Nationalrat: Bundeskanzler bekennt sich in der Fragestunde zum Koalitionsvertrag
Wien (pk) - Die Pläne der Bundesregierung, das Rauchverbot in der
Gastronomie noch vor seinem Inkrafttreten zu Fall zu bringen, waren auch am 28. Feber wieder Thema im Nationalrat.
Sebastian Kurz kündigte in der Fragestunde eine Verlängerung des derzeitigen Status Quo an und betonte,
er stehe zu den diesbezüglichen Vereinbarungen des Koalitionsvertrags mit der FPÖ. Gleichzeitig drückte
der Bundeskanzler den UnterzeichnerInnen des Volksbegehrens seinen Respekt aus und versicherte, man werde sich
in der Regierung und im Parlament mit dem Ergebnis auseinandersetzen.
Ein weiteres Thema war das Sicherheitspaket, wo Kurz für eine Überwachung von WhatsApp und Skype zur
effektiveren Verbrechensbekämpfung plädierte. In der Außenpolitik bekräftigte der Kanzler
die Linie Österreichs, den Ländern des Westbalkans eine europäische Perspektive anzubieten. Was
die aktuelle Diskussion über den ORF betrifft, bekannte sich Kurz mit Nachdruck zu einem freien, unabhängigen
öffentlichen Rundfunk als Teil einer vielfältigen Medienlandschaft. Beim Erwachsenenschutz stellte er
einmal mehr klar, dass das Gesetz ohne Aufschub kommen werde.
Raucherregelung: Kurz steht zu Koalitionsvereinbarung
Bei der Raucherregelung trat Sebastian Kurz für eine Verlängerung des derzeitigen Status Quo ein und
meinte, er trage die Position der Regierung mit. An die Adresse der SPÖ-Mandatarin Pamela Rendi-Wagner gerichtet
bemerkte der Bundeskanzler, auch die SPÖ kenne die politischen Realitäten und Notwendigkeiten der Zusammenarbeit
in einer Koalition. Es gebe Bereiche, wo man sich durchsetzt, und andere Bereiche, bei denen man einen Kompromiss
eingehen müsse. Er habe jedenfalls tiefen Respekt vor allen Menschen, die das Volksbegehren unterschreiben,
unterstrich Kurz mit Nachdruck und versicherte, das Ergebnis werde selbstverständlich abgewartet und im Parlament
behandelt.
Subsidiarität, Außengrenzschutz, Westbalkan im Fokus der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft
Zentrale Themen der bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft Österreichs werden die Subsidiarität,
der Bereich Sicherheit mit dem Schwerpunkt der Bekämpfung der illegalen Migration, der Schutz der EU-Außengrenzen
sowie die Stärkung des Westbalkans und seine Heranführung an die EU sein. Was den mehrjährigen Finanzrahmen
der EU vor dem Hintergrund des Brexit betrifft, habe Österreich, wie Kurz auf Fragen des ÖVP-Abgeordneten
Reinhold Lopatka zu bedenken gab, als Nettozahler ein hohes Interesse an einem effizienten und sparsamen Umgang
mit den Steuergeldern. Klar ist für den Kanzler jedenfalls, dass der von Claudia Gamon (NEOS) angesprochene
gemeinsame Schutz der Außengrenzen mehr Mittel erfordern werde. Österreich sei bereit, dafür einen
finanziellen und gegebenenfalls auch personellen Beitrag zu leisten. Insgesamt würden die Verhandlungen über
den Finanzrahmen aber erst am Anfang stehen, die Bandbreite der Positionen sei noch sehr groß.
Auf Kritik von Andreas Schieder (SPÖ) an Aussagen von Heinz-Christian Strache zum Thema Kosovo betonte der
Bundeskanzler, Österreich habe am Westbalkan ein starkes Standing, er selbst sei in engem Kontakt mit den
Regierungen Serbiens und des Kosovo. Es gelte, der Region eine europäische Perspektive zu eröffnen. Auch
dem Vizekanzler sei die österreichische Positionierung zum Kosovo bekannt. Strache habe bereits klargestellt,
dass er die Haltung der Bundesregierung in dieser Frage mitträgt.
Kurz für strengere Strafen bei Gewaltverbrechen und Überwachung von WhatsApp und Skype
Bei den beabsichtigten Änderungen im Strafrecht geht es nach den Worten des Bundeskanzlers zunächst darum,
die Schieflage zwischen Gewaltverbrechen und Vermögensdelikten zu beseitigen und strengere Strafen gegen Gewaltverbrechen
möglich zu machen, dies insbesondere durch eine Erhöhung der Mindeststrafen. Wichtig ist dabei für
Kurz ebenso wie für FPÖ-Abgeordnete Carmen Schimanek der Schutz von Frauen gegen Gewalt, wobei er 100
neue Betreuungsplätze in den Frauenhäusern ankündigte. Auf Bedenken der FPÖ-Mandatarin, aus
anderen Kulturkreisen würden problematische Haltungen zu Frauen importiert werden, stellte Kurz klar, die
österreichische Gesetzeslage gelte für alle, unabhängig von ihrem Herkunftsland – "und da hat
Gewalt gegen Frauen keinen Platz".
Das von der Bundesregierung letzte Woche vorgelegte Sicherheitspaket bezeichnete Kurz als wichtigen Schritt zur
Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Polizei und zur wirksameren Verbrechensbekämpfung. Gerade
die Überwachung von WhatsApp und Skype solle verhindern, dass Kriminelle technische Möglichkeiten nützen,
auf die die Polizei nicht zugreifen kann, erklärte der Kanzler auf Fragen des ÖVP-Abgeordneten Wolfgang
Gerstl.
Kurz für sprachliche Frühförderung und Lückenschluss bei Kinderunterhalt
Die Maßnahme "Deutsch vor Schuleintritt" sei ein wesentlicher Schritt, dass in Zukunft ausschließlich
Kinder die Regelschule besuchen, die dem Unterricht auch folgen können, betonte Kurz FPÖ-Abgeordnetem
Wendelin Mölzer gegenüber. Je mehr man in die Frühförderung investiert, desto besser stehen
die Zukunftschancen der Kinder, ist der Bundeskanzler überzeugt. Was die Kinderunterhaltssicherung betrifft,
auf die Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) drängte, trat Kurz für eine Modernisierung und Vereinfachung
der geltenden Regelungen ein und meinte, allfällig bestehende Lücken sollten hier geschlossen werden.
Die Bundesregierung nehme die Sicherung der Familien jedenfalls sehr ernst, betonte Kurz auf Fragen des ÖVP-Mandatars
Peter Haubner, wobei er vor allem auf den jüngst akkordierten Familienbonus hinwies. Man habe aber auch bewusst
Maßnahmen gesetzt, um AlleinerzieherInnen und AlleinverdienerInnen zu entlasten, selbst wenn diese keine
Steuern bezahlen, versicherte Kurz auf Einwände von Bruno Rossmann (PILZ).
Bundeskanzler bekennt sich zu unabhängigem ORF
Zum Thema ORF, das von Thomas Drozda (SPÖ) und Wolfgang Zinggl (PILZ) zur Sprache gebracht wurde, hielt Kurz
mit Nachdruck fest, er bekenne sich zu einer freien, unabhängigen und vielfältigen Medienlandschaft mit
einem starken ORF. Der Bundeskanzler erteilte in diesem Zusammenhang jeglichem parteipolitischen Einfluss im öffentlich-rechtlichen
Sender eine klare Absage und bekräftigte, er habe ein massives Interesse an einem unabhängigen ORF, in
dem freier Journalismus gelebt werden kann.
Regierung will Digitalisierung in der Verwaltung vorantreiben
Die Digitalisierung bezeichnete Kurz ebenso wie FPÖ-Mandatar Gerhard Deimek als große Herausforderung.
Hier gelte es, die Infrastruktur bestmöglich auszubauen, um eine optimale Nutzung der neuen Technologien zu
ermöglichen. Handlungsbedarf ortet der Bundeskanzler auch im Bildungssystem, das seiner Meinung nach noch
nicht im digitalen Zeitalter ankommen ist. Entsprechende Anpassungen sollten zudem auch in den Betrieben gefördert
werden. In der Verwaltung wiederum will die Bundesregierung, so Kurz, dafür sorgen, dass die gängigsten
Behördenwege in Zukunft auch digital erledigt werden können.
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