Mysterium, Communio und Missio
Amtseinführung von Alois Kothgasser
Salzburg (kath.net) - Die Agentur Kath.net dokumentiert die Predigt des neuen Salzburger Erzbischofs Alterzbischof Georg Eder bei Ansprache: "Hauptanliegen in Seelsorge: Familie, Priester und Eucharistie" - Alles tun, um 'Häuser der Anbetung' zu vermehren.

Die Predigt von Erzbischof Alois Kothgasser im Wortlaut:

Eminenzen, Exzellenzen,
hochwürdigster Herr Apostolischer Nuntius in Österreich,
liebe Brüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst,
liebe Ordenschristen und Mitglieder der apostolischen Bewegungen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Frohen Botschaft Christi und an der Linderung der Not der Menschen,
liebe politisch Verantwortliche im Staat, im Land, in den Bezirken, in den Städten und Dörfern,
liebe Mitglieder und Abordnungen der Vereine und Verbände,
liebe Kinder und Jugendliche,
liebe Verwandte und Freunde,
liebe Brüder und Schwestern alle!

Der Völkerapostel Paulus schreibt in seinem ersten Brief an die Korinther: "Als ich zu euch kam, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes zu verkünden. Denn ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten" - und Auferstandenen.

I. Wege der Herkunft
Lassen Sie mich mit ein paar Worten meine Herkunft berichten und mit dem Erzbistum Salzburg in Beziehung bringen.

1. Ich komme aus der Steiermark, dem oststeirischen Hügelland. Von meinen Eltern und Großeltern und von der lebendigen Pfarrgemeinde, die heute zahlreich gegenwärtig ist - und ich grüße sie herzlich - habe ich meinen Glauben empfangen. Diesen Glauben haben uns einst Missionare aus Salzburg übermittelt und ich hoffe, ein wenig von diesem Glauben zurückschenken zu können. Bis zur Zeit Napoleons gehörten 80% des heutigen Bundeslandes Steiermark kirchlich zur Erzdiözese Salzburg, das Bistum Seckau umfasste nur zwei Talschaften. Die kirchliche Binnengliederung hat allerdings im Laufe der Geschichte gewechselt.

2. Ich komme auch aus Rom, wo ich im Ganzen 16 Jahre studiert und doziert habe. Dort habe ich das Rom der Martyrer und das Rom der Weltkirche kennen gelernt und die Bindung an Petrus und seinen Nachfolger als selbstverständliche Grundlage und Konstante unseres Glaubens erfahren. Der Erzbischof von Salzburg war seinerzeit der "Legatus natus" des Heiligen Stuhles und darum in engster Beziehung mit dem "Servus Servorum Dei". Der Papstbesuch im Jahre 1998 hier in Salzburg hat diese Bindung bestärkt. In Rom habe ich die Internationalität und Universalität der Kirche in besonderer Weise erfahren und mit großer Dankbarkeit immer neu erlebt.

3. Ich komme aus Benediktbeuern, Oberbayern, wo ich ebenfalls 16 Jahre meinen Dienst an der dortigen Salesianerhochschule und in den verschiedenen Bildungseinrichtungen tun durfte. Es ist wohl das älteste Benediktinerkloster Oberbayerns und hat zahlreiche Verbindungen zu Salzburg. Nicht nur, dass es seit dem 8. Jahrhundert in vorderster Front der Missionierung des Voralpengebietes stand. Auch an der alten Benediktineruniversität (1623-1810) unterrichteten 6 Patres dieses Klosters, von denen P. Ägidius Jais sicher der bedeutendste war, der auch drei Jahre als Rektor der Universität Salzburg fungierte. Kardinal König hat übrigens über ihn seine Doktorarbeit geschrieben.

