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Grünes Licht der EU-Kommission für Kooperation von Austrian Airlines und Lufthansa
Brüssel (eu-comm, 05. 07.) - Die Europäische Kommission hat der Zusammenarbeit zwischen Lufthansa und Austrian Airlines zugestimmt, nachdem die beiden Luftfahrtunternehmen ihre ursprünglichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt hatten, dass durch das Abkommen den Verbrauchern die Wahl zwischen verschiedenen Fluggesellschaften im Verkehr zwischen Deutschland und Österreich genommen würde.
Um ein Quasi-Monopol im Flugverkehr zwischen diesen beiden Ländern zu verhindern, haben die beteiligten Unternehmen angeboten bis zu 40 Prozent der Flughafen slots, die sie für Flüge auf allen bilateralen Strecken, wie zum Beispiel Wien Berlin, Wien Frankfurt und Wien - Stuttgart benutzen, neuen Wettbewerbern zur Verfügung zu stellen. Lufthansa und Austrian Airlines haben ebenfalls zugestimmt auf Strecken, auf denen sie keinem Wettbewerb ausgesetzt sein werden, die Preise im selben Umfang zu senken, wie auf Strecken auf denen neue Wettbewerber zutreten. Das Kooperationsabkommen ist rückwirkend ab dem 10. Dezember 1999, dem Zeitpunkt der Anmeldung, bis zum 31. Dezember 2005 freigestellt worden.

"Es erfüllt mich mit ganz besonderer Genugtuung, dass eine Reihe von Fluggesellschaften Interesse an der Aufnahme von Flügen zwischen Österreich und Deutschland bekundet haben und dass zwei von ihnen bereits auf den Strecken Wien-Frankfurt und Wien-Stuttgart operieren. Ohne Zutun der Kommission wäre hier sonst ein den Verbraucherinteressen abträgliches Monopol entstanden" stellte EU - Kommissar Monti fest.

Im Dezember 1999 hatten die Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs AG (AuA) und die Deutsche Lufthansa AG (LH) bei der Kommission eine Kooperationsvereinbarung angemeldet, um nach dem EU-Wettbewerbsrecht eine Freistellung vom Kartellverbot zu erwirken. So haben die beiden Unternehmen unter anderem vereinbart, ihre Preise und Zeitpläne für sämtliche Flüge weltweit aufeinander abzustimmen.

Nach sorgfältiger Prüfung ließ die Kommission im Mai 2001 die Unternehmen in einer förmlichen Mitteilung von Beschwerdepunkten wissen, dass sie die Vereinbarung in der angemeldeten Form nicht vom Kartellverbot freistellen kann. Denn dadurch würde der Wettbewerb auf praktisch allen Flugstrecken zwischen Österreich und Deutschland ausgeschaltet mit der Folge, dass Flugreisende nicht mehr unter verschiedenen Anbietern wählen können und die Flugscheinpreise voraussichtlich steigen.

 
Neue Anbieter im Markt
Im Anschluss an diesen warnenden Hinweis boten AuA und LH ein umfangreiches Paket von Abhilfemaßnahmen an, um den Wettbewerb auf den fraglichen Strecken zu fördern und auszuschließen, dass ihre marktbeherrschende Stellung den Verbrauchern zum Nachteil gereicht.

Denn trotz der Liberalisierung des Luftverkehrs in der EU verhindern hohe Marktzutrittsschranken (u.a. bedingt durch den Mangel an verfügbaren Slots auf großen Flughäfen, das breite Flugangebot von AuA und LH sowie die Zusammenlegung von deren Vielfliegerprogrammen), dass neue Anbieter den Einstieg in diesen Markt wagen. Für außerhalb der EU ansässige Fluggesellschaften ist der Markteintritt wegen zusätzlicher rechtlicher Hindernisse noch schwieriger.

Dank der Verpflichtungszusagen der an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen haben schließlich mehrere Konkurrenten der Kommission gegenüber ein ernsthaftes Interesse an der Aufnahme von Flügen auf wichtigen Strecken zwischen Österreich und Deutschland bekundet. Seit 2001 bietet die slovenische Adria Airways täglich zwei Flugverbindungen auf der Strecke Wien-Frankfurt an, und Air Alps befliegt einmal täglich die Route Wien-Stuttgart, nachdem Lufthansa und AuA auf freiwilliger Basis die Verpflichtungszusagen schon vor der abschließenden Entscheidung der Kommission umgesetzt haben. Zwei weitere Fluggesellschaften aus mittel- und osteuropäischen Ländern haben ebenfalls starkes Interesse an der Aufnahme von Flügen auf zwei anderen Hauptstrecken zwischen den beiden Ländern gezeigt. Nach Bekanntgabe der Verpflichtungszusagen am 14. Dezember 2001 schließlich wurde eine neue österreichische Fluggesellschaft - Styrian Airways - gegründet, die den Flugbetrieb im Herbst 2002 auf mehreren zusätzlichen Routen aufnehmen soll.

