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Menschenrechtsausschuß diskutiert Volksgruppenfragen
Initiative für internationalen Schutz der Menschenrechte
Wien (pk) - In Anwesenheit von Staatssekretär Franz Morak stand am Freitag das Volksgruppenthema im Mittelpunkt der Debatte des Ausschusses für Menschenrechte. Der Ausschuss hatte im Dezember des Vorjahres seine Verhandlungen über den Entschließungsantrag ( 176/A[E]) der Grünen betreffend die rechtliche Umsetzung des Memorandums der Volksgruppen ebenso vertagt wie die von den Grünen beantragte grundlegende Neuordnung des Volksgruppengesetzes ( 247/A).
Die Grünen gehen von der Auffassung des VfGH aus, dass der Artikel 7 des Staatsvertrags eine Sondervorschrift zugunsten und zum Schutz sprachlicher Minderheiten ist, die sich nicht in einem bloßen Auftrag an Staatsorgane erschöpft, sondern gegebenenfalls auch eine bevorzugte Behandlung der Minderheitenangehörigen erfordere. Diese Ansicht solle daher zum Anlass genommen werden, eine grundsätzliche Bereinigung der gesetzlichen Bestimmungen herbeizuführen, um Angehörigen der autochthonen Minderheiten in ihrem Siedlungsgebiet generell ihre Rechte zu gewährleisten.

Neu in Verhandlung genommen wurde hingegen ein Antrag der Sozialdemokraten, in dem der Bundeskanzler aufgefordert wird, im Rahmen des laufenden Budgetvollzugs den Volksgruppen Sondermittel zur Verfügung zu stellen. Durch die nächsten Bundesfinanzgesetze sei für eine zusätzliche Dotierung zu sorgen und der Weiterbetrieb der Volksgruppenradios durch die erforderliche finanzielle Unterstützung sicherzustellen. ( 414/A[E])

Abgeordnete Terezija Stoisits trat in der Debatte für eine Angleichung der topographischen Regelungen an den "europäischen Standard" ein und berief sich dabei auf seit Jahren geäußerte Forderungen von Volksgruppen, die in der 25-Prozent-Regelungen "ein Problem" gesehen hätten. Durch das Erkenntnis des VfGH habe diesen Problem jetzt die Bundesregierung, sagte Stoisits, verbunden mit einer Frist bis Jahresende zur Sanierung. Der Menschenrechtsausschuss werde mit dem Problem voraussichtlich befasst werden und sollte sich darauf vorbereiten, meinte Stoisits und bedauerte, dass ihre Anregung einer Expertendiskussion im Ausschuss bei den Regierungsfraktionen auf Ablehnung gestoßen sei.

S-Abgeordneter Walter Posch übte zunächst Kritik an der Praxis, Anträge im Ausschuss so lange zu vertagen, bis sie durch Zeitablauf erledigt wären. Im Zusammenhang mit der Novellierung des Volksgruppengesetzes fragte Posch den Staatssekretär nach dem Standpunkt des Bundeskanzleramts zur geheimen Minderheitenfeststellung, zur Berücksichtigung von Ergebnissen der Volkszählung 2001, zum Territorialitätsprinzip und zu - etwa vom Kärntner Landeshauptmann vorgebrachten - Drohungen, bei der Förderung von zweisprachigen Kindergärten zu sparen.

"Es geschieht viel in diesem Bereich", führte V-Abgeordneter Matthias Ellmauer aus. Zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs und den daraus resultierenden legistischen Maßnahmen werde vom Bundeskanzler eine "Konsenskonferenz" einberufen, in die die Volksgruppen und die politischen Parteien eingebunden würden.

Der frühere Kärntner Landeshauptmann, Abgeordneter Christof Zernatto (V), wies auf eine "kontinuierlich positive Volksgruppenpolitik in Kärnten" unter Einschluss des derzeitigen Landeshauptmanns hin. Es gelte keine Diskussion darüber zu führen, dass das Erkenntnis des VfGH umgesetzt werde, sehr wohl aber, wie diese Umsetzung erfolgen sollte, zumal diese Umsetzung "hier im Haus" erfolgen werde. In Richtung S-Abgeordnetem Posch meinte Zernatto, eine Minderheitenfeststellung sei kein geeignetes Mittel; die Daten der Volkszählung wären heranzuziehen. Allgemein sei es so, dass die Volksgruppen einem Assimilierungsdruck ausgesetzt seien. Den Volksgruppen könne "ihr Recht" allerdings nicht allein auf der Basis einer Rechtsdiskussion gesichert werden; vielmehr gehe es auch darum, dass dies bei den Mitbürgern akzeptiert und "in der Tiefe verankert" sei. Zernatto brachte weiter persönliche Erfahrungen und spezifische Aspekte seines Bundeslands in die Debatte ein.

Auch Abgeordnete Lunacek wollte Genaueres über die geplante Konsenskonferenz erfahren und zeigte sich darüber hinaus an der Frage der zukünftigen Finanzierung der Volksgruppenradios interessiert.

SP-Abgeordnete Inge Jäger übte Kritik am Umgang des Kärntner Landeshauptmanns mit dem Erkenntnis des VfGH und fragte nach dem Termin der Konsenskonferenz. Beim Thema Minderheiten müsse ein mehr europäisch bestimmtes Denken Platz greifen, meinte Jäger: "Das Europa der Zukunft ist ein Europa der Vielfalt."

Es wäre sinnvoll, wenn andere Länder die österreichischen Standards in der Minderheitenpolitik übernähmen, sagte Abgeordneter Gerhard Kurzmann und meinte damit auch die slowenische Politik gegenüber der deutschsprachigen Minderheit.

