Hitzige Ausländer-Debatte im Nationalrat
Aktuelle Stunde mit Themenwahl durch die Freiheitlichen
Wien (pk) - Eine hitzige Debatte gab es heute (20. 03) am Beginn
der Sitzung des Nationalrats im Rahmen der Aktuellen Stunde, als deren Thema von der Fraktion der Freiheitlichen
"Ordnung am Arbeitsmarkt durch Missbrauchsbekämpfung und Integrationsvertrag" gewählt worden
war. Abgeordneter Ing. WESTENTHALER (F) begründete die Themenwahl damit, dass die Bundesregierung mit dem
Integrationspaket ein Konzept zur effizienten Neuordnung der Zuwanderungspolitik und zu einer besseren Ausrichtung
des Arbeitsmarktes in Österreich vorgelegt habe. Darin seien drei wesentliche Schritte enthalten, die einer
verantwortungsvollen Arbeitsmarkt- und Zuwanderungspolitik dienten: So werde erstmals die Quote für die Zuwanderung
gesenkt, erstmals ein Integrationsgesetz beschlossen und schließlich beinhalte das Paket wesentliche Maßnahmen
zur Bekämpfung des sozialen Missbrauchs durch den Integrationsvertrag und ein Gesetz zur besseren Bekämpfung
der Schwarzarbeit und durch Erhöhung der Strafe. Damit habe die Regierung ein zentrales Wahlversprechen eingelöst,
so der freiheitliche Klubobmann, und auch verwirklicht, was der ÖGB in den 90er Jahren gefordert habe.
Westenthaler unterstrich weiters, dass man endlich eine Definition der Schlüsselarbeitskraft geschafft habe,
und zwar mit den Komponenten einer hohen Qualifikation und eines bestimmten Einkommens. Was die Saisoniers betreffe,
so gehe es allein nach der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, außerdem müsse vorher geprüft werden,
ob nicht ein Österreicher für den Arbeitsplatz gefunden werden könne, bevor ein Saisonier aufgenommen
werde. Mit dem Paket sage die Regierung der gewerbsmäßigen Ausbeutung Fremder und der organisierten
Schwarzarbeit auch den Kampf an. Westenthaler verteidigte die Gesundheits-Checks, die europäischer Standard
seien, sowie die verpflichtenden Deutschkurse, und sprach sich dezidiert gegen ein Ausländerwahlrecht aus.
Der SPÖ warf er vor, eine Einwanderungspolitik voll von Irrtümern betrieben zu haben, da man auf die
Integration vergessen habe. Gusenbauer wolle billige Arbeitskräfte dauernd ins Land holen, kritisierte der
Redner, womit ein Verdrängungswettbewerb beginnen würde, den man nicht haben wolle.
Bundesminister Mag. GRASSER bekräftigte in seiner Stellungnahme, dass die Politik der Bundesregierung von
Beginn an die Vollbeschäftigung zum Ziel hatte. Auch beim Europäischen Rat in Barcelona seien kürzlich
wichtige Signale gesetzt worden, um Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum zu machen, wobei die Beschäftigung
einen hohen Stellenwert einnehme. In diesem Sinne werde die Bundesregierung über die Instrumente der Arbeitsmarktpolitik,
Bildungspolitik, Forschung und Entwicklung sowie Infrastrukturpolitik in die Menschen investieren. Arbeitsmarktpolitik
ist Zukunftspolitik, so der Minister pointiert. Dass sie bisher erfolgreich war, beweise das abgelaufene Jahr 2001,
wo man einen Beschäftigungsrekord verbuchen konnte. Im Februar lag Österreich bei der Arbeitslosenrate
mit 3,7 % lediglich hinter den Niederlanden und Luxemburg an dritter Stelle.
Grasser ging näher auf den Integrationsvertrag und die aktive Bekämpfung des Missbrauchs ein und nannte
als Motto für die Linie der Regierung: Integration vor Zuwanderung. Zur Umsetzung dieses Zieles bedürfe
es Maßnahmen, angefangen vom Spracherwerb über die Schlüsselarbeitskräfte, vom Niederlassungsrecht
in Verbindung mit dem Beschäftigungsrecht bis hin zur Bekämpfung des sozialen Missbrauchs. Schwarzarbeit
dürfe kein Kavaliersdelikt mehr sein, sagte Grasser, weshalb er froh darüber sei, dass man die Zahl der
Kontrollorgane verdreifachen und die Kontrolle selbst in seinem Ressort bündeln werde. Dies liege sowohl
im Interesse der MitarbeiterInnen als auch der Unternehmen, denen man einen fairen Wettbewerb sichern wolle.