Die zugesagten Verpflichtungen
Um den Wettbewerb im Flugverkehr zwischen Deutschland und Österreich zu fördern, überlassen AuA und LH bis zu 40 % ihrer Slots für jede beliebige Städteverbindung konkurrierenden Anbietern, die Flüge auf diesen Strecken anbieten wollen und die im Rahmen des normalen Zuweisungsverfahrens keine Slots erhalten würden.

Jedes Mal wenn sie einen veröffentlichten Tarif für eine Flugstrecke senken, auf der sie mit einem neuen Anbieter konkurrieren, nehmen AuA und LH die gleiche prozentuale Preissenkung auch bei den Tarifen für drei andere deutsch-österreichische Städteverbindungen vor, auf denen sie konkurrenzlos fliegen. Damit soll gewährleistet werden, dass auch Flugreisende auf Routen, auf denen das Gespann AuA/LH eine Monopolstellung inne hat, vom Wettbewerb profitieren können.

Weiterhin lassen AuA und LH neue Anbieter im Markt an ihren Vielfliegerprogrammen teilnehmen, sofern sie über kein eigenes Programm verfügen und an der Teilnahme interessiert sind. Weitere Verpflichtungen betreffen z.B. das Interlining-Angebot - also die Möglichkeit für Passagiere, ihre Reise mit einem einzigen Flugschein mit mehr als einer Gesellschaft durchführen zu können - und den Abschluss spezieller Prorating-Vereinbarungen wie sie mit anderen Allianzgesellschaften geschlossen werden. Um sicherzustellen, dass neue Anbieter nicht gleich nach Aufnahme des Flugbetriebs wieder aus dem Markt gedrängt werden, frieren AuA und LH die Zahl ihrer Flugverbindungen während einer Anlaufphase von zwei Jahren ein.

Außerdem schließen AuA und LH vor allem mit Eisenbahnunternehmen Vereinbarungen über den kombinierten Verkehr, damit die Verbraucher in den Genuss einer größeren Auswahl an Reisemöglichkeiten und besserer Verkehrsleistungen gelangen.

 
Hintergrundinformationen
Im Dezember 1999 meldeten AuA und LH bei der Kommission eine Kooperationsvereinbarung an und beantragten dafür nach dem EU-Wettbewerbsrecht eine Freistellung vom Kartellverbot. Für AuA bedeutet die Vereinbarung den Beitritt zur Flugallianz "Star".

Die Flugnetz-Abmachung betrifft die Bereiche Personenbeförderung, Unterhalt, Flughafeneinrichtungen und Bodenabfertigung. Die beteiligten Unternehmen haben vereinbart, ihre Preise und Zeitpläne für sämtliche Flüge weltweit aufeinander abzustimmen. Die Vereinbarung über die weltweite Zusammenarbeit sieht ferner die gegenseitige Anrechnung von Meilen aus den jeweiligen Vielfliegerprogrammen, die Durchführung von Flügen unter einer gemeinsamen Flugnummer (Code-Sharing) und die Zusammenlegung von EDV-Programmen vor. Die Integration im bilateralen Flugverkehr zwischen Österreich und Deutschland geht mit der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens unter Aufteilung der entstehenden Gewinne und Verluste noch weiter.

Im Verlauf des wettbewerbsrechtlichen Prüfverfahrens gingen bei der Kommission zahlreiche Beschwerden von Privatpersonen und Unternehmen ein, die ihre Sorge über die besonders hohen Tarife für Flüge zwischen den beiden Ländern zum Ausdruck brachten. So beklagten Vertreter der österreichischen Tourismusbranche die negativen Folgen der hohen Flugpreise für die Hauptstadt Wien.

Am 14. Dezember 2001 veröffentlichte die Kommission eine ausführliche Beschreibung der von AuA und LH eingegangenen Verpflichtungen. Daraufhin gingen bei ihr Stellungnahmen der IATA, des österreichischen Hotelverbands und der neu gegründeten Fluggesellschaft Styrian Airways ein. Die Kommission hat alle diese Kommentare in ihrer abschließenden Entscheidung berücksichtigt.

Am 27. Mai 2002 stimmte die Mehrheit des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen auf dem Gebiet des Luftverkehrs der Ansicht der Kommission zu, dass die von den beteiligten Unternehmen vorgeschlagenen Abhilfemaßnahmen ausreichen, um die Vereinbarung für die Dauer von sechs Jahren ab dem Zeitpunkt der Anmeldung vom Kartellverbot freizustellen.