Thema Nationalratswahl – 16. Oktober 2002

Steuern
 Reichhold: SPÖ als Steuererhöhungspartei enttarnt
FPÖ für Senkung des Durchschnittssteuersatzes
Wien (fpd) - FPÖ-Bundesparteiobmann Mathias Reichhold und der stellvertretende FPÖ-Bundesparteiobmann DI Thomas Prinzhorn präsentierten am Dienstag (15. 10.) bei einer Pressekonferenz die freiheitlichen Vorhaben für eine Steuerentlastung.
Reichhold kritisierte eingangs die SPÖ, die seit gestern als Steuererhöhungspartei enttarnt sei. "Der Lack ist ab." Interessanterweise sei seit gestern auch die Homepage der SPÖ gesperrt und die Steuererhöhungspläne somit nicht mehr zugänglich, was Reichhold als unseriös und skandalös bezeichnete. Man könne die Österreicher nur vor der SPÖ warnen.
Die FPÖ habe sich immer zu einer Steuersenkung bekannt, führte Reichhold weiter aus. Bis 2010 wolle man die Abgabenquote auf 40 % senken. Das Steuersystem müsse vereinfacht, die Lohnbezieher deutlich entlastet werden. Erster Schritt solle 2003 eine Steuersenkung für Einkommen sein, die unter 14.500 Euro jährlich lägen. Insgesamt wolle man eine deutliche Senkung des Durchschnittssteuersatzes. Die Besteuerung von Arbeitseinkünften solle der Besteuerung von Kapitaleinkünften gleichgestellt werden.
Parallel müsse man die Reformarbeit weiterführen. Reichhold nannte hier unter anderem die Zusammenlegung diverser Verwaltungseinheiten, eine effizientere Verwaltung und die Bundesstaatsreform. Auch die Abschaffung des 13. Umsatzsteuervorauszahlungstermins sprach Reichhold an.
Thomas Prinzhorn meinte, daß die Vorschläge der FPÖ nun von den anderen Parteien übernommen würden. Man müsse die Reformen weiterführen. Die Vision 2010 laute, Arbeit und Kapital gleich zu besteuern.

 
 Kuntzl zu FPÖ: Alte Hüte und gebrochene Versprechen
SPÖ will mit Steuersenkung Kauf- und Investitionskraft stärken
Wien (sk) - "Die FPÖ zaubert alte Hüte hervor und demonstriert damit nur, dass diese Partei keinerlei Handschlagqualität hat", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl in einer Reaktion auf die "völlig unglaubwürdigen Inhalte" der FPÖ-Pressekonferenz "Steuern senken - Arbeit schaffen".
"Diese Partei hatte wahrlich genug Gelegenheit, die Steuern zu senken und Arbeitsplätze zu schaffen. 200.000 arbeitslose Österreicherinnen und Österreicher und die höchste Abgabenquote der Zweiten Republik sprechen allerdings eine andere Sprache", kritisierte Kuntzl und betonte, dass "auch die heftige Beschäftigung der FPÖ mit der SPÖ und völlig unhaltbare Anschuldigungen" nicht davon ablenken können, dass nur die SPÖ "ein ausgewogenes und verantwortungsvolles" Steuerreformkonzept hat.
Bereits im April 1998 habe der damalige FPÖ-Bundesobmann Jörg Haider bei seiner Pressekonferenz ein Beschäftigungsprogramm der Freiheitlichen mit dem Titel "Arbeit schaffen - Steuern senken" präsentiert. "Die letzten zweieinhalb Jahre FPÖ-Regierungstätigkeit belegen, dass es sich dabei nur um Ankündigungspolitik handelt und nichts dahinter steht", so Kuntzl. "Die SPÖ strebt eine Senkung der Steuerlast und der Massensteuern an, die durch die FPÖ-ÖVP-Regierung um acht Milliarden Euro auf Rekordniveau geschraubt wurden."
Andrea Kuntzl, die politische Koordinatorin des "Netzwerk Innovation", stellt zu den heute von der FPÖ aufgestellten Behauptungen, das Diskussionspapiere von der Homepage des "Netzwerk Innovation" entfernt wurden, klar: "Mit der seit dem 14. Oktober im Buchhandel erhältlichen Publikation "Netzwerk Innovation: Zukunftsfähige Politikprojekte" liegt nun eine Projektdokumentation vor, die Netzwerk-Homepage wurde daher zu diesem Zeitpunkt geschlossen". Das Buch sei im Czernin Verlag erschienen (Wien 2002, 415 Seiten, EURO 27,50, ISBN 3-7076-0141-2).
AutorInnen sind u.a.: Alfred Gusenbauer, Franz Küberl, Markus Marterbauer, Ewald Nowotny, Anton Pelinka, Wolfgang Petritsch, Sonja Puntscher Riekmann, Sieglinde K. Rosenberger, Saskia Sassen, Richard Sennett.
Allerdings sei auch klar, dass die SPÖ nicht die Absicht habe, die heute von der FPÖ angeprangerten Maßnahmen aus den Diskussionspapieren umzusetzen. Das Steuerreformprogramm der SPÖ beinhalte ein Sofortprogramm zur Belebung des Wachstums und eine Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen um zwei Milliarden Euro. Unternehmen, die durch Investitionen Arbeitsplätze schaffen, sollen um eine Milliarde Euro steuerlich entlastet werden, sagte die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin. Die SPÖ wird die Kaufkraft der Bevölkerung und die Investitionskraft der Wirtschaft durch Steuerentlastungen stärken, nachdem die ÖVP-FPÖ Regierung Kauf- und Investitionskraft durch Steuererhöhungen zum Sinken gebracht hat", bekräftigte Kuntzl abschließend.
Personalia
 Josef Broukal kandidiert für SPÖ
Gusenbauer: Broukal steht für "Modern Times" in Österreich
Wien (sk) - Das SPÖ-Präsidium und der SPÖ-Vorstand berieten am Dienstag (15. 10.) die Listen und das Wahlprogramm der SPÖ für die Nationalratswahlen. Die Pressekonferenz im Anschluss an die Präsidiumssitzung bestritt SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gemeinsam mit dem ORF-Fernsehjournalisten Josef Broukal.
Broukal wird auf der Bundesliste der SPÖ kandidieren, er ist an neunter Stelle gereiht, was ein sicheres Mandat bedeutet. Gusenbauer hob Broukals Unabhängigkeit und seine Kritikfähigkeit auch gegenüber der SPÖ - hervor. Er bezeichnete Broukal als einen "couragierten Citoyen", der in seiner Arbeit Konsequenz und Standfestigkeit auf der Basis von Objektivität in seinen Auseinandersetzungen mit der Haider-FPÖ bewiesen habe. Gusenbauer: "Josef Broukal steht für 'Modern Times' in Österreich."
"Ich habe mich vor 27 Jahren aus der Politik verabschiedet", sagte Broukal. Heute kehre er zurück, "auf einer anderen Ebene, mit anderen Zielen". Es sei kein Zufall, dass er zwei Wochen nach Wolfgang Petritsch an die Seite von Alfred Gusenbauer trete, sagte Broukal. Es sei ein Zeichen der neuen Offenheit der SPÖ. "Es ist die SPÖ des Alfred Gusenbauer, die auf einmal für Menschen wie mich oder wie Wolfgang Petritsch interessant ist."
Broukal sieht sein zentrales Aufgabengebiet im Bereich Wissenschaft und Forschung. Er sprach davon, dass es wichtig sei Menschen zu überzeugen und mitzunehmen, auf einen Weg, den man für richtig hält.
Die Journalistenfrage, ob sich mit seiner Kandidatur die Vorwürfe der Parteilichkeit, die von der FPÖ immer wieder gegen ihn erhoben wurden, bestätigten, beantwortete Broukal in aller Klarheit: Es gebe keinen Widerspruch zwischen Objektivität in der Arbeit und persönlicher Überzeugung. Er fragte: "Hätten wir an der Arbeit von Herrn Schimanek gesehen, dass er immer schon FPÖler war. Hätten wir bei der Frau Zierler vermutet, dass sie ein einziges Idol hat, nämlich Jörg Haider. Nein, wir waren erstaunt, weil sie in ihrer sichtbaren Arbeit im ORF objektive Arbeit geleistet haben. Das nehme ich auch für mich in Anspruch."
Über seinen weiteren Verbleib im ORF sagte Broukal: "Es wird sich etwas finden, und wenn sich nichts findet, wird man sich in aller Freundschaft trennen." Einen Verbleib im Aktuellen Dienst schloss er freilich aus.
Die Schwerpunkte seiner politischen Arbeit sieht Broukal darin, die bestehenden Stärken der österreichischen Forschung weiter zu fördern. Österreich sei als kleines Land nicht in der Lage, in allen Sparten führend zu sein, sehr wohl aber in jenen Sparten, wo die österreichischen Forscher schon heute führend seien. Man solle sorgsam mit dem Geld umgehen, aber nicht knausern.

Lebenslauf von Josef Broukal
Josef Broukal wurde am 9. November 1946 in Wien geboren. Er begann nach seiner Matura zunächst Anglistik und Sozialgeschichte zu studieren, bevor er ab 1970 als freiberuflicher Lektor des Molden Verlages und danach als Beitragsgestalter und Texter der Austria Wochenschau arbeitete. Nach seiner Tätigkeit als Leitender Sekretär für Öffentlichkeitsarbeit der SPÖ-Niederösterreich stieg er 1974 als Redakteur im ORF-Landesstudio Niederösterreich ein, war später als Redakteur und Moderator der "Zeit im Bild 2", als Chef vom Dienst der Innenpolitik und als Chefredakteur des Aktuellen Dienstes Fernsehen tätig.
Den Zuschauern ist Josef Broukal vor allem als Moderator der "Zeit im Bild" und als Präsentator der ORF-Wahlberichterstattung bekannt, die er über mehrere Jahre betreut hat. Der Computerexperte, der seit Jahren auch Software entwickelt, war maßgeblich an der Erstellung der Wahlgrafiken beteiligt.
Seit 1995 moderierte der gebürtige Wiener auch das ORF-Wissenschaftsmagazin "Modern Times".

 
 Rauch-Kallat: Josef Broukal muss sich in der Politik erst beweisen
Auch prominente Köpfe ersetzen fehlendes Programm nicht
Wien (övp-pk) - "Josef Broukal ist den Österreicherinnen und Österreichern in erster Linie als Fernsehmoderator bekannt. Ob ihn das für ein hohes politisches Amt befähigt, wird sich noch herausstellen. Als Politiker muss sich Josef Broukal erst beweisen", sagte ÖVP-General- sekretärin Abg.z.NR Maria Rauch-Kallat am Dienstag (15. 10.) zur Präsentation von Josef Broukal durch die SPÖ.
Auch prominente und bekannte Köpfe "können nicht das fehlende Programm der SPÖ ersetzen", so die ÖVP-Generalsekretärin. Die Sozialdemokraten könnten nicht darüber hinwegtäuschen, "dass sie versuchen, die Probleme von morgen mit Vorstellungen von gestern zu meistern". In der SPÖ, die nach wie vor von beharrenden Kräften dominiert werde, "sind schon andere Kaliber, die in der Partei verankert waren, gescheitert", erinnerte die ÖVP-Generalsekretärin an die Koalitionsverhandlungen nach der letzten Nationalratswahl.

 
 Schweitzer: "Endlich ist Broukal dort, wo er hingehört"
Bedeutender Schritt für weitere Entparteipolitisierung des ORF
Wien (fpd) - FPÖ-Klubobmann Mag. Karl Schweitzer zeigte sich am Dienstag (15. 10.) erfreut darüber, daß Josef Broukal vom Küniglberg in die Löwelstraße wechselt. "Endlich ist er dort, wo er hingehört."
Nun könne Broukal als deklarierter Sozialist unverhohlen seine sozialistischen Standpunkte vertreten, sagte Schweitzer. Allerdings habe er das im ORF auch schon etliche Male getan, sich dabei aber das Tarnmäntelchen des objektiven Journalisten umgehängt. Dieses Spielchen sei nun vorbei. "Jetzt ist endlich offiziell, was inoffiziell ohnehin schon jeder seit Jahren gewußt hat: Wo Broukal draufsteht, ist SPÖ drin." Der Abgang Broukals sei jedenfalls ein bedeutender Schritt für eine weitere Entparteipolitisierung des ORF.
Wenn Gusenbauer jetzt in Anspielung auf Broukals Sendung von "Modern Times" spreche, solle er daran denken, daß dies primär noch immer der ironisch gemeinte Titel eines der bedeutendsten Charlie-Chaplin-Filme sei. Und dieser Film handle unter anderem auch von Massenarbeitslosigkeit und der Ohnmacht des Einzelnen gegenüber dem System. "Offenbar wünschen Broukal und Gusenbauer sich solche Zustände für Österreich", warnte Schweitzer.