Drozda: Bregenzer Festspiele greifen mutig eine große Frage unserer Zeit auf
Bregenz/Wien (bka) - "Die Bregenzer Festspiele sind ein Fixstern am österreichischen Kulturfirmament.
Jahr für Jahr ist dieses musikalische Großereignis ein Anziehungspunkt für Musikbegeisterte aus
aller Welt", sagte Kunst- und Kulturminister Thomas Drozda am 19.07. bei der Eröffnung der Bregenzer
Festspiele. Dabei würde im Festspielprogramm auch mutig der Themenkomplex Flucht und Exodus aufgegriffen werden.
"Die Kunst wendet sich nicht ab, sie schaut hin. Sie greift damit eine der großen Fragen unserer Zeit
auf", sagte Drozda.
"So handelt die Rossini-Oper 'Moses in Ägypten' vom alttestamentarischen Auszug eines ganzen Volkes.
Auch der große Michael Köhlmeier wird die Flucht der Israeliten aus Ägypten aufgreifen und gemeinsam
mit der Mezzosopranistin Dalia Schaechter bearbeiten. Und das Theaterstück 'The Situation' von Yael Ronen
beschäftigt sich mit ganz aktuellen Fragen zu diesem Themenkomplex", so der Kulturminister in seiner
Eröffnungsrede. Die gegenwärtige Fluchtbewegung in Richtung Europa stelle eine Herausforderung für
unsere Gesellschaften dar. "Die Art und Weise, wie wir mit den ankommenden Menschen umgehen, wie wir über
sie reden, was wir schreiben und berichten, sagt viel über uns aus. Über uns als Gemeinschaft, über
uns als Bürgerinnen und Bürger und über den Grad der Zivilität unserer Demokratie."
Europa stehe unter dem Druck einer weiterhin krisenanfälligen Wirtschaft, des Zustroms Flüchtender und
der Terrorgefahr. "Dennoch, das Erstarken der Demagogie und des groben Populismus ist besorgniserregend. Die
universalen Menschenrechte und die Humanität werden in Reden bedroht und Ängste verstärkt. Die Politik
reagiert – und ich sage das durchaus selbstkritisch – indem sie laufend nach noch mehr technischer Überwachung
ruft. Aber gerade in Bezug auf unsere mühsam errungene Freiheit ist Vorsicht geboten", betonte Drozda.
Mehr Überwachung würde die Probleme nicht lösen. "Stattdessen müssen wir mit großer
Achtsamkeit, scharfem Verstand und Augenmaß unsere Demokratie sowohl vor religiösem als auch vor linkem
oder rechtem Extremismus schützen. Da sind wir gemeinsam gefordert für Freiheit und Rechtsstaat einzutreten",
so der Minister.
Kunst könne dabei helfen, solch "heiße Eisen" anzupacken. Denn Kunst lade nicht nur zur Interpretation
des unmittelbaren Werkes ein, sondern immer auch zur Erkundung unserer Geisteswelt. "Dabei bezieht sie häufig
moralisch Stellung. Sie ist eine der wenigen Institutionen in unserer Gesellschaft, die mutig benennt, was richtig
und falsch, was menschlich geboten und was zynisch und unmenschlich ist. Die Künstlerinnen und Künstler
sind oft eine wachsame Avantgarde. Sie decken die Unmenschlichkeit auf, wo sie uns selbst noch verborgen ist. Kunst
vermag der Demagogie die Maske der Harmlosigkeit zu rauben", sagte der Kulturminister, der abschließend
dazu aufrief, sich gerade "in stürmischen Zeiten" am liberalen und sozialen Staat zu orientieren.
Der Sozialstaat sei eine "herausragende Kulturleistung" und "Fundament unseres Gemeinwohls und einer
humanen, friedlichen Gesellschaft".
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