Der positiven Darstellung seiner Vorredner widersprach Abgeordneter NÜRNBERGER (S) heftig. Diese Regierung
bekämpfe Arbeitslose und nicht die Arbeitslosigkeit, stellte er mit Nachdruck fest. Unterstützungen für
Arbeitslose würden gekürzt, Unternehmungen sollen unter dem Titel der Senkung von Lohnnebenkosten entlastet
werden, indem man ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung reduziert, kritisierte Nürnberger. Während
im Jahr 1998 das reale Wirtschaftswachstum noch 3 % betragen habe, liege dieses nun bei 1 %. Die FP-VP-Ordnungspolitik
sei daher durch geringes Wirtschaftswachstum, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Steuerbelastung, weniger Arbeitsplätze
und Schlusslichtposition in Europa gekennzeichnet. Ein effizientes Schwarzarbeitsgesetz werde von der Regierung
im Ausschuss blockiert, die nun präsentierten Vorschläge der Regierung richteten sich nur gegen die illegalen
Beschäftigten, nicht aber gegen die Schwarzbeschäftiger, wetterte der Abgeordnete in Richtung Koalitionsparteien.
Dem stellte er die Vorschläge der SPÖ gegenüber: sofortige Anmeldung bei der Sozialversicherung
bei Arbeitsantritt; Behörden mit umfassenden Kompetenzen, welche die Kontroll- und Straftätigkeit übernehmen;
Festlegung des Straftatbestandes Sozialbetrug; Ahndung im Strafrecht und Erhöhung der Strafsätze.
Abgeordneter KISS (V) konterte, dass die SPÖ das Alte und Vergangene verkörpere, die Regierung hingegen
das Moderne und Zukünftige. Bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit wolle die SPÖ lediglich gegen die
Häuslbauer und die Nachbarschaftshilfe vorgehen, was die SPÖ unter aktiver Beschäftigungspolitik
verstehe, habe sie mit Euroteam bewiesen. Mit der Integrationsvereinbarung beabsichtige die Regierung, Brücken
zu bauen, zwischen denen, die kommen, und denen, die in Österreich leben. Man wolle in den Köpfen und
Herzen die Mauern niederreißen, bekräftigte Kiss. Die Sprache als Schlüssel zum Mitmenschen sei
ein wesentliches Rüstzeug für die Integration, weshalb auch er die geplanten Deutschkurse für AusländerInnen
verteidigte. Wer dazu nein sage, wer integrationsunwillig sei, der habe eben mit Sanktionen bis hin zur Abschiebung
zu rechnen.
Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (F) beschuldigte die Opposition, mit falschen Zahlen und Unwahrheiten zu argumentieren.
Die derzeitigen hohen Arbeitslosenraten seien auch auf den ungeheuren Verdrängungswettbewerb aufgrund der
von der SPÖ betriebenen unkontrollierten Einwanderungspolitik zurückzuführen, meinte die FP-Politikerin.
Auch sie hob die Wichtigkeit von Sprachkenntnissen für die Integration hervor und unterstützte das diesbezügliche
Vorhaben der Regierung, da nur sehr wenig AusländerInnen freiwillig Kurse besuchten. Offensichtlich müsse
ein gewisser Druck ausgeübt werden, damit Integrationsangebote auch angenommen werden, so die Abgeordnete.
Integration gehe vor Neuzuwanderung und Österreich sei kein Einwanderungsland. Aber auch die Einwanderungsländer
wie die USA stellten gewisse Kriterien auf, sagte Partik-Pable, und diese Bundesregierung wolle eine verantwortungsvolle
Politik im Interesse von In- und AusländerInnen.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) hielt fest, dass Österreich ein Einwanderungsland sei, wofür auch die hohen
Zahlen der Einbürgerungen im Vorjahr sprächen. Österreich müsse aber auch ein Einwanderungsland
bleiben, um den sozialen und wirtschaftlichen Standard nachhaltig zu sichern. Es sei eine bedauerliche Tatsache,
dass die Bevölkerung schrumpfe, daher müsse man kontrolliert und gesteuert Zuwanderer ins Land holen,
um die Pensionen nicht zu gefährden. Stoisits übte scharfe Kritik am Integrationspaket, in dem sie eine
Zuwanderungspolitik durch die Hintertür vermutet, und das auf die Rechtlosigkeit und Ausbeutung von Billigarbeitskräften
abziele. Dieses Integrationspaket habe mit Integration nichts zu tun, es hole lediglich Fremde befristet ins Land
und provoziere soziale Spannungen. Stoisits befürchtet, dass dadurch ein modernes Sklaventum geschaffen werde
und neue Massenquartiere für rechtlose ArbeitnehmerInnen entstehen.
Dem schloss sich Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) an, die dieses "Strasser-Bartenstein-Konzept" als großangelegtes
Programm bezeichnete, billige Arbeitskräfte unter unfairen Bedingungen ins Land zu holen. Kuntzl befürchtet
einen enormen Lohndruck und ein hohes Ansteigen der Saisoniers. Die immer wieder genannten 8.000 Saisoniers nannte
sie eine "Schmäh-Grenze", an die niemand glaube. Die Rednerin hielt auch die Definition für
Schlüsselarbeitskräfte für falsch, da der Verdienst nichts über Qualifikation aussage. So würde
beispielsweise Pflegepersonal in Zukunft fehlen, obwohl man es dringend brauche, weil diese ArbeitnehmerInnen keinen
entsprechenden Verdienst vorweisen können. Kuntzl bezweifelte auch, dass Sprachkurse in ausreichender Zahl
zur Verfügung stehen werden, und sieht in dem ganzen Paket einen großen Schaden für das Land.
Bundesminister Dr. BARTENSTEIN wies die Beispiele der beiden Vorrednerinnen als absurd zurück und stellte
fest, dass man Wirtschaftssaisoniers lediglich befristet mit einer einmaligen Verlängerungsmöglichkeit
ins Land holen werde. Jeder Beschäftigung eines Saisoniers ginge ein Arbeitsmarktverfahren voraus, bei dem
die Sozialpartner, also auch ÖGB und AK, zu prüfen hätten, ob ÖsterreicherInnen für den
Arbeitsplatz vorhanden seien, und kein Lohndumping betrieben werde. Der Aufstockung der Saisoniers im letzten Winter
hätten ÖGB und AK ebenfalls zugestimmt, weshalb die SPÖ in dieser Frage keine Kindesweglegung betreiben
solle, meinte Bartenstein. Diese Bundesregierung habe Arbeitsplätze geschaffen, bekräftigte er, und zwar
im Jahr 2000 zusätzlich 27.000, im Jahr 2001 zusätzliche 17.000.
Abgeordnete Dr. FEKTER (V) wies seitens ihrer Fraktion darauf hin, dass man das Ausländerbeschäftigungsrecht
mit dem Fremdenrecht harmonisieren und den Missbrauch verhindern wolle. Diese Bundesregierung schaffe Beschäftigung
und nicht Arbeitslosigkeit. Die Rednerin sprach sich gegen "Sozialromantik" aus und unterstrich, dass
es fairer sei, klar zu sagen, es handle sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis. Im Gegensatz dazu wolle
die SPÖ die Grenzen öffnen, die Menschen jedoch nicht arbeiten lassen, was die Integration stark behindere.
Fekter griff auch Abgeordneten Gusenbauer heftig an, der in einem Interview gefordert hatte, Billigarbeitskräfte
auf Dauer ins Land zu holen. Damit würden die Menschen in eine Armutsfalle und in die Arbeitslosigkeit gelockt.
Man gaukle ihnen Sicherheit vor, die man ihnen nicht bieten könne, so Fekter abschließend.
Abgeordneter Mag. MAINONI (F) forderte klare Richtlinien für die Ausländerbeschäftigung und meinte,
der Integrationsvertrag sei zum Wohle Österreichs und zum Wohle jener Ausländer, die in Österreich
leben und arbeiten und sich hier auch integrieren wollen. Es stelle keinerlei unmenschliche Schikane dar, von den
Einwanderern zu verlangen, sich innerhalb einer bestimmten Zeit Sprachkenntnisse anzueignen.
Abgeordnete Dr. LICHTENBERGER (G) stellte dem gegenüber fest, die Koalition bekämpfe nicht Schwarzarbeit,
sondern Menschen. Die Maßnahmen treffen ihrer Einschätzung nach die schwächsten Glieder in der
Kette, nicht aber jene Unternehmen, die Schwarzarbeiter beschäftigen.
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