Eine Lanze für Vielfalt brach schließlich Ausschuss-Vorsitzende Stoisits. Die Slowenen in Kärnten "werden nicht mehr", gab sie Zernatto recht - aber die Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht würden steigen. Es gehe nicht um ethnische Grenzen, sondern um Bilingualität und Multikulturalität, betonte Stoisits.

Ähnlich Zernatto sprach sich auch Staatssekretär Morak gegen eine Minderheitenfeststellung aus. Die Umsetzung des Erkenntnisses des VfGH werde erfolgen, betonte er und berief sich dabei auf Äußerungen des Bundeskanzlers. Das BKA sei gerade dabei, die Teilnehmer an der Konsenskonferenz zu sichten und einzuladen; eingeladen würden alle politisch und gesellschaftlich relevanten Gruppen, der Termin wird voraussichtlich nach Vorliegen der Volkszählungs-Ergebnisse sein. Zur Frage der Finanzierung der Volksgruppenradios erinnerte Morak daran, dass es um Startfinanzierung gegangen sei. Der ORF, der einen entsprechenden Auftrag habe, könne diesen auch an die Volksgruppenradios auslagern. Damit sei eine substanzielle Verbesserung erfolgt.

Abgeordneter Ellmauer stellte den Antrag auf Vertagung der drei Initiativen. Der Antrag 247/A wurde einstimmig, die Anträge 176/A(E) und 414/A(E) wurden mit Mehrheit vertagt.

Initiative für internationalen Schutz der Menschenrechte
Schließlich debattierte der Ausschuss eine Serie von acht Anträgen, die Menschenrechtsfragen in verschiedenen Zusammenhängen thematisieren: Ofner/Ellmauer ( 576/A[E]) sowie Posch (( 582/A[E]) betreffend den internationalen Schutz der Menschenrechte; Petrovic betreffend Menschenrechtssituation in Tibet ( 142/A[E]); Posch betreffend Wiederaufbauhilfe in den türkischen Bürgerkriegsgebieten ( 163/A[E]); Posch betreffend finanzielle Unterstützung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ( 336/A[E]); Lunacek betreffend betreffend die Anerkennung der Rolle indigener Völker im Bereich nachhaltiger Entwicklung ( 340/A[E]); Jäger betreffend Verfolgung und Ermordung der Prostitution beschuldigter Frauen im Irak ( 342/A[E]); Petrovic betreffend Anerkennung der Massaker an der armenischen Bevölkerung 1915-1917 im osmanischen Reich als Völkermord ( 50/A[E]). Unter einem wurden auch zwei Petitionen (Menschenrechte auch für Sudetendeutsche - 16/PET und Anerkennung der Verfolgung der Armenier 1915-1917 als Völkermord - 13/PET) debattiert.

Im Vorfeld der Sitzung war es dabei zu einem Vierparteienantrag gekommen, wonach der Nationalrat die Bundesregierung ersuchen möge, sich in Verfolgung einer aktiven Menschenrechtspolitik dafür einzusetzen, dass die VN verstärkt in die Lage versetzt werden, weltweit aktiv für die Durchsetzung der Menschenrechte zu agieren, dass den Menschenrechten im Zuge der EU-Erweiterung besondere Bedeutung beigemessen wird, dass der auf der Wiener Menschenrechtskonferenz von der Staatengemeinschaft bekräftigten Universalität, Unteilbarkeit und Interdependenz der Menschenrechte in allen Bereichen der Arbeit internationaler Organisationen Rechnung getragen wird und dass sie auf multi- wie auf bilateraler Ebene konsequent für den Schutz der Minderheiten eintritt. Weiters soll sich die Bundesregierung konsequent gegen alle Formen der Sklaverei und für die Achtung der Pressefreiheit engagieren.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) zeigte sich in der Debatte erfreut darüber, dass es gelungen sei, zum Thema internationaler Schutz der Menschenrechte einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Wenn auch manches in diesem Antrag auch deutlicher auf den Punkt gebracht hätte werden können, so ist der erzielte Kompromiss doch ein gangbarer Weg. Es gehe darum, diese Fragen auch immer wieder international zu thematisieren und da sei es gut, wenn man sich auf ein beschlossenes Dokument berufen könne.

Abgeordneter Walter Posch (S) unterstrich die Wortmeldung seiner Vorrednerin und nannte den Antrag ebenfalls einen tragbaren Kompromiss. Er verlieh aber seiner Hoffnung Ausdruck, eine solche Vorgangsweise wie die hier gewählte werde nun nicht die Regel. Abgeordneter Matthias Ellmauer (V) nannte den eingeschlagenen Weg sinnvoll, konnte so doch eine Vielzahl von Themen einer zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden. Abgeordnete Inge Jäger (S) schloss sich der allgemeinen Zustimmung an, bedauerte aber, dass dadurch eine deutlichere Positionierung unterbleibe. Es gebe noch einige Punkte in diesem Paket, wo gelegentlich ein neuer Anlauf unternommen werden sollte. Konkret sprach sich Jäger dafür aus, der MR-Ausschuss möge sich demnächst auch mit dem Integrationsvertrag befassen, gehe es hiebei doch ganz entschieden auch um Fragen der Menschenrechte.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) thematisierte sodann noch den Fall der Nigerianerin Safiya Hussaini Tungar-Tudu, der in ihrer Heimat wegen "vorehelichen Geschlechtsverkehrs" die Todesstrafe durch die Steinigung droht und ventilierte nochmals die Notwendigkeit entschlossener Intervention im Sinne der Menschenrechte in dieser Causa.

Der Vierparteienantrag wurde einstimmig angenommen, die übrigen Verhandlungsgegenstände gelten damit als miterledigt.

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