Tirol hält an allen Maßnahmen wie Blockabfertigungen und Fahrverboten fest – Deutschland
und Österreich werden gemeinsames Modell für höhere Maut am Brenner-Korridor festlegen.
Berlin/München/Wien/Innsbruck (lk) - Im Vorfeld des Gesprächs zur Transit-Belastung
am Brenner-Korridor hatte Tirols Landeshauptmann Günther Platter am 25. Juli festgehalten, dass er nur
nach Berlin reist, um über echte, kurzfristige Maßnahmen zur Entlastung der Tiroler und Bayrischen Bevölkerung
zu sprechen. Auch bei der Pressekonferenz mit Deutschlands Verkehrsminister Andreas Scheuer, Österreichs Verkehrsminister
Andreas Reichhardt und Bayerns Staatsminister Hans Reichhart blieb er hart: „Wir weichen keinen Millimeter von
unseren Notmaßnahmen ab. Egal, ob das die LKW-Blockabfertigungen, die Nachtfahrverbote, Wochenendfahrverbote,
Abfahrverbote, das Sektorale Fahrverbot oder das Euroklassen-Fahrverbot betrifft“, erklärte der Landeshauptmann
am 25. Juli zu Beginn der Pressekonferenz.
Für Platter haben Italien und Deutschland seit Jahrzehnten nur Versprechungen gemacht. Tirol und Österreich
waren die Einzigen, die sich daran gehalten haben. Mit dem Ergebnis, dass der LKW-Transit immer weiter angestiegen
ist und die Belastungsgrenze für die Bevölkerung in Tirol und Bayern endgültig erreicht und überschritten
wurde. „Tirol musste deshalb zur Selbsthilfe und Notmaßnahmen greifen – nach dem Prinzip: Mehr Verkehr bedeutet
mehr Notmaßnahmen – nur weniger Verkehr kann weniger Maßnahmen bedeuten“, so der Landeshauptmann.
10 Punkte zur kurzfristigen Entlastung der Bevölkerung
Im intensiven Dialog zwischen dem Büro von Landeshauptmann Günther Platter und dem Deutschen Verkehrsminister
Andreas Scheuer sind in den letzten Tagen zehn Punkte zur kurzfristigen Entlastung der Bevölkerung am Brenner-Korridor
vereinbart worden.
„Meine Diagnose: Deutschland bewegt sich. Wir konnten uns auf Maßnahmen einigen, die wir seit langem eingefordert
haben“, urteilt Landeshauptmann Platter. Im Kern der Einigung steht für den Landeshauptmann die langjährige
Forderung Tirols nach einer höheren LKW-Maut am gesamten Brenner-Korridor: „Deutschland bekennt sich erstmals
zu einem System, das es möglich machen wird, bei besonders belasteten Verkehrs-Räumen Aufschläge
auf die LKW-Maut zu verrechnen. Hier werden Österreich und Deutschland mit einer gemeinsamen Position in das
bereits angesetzte Treffen mit der Europäischen Union Ende August gehen. Die Europäische Kommission hat
sich hierfür bereits bereit erklärt, Südtirol und Trentino auch – mit Deutschland ist damit der
nächste Partner an Bord, um unser Ziel zu erreichen: Den Korridor von München bis Verona teurer und damit
unattraktiver zu machen. Eine lange Forderung Tirols, der sich Deutschland mit dem heutigem Tag anschließt.“
Bei den LKW-Blockabfertigungen wird Deutschland sich nun einer langen Idee Tirols (siehe Regierungsabkommen Tirol
ÖVP-Grüne 2018) anschließen und gemeinsam mit Österreich eine intelligente, automatisierte
Blockabfertigung bis München umsetzen: „Wir haben uns heute darauf verständigt, diesen Weg gemeinsam
zu gehen: Mit 1. Jänner 2020 wollen wir in enger technischer Kooperation bis München eine intelligente
und automatisierte Blockabfertigung umsetzen. Sie soll die Auswirkungen in Bayern durch eine bessere Steuerung
in Bayern reduzieren und in Tirol zum selben Effekt wie die aktuelle Blockabfertigung führen. Ich habe heute
klargestellt, dass Tirol bei den aktuellen Blockabfertigungen bleiben wird, bis dieses neue, permanente System
so funktioniert, dass sie sich erübrigt haben. In der Praxis sollen beide Systeme so lange parallel arbeiten
– einerseits die neue, automatisierte Blockabfertigung und andererseits die aktuelle Tiroler Blockabfertigung –
bis das neue System das aktuelle ersetzen kann“, so der Landeshauptmann.
