Nationalrat debattiert über die Zahlen des Bundesrechnungsabschlusses 2017
Wien (pk) - Der Bundesrechnungsabschluss 2017 (BRA) gab dem Nationalrat am 26. September Gelegenheit,
über die Budgetentwicklung und Grundsätze der Budgetpolitik zu debattieren. Auch wenn der Bundesrechnungsabschluss
vom Nationalrat einstimmig angenommen wurde, gab es doch unterschiedliche Ansichten, was aus ihm budgetpolitisch
abzuleiten ist. Für ÖVP und FPÖ bestätigt sich vor allem, dass es nach wie vor notwendig ist,
Reformen voranzutreiben und die Staatsverschuldung und die Steuer- und Abgabenquote zu senken.
Die SPÖ sieht hingegen die guten Zahlen des BRA als Ergebnis der Maßnahmen der SPÖ-geführten
Koalitionsregierung bis 2017 und fordert weitere Investitionen in Arbeitsmarkt, Kinderbetreuung und Bildung. Für
die NEOS erfolgt die Debatte des BRA zu oberflächlich, zudem sind laut dieser Fraktion nach wie vor keine
Strukturreformen erkennbar, die eine nachhaltige Budgetsanierung ermöglichen würden. Von Seiten der Liste
Pilz wird auf eine klarere Trennung zwischen Abschlussrechnung und seiner Prüfung durch den Rechnungshof gedrängt.
Laut dem Bericht des Rechnungshofs ist 2017 die budgetäre Entwicklung nicht zuletzt aufgrund der guten Konjunktur
besser ausgefallen als ursprünglich erwartet. Das reale BIP wuchs im Jahr 2017 um 2,9%. Damit übertraf
die Konjunkturentwicklung die Prognosewerte. Das Maastricht-Defizit stand bei -0,7% des BIP (2016: -1,6 %). Dennoch
blieb das Nettoergebnis weiterhin negativ. Erträgen in Höhe von rund 77,3 Mrd. € standen letztlich Aufwendungen
von rund 79 Mrd. € gegenüber. Die Differenz betrug damit rund -1,64 Mrd. € und war damit um ca. 7,8 Mrd. €
besser als im Jahr 2016. Aufgrund des hohen nominellen Wachstums reduzierte sich der öffentliche Schuldenstand
von 83,6% 2016 auf 78,4% des BIP im Jahr 2017. Das strukturelle Defizit ging nach -0,9% im Jahr 2016 auf -0,5%
im Jahr 2017 zurück. Die Abgabenquote betrug im Vorjahr 41,9%.
ÖVP: Bundesregierung ist mit Budgetkurs auf dem richtigen Weg
Der Bundesrechnungsabschluss als Bilanz der Republik diene dazu, die richtigen Schlüsse für die Budgetpolitik
zu ziehen, konstatierte Angelika Winzig (ÖVP). Ihrer Ansicht nach ist die Bundesregierung hier auf dem richtigen
Weg. Österreich sei nicht nur eines der reichsten Länder, sondern stehe auch an der Spitze, was die Steuer-
und Abgabenquote und die Staatsschulden betrifft. Die Frage sei daher, wie die Steuereinnahmen eingesetzt werden,
um eine nachhaltige Absicherung von Wachstum und Beschäftigung zu erreichen. Wichtig sei es dabei, nachhaltige
Jobs zu schaffen, anstelle von kurzfristiger "Pseudobeschäftigung", wie sie die Aktion 20.000 nennt.
Daher nehme die Bundesregierung Strukturreformen in Angriff, um die Schuldenquote, Steuern und Abgaben zu senken
und die Wirtschaftsleistung zu stärken.
Auch Angela Baumgartner (ÖVP) sah sich durch den BRA in der Sicht bestätigt, dass Österreich eine
gute Entwicklung nimmt. Die Bundesregierung habe bereits einige wichtige Schritte zu Strukturreformen gesetzt,
etwa bei der Reform der Sozialversicherungen und mit der Arbeitszeitflexibilisierung. Die Senkung der Steuer- und
Abgabenquote bleibe aber noch immer ein wichtiges Ziel. Baumgartner erinnerte daran, dass die Landwirtschaft als
erstes vom Klimawandel betroffen ist. Sie dankte daher für das Maßnahmenpaket, mit dem die Bäuerinnen
und Bauern Hilfe bei Dürreschäden erhalten.
SPÖ: Gute Budgetzahlen 2017 sind Verdienst der SPÖ-ÖVP-Koalition
Kai Jan Krainer (SPÖ) erinnerte Abgeordnete Winzig daran, dass in der vorigen Legislaturperiode auch VertreterInnen
der ÖVP der Aktion 20.000 die volle Unterstützung zugesagt hatten. Der BRA 2017 zeige eine sehr erfolgreiche
Bilanz des Bundes. Sowohl das Defizit als auch die Steuer- und Abgabenquote seien gesunken. Die Verschuldung des
Bundes sei auch nominell gesunken, rechnete Krainer vor, das sei noch der SPÖ-ÖVP-Koalition zugute zu
halten. Für die derzeitige Regierung liege die Latte damit hoch. Er persönlich sei gegen das Schuldenmachen,
doch gebe es sehr wohl Investitionen, die sinnvollerweise über langfristige Kredite finanziert werden, etwa
Infrastrukturprojekte, die Wachstum schaffen.
