Strategische Prüfung – Verkehr ermöglicht eine konstruktive Diskussion der Breitspurverlängerung
Wien (bmvit) - Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) hat eine Strategische
Prüfung – Verkehr, kurz SP-V, quasi eine „Strategische Umweltprüfung“, für die Verlängerung
der Breitspur von der Staatsgrenze zwischen Österreich und der Slowakei bei Kittsee bis in den Raum Wien auf
Initiative der ÖBB Infrastruktur Ende September 2019 eingeleitet.
Wie sich am 23. Oktober wieder gezeigt hat, ermöglicht der damit verbundene strukturierte Prozess eine offene
und konstruktive Diskussion dieses Vorschlags zur Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur und des Wirtschaftsstandorts
Österreich. Das BMVIT hat den im Zuge einer Pressekonferenz abgegebenen Diskussionsbeitrag
von Landesrat Ludwig Schleritzko zum Thema mit Interesse zur Kenntnis genommen, weist jedoch darauf hin, dass
eine offizielle schriftliche Stellungnahme des Landes Niederösterreich im Zuge des laufenden SP-V-Prozesses
noch ausständig ist. Wenn diese Stellungnahme eintrifft, wird sie ebenso wie alle anderen eingegangen Beiträge
eingehend geprüft und in die Gesamtabwägung miteinbezogen. Infrastrukturminister Andreas Reichhardt betont
an dieser Stelle, dass von Seiten des BMVIT vollstes Verständnis für die Sorgen der Bürger in den
Gemeinden herrscht und man bemüht ist, eine Erhöhung der allgemeinen Akzeptanz für dieses Projekt
zu erreichen.
Güter von LKW auf Schiene zu verlagern muss Priorität haben
In der Slowakei wurde bereits ein konkrete Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren für die Verlängerung
der Strecke von Košice bis zur Staatsgrenze bei Bratislava eingeleitet. „Wir müssen daher damit rechnen, dass
in nicht allzu ferner Zukunft eine systematisch einheitliche Eisenbahninfrastruktur von Ostasien bis an die Grenze
Österreichs geführt wird. Wir stehen dann vor der Frage, ob Österreich an dieser Entwicklung und
dem immensen wirtschaftlichen Nutzen teilhaben oder eine ökologische Belastung in Kauf nehmen will. Hierbei
gilt zu bedenken, dass ein Ende des Breitspurbahnverlaufs in der Slowakei für Österreich als Transitland
eine Mehrbelastung an gut 1.100 LKW bedeuten würde. Im Hinblick auf das allgemeine Ansinnen, die CO2-Belastungen
deutlich zu reduzieren, wäre es geradezu fahrlässig, sich der Option eines Anschlusses an diese, im Raum
stehende leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur von vorne herein zu verschließen.“
Wenn der Endpunkt der Strecke bei Wien läge, würden 63% der Güter mit der Schiene weitertransportiert,
37% auf der Straße. Wäre der Endpunkt in Bratislava (sog. Nullalternative), würde sich das Verhältnis
umkehren – es käme deutlich mehr Verkehr auf die Straße nämlich 29 % Schienengütertransport
stünden 71 % auf der Straße gegenüber. Dadurch wäre die Verkehrsbelastung im Ostraum Wien
bei der dieser Variante deutlich höher als wenn die Breitspur erst bei Wien endet. Das System Schiene wird
bei einem Endpunkt in Wien viel besser gestärkt.
Aktueller Planungsstand
Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie weist einmal mehr darauf hin, dass derzeit nur
die Frage im Raum steht, ob die Planungen für die gegenständliche Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur
in Gestalt der Verlängerung der Breitspur in den Raum Wien, überhaupt fortgesetzt werden soll. Ein positives
Ergebnis der jetzigen Prüfung würde lediglich bedeuten, eine Rechtsgrundlage für die Fortsetzung
der Planungen zu schaffen. Von einer Realisierungs- und Baugenehmigung des österreichischen Abschnitts ist
man noch weit entfernt.
Das Land Niederösterreich ist ebenso wie die Umweltstellen sowie die Infrastrukturgesellschaften des Bundes
weiterhin eingeladen, sich in den jetzt laufenden Beteiligungsprozess einzubringen. Aber auch die gesamte Bevölkerung
ist dazu aufgerufen, ihre Stellungnahmen zum Vorhaben einzubringen. Dazu wurde unter www.bmvit.gv.at/spv ein ausführlicher
Umweltbericht veröffentlicht, der das Vorhaben, dessen Auswirkungen sowie die Alternativen darstellt. Die
Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme besteht noch bis 12. November 2019 auf der angeführten Internetseite.
Anschließend werden alle eingegangenen Diskussionsbeiträge ausführlich bewertet und analysiert.
Sollte am Ende unter Berücksichtigung der dann vorliegenden Grundlagen eine Weiterführung der Planungen
zur Verlängerung des Breitspurnetzes empfehlenswert erscheinen, wird das Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie der Bundesregierung einen entsprechenden Vorschlag zur Ergänzung des Eisenbahnnetzes
in Form einer Hochleistungsstrecken-Verordnung unterbreiten. Erst diese trifft dann die rechtsverbindliche Entscheidung
darüber, ob die Planungen fortgesetzt und eine Trassenfindung für das Vorhaben eingeleitet werden sollen
oder nicht.
Abschließend kann Infrastrukturminister Reichhardt eine gewisse Enttäuschung über die skeptische
Haltung des Landes Niederösterreichs nicht verhehlen, ortet er doch einen potenziellen Mangel an Proportionalität,
wenn die Erweiterung des österreichischen Bundesstraßennetzes seitens Niederösterreichs laufend
vorangetrieben werde, der Konzeption wegweisender Schieneninfrastruktur aber scheinbar nicht die gleiche Priorität
eingeräumt werden solle. Dies komme im Hinblick auf die aktuelle Klima- und Umweltschutzdiskussion für
ihn doch etwas überraschend.
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