In der Debatte präsentierten Finanzminister und ÖIAG-Generaldirektor eine erfolgreiche Bilanz über
die Privatisierungstätigkeit der ÖIAG, die sich auch positiv auf die Entwicklung der Wiener Börse
auswirke, was insbesondere auch die FP-Abgeordneten Thomas Prinzhorn und Reinhard Firlinger würdigten. Die
SPÖ-Abgeordneten bemängelten das Fehlen einer industriepolitischen Strategie der Regierung und kritisierten
den Vorrang der Privatisierungspolitik gegenüber den Arbeitnehmerinteressen. Abgeordneter Verzetnitsch kündigte
daher einen Initiativantrag für ein Bundesgesetz an, mit dem die ÖIAG von einer Privatisierungs-Holding
in eine strategische Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrnehmung der Interessen Österreichs ungewandelt
werden soll. Die Regierung habe weder die Absicht, VA-Stahl und VA-Tech zu privatisieren, noch das Tabak-Einzelhandelsmonopol
aufzuheben, erfuhren die SP-Abgeordneten Karl Dobnigg, Sophie Bauer und Rudolf Edlinger von Finanzminister Grasser
und Staatssekretär Alfred Finz. - G-Abgeordneter Werner Kogler bezweifelte, dass es bei dem hohen Tempo der
Privatisierung möglich sei, maximale Erlöse zu erzielen und stellte an Generaldirektor Ditz die Frage,
ob er sich noch ausreichend
unterstützt fühle und über ausreichenden Handlungsspielraum verfüge, was Ditz bejahte.
Ausschussvorsitzender Verzetnitsch hatte die Aussprache mit dem Hinweis auf die große volkswirtschaftliche
Bedeutung der ÖIAG-Betriebe eingeleitet und darauf aufmerksam gemacht, dass in diesen Unternehmen insgesamt
5 % der österreichischen Arbeitnehmer beschäftigt sind.
Finanzminister Grasser sprach von einer erfolgreichen Leistungsbilanz der ÖIAG im ersten Jahr der neuen Regierung.
Sie habe ihren Privatisierungsauftrag ernst genommen, auf österreichische Interessen, Arbeitsplätze und
strategische Positionen Rücksicht genommen und durch Privatisierungserlöse und Dividenden den übernommenen
Schuldenstand binnen Jahresfrist von 86,6 Mrd. S auf 37,9 Mrd. S reduziert. Es sei gelungen, die Unternehmen zu
stärken, ihre Ertragskraft zu steigern und die Zahl der Arbeitsplätze zu erhöhen. Die Aussichten
für die weitere Entwicklung der Unternehmen schätzte der Finanzminister positiv ein.
Hinsichtlich der Probleme bei AUA und Telekom sei es sein Ziel, öffentliche Debatten im Interesse der Unternehmen
und der Mitarbeiter zu vermeiden. Die Entscheidungen sollen in den Unternehmensorganen gefasst, auf politische
Zurufe solle verzichtet werden.
Generaldirektor Ditz informierte die Ausschussmitglieder aus der Sicht des ÖIAG-Vorstandes über die bisherige
Erfüllung des gesetzlichen Privatisierungsauftrages und berichtete, dass die Fusionierung von ÖIAG und
PTBG zu schlankeren Strukturen in der Beteiligungsverwaltung geführt habe. Der Telekom-Börsegang sei
in einer schwierigen Phase vollzogen worden, der Zeitpunkt aber dennoch richtig gewesen, weil der Kapitalmarkt
für dieses Unternehmen wichtig sei. Der Erlös habe 13,8 Mrd. S betragen, die Transaktion sei auf internationaler
Ebene als gelungen betrachtet worden. Wenn es gelinge, auch die Privatisierung der Austria Tabak erfolgreich abzuschließen,
werde es möglich sein, den Zinsendienst für die verbleibenden Verbindlichkeiten der ÖIAG aus den
Dividendeneinnahmen zu bedienen,
was bedeute, dass die gesamte Gruppe finanziell gesichert sei.
Hinsichtlich der Dividendenpolitik konnte der ÖIAG-Generaldirektor den Abgeordneten befriedigende Daten unterbreiten
und machte unter anderem darauf aufmerksam, dass die OMV und VA-Stahl zuletzt Rekordergebnisse erzielten.
Schließlich sprach Johannes Ditz der Gesetzgebung seinen Dank für die Lösung der Restitutionsfrage
aus, da dies die Voraussetzung für die Privatisierungsfähigkeit des Dorotheums darstelle.
Abgeordneter Rudolf Edlinger (S) vermisste eine politische Strategie in der Privatisierungspolitik und im Beteiligungsmanagement
und zeigte sich besorgt wegen einer möglicherweise vorgezogenen Privatisierung der OMV-, Böhler-Uddeholm-,
VA-Tech- und VA-Stahl-Beteiligungen. Kritik übte der Abgeordnete an den Personalentscheidungen, bei denen
er den Eindruck habe, sie erfolgten nicht nach objektiven Kriterien, sondern nach persönlichen Beziehungen.
Konkret erkundigte sich Edlinger nach der Abberufung von Aufsichtsräten, der Qualifikation des ÖIAG-Vorstandes
Peter Michaelis, interessierte sich für die Kosten vorzeitiger Abberufungen und erbat Auskunft über die
Aussage des Finanzministers, "nur unfähige Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder haben die ÖIAG
verlassen müssen". Schließlich stellte der Abgeordnete die pointierte Frage, ob Bewerbungsschreiben
für die ÖIAG in bestimmten Büros des Parlaments abgegeben werden können.
Abgeordnete Maria Kubitschek (S) ersuchte den Finanzminister um Klarstellung seiner Zahlenvergleiche zwischen den
Privatisierungserlösen der letzten und der neuen Regierung und wollte wissen, wie der Finanzminister seine
Verantwortung gegenüber der ÖIAG verstehe.
Abgeordneter Thomas Prinzhorn (F) erinnerte daran, dass die Wende in der Budgetpolitik und in der ÖIAG-Politik
notwendig geworden sei, weil die Finanz- und die Verstaatlichtenpolitik früherer Regierungen zu einer hohen
Staatsverschuldung geführt habe. Wie richtig die Privatisierungspolitik der neuen Regierung sei, zeige sich
an den Privatisierungserlösen, den Dividendeneinnahmen und nicht zuletzt auch an den positiven Auswirkungen
der Privatisierungen auf den Börsenplatz Wien, der mit einem Plus von 15 % seit Jahresbeginn eine Top-Performance
im internationalen Vergleich erlangen konnte. Für Abgeordneten Prinzhorn stand die Qualität der neuen
ÖIAG-Aufsichtsräte außer Streit.
Abgeordneter Karl Dobnigg (S) mahnte eine ÖIAG-Politik ein, die österreichische Interessen vertrete und
einer zukunftsorientierten Strategie entspreche. Er habe aber den Eindruck, dass nicht Industriepolitik, sondern
Industriellenpolitik gemacht werde. Dobnigg berichtete von der Verunsicherung der VA-Stahl-Mitarbeiter wegen einer
vorgezogenen Privatisierung und unterstrich die Bedeutung eines österreichischen Kernaktionärs und einer
österreichischen Sperrminorität.
Abgeordneter Werner Kogler (G) befasste sich mit der Vorgangsweise bei der Personalrekrutierung in der ÖIAG
und fragte sich, ob es bei dem hohen Tempo der Privatisierung möglich sei, maximale Erlöse zu erzielen.
An Generaldirektor Ditz richtete der Abgeordnete die Frage, ob er sich noch ausreichend unterstützt fühle
und über ausreichenden Handlungsspielraum verfüge.
Abgeordneter Reinhard Firlinger (F) betonte ebenfalls die günstige Kursentwicklung der Wiener Börse als
einen der Belege für den Erfolg der Privatisierungspolitik.
Abgeordneter Leopold Maderthaner (V) wandte sich dagegen, Personaldiskussionen in der Öffentlichkeit zu führen
und unterstrich seinerseits die positive Entwicklung der ÖIAG-Betriebe, wie sie die vorgelegten Zahlen deutlich
dokumentieren. Von einem Ausverkauf könne keine Rede sein, die Privatisierung sei notwendig, um die Gesamtgruppe
zu sichern und den hohen Schuldenstand abzubauen. Gegenüber SP-Abgeordneten hielt Maderthaner fest, auch er
räume dem Schicksal der Mitarbeiter Priorität ein, er machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass
Arbeitsplätze nur in gesunden Betrieben gesichert werden können.
Finanzminister Grasser erklärte, dass die einzelnen Privatisierungsschritte in einem mehrjährigen Privatisierungsprogramm
festgelegt wurden. Seine politische Verantwortung für die ÖIAG interpretierte der Finanzminister als
eine politische, was für ihn bedeute, nicht öffentlich in Personalfragen einzugreifen. Personalentscheidungen
obliegen dem Aufsichtsrat, wobei Grasser einräumte, dass es optimal sei, wenn man bereits vor der Abberufung
eines Vorstandes einen Nachfolger zur Hand habe, dies sei aber nicht in jedem einzelnen Fall möglich.
Zur Abberufung von Aufsichtsräten stellte der Finanzminister fest, er habe überall dort um personelle
Veränderungen in den Aufsichtsräten ersucht, wo man den Eindruck habe, dass nicht kompetente Personen
berufen, sondern politische Versorgungsposten geschaffen wurden. Ihm sei es um objektive Sachentscheidungen gegangen.
Ein Aufsichtsrat habe Eigentümerinteressen zu vertreten, daher erwarte er sich, dass jemand ein Unternehmen
verlässt, wenn er sich mit den Interessen des Eigentümers nicht identifizieren könne. Von "mangelndem
Rückgrat" habe er gesprochen, wo Aufsichtsräte die Entscheidung, den Aufsichtsrat zu verlassen,
nicht selbst treffen.
Zur Person von Peter Michaelis stellte der Finanzminister fest, er habe den Eindruck, man habe im Rahmen einer
sorgsam durchgeführten internationalen Ausschreibung den bestmöglichen Partner für Johannes Ditz
gefunden und ersuchte die Abgeordneten, Michaelis an seinen Leistungen zu messen. Rudolf Streicher habe unbestreitbare
Fähigkeiten als Manager, er habe aber das Problem gehabt, sich mit Grundauffassungen des Eigentümers
nicht zu identifizieren. Dass im Parlament ein informelles Personalbüro für die ÖIAG bestehe, schloss
Minister Grasser dezidiert aus. Zur Qualität des ÖIAG-Aufsichtsrates stellte Grasser fest, es habe noch
nie einen so qualifizierten Aufsichtsrat mit so hervorragenden Unternehmerpersönlichkeiten gegeben wie den
derzeitigen. "Wenn es dieser Aufsichtsrat nicht kann, welcher soll es dann können?", zeigte sich
der Ressortleiter überzeugt.
Hinsichtlich weiterer Privatisierungen gab der Minister bekannt, dass die Privatisierung des Dorotheums und der
ATW geplant seien, VA-Stahl und VA-Tech aber
nicht verkauft werden sollen.
Scharfe Kritik übte der Finanzminister daran, dass die Vertraulichkeit von Aufsichtsratssitzungen mannigfach
durch Information der Öffentlichkeit verletzt worden sei.
Generaldirektor Ditz stellte gegenüber Pressemeldungen richtig, dass von Millionenabfertigungen keine Rede
sein könne, es gebe keine einzige Abfertigung. Die Bestellung von Vorständen erfolge ausschließlich
anhand von Bilanzdaten, Fakten und Entwicklungen in den Gremien. Einige Betriebe haben Probleme, sagte Ditz und
machte auf Entwicklungen in der AUA aufmerksam. Es sei notwendig, dafür zu sorgen, dass dieses Unternehmen
wettbewerbsstark in die Zukunft gehen könne. Den Begriff "Unfähigkeit" wollte Ditz auf den
AUA-Vorstandes nicht angewendet wissen.
Zur Bestellung von Aufsichtsräten in der ÖIAG sagte der Generaldirektor, es entspreche der Managementliteratur,
nach 10 oder 11 Jahren Veränderungen im Aufsichtsrat herbeizuführen. Die "virtuellen Diskussionen",
mit denen er derzeit konfrontiert werde, basierten auf anonymen Aussagen, sagte Ditz und bezeichnete es als infam,
wenn der ÖIAG-Vorstand für diese Diskussion verantwortlich gemacht werde. Einmal mehr zitierte Ditz in
diesem Zusammenhang Max Frisch und sein Stück "Biedermann und die Brandstifter".
Von Mobbing gegen Telekom-Vorstand Heinz Sundt könne keine Rede sein, führte Ditz weiter aus und schloss
mit der Feststellung, er fühle sich vom ÖIAG-Aufsichtsrat voll unterstützt.
Die SP-Abgeordnete Sophie Bauer (S) äußerte Bedenken gegen eine Vollprivatisierung der ATW, weil dadurch
viele Arbeitnehmer, darunter viele Behinderte, ihre Arbeitsplätze verlieren und 9.000 kleine Zulieferbetriebe
gefährdet werden könnten. Bauer warf der Regierung vor, Privatisierungserlöse über die Interessen
der Beschäftigten zu stellen. In die gleiche Kerbe hieben Bauers Fraktionskollegen Karl Dobnigg und Rudolf
Edlinger, die Staatssekretär Finz mit der Frage konfrontierten, ob die Aufhebung des Einzelhandelsmonopols
nach einer Privatisierung der ATW geplant sei. - Staatssekretär Alfred Finz verneinte diese Frage.
Abgeordneter Fritz Verzetnitsch kündigte für die nächste Plenarsitzung des Nationalrates einen Antrag
seiner Fraktion für ein Bundesgesetz an, mit dem die ÖIAG von einer Privatisierungs-Holding in eine strategische
Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrnehmung der Interessen Österreichs ungewandelt werden soll.
Verzetnitsch begründete sein Anliegen mit dem Hinweis auf die Bedeutung von Konzernzentralen für die
Qualität eines Wirtschaftsstandortes. Dabei nannte er u. a. Forschung und Entwicklung, hochwertige Arbeitsplätze,
Kapital- und Finanzmarktinfrastruktur. Um den Ausverkauf österreichischer Schlüsselunternehmen in das
Ausland zu verhindern, soll die ÖIAG laut Verzetnitsch in eine Beteiligungsgesellschaft mit klar definierten
strategischen Zielsetzungen umgewandelt werden. Die strategische Eigentümerfunktion des Staates soll in Form
der Verpflichtung zum Halten von zumindest 25 % plus einer Aktie des stimmberechtigten Kapitals bei österreichischen
Schlüsselunternehmen festgeschrieben werden.
In seiner nächsten Sitzungen wird sich der Industrieausschuss mit dem Thema "Biotechnologie"
befassen, teilte Ausschussobmann Verzetnitsch abschließend mit.
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