Auf Risiken der mittelfristigen Haushaltsplanung, welche der Rechnungshof im BRA auflistet habe, wies Eva Maria
Holzleitner (SPÖ) hin. Sie hob dabei die angekündigte Indexierung der Familienbeihilfe hervor. Hier rechne
die Bundesregierung mit Einsparungen von 114 Mio. €, obwohl unter anderem aus EU-rechtlichen Erwägungen, fraglich
sei, ob man diese Summer erreichen könne. Zudem sei für Kinder von DiplomatInnen eine Ausnahme von der
Indexierung geplant. Das widerspreche eindeutig dem Grundsatz der Chancengleichheit für alle Kinder, empörte
sich Holzleitner.
Karin Greiner (SPÖ) sah das Verdienst für die guten Budgetzahlen ebenfalls bei der früheren, SPÖ-geführten
Bundesregierung. Diese habe mit Augenmaß darauf geachtet, wo gespart werden müsse, und wo investiert.
Österreich sei damit das einzige Land Europas, das es geschafft habe, in Zeiten der Krise die Armut zu senken.
Die Krise sei nun überwunden, das sei jedoch noch nicht am Arbeitsmarkt angekommen, beklagte sie und meinte,
die derzeitige Regierung mache nur Politik für die Reichen und spalte die Gesellschaft. Die SPÖ-Abgeordnete
forderte die Bundesregierung auf, für eine gerechte Verteilung in der Gesellschaft zu sorgen und den Aufschwung
nicht zu verspielen.
Auch Doris Margreiter (SPÖ) betonte, die derzeitige Bundesregierung habe zu den guten Zahlen für 2017
nichts beigetragen, und finde eine sehr gute Ausgangslage vor. Nun müsse sie die richtigen Investitionen vornehmen,
um für eine Phase des Abschwungs vorzusorgen, vor allem im Bereich des Arbeitsmarktes, bei der Bildung und
Kinderbetreuung. Leider sehe sie jedoch in der derzeitigen Regierungspolitik genau das Gegenteil.
Markus Vogl (SPÖ) merkte an, der BRA zeigen einen klaren Rückgang der Verschuldung, trotz der Arbeitsmarktoffensive
der vorigen Bundesregierung. Auch das Bankenpaket habe Österreich letztlich 4,7 Mrd. zusätzlich gekostet.
Grundsätzlich müsse das Berichtswesen über den Rechnungsabschluss transparent gestaltet werden.
Verständliche und verlässliche Zahlen seien wichtig, damit die Abgeordneten die Arbeit der Bundesregierung
klar beurteilen können.
FPÖ: Ära des Schuldenmachens ist zu Ende
Der Rückblick auf 2017 zeige eine Ära des Schuldenmachens, die nun zu Ende gegangen sei, betonte Erwin
Angerer (FPÖ). Die ÖsterreicherInnen hätten sich eindeutig für Reformpolitik und ein Ende des
Schuldenmachens entschieden. Die Bilanz 2017 fällt aus seiner Sicht nicht so positiv aus, wie der BRA es nahelegt.
Trotz hoher Steuereinnahmen sei nämlich das Nettoergebnis weiterhin negativ geblieben und die nächsten
Generationen erneut mit Schulden belastet worden. Ein wesentlicher budgetbelastender Faktor sei die Bankenrettung
gewesen, doch habe sich die Verwertung der Hypo Alpe-Adria recht günstig entwickelt. Angerer erinnerte dabei
daran, dass andere Banken der Republik Kosten in etwa derselben Höhe verursacht hätten, wie die Hypo
Alpe Adria. Aus seiner Sicht relativiert sich damit der so genannte Hypo-Skandal, der immer wieder als Hauptgrund
für die Belastung der Republik durch die Bankenrettung angeführt werde.
Die Budgetentwicklung sei 2017 aus verschiedenen Gründen zwar besser ausgefallen, als ursprünglich erwartet,
trotzdem habe sich das Nettovermögen des Bundes verschlechtert, hob Maximilian Linder (FPÖ) hervor. Auch
er beklagte, dass zusätzliche Schulden gemacht wurden, welche kommende Generationen belasten. Die nachhaltige
Budgetsanierung stehe daher noch aus. Die derzeitige Bundesregierung sei auf dem richtigen Weg, diese durchzuführen
und wieder Budgetspielräume zu schaffen, betonte er.
NEOS: Nachhaltige Budgetpolitik braucht Strukturreformen
Karin Doppelbauer (NEOS) zufolge wird die Debatte über den Budgetvollzug zu oberflächlich geführt.