4. Ich komme aus Innsbruck, wo ich in den letzten fünf Jahren meinen Hirtendienst ausüben konnte. Der Einsatz war intensiv und darum der Abschied nicht leicht. Im Übrigen unterstand das Bistum Brixen seit 798 dem Erzbistum Salzburg (vorher Aquileia). Der Salzburger Erzbischof hatte aber hier nie das Ernennungsrecht der Bischöfe wie bei den Eigenbistümern Chiemsee, Seckau, Gurk und Lavant. Von 1825 bis 1920 unterstand auch das Fürstbistum Trient dem Metropolitanverband Salzburg. Nach 1920 kam die Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch zu Salzburg. Erzbischof Sigismund Waitz verwaltete von 1935 bis 1938 auch dieses Gebiet von Salzburg aus mit. Alle diese Kirchengebiete (und auch viele Abteien) sind noch heute mit dem nach ihnen benannten Gebäuden in der Stadt Salzburg bekannt. Im Chiemseehof ist sogar der Sitz der Landesregierung.

5. Ich komme aus der Gemeinschaft der Salesianer Don Boscos und bin darum geprägt von der Spiritualität des hl. Franz von Sales, einer der ausgewogensten und ganzheitlichsten Bischöfe und Kirchenlehrer im 16. Jahrhundert, den Don Bosco als Patron für seinen Dienst besonders an den jungen Menschen gewählt hatte, aufgrund seines Eifers für das Heil der Menschen und seiner Sanftmut und Güte in der Seelsorge.

II. Auftrag des II. Vatikanischen Konzils
Was mich zutiefst in meiner priesterlichen Identität geprägt hat, war das große Ereignis des Zweiten Vatikanischen Konzils unter dem Seligen Johannes XXIII. und Papst Paul VI. In der Zeit des Konzils hörte ich viele Konzilsväter und Konzilsberater mit Begeisterung über ihre Beratungen, über ihre Diskussionen und die Erstellung der Dekrete berichten. Selbst durfte ich am 7. und 8. Dezember 1965 bei den Abschlusssitzungen des Konzils im Petersdom zugegen sein. Es ist mir wie ein Auftrag und eine große Verpflichtung, den Geist des Konzils und die Aussagen seiner Dekrete, Konstitutionen und Erklärungen umzusetzen in das Heute und Morgen. Wer das Wirken des Heiligen Geistes in den großen Konzilien der Kirche nicht annimmt, der widersteht dem Heiligen Geist selber und läuft Gefahr, sich in rein menschlichen oder kirchlichen Traditionen bestimmter Zeiten zu verfestigen. Geist des Konzis heißt Erneuerung des einzelnen und Erneuerung der ecclesia semper reformanda.

Geist des Konzils heißt Gesprächsbereitschaft mit allen Menschen auf unterschiedlichsten Ebenen der Gesellschaft, der Kultur, der Konfessionen und der Religionen, der Glaubenden oder Nichtglaubenden. Für den Dialog gibt es sowohl im kirchlichen wie auch im politischen Bereich keine Alternative. Geist des Konzils heißt, die Liturgie in ganzheitlicher, bewusster, voller und aktiver Weise mitzuvollziehen, ohne eigene Weisheiten und Praktiken zum Maßstab zu nehmen, dort wo es gilt, Gott zu feiern und Gemeinschaft zu bilden. Immer neu werden drei Grundworte des Konzils zur Verwirklichung gelangen müssen: Mysterium, Communio und Missio. Das wollte ich auch im Leitwort meines bischöflichen Dienstes zum Ausdruck und zur Verwirklichung bringen: veritatem facientes in caritate - die Wahrheit, die letztlich Christus ist mit allem, was er gebracht hat, in Liebe, d.h. im Licht und in der Kraft des Heiligen Geistes, miteinander tun! Nicht nur als einzelne, sondern im Miteinander aller Charismen, Dienste und Ämter, um das eine Ziel der Sendung Christi zu verwirklichen: alle Menschen in die Gemeinschaft durch Christus im Heiligen Geist mit Gott, dem Vater zu führen.

Darum hatte auch die Bischofssynode 2001, an der ich teilnehmen durfte und die mich sehr bereichert hat, als Thema: "Der Bischof - Zeuge des Evangeliums Jesu Christi für die Hoffnung der Welt". Wenn wir kein Evangelium mehr haben für die konkrete Situation eines Menschen, dann sind wir abgewichen vom Weg und von der Nachfolge Christi. Wir Christen und Christinnen sind eben die Leute vom "neuen Weg" (Apg 9, 2). Das ist der älteste, aber auch bleibende Name für die Gemeinde Jesu Christi.

