Türkischer Staatspräsident ist in Wien  

erstellt am
03. 05. 11

Gül: Zur Integration ist die deutsche Sprache wichtig
Türkischer Staatspräsident zu Gast im Hohen Haus
Wien (pk) - Abdullah Gül, Staatspräsident der Republik Türkei, traf am Nachmittag des 02.05. mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zu einer Aussprache zusammen. Im Zentrum des intensiven Gesprächs, an dem sich auch die Abgeordneten Josef Cap (S), Ursula Plassnik (V), Harald Vilimsky (F) und Alev Korun (G) beteiligten, standen dabei nicht nur Aspekte des innertürkischen Reformprozesses im Zusammenhang mit den EU- Beitrittsverhandlungen, sondern auch Fragen der Menschenrechte in der Türkei sowie der Integration türkischstämmiger MigrantInnen in Österreich.

Nationalratspräsidentin Prammer und Staatspräsident Gül zeigten sich gleich zu Beginn einig über den Wert der parlamentarischen Diplomatie, die es erlaube die Dinge offen anzusprechen. Staatspräsident Gül lud in diesem Zusammenhang auch die Mitglieder der österreichisch-türkischen Freundschaftsgruppe zu einem Besuch in sein Land ein.

In Hinblick auf den von Seiten der Türkei angestrebten Beitritt zur Europäischen Union unterstrich Prammer, dass die dadurch erzielten Reformschritte unabhängig von einem allfälligen tatsächlichen Beitritt im Interesse von Beitrittskandidaten lägen. Es gelte deshalb auch weiterhin einen offenen Dialog über diese Reformprozesse zu führen und wesentliche Themen wie Religions- und Pressefreiheit sowie die Rechte der Kurden nicht aus den Augen zu verlieren, mahnte Prammer. Was die Frage der Integration türkischstämmiger MigrantInnen in Österreich anbelange, freue sie sich über die klaren Worte, die der türkische Staatspräsident im Rahmen von Interviews mit österreichischen Medien gefunden habe: Hier gelte es in der Tat gemeinsam aktiv zu werden, um auf ein gutes Zusammenleben hinzuwirken, schloss Prammer.

Die anwesenden Abgeordneten sprachen ebenfalls die Themen EU- Beitritt, Menschen- und Frauenrechte, die Lage der Kurden und die Fragen der Integration türkischstämmiger MigrantInnen sowie die Rolle der Türkei in der Region an.

Gül hielt es in diesem Zusammenhang für wichtig, dass türkischstämmige MigrantInnen in Österreich über gute Deutschkenntnisse verfügten. Den Spracherwerb gelte es deshalb in jedem Fall zu unterstützen. Sorge tragen müsse man aber auch dafür, dass türkischstämmige MigrantInnen frei jeder Diskriminierung in Europa leben können.

Was die Verhandlungen über den EU-Beitritt seines Landes anbelange, gab Gül zu bedenken, dass sich die türkische Wirtschaft äußerst dynamisch entwickle und die Türkei einen wesentlichen strategischen Beitrag zur Energiesicherheit leiste. Damit könne ein Beitritt längerfristig betrachtet durchaus von Vorteil sein. Anzuerkennen gelte es außerdem, dass die Türkei im Rahmen des Reformprozesses bereits wesentliche Problemstellungen gelöst und Tabus beseitigt habe: Damit sei sie für ihre Nachbarstaaten zu einem Vorbild in Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte geworden, meinte Gül. Was die weiteren Beitrittsverhandlungen anbelange, hoffe er auf die Einhaltung gegebener Versprechen, sofern sein Land die gestellten Bedingungen erfülle.

 

Lesen Sie hier Stellungnahmen von
Bundespräsident Heinz Fischer
und von
Bundeskanzler Werner Faymann
Vizekanzler Michael Spindelegger
nach dem Ministerrat vom 03.05.

 

Gül warnt Wirtschaft
EU-Blockade gefährde Profite
Wien (ö1.orf.at) - Die Europäische Union brauche die Türkei dringender als umgekehrt. Das sagte der türkische Staatspräsident Abdullah Gül am 02.05. in Wien, am Rande seines dreitägigen Staatsbesuchs. Bei allen höflichen Floskeln hat der türkische Präsident doch so etwas wie eine Warnung ausgesprochen - eine Warnung an die österreichische Wirtschaft, wie Christian Schüller im der Sendung "Morgenjournal" im ORF-Radio Ö1 berichtete..

