Grüner Bericht zur Lage der Landwirtschaft im Jahr 2000
Umfassende Dokumentation über den Agrarsektor in Österreich
Wien (pk) - Vor kurzem wurde dem Nationalrat der 42. Grüne Bericht,
der auf 368 Seiten umfassend Auskunft über die Lage der heimischen Landwirtschaft im Jahr 2000 gibt, vorgelegt
( III-118 d.B.).
Im Vorwort bezeichnet Minister Wilhelm Molterer den Bericht, der im Internet unter www.gruener-bericht.at nachzulesen
ist, als ein informatives agrarpolitisches Dokument: "Er zeigt einerseits die geglückte Integration der
heimischen Agrar- und Ernährungswirtschaft in den Europäischen Binnenmarkt auf; andererseits werden die
schwierige Einkommenssituation der bäuerlichen Familien, die Veränderungen im Außenhandel und in
der Agrarstruktur sowie die vielfältigen Leistungen der Land- und Forstwirtschaft für Wirtschaft und
Gesellschaft dokumentiert". Als gegen Ende des Jahres 2000 die ersten BSE-Fälle in Deutschland festgestellt
wurden, setzte eine heftige Diskussion über die ökologische Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik
ein. Bei der im Herbst 2001 beginnenden intensiven Phase der WTO-Verhandlungen stehe das Europäische Agrarsystem
auf dem Prüfstand; der Rahmen für den Agrarhandel werde dann neu gestaltet, resümiert Molterer.
Wichtige Daten zur Agratstruktur in Österreich
Laut Agrarstrukturerhebung 1999 wurden in Österreich 217.508 Betriebe bewirtschaftet. In der Land-
und Forstwirtschaft sind laut Schätzungen des WIFO 140.700 Arbeitskräfte beschäftigt. Trotz des
voranschreitenden Strukturwandels ist die Land- und Forstwirtschaft nach wie vor kleinstrukturiert. Rund 90.000
Betriebe (41 %) bewirtschaften weniger als 10 ha Kulturfläche (Landwirtschaftliche Nutzfläche und Wald).
Über 85.000 Betriebe (39 %) weisen eine Erschwerniszone auf.
Auf der Gesamtfläche Österreich hat die Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) einen Anteil von
41 %, der Wald 46 % und sonstige Flächen (Gewässer-, Bau-, Verkehrs- und Bahnflächen) rund 13 %.
Österreich hat, bezogen auf die Landesfläche, innerhalb der EU mit 70 % den höchsten Anteil an Berggebieten.
52 % der Betriebe und 57 % der LN liegen im Berggebiet. Betrachtet man das gesamte benachteiligte Gebiet sind das
70 % der Betriebe und 69 % der LN. Die Landwirtschaftliche Nutzfläche umfasst etwa 3,4 Mio. ha, die sich wie
folgt unterteilt: 41 % Ackerfläche, 27 % Wirtschaftsgrünland, 30 % extensives Grünland, 2 % sonstige
Kulturarten.
In Österreich werden rund 2,1 Mio. Rinder gehalten, davon 874.000 Kühe. Der Schweinebestand beträgt
3,4 Mio. Stück. Der Bestand an Schafen macht 340.000 Stück aus.
Agragproduktion und Märkte 2000
Das Jahr 2000 war durch eine mehrmonatige Frühsommer-Trockenperiode gekennzeichnet, die bei vielen
Ackerkulturen, aber auch bei Grünland und anderen Produkten Ertragseinbußen bedingte. Die Gesamtanbaufläche
bei Getreide (rd. 830.000 ha) wurde ausgeweitet. Die österreichische Getreideproduktion 2000 betrug 4,5 Mio.
Tonnen. Der Anbau von Ölfrüchten (89.000 ha) sank gegenüber dem Vorjahr deutlich, ebenso der Anbau
von Eiweißpflanzen (44.000). Sowohl beim Zuckerrüben- als auch beim Kartoffelanbau gab es Ertragsabnahmen.
Im Gemüseanbau (13.000 ha) fielen durchwegs niedrigere Erträge an. Die Weinernte war mit 2,3 Mio. hl
unterdurchschnittlich, die Qualität jedoch sehr gut. Die Obsternte (extensiv und intensiv) ging gegenüber
1999 leicht zurück.
In den Berggebieten ist fast nur Grünlandnutzung möglich, wobei auch die Almen - vor allem in den
westlichen Bundesländern - einen wichtigen Beitrag zur Futtergrundlage bilden. Die Silomaisfläche (74.000
ha) wurde beträchtlich reduziert.
Die tierische Veredelungsproduktion (Rinder, Milch, Schweine u.a.) spielt eine bedeutende Rolle für die
österreichische Landwirtschaft. Der Rindermarkt war bis Oktober zufriedenstellend, danach gab es durch die
BSE-Krise einen starken Verbrauchsrückgang und damit eine äußerst negative Marktsituation. 2000
betrug die Milchlieferleistung 2,7 Mio. Tonnen (+ 4,8 %). Der Erzeugermilchpreis blieb fast gleich. Auf dem Schweinesektor
hielt die Belebung des Markes weiter an, die Schlachtschweinepreise stiegen kräftig. Die Konzentration ist
im Vergleich zu einigen westeuropäischen Ländern noch gering, verstärkt sich aber. Bei der österreichischen
Geflügel- und Eierproduktion zeigt sich dagegen bereits ein höherer Anteil von Betrieben mit großen
Tierbeständen. Bei den Masthühnern und Eiern trat eine Stabilisierung der Marktlage ein. Die Pferdezahl
steigt seit einigen Jahren wieder an, was vor allem durch den Einsatz im Freizeitsport bedingt ist. Die Schafhaltung
hat besonders in extremen Bergregionen Bedeutung. Sonstige Produktionen (z.B. Damtiere, Fische, Bienen) können
einzelbetrieblich gute Einkommenschancen bieten.
Mit 47 % Anteil an der Staatsfläche leistet der Wald in Österreich einen wesentlichen Beitrag zu den
bäuerlichen Einkommen (171.000 Forstbetriebe) und auch einen beachtlichen Beitrag zur Beschäftigung.
Der Einschlag (13,3 Mio. efm) wurde erheblich zurückgenommen. Die Holzpreise gingen großteils spürbar
zurück.
Biologischer Landbau: leichter Rückgang feststellbar
In Europa gibt es derzeit sechs Länder, in denen die biologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche
Nutzfläche mehr als 5 % umfasst. Spitzenreiter ist Österreich mit 8,5 %, gefolgt von Schweden, der Schweiz,
Italien, Finnland und Dänemark. Die Zahl der geförderten Biobetriebe ist im Jahr 2000 von 19.733 auf
18.433 zurückgegangen. Insgesamt 17.600 Betriebe nehmen im Rahmen des ÖPUL an der Maßnahme Biologische
Wirtschaftsweise teil. Die geförderte Gesamtfläche macht rund 250.000 ha aus (ca. 10 % der Fläche),
wovon 60.000 ha Bio-Ackerfläche sind. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bei einzelnen Produktgruppen
und damit die Preisgestaltung ist sehr unterschiedlich. Probleme gibt es etwa bei der Vermarktung von Rindern und
Milch, wo beträchtliche Mengen nach wie vor konventionell vermarktet werden (bei Milch 30 - 40 % und bei Rindern
60 - 70 % der Gesamtproduktion).
Die krisenhaften Entwicklungen der europäischen Landwirtschaft in jüngster Zeit verdeutlichen, dass
die fortschreitende Industrialisierung und Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion an ökonomische,
ökologische, soziale und moralische Grenzen stößt. Die Förderung der Biolandwirtschaft ist
daher ein vorrangiges Ziel des Ressorts, heißt es im Bericht. Aus diesem Grund wurde ein Aktionsprogramm
des BMLFUW für die Jahre 2001 und 2002 ins Leben gerufen, das Schwerpunkte in den Bereichen Förderung,
Beratung, Bildung, Forschung, Vermarktung sowie in der Öffentlichkeitsarbeit setzt.
Die Gesamtwirtschaft und der Agrarsektor in Österreich
Die Agrareinkommen sind im Jahr 2000 - erstmals seit 1995 - wieder gestiegen (+ 1,6 %). Die Endproduktion
der Landwirtschaft erreichte 62,9 Mrd. S (+ 0,4 %; davon die Landwirtschaft 50,3 Mrd. S und die Forstwirtschaft
12,6 Mrd. S). Während die Erträge im Pflanzenbau insbesondere wegen der Dürre zurückgingen
(- 6,1 %), ist der Rohertrag aus der Tierhaltung um + 8,1 % gestiegen. Dieser Zuwachs ist vor allem der Erholung
des Schweinemarktes zuzuschreiben. Die Direktzahlungen sind laut WIFO gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Mrd. S
auf 17,8 Mrd. S gestiegen. Der Anteil der Land- und Forstwirtschaft am BIP sank auf 1,3 %. Insgesamt waren im Agrarsektor
laut WIFO im Jahr 2000 140.700 Personen hauptberuflich beschäftigt. Die Agrarquote liegt bei 4,0 %.
Beim Agrarhandel nahmen 2000 neuerlich sowohl die Exporte (15,6 %) als auch die Importe (14,7 %) gegenüber
1999 zu. Die Ausfuhren von Waren aus dem Agrarsektor machten fast 47 Mrd. S aus, wobei allein auf die Versendungen
in die EU über zwei Drittel entfielen. Die Agrareinfuhren beliefen sich auf fast 61 Mrd. S, drei Viertel davon
kommen aus EU-Ländern. Die agrarische Handelsbilanz verringerte sich auf 14 Mrd. S.
Der österreichische Tourismus konnte im Jahr 2000 einen geringen Nächtigungszuwachs von 0,8 % verbuchen
(1999: +1,4 %). Die Zahl der Nächtigungen betrug 113,7 Mio. Bei den Nächtigungen auf Bauernhöfen
kam es insbesondere bei der Kategorie Ferienwohnungen zu einer Zunahme von + 7,4 %. Die Nächtigungen in der
Kategorie "Privat am Bauernhof" (bis 10 Betten, ohne Ferienwohnungen) sind hingegen um 3,8 % zurückgegangen.
Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft
Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 2000 betrugen im Bundesmittel 273.148 S (+7,2 %) je Betrieb
und 171.535 S je Familienarbeitskraft (+ 10,2%). Der Einkommensanstieg war einerseits durch die gestiegenen Erträge
aus der Schweinehaltung und die Erhöhung des Vorsteuerpauschales von 10 auf 12 % sowie durch die im Rahmen
der Agenda 2000 erhöhten Flächenprämien und Tierprämien bedingt. Geschmälert wurde die
Einkommensentwicklung durch die Ertragsrückgänge im Feldbau in Folge von Trockenheit und die niedrigen
Erlöse aus der Forstwirtschaft. Der Unternehmensertrag hat sich gegenüber 1999 um 3,5 % erhöht.
Auch der Aufwand ist insbesondere wegen der höheren Kosten für Futtermittel und Treibstoffe um 3,1 %
gestiegen. Nach Betriebsformen erzielten im Jahr 2000 die Veredelungsbetriebe bedingt durch die Erholung des Schweinemarktes
die größten Zuwächse (+ 73 %). Überdurchschnittliche Ergebnisverbesserungen erreichten die
landwirtschaftlichen Gemischtbetriebe (+ 13 %), bei den übrigen Betriebsformen lagen die Einkommenszuwächse
bei 5 bis 8 %. In etwa auf das Ergebnis des Vorjahres kamen die Marktfruchtbetriebe (- 1 %) und die Dauerkulturbetriebe
(+ 1 %). Die Zahl der Familienarbeitskräfte je Betrieb hat um weitere 2,5 % auf 1,59 FAK abgenommen. Die öffentlichen
Gelder je Betrieb stiegen um 6 % auf 175.459, das waren im Bundesdurchschnitt 19 % vom Unternehmensertrag.
Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft bei den Bergbauernbetrieben (je FAK) waren im Jahr 2000
um 4 % höher und erreichten 151.945 S, wobei Einkommenszuwächse von je 8 % in den Zonen 2 und 3 einem
eher stagnierenden bzw. verminderten Einkommen in den Zonen 1 und Zone 4 gegenüberstand. Der Unternehmensertrag
lag um 3 % und der Unternehmensaufwand um 4 % über dem Vorjahreswert. Knapp vier Fünftel davon wurden
durch die unmittelbare land- und forstwirtschaftliche Produktion sowie durch Dienstleistungen erbracht; über
ein Fünftel kam aus öffentlichen Geldern (u.a. 9 % ÖPUL). Der Einkommensabstand zum Bundesmittel
betrug 11 % und zu den Nicht-Bergbauern 20 %.
Förderungen für die Land-, Forst- und Wasserwirtschaft
Die von der EU, dem Bund und den Ländern gemeinsam finanzierten Förderungen und Leistungsabgeltungen
bilden einen wesentlichen Bestandteil des bäuerlichen
Einkommens und tragen zur Erhaltung einer flächendeckenden Landwirtschaft bei.
Im Jahr 2000 wurden 28 Mrd. S an EU-, Bundes- und Landesmitteln für den Agrarsektor aufgewendet. Der größte
Anteil der Finanzierung des Agrarbudgets wird von der EU (15,2 Mrd. S) getragen; national wurden die Mittel für
die meisten Förderungen im Verhältnis 60:40 zwischen Bund (6,6 Mrd. S) und Ländern (6,2 Mrd. S)
aufgebracht. Das Agrarbudget 2000 ist insbesondere durch die Umsetzung der ersten Reformschritte im Rahmen der
Agenda 2000 gekennzeichnet. Gegenüber 1999 sind die Ausgaben für die Land- und Forstwirtschaft um 1,4
Mrd. S oder 5 % gestiegen. Die Ursachen für die diesen Anstieg waren die höheren tier- und flächenbezogenen
Direktzahlungen, die höheren Aufwendungen bei der Investitionsförderung sowie die Ausfinanzierung der
Maßnahmen im Ziel-5b-Gebiet und den Sektorplänen aus der Förderperiode 1995 bis 1999.
Mehr als 80 % des Agrarbudgets entfallen auf drei Ausgabenblöcke: die von der EU zu 100 % finanzierten
Ausgleichszahlungen und Prämien laut GAP (7,1 Mrd. S), ÖPUL (7,8 Mrd. S) sowie die Strukturmaßnahmen
(8 Mrd. S). Die im Jahr 2000 direkt an die Bauern ausbezahlten Förderunen betrugen 19,7 Mrd. S.
Österreich im europäischen Binnenmarkt
Der EU-Haushalt 2001 sieht Ausgaben in der Höhe von 92,6 Mrd. Euro vor. Die Agrarausgaben durch den
EAGFL-Garantie betragen 43.697,7 Mio. Euro bzw. 47,2 %, rund 10 % der Mittel sind für das Programm ländliche
Entwicklung vorgesehen. Das reale landwirtschaftliche Einkommen je Arbeitskraft stieg im Jahr 2000 um 1,9 % an,
wobei sich die Einkommen in den einzelnen Mitgliedsländern sehr unterschiedlich entwickelt haben (z.B. + 24,8
% in Finnland; - 9,3 % in Portugal). Der reale Wert der Erzeugung des Wirtschaftsbereiches Landwirtschaft blieb
nahezu unverändert (+ 0,1 % im Vergleich zum Vorjahr.)
Betreffend die im Rahmen der Agenda beschlossene zweite Säule der Agrarpolitik in der EU, die Entwicklung
des ländlichen Raumes, wurden im Jahr 2000 die ersten Umsetzungsschritte vollzogen. Neben den Hauptschwerpunkten
wie der Förderung von benachteiligten Gebieten sowie der Forcierung einer umweltgerechten und extensiven Landwirtschaft
umfasst dieses Programm in Österreich eine Vielfalt von Maßnahmen, die v.a. auf die Substanzsicherung
und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit abzielen.
Am 1. Jänner übernahm die portugiesische Präsidentschaft für die erste Hälfte 2000
den Vorsitz in der EU und setzte sich ein umfangreiches Arbeitsprogramm für den Rat Landwirtschaft zum Ziel:
Als wichtigstes Dossier für das erste Halbjahr wurden die gesundheitspolitischen Fragen der Lebensmittelsicherheit
angesehen, die aufgrund von BSE und Dioxinkrise immer mehr in den Mittelpunkt EU rückten. Aus diesem Grund
galt dem Weißbuch Nahrungsmittelsicherheit, der Rindfleischetikettierung und dem Vorschlag betreffend die
Entfernung von Risikomaterial besondere Aufmerksamkeit.
Das Programm des französischen Vorsitzes ab 1. Juli 2000 umfasste neben den Gemeinsamen Marktordnungen
für Baumwolle, Schweinefleisch, Reis, Obst und Gemüse, Zucker, Hopfen auch das Weißbuch für
Lebensmittelsicherheit, die Etablierung der Europäischen Lebensmittelagentur, Tierkrankheiten und ihre Auswirkungen
auf den Menschen. Geprägt war die Zeit des französischen Vorsitzes allerdings durch die aufgrund des
erstmaligen Auftretens von BSE-Fällen in der BRD ausgelöste Vertrauenskrise der Konsumenten gegenüber
dem Rindfleisch, weshalb vom Rat sehr rigorose und weitreichende Maßnahmen vorgeschlagen wurden.
Mit der Vereinbarung der "internen Reform" der EU beim Gipfel des Europäischen Rates in Nizza
stellte die Europäische Union die Weichen für die Erweiterung ab Ende 2002. Im Fortschrittsbericht bescheinigt
die EU-Kommission den 10 mittel- und osteuropäischen Ländern ein gutes Vorankommen bei der Erfüllung
der politischen Vorbedingungen für die Mitgliedschaft.
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