der Shoah
In ihrer Eigenschaft als Kuratoriumsvorsitzende des Nationalfonds folgte die Nationalratspräsidentin der Einladung von Gideon Eckhaus, Präsident der Organisation "Zentralkomitee der Juden aus Österreich in Israel und Vereinigung der Pensionisten aus Österreich in Israel" nach Jerusalem. Im "Österreichischen Club" hatte Bures die Gelegenheit, mit Überlebenden der Shoah und ihren Nachkommen persönliche Gespräche zu führen.

Dabei unterstrich sie die Bedeutung des Nationalfonds als Ausdruck dafür, dass Österreich nach Jahrzehnten des Schweigens endlich tätig wurde und sich zu seiner historischen Verantwortung bekannte und bekennt. Die Arbeit des Fonds hat, so Bures, aber auch einen wesentlichen Beitrag zum Wandel des historischen Bewusstseins in Österreich beigetragen. "Dass im Laufe der Jahre so viele Menschen – fast 30.000 – die ausgestreckte Hand angenommen haben, ist nicht selbstverständlich und zeugt von menschlicher Größe", bedankte sich die Nationalratspräsidentin bei den Überlebenden. "Es bleibt weiterhin unsere Aufgabe, an der Brücke zu den ehemaligen Österreichern und Österreicherinnen und deren Nachkommen zu bauen. Wir wollen persönliche Kontakte pflegen, sie unterstützen, wo es möglich ist, egal ob sie hier leben oder anderswo auf der Welt."

Die Nationalratspräsidentin versicherte den Anwesenden, dass ihr Vertrauen in das Österreich von heute auch künftig nicht enttäuscht werde: "Ihr Schicksal und das Ihrer Familien sind und werden nicht vergessen. Jede und jeder von Ihnen ist, auch wenn Sie heute hier in Israel leben, ein wichtiger Teil Österreichs und seiner Geschichte."

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Österreich und Israel
Vor 60 Jahren nahmen Österreich und Israel diplomatische Beziehungen auf. Das seit 1950 bestehende österreichische Konsulat in Tel Aviv wurde im März 1956 in eine Gesandtschaft umgewandelt, womit die formellen diplomatischen Beziehungen aufgenommen wurden. 1959 wurde eine Botschaft eingerichtet, die Akkreditierung des ersten österreichischen Botschafters Dr. Luegmayer fand am 3. September 1959 statt. Der Besuch der Nationalratspräsidentin stellt den Höhepunkt des Besuchsaustauschs im 60. Jahr der bilateralen Beziehungen dar.

Am 26.09. traf die Nationalratspräsidentin den israelischen Parlamentspräsidenten Yuli Edelstein in der Knesset zu einem Arbeitsgespräch. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Israel, die heuer vor 60 Jahren aufgenommen wurden. Auch Themen der historischen Verantwortung Österreichs wurden dabei nicht ausgespart. Die österreichische Nationalratspräsidentin versicherte, dass Österreich auch weiterhin alle Anstrengungen unternehmen wird, die Erinnerung an die Shoah und die historische Verantwortung Österreichs wach zu halten. Da es immer weniger Zeitzeugen gebe, gelte es auch, neue Wege zu finden, um nachkommenden Generationen das Geschehene zu vermitteln.

Bures, die ihren Israel-Aufenthalt auch nutzt, um sich ein Bild der High-Tech-Nation Israel zu machen, versicherte ihrem Amtskollegen zudem, in Österreich für eine Verstärkung der Zusammenarbeit im Forschungs- und Technologiebereich zu werben. In Bereichen wie der Umwelt- oder der Energietechnologie böten sich viele Anknüpfungspunkte.

Zentrales Thema des Gesprächs waren außerdem die Flüchtlingsbewegungen nach Europa und die damit verbundenen Herausforderungen im Bereich der Integration, insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele Länder der EU noch immer mit den Folgen der Finanzkrise zu kämpfen hätten. Dies böte leider extremen Gruppierungen europaweit einen Nährboden. Präsident Edelstein informierte in diesem Zusammenhang über die Jahrzehnte lange Erfahrung Israels in der Integration von Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen.

Schließlich wurden Möglichkeiten einer weiteren parlamentarischen Zusammenarbeit zwischen dem Nationalrat und der Knesset erörtert. Das erste Treffen der beiden PräsidentInnen fand im Herbst 2014 in Wien statt.

Austauschprogramm für Jugendliche unter Schirmherrschaft des österreichischen Parlaments
Anschließend traf die Nationalratspräsidentin zu einem Gespräch mit dem Knesset-Abgeordneten und Vorsitzenden der israelisch-österreichischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe Amir Peretz (Arbeiterpartei) zusammen. Ergebnis dieses Gesprächs ist die konkrete Absicht, ein Austauschprogramm für Jugendliche unter der Schirmherrschaft des österreichischen Parlaments zu etablieren. An diesem Projekt der politischen Bildung sollen österreichische sowie jüdische und palästinensische Jugendliche aus Israel teilzunehmen.

 

 

 

Erinnerung wachhalten ist Verantwortung gegenüber der Geschichte und für die Zukunft
Die Nationalratspräsidentin besuchte auch die Gedenkstätte Yad Vashem. Nach einem Rundgang durch die Gedenkstätte legte die Nationalratspräsidentin und Kuratoriumsvorsitzende des Nationalfonds einen Kranz im Gedenken an die Opfer der Shoah nieder.

"Nicht im Vergessen, sondern im Erinnern liegt das Geheimnis der Erlösung", hatte die Nationalratspräsidentin am Vortag anlässlich des Zusammentreffens mit Überlebenden der Shoah einen Ausspruch des Baal Schem Tov zitiert. "Die Erinnerung an das Unfassbare der Shoah wachzuhalten, gebietet nicht nur unsere historische Verantwortung", sagte Bures. "Wir müssen alle Kräfte bündeln – vor allem in der Politik und in den Bildungsinstitutionen -, um das Bewusstsein und die Sensibilität der jungen Menschen zu schärfen. Nur so können wir die Forderung 'Nie wieder!' erfüllen und trotz großer Herausforderungen das Miteinander in der Gesellschaft stärken".

Bures würdigt Engagement von Gedenkdienstleistenden
Anschließend an die Zeremonie in Yad Vashem traf die Nationalratspräsidentin mit einer jungen Österreicherin zusammen, die in Israel Gedenkdienst leistet. "Der Gedenkdienst ist ein wichtiges Zeichen gegen das Vergessen", sagte Bures. "Das Engagement der Gedenkdienstleistenden stellt einen unschätzbaren Beitrag zur Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel unserer jüngeren Geschichte dar. Es erfüllt mich mit großem Stolz, junge Österreicherinnen und Österreicher zu sehen, die aus tiefer innerer Überzeugung diese wichtige Erinnerungsarbeit leisten."

Besonders freute sie sich über die junge Österreicherin im Gedenkdienst, nachdem es für Frauen erst seit dem Vorjahr die Möglichkeit gibt, an Holocaust-Gedenkstätten ihren Freiwilligendienst zu leisten. Diese Reform des Gesetzes über Auslandsfreiwilligendienste war laut Bures ein längst überfälliger Schritt. "Im Kampf gegen jede Form von Rassismus, Gewalt und Diskriminierung spielten Frauen schon immer eine wichtige Rolle", betonte die Nationalratspräsidentin.

     

Bures enthüllte Gedenktafel für Barbara Prammer in Israel
Nationalratspräsidentin Doris Bures enthüllte am 27.09. in Israel eine Gedenktafel für die 2014 verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Die Tafel an einer Schule in Rechovot wurde von der Frauenorganisation WIZO (Women's International Zionist Organisation) organisiert, der Prammer in ihrer Amtszeit sehr verbunden war.

Bures würdigte in diesem Zusammenhang die karitative Tätigkeit von WIZO, die ganz im Sinne ihrer Vorgängerin sei, so Bures. "Barbara Prammer hat eine solidarische und soziale Gesellschaft als wichtiges Fundament für die Demokratie angesehen", sagte Bures. "Barbara war großartig. Als Politikerin, als Sozialdemokratin und als Mensch. Sie hat viel erreicht und auch vieles für uns auf den Weg gebracht. Mit ihrem politischen Credo wird Sie uns in steter Erinnerung bleiben: engagiertes und konsequentes Eintreten für soziale Gerechtigkeit, dort anzusetzen, wo es die Schwächeren stützt." Die Projekte von WIZO würden dort eingreifen, wo es diesen Ausgleich noch braucht, und damit einen Beitrag zur Gerechtigkeit leisten, betonte Bures.

Ein besonderer Programmschwerpunkt des Besuchs von Nationalratspräsidentin Doris Bures in Israel war der Wissenschafts- und Forschungsbereich. Das High Tech-Land Israel nimmt seit vielen Jahren eine herausragende internationale Stellung in der Grundlagenforschung ein. Am letzten Tag ihres Aufenthalts besichtigt die Nationalratspräsidentin daher eine der prestigeträchtigsten Forschungseinrichtungen der Welt, das Weizmann-Institut für Wissenschaften in Rechovot. Das multidisziplinäre Institut für naturwissenschaftliche Forschung und Ausbildung ist ein wichtiger Faktor der innovativen Forschung und Entwicklung des Mittelmeerstaates, vor allem im Bereich der Grundlagenforschung. Bereits vergangen Sonntag besuchte Bures das renommierte Technion, die Technische Universität Israel in Haifa. Die Nationalratspräsidentin beendet am 27.09. ihren fünftägigen offiziellen Besuch in Israel.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

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