III. Berufung und Sendung in der Nachfolge Jesu
Die Berufung zum Christsein, die Nachfolge Jesu, die Übernahme seiner Sendung setzt voraus, Jesus als Lamm Gottes zu kennen und anzunehmen. Gott herrscht nicht unter dem Zeichen des Widders oder eines anderen Sternzeichens, sondern im Zeichen des Lammes. Nachfolge Jesu heißt mit einem Wort des Philosophen Heideggers "das Fragen als Frömmigkeit des Denkens" zu übernehmen. Der Inhalt der Frage an den Meister lautet zunächst nicht: Wer bist du?, sondern: Wo wohnst du? Jesus ist damit als der zweite und der eigentliche Adam ausgewiesen, denn auch im Paradiesesgarten ist die erste Frage Gottes an Adam: Wo bist du? Es ist die Frage nach dem Ort meiner geistlichen Heimat, meines Stehens im Glauben, also eine zentrale Frage der Nachfolge. Die Beheimatung geschieht im tiefsten im Geheimnis, im Mysterium. Wo der Mensch kein Geheimnis mehr hat, das ihn trägt, verliert er auch die Heimat, die ihn begleitet. Nachfolge Jesu heißt aber auch, andere zu Christus führen. Andreas sagt es seinem Bruder Simon und führt diesen zu Jesus. In der Nachfolge kann ich niemals allein bleiben. Ich bin Weg für andere, ich bin nicht Endstation der Frohbotschaft. Wir müssen darum den Weg, den die Nachfolge und die Sendung Christi beinhaltet, Arm in Arm und Hand in Hand gemeinsam gehen. Aus diesem Geist der Nachfolge und der Sendung Jesu werde ich mich bemühen, meinen Dienst den Kindern und Jugendlichen zuzuwenden in einer Zeit, in der es Familien schwer haben, in der es viel Gebrochenheit im grundlegenden Netz unserer Gesellschaft gibt. Im Geiste der Nachfolge und der Sendung Christi gilt es in Offenheit für alles Wahre, Schöne und Gute das Eine zu fördern, vor allem auch im Bereich der Kunst und der Kultur, im Bereich des Sozialen, im Bereich christlich animierter Caritas und in wahrer Solidarität mit den Menschen, vor allem den Armen. Wir können es uns nicht mehr leisten, in einer Gesellschaft die unwahrscheinlich anspruchsvoll, differenziert geworden ist, in einer Zeit, die sich ausrichtet auf globalisierende Solidarität, getrennt, im Nebeneinander oder gar im Gegeneinander Wege der Hilfestellungen zu suchen, sondern nur im Miteinander und im Füreinander von Kirche und Politik, von Mystik und konkreter Hingabe im Dienst an den Nächsten.

IV. "Salz der Erde"
Ihr, liebe Salzburgerinnen und Salzburger von der Stadt und vom Land, habt ein Wort des Evangeliums in eure Geschichte, in euer Dasein geschrieben, das zutiefst zusammenhängt mit dem, was dieses Land produziert und weitergeschenkt hat, nämlich das Salz. Und darum gilt euch in besonderer Weise das Wort Christi "Ihr seid das Salz der Erde." Seine wohltuende, würzende und erhaltende Kraft soll gerade in der Verkündigung, in der Bezeugung und in der Verwirklichung der Frohbotschaft Christi Segen sein, nicht nur für die Erzdiözese, sondern für das ganze Land.

V. Herr, gib uns Frieden
Die Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart, die wir heute zum Lobpreis Gottes und zu unser aller Freude aufnehmen oder mitvollziehen dürfen, hat im Agnus Dei eine eindringliche Bitte, die wohl aus der Zeit stammt, in der die Krönungsmesse aus Anlass der Krönung des Gnadenbildes von Maria Plain - ihr vertraue ich meinen Dienst an - besonders aktuell war, nämlich die immer sich wiederholende Bitte: "Dona nobis pacem." Ein Blick in die seit dem 11. September 2001 veränderte Welt ruft uns heute auf, diese Bitte intensiv mitzuvollziehen in einer Zeit neuer Spannungen, in einer Zeit bedrängender Bedrohungen für Völker und Länder der Erde, die auch nicht ungeschoren an uns und in unserem friedliebenden Österreich vorbeigehen können. Darum singen und beten wir an diesem Tag mit großer Eindringlichkeit: Dona nobis pacem, dona nobis pacem. Amen.


Die Ansprache von Alterzbischof Dr. Georg Eder im Wortlaut:

Meinerseits grüße ich Erzbischof Alois nochmals herzlich und heiße ihn in seiner neuen Bischofskirche willkommen. Er hat mich gebeten, einige meiner Hauptanliegen in der Seelsorge zu nennen. Ich brauche nicht nachzudenken. Sie heißen Familie - Priester - Eucharistie.

1. Familie. Der Wiederaufbau der Familie.
Die Familie befindet sich in unserer Gesellschaft in einem Zustand, der uns alle, Kirche und Staat, aufschrecken muss. Die zerbrochenen und zerbrechenden Familien schaffen eine depressive Atmosphäre, in der die Freude am Leben, am Kind, nicht mehr aufkommt. Auch die Kirche ist schwach geworden, denn sie ist auch eine Familie, in der manches brüchig geworden ist.

Wir müssen die Familie wieder aufbauen auf den Grund, den uns die Kirche gibt. "Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus" (1 Kor 3, 11). Unser Familienreferat mit Weihbischof Andreas hat schon gute Vorarbeit geleistet für die Erneuerung der Familie nach dem Vorbild der Hauskirche.

2. Die Priester. Nachwuchs und Formung für die neue Seelsorge.
Wir leben in einer Not an Priestern, die sich von Jahr zu Jahr vergrößert. Wir müssen einerseits diese Not bestehen und dürfen keinen Ersatz für den Priester schaffen. Den Gemeinden muss geholfen werden, ja , aber nicht in der Weise, dass sich schließlich der Priester erübrigt. Eine "Laienkirche", wie sie manchen vorschwebt, wäre nicht mehr die katholische Kirche. Das Priestertum Jesu Christi als Mittlerschaft zwischen Gott und den Menschen ist substantiell für die Kirche.

Darum wollte ich das Priestertum in allem fördern: die Berufungspastoral, das Priesterseminar, eine gesunde theologische Ausbildung und die Vorbereitung auf eine neue Seelsorge, die unbedingt notwendig ist. Ich wollte auch die Priester alle begleiten in der heutigen Zeit, in der die Priester fast zerrissen werden zwischen dem Gottesdienst und der Zuwendung zur Welt.

3. Die Eucharistie. Die Bewahrung der Eucharistie (und der anderen Sakramente).
Ja, die Eucharistie als Opfer der Erlösung und bleibende reale Gegenwart. Ein ökumenischer Kraftakt, der die Unterschiede ignorieren und die Kluft überspringen will, wird die Einheit nicht schaffen, wohl aber die Eucharistie verlieren. Einen größeren Verlust könnte es nicht geben - für beide Seiten. Darum habe ich alle Mühen und Leiden auf mich genommen, um dieses höchste Gut für die Priester und das ganze Volk Gottes zu bewahren. Es ist auch meine feste Überzeugung, dass gerade die Anbetung des allerheiligsten Sakramentes ein Heilmittel für unsere Zeit und Kirche darstellt. Hier fließt eine Quelle der Kraft, die längst noch nicht erschöpft ist und in Wahrheit unerschöpflich ost. Sr. Briege Mc Kenna , eine irische Ordensschwester, die vielen Priestern Exerzitien hält, sagt: "Es gibt keine stärkere Kraft als das Gebet vor dem ausgesetzten Allerheiligsten." Wir sollten alles tun, um die "Häuser der Anbetung" zu vermehren. Durch die eucharistische Anbetung wird der Glaube der Priester gestärkt, die Beter/innen erfahren großen Trost durch die tröstende Gegenwart des Herrn und manche Ungläubige erhalten hier die Gnade der Bekehrung. Wenn du, lieber Erzbischof Alois, diese meine drei Hauptanliegen zu den deinen machst, wird es mich freuen. Gott segne Deinen Eingang.

Siehe: Von der Erzdiözese Salzburg Besitz ergriffen
 
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