Sie sprach sich für eine frühere Veröffentlichung der Daten und eine ausführlichere Bewertung
der Ergebnisse aus. Auch seien die Financial Audits, durch die erhoben werde, wie effektiv die Regierung gewirtschaftet
habe, noch verbesserungsbedürftig.
Der BRA zeige vor allem, dass den Rekordeinnahmen 2017 auf der einen Seite Rekordausgaben auf der anderen Seite
gegenüberstanden, wodurch sich das Negativvermögen des Bundes weiter erhöht habe. Der Gesamtschuldenstand
des Bundes betrage nun nominell rund 211 Mrd. €, stellte Doppelbauer fest. Diese und andere Zahlen des BRA müssten
zu denken geben, denn sie zeigten, dass bisher keine Regierung eine nachhaltige Haushaltspolitik betrieben habe.
Doppelbauer forderte daher eine Budgetpolitik, zu deren Grundsätzen die Tilgung von Altschulden und die Entlastung
der BürgerInnen gehören, um so Spielraum für Investitionen zu schaffen. Nur keine neuen Schulden
zu machen, wie es die FPÖ fordere, sei noch nicht genug, vielmehr seien tiefgreifende Strukturreformen notwendig.
Diese Reformen forderte auch Gerald Loacker (NEOS) ein. In der Politik der derzeitigen Bundesregierung erkenne
er aber noch keinen echten Reformwillen. Die sprudelnden Steuereinnahmen würden vielmehr weiterhin dazu benützt,
die bestehenden teuren und ineffektiven Strukturen zu finanzieren.
Liste Pilz für grundlegende Reform des Bundesrechnungsabschlusses
Die grundlegende Reform des Bundesrechnungsabschlusses und der Debatte darüber ist Bruno Rossmann (PILZ) ein
Anliegen. Ein Schönheitsfehler ist für ihn, dass der Rechnungsabschluss formal nur als Bericht des Rechnungshofs
diskutiert wird, was seine Bedeutung mindere. Der BRA müsste als Nachweis dafür dienen, wie die Regierung
gewirtschaftet hat. Die Debatte darüber sollte daher analog zur Budgetdebatte erfolgen, also in Anwesenheit
der gesamten Bundesregierung. Ein Manko ist für Rossmann auch, dass der Rechnungshof formal sowohl für
die Erstellung als auch für die Prüfung der Rechnungsabschlüsse zuständig ist. In anderen Staaten
seien diese Aufgaben klar getrennt, daran sollte sich auch Österreich orientieren. Rossmann erinnerte dabei
an die eingesetzte Arbeitsgruppe zur Reform des BRA und wollte wissen, ob diese bereits Ergebnisse vorweisen könne.
Staatssekretär Fuchs: Abkehr von Schuldenpolitik unumgänglich
Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs sieht in der Vermögensrechnung des Bundes die Notwendigkeit von Reformen
bestätigt. Seit der Aufstellung einer Vermögensrechnung 2013 habe sich das Nettovermögen immer weiter
verschlechtert. Die Bundesregierung verfolge aus diesem Grund zu Recht mit Nachdruck das Ziel eines ausgeglichenen
Bundeshaushalts. Damit soll bis 2020 das Maastricht-Defizit auf Null sinken. 2019 soll zudem erstmals seit 1954
ein Budgetüberschuss erzielt werden. Eine konsequente Budgetpolitik und damit eine Abkehr von der Schuldenpolitik
ist für Fuchs unumgänglich.
RH-Präsidentin Kraker: Erste Vorschläge zu Reform des Bundesrechnungsabschlusses liegen vor
Der Rechnungshof versuche, eine möglichst transparente Aufgliederung des BRA zu bieten, sagte Rechnungshofpräsidentin
Margit Kraker. Die Abschlussrechnungen werden von den Ressorts erstellt, der Rechnungshof überprüfe die
Plausibilität und mache Stichproben, um die Fehlerquote zu erheben, erläuterte sie. In diesem Verfahren
werde für die größtmögliche Transparenz der Prüfleistungen des Rechnungshofs gesorgt.
Der Bundeshaushalt sei überwiegend ein Transferhaushalt, auf diese Transfers müsste daher das größte
Augenmerk in der Budgetpolitik gelegt werden. Kraker mahnte zudem Budgetwahrheit ein. Absehbare Ausgaben müssten
im Budget stets auch abgebildet werden und sollten nicht nachträglich über Budgetüberschreitungsgesetze
genehmigt werden. Der gesamtstaatliche Schuldenstand liege derzeit bei rund 290 Mrd. €, informierte die Rechnungshofpräsidentin
die Abgeordneten.
Kraker sagte, die Arbeitsgruppe zur Reform des BRA könne bereits erste Ergebnisse vorweisen. Ziel sei vor
allem eine schärfere Trennung der institutionellen Rollen bei der Erstellung und der Prüfung des Rechnungsabschlusses.
Man orientiere sich hier selbstverständlich an internationalen Standards in diesem Bereich, betonte die Rechnungshofpräsidentin.
Siehe auch hier >
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