Deutschland bekennt sich zudem dazu, sämtliche planungsrechtlichen und gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten
auszuschöpfen, um den Ausbau des BBT-Nordzulaufs zu beschleunigen. „Deutschland ist massiv in Verzug und es
ist zu hoffen, dass endlich etwas vorwärts geht“, urteilt der Landeshauptmann.
Zahlreiche Verbesserungen bei der rollenden Landstraße
Mit einer mehr als Verdopplung der Kapazitäten bei der rollenden Landstraße geht Österreich mit
den Österreichischen Bundesbahnen in deutliche Vorlage: Bis 1. April 2020 sollen die Kapazitäten auf
400.000 LKW pro Jahr und bis 1. Jänner 2021 auf 450.000 LKW pro Jahr erhöht werden. Deutschland hat sich
im Gegenzug dazu bekannt, die Verladeterminals München-Riem und in Regensburg kapazitativ zu erweitern und
in ihrer Anbindungseffizienz zu verbessern. Ein weiterer Terminalstandort für die Rollende Landstraße
und den kombinierten Verkehr soll in Süddeutschland gefunden werden.
Vignettenflucht Kiefersfelden bis Kufstein Süd
Eine langjährige Forderung von Tirol und Bayern prüft wiederum das österreichische Verkehrsministerium:
Gemäß Entschließung des Österreichischen Nationalrates vom 3. Juli wird das BMVIT bis 31.
Oktober einen Bericht zum Umgang mit der Vignettenflucht im grenznahen Bereich wie Kiefersfelden/Kufstein-Süd
vorlegen. „Die Bayrische und Tiroler Seite stellte heute fest, dass das Ziel eine Mautbefreiung sein soll“, ist
Landeshauptmann Platter überzeugt.
Der Landeshauptmann richtete auch zwei Forderungen an die Europäische Kommission: „Einerseits muss die Kommission
Maßnahmen setzen, um eine faire, ausgeglichene Verteilung des Transit-Verkehrs über alle Alpenübergänge
zu erreichen. Andererseits muss die Kommission alles daran setzen, um ihre eigenen Ziele des EU-Weißbuches
zu erreichen: Minus 30 Prozent Schwerverkehr auf der Straße bis 2030 und minus 50 Prozent bis 2050.“
Keine Euphorie – Deutschland an der Entlastung der Bevölkerung messen
Am Ende der Pressekonferenz hält LH Platter fest: „Verzeihen Sie mir, dass ich heute trotz dieser teilweise
großen Bewegung von Deutschland und Bayern nicht in Euphorie ausbreche: Zu oft und zu lange schon wurden
der Tiroler Bevölkerung Versprechungen gemacht.“ Tirol wird laut Platter weiterhin an seinen Maßnahmen
festhalten, bis die Effekte dieser heute in Aussicht gestellten Maßnahmen greifen und die transitbelastete
Bevölkerung entlastet wird. „Wir werden aber alle an den Taten gemessen. Ich kann erst dann sagen, dass ich
mit dem heutigen Ergebnis zufrieden bin, wenn eine echte Entlastung für die Tiroler und Bayrische Bevölkerung
spürbar ist“, so der Landeshauptmann abschließend.
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