Gute Geschäfte gefährdet
"Man sollte einmal die Frage stellen, ob die österreichischen Firmen den Profit den sie zur Zeit erzielen, auch in Zukunft weiter haben können, wenn sie nicht mit der Türkei zusammenarbeiten", sagte Gül. Weniger diplomatisch gesagt heißt das wohl: Dass Österreich in der Türkei derzeit so gute Geschäfte macht und dort sogar der größte Investor ist, das könnte sich ändern - wenn der türkische EU-Beitritt weiter blockiert wird.

Verweis auf Arbeitsplätze
Und weil auch der türkische Präsident weiß, wie europäische Politiker denken, schiebt er gleich noch ein handfestes Argument nach: "Wie viele Arbeitsplätze da geschaffen werden - fragt sich das überhaupt jemand? Das sind Fragen, mit denen man sich beschäftigen sollte, bevor man eine Entscheidung trifft. Wenn man dann aber immer noch sagt, die Türkei solle nicht in die EU gehen, dann wäre das gegen die Interessen zum Beispiel auch Österreichs." Österreich und seine europäischen Partner sollten langfristig denken und die nächsten Generationen im Auge haben, sagt Gül - der nicht nur aus einem großen Land mit einer aufsteigenden Wirtschaft kommt, sondern aus einem Land mit einer sehr jungen Bevölkerung.

Den österreichischen Unternehmern, die am Rande des Staatsbesuchs mit ihren türkischen Partnern reden, spricht Abdullah Gül wohl aus der Seele. Die Flüge nach Istanbul werden regelmäßig von Geschäftsleuten bis zum letzten Platz ausgebucht. Die Goldgräberstimmung ist bei den Investoren aus dem Westen deutlich spürbar.

Was ist mit Pressefreiheit?
Doch bei allen gemeinsamen Interessen, die der türkische Staatschef angesprochen hat, kommen bei einigen seiner Aussagen Meinungsverschiedenheiten durch, die nicht so leicht zu überbrücken sind. "In der Türkei wird kein Journalist wegen seiner journalistischen Tätigkeit bestraft, keiner wird wegen seiner Meinung sanktioniert", sagt Gül. Eine Aussage, die wohl noch viele Diskussionen bringen wird.

Zur Zeit sind 60 türkische Journalisten in Haft. Viele warten schon seit Jahren auf eine ordentliches Verfahren. Nach Auffassung der türkischen Regierung geht es hier nicht um Meinungs- oder Pressefreiheit, sondern um die angebliche Beteiligung an terroristischen Organisationen. Dass es für diese Vorwürfe kaum stichhaltige Beweise gibt, wird von europäischer Seite immer wieder bemängelt. Doch auf Probleme wie dieses antwortet der türkische Präsident mit einer Botschaft, die beruhigend wirken soll: "Es ist wichtig zu sehen, dass die Türkei in keinem Fall morgen der EU beitritt. Was irrtümlicherweise manchmal angenommen wird. Das Ganze ist ein Prozess."

 

Österreich und die Türkei vertiefen wirtschaftliche Zusammenarbeit
Wirtschaftsminister Mitterlehner und der türkische Staatsminister Celik unterzeichnen Protokoll
Wien (bmwfj) - Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner unterzeichnete am 02.05. gemeinsam mit dem türkischen Staatsminister Faruk Celik ein Protokoll zur Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Türkei. Zuvor hatte im Rahmen des Staatsbesuchs des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül bei Bundespräsident Heinz Fischer die "Gemischte Wirtschaftskommission" mit Vertretern der beiden Länder getagt. "Wir wollen den bilateralen Handel zum Vorteil beider Länder vorantreiben. Gerade bei Energie- und Umwelttechnologien bieten sich große Chancen für österreichische Unternehmen", so Mitterlehner. Zu den weiteren chancenreichen Kooperationsbereichen zählen insbesondere der Automobilzulieferbereich sowie Medizintechnik und Tourismus.

Die Handelsbeziehungen zwischen Österreich und der Türkei haben sich zuletzt positiv entwickelt: Das Volumen des heimischen Außenhandels mit der Türkei hat im Jahr 2010 die Eine-Milliarde-Euro-Grenze überschritten, dazu war Österreich im Vorjahr der größte ausländische Investor in der Türkei.

 

Mölzer: Türkei setzt nicht auf Partnerschaft, sondern auf Dominanz
Güls unverhüllte Drohungen gegen österreichische Wirtschaft zeigen, welche Folgen EU-Beitritt der Türkei hätte - Beitrittsverhandlungen sind sofort abzubrechen
Wien (fpd) - Scharf kritisierte der freiheitliche Delegationsleiter im Europäischen Parlament, Andreas Mölzer, die unverhüllten Drohungen des türkischen Präsidenten Abdullah Gül gegen die österreichische Wirtschaft anläßlich dessen Staatsbesuchs in Österreich: "Wenn Gül die Frage stellt, ob die österreichischen Firmen den Profit den sie zur Zeit erzielen, auch in Zukunft weiter haben können, wenn sie nicht mit der Türkei zusammenarbeiten, dann kommt dies einem Erpressungsversuch sehr nahe", betonte Mölzer.

Insgesamt sei Güls Drohung, so der freiheitliche EU-Mandatar, symptomatisch, wie Ankara mit seinen "europäischen Partnern" umspringe. "Die Türken wollen um jeden Preis ihre Forderungen durchsetzen, sie wollen Europa dominieren. Und weil die Österreicher aus guten Gründen mit überwältigender Mehrheit einen EU-Beitritt ablehnen, soll ihnen nun mit wirtschaftlichen Nachteilen die Rute ins Fenster gestellt werden. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sieht anders aus", erklärte Mölzer.

Dabei wies der freiheitliche Europaabgeordnete darauf hin, was Europa erwartet, wenn die Türkei eines Tages Mitglied sein sollte. "Wichtige Entscheidung werden dann nicht mehr in Brüssel, sondern im fernen Ankara getroffen werden. Die Türken werden befehlen, und die Europäer werden zu gehorchen haben. Damit es nicht zu einem Schrecken ohne Ende kommt, sind die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei unverzüglich abzubrechen", schloß Mölzer.

 

Stadler: Abdullah Gül ist in Österreich unerwünscht
ÖVP-Neustart ist durch Pro-Türkei-Haltung bereits missglückt - BZÖ wird offizielles Programm des Staatsbesuchs boykottieren
Wien (bzö) - "Abdullah Gül ist in Österreich unerwünscht", kommentierte BZÖ-Europasprecher Mag. Ewald Stadler den Staatsbesuch des türkischen Staatspräsidenten. Als Gründe nannte Stadler die Vorkommnisse um Botschafter Tezcan und den Einfluss der Gülen - "der islamisch-türkischen Sekte Marke Scientology". Massive Kritik übte Stadler an der Pro-Haltung der ÖVP zu einem EU-Beitritt der Türkei und an der EU, die bereits Milliarden Euro für eine mögliche Heranführung der Türkei einsetzt.

Ursprünglich habe ÖVP-Außenminister Spindelegger zugesagt, dass Botschafter Tezcan schon im Jänner nach Ankara abberufen werde und nicht mehr nach Österreich komme. Laut Stadler ist Tezcan in Österreich noch immer eine "persona non grata". Doch bis dato könne er sein Amt weiterführen - "die Türken machen mit der Bundesregierung, was sie wollen!", so Stadler.

Entsetzt ist der BZÖ-Europasprecher darüber, dass auch Bundespräsident Fischer für einen Beitritt der Türkei ist. "Die Wähler werden in einer Abstimmung mit rund 80 Prozent klar gegen einen Betritt sein. Fischer wird dann nicht einmal mehr im Amt sein - er soll diesen Wählerwillen jetzt respektieren!", verlangte Stadler.

Auch ÖVP-Staatssekretär Waldner ignoriere klar den Wählerwillen, das hätten seine Aussagen pro Türkei klar gezeigt. Damit ist für Stadler der ÖVP-Neustart eindeutig missglückt, Spindelegger schon gescheitert. "Die Abgehobenheit von Waldner und Spindelegger ist unfassbar", erklärte Stadler und forderte, dass am ÖVP-Parteitag diese Haltung zu einem Türkei-Beitritt von der ÖVP-Basis abgesegnet werden solle. