Gemeinsamer Vorschlag von SPÖ und ÖVP für Wahlrechtsreform: Zweiter Wahltag,
Auszählung der Wahlkarten am Wahltag – Reform der Kompetenzen des Bundespräsidenten - Demokratiepaket
Wien (sk) - In einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentierten SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder
und ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka die Vorschläge der Koalitionsparteien für ein neues Wahlrecht.
„Unser Ziel ist es, Regelungen zu schaffen, die ein sicheres, praktikables und bürgernahes Wahlrecht garantieren
und gleichzeitig auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zur Aufhebung der Bundespräsidentenwahl
berücksichtigen“, so Schieder. Bei den Kompetenzen des Bundespräsidenten gehe es darum, „totes Recht
und Relikte aus der Vergangenheit“ zu streichen. In Richtung Opposition betonte Schieder, dass der Vorschlag der
Regierungsparteien am 15.02. an die Klubobleute aller anderen Parteien übermittelt wurde und man eine breite
Einigung anstrebe.
Nach der Schaffung eines zentralen Wählerregisters im November sind nun weitere Verbesserungen im Wahlrecht
geplant. Ein weiterer Wahltag in der Woche vor dem eigentlichen Wahltermin nach dem Steirischen Modell soll die
Wahlbeteiligung fördern. „Das hat sich erst jüngst bei der Grazer Gemeinderatswahl gut bewährt,
wir wollen das auch für österreichweite Wahlen übernehmen“, erklärte Schieder. Außerdem
sollen die Wahlkarten gleich am Wahltag ausgezählt und Barrieren für Menschen mit Behinderungen abgebaut
werden, die diese an der Teilnahme an Wahlen hindern könnten. Verbesserungen wird es auch bei den Wahlkarten
geben; aus Datenschutzgründen wird die materielle Gestaltung der Karten nach dem bewährten Schweizer
Modell vorgeschlagen.
Bei der Reform der Kompetenzen des Bundespräsidenten gehe es vor allem darum, „totes Recht abzuschaffen“.
Unzeitgemäße Regelungen wie die Auflösung des Nationalrates und der Landtage, die Einberufung des
Nationalrates in der tagungsfreien Zeit, aber auch Begnadigungen, die Ehelicherklärung unehelicher Kinder
oder die Ernennung von Beamten sollen in Zukunft keine formalen Kompetenzen des Bundespräsidenten mehr sein.
„Das Zusammenspiel mit diesem ,schlafenden Riesen‘ hat sich im österreichischen politischen System gut bewährt.
Es geht also nicht um grundsätzliche Änderungen der Aufgaben des Bundespräsidenten, sondern um die
Streichung von rechtlichen Relikten“, so Schieder. Die Verhandlungen darüber sollen in einem Unterausschuss
des Verfassungsausschusses geführt werden, auch der Bundespräsident wird eingebunden sein.
Weiters haben Schieder und Lopatka die Umsetzung der Empfehlungen der parlamentarischen Enquetekommission zur Stärkung
der Demokratie präsentiert. Die parlamentarische Behandlung von Volksbegehren soll künftig in einer eigenen
Nationalratssitzung stattfinden, die Bevollmächtigten des Volksbegehrens im Plenum ein Rederecht erhalten,
elektronische Einbringungsmöglichkeiten von Bürgerinitiativen geschaffen werden und BürgerInnen
ins Begutachtungsverfahren eingebunden sein. „Alle diese Maßnahmen sollen die BürgerInnen mehr am Prozess
der Gesetzwerdung beteiligen“, erklärte Schieder.
Um wesentliche, weitergehende Reformen wie eine verpflichtende Frauenquote bzw. frauenfördernde Elemente im
Wahlrecht oder Konzepte eines mehrheitsfördernden Wahlrechts zu diskutieren, wird es eine parlamentarische
Enquete geben. „Hier gibt es ganz unterschiedliche Meinungen und gemeinsam mit allen Parteien und ExpertInnen wollen
wir Möglichkeiten ausloten und die besten Lösungen finden“, sagte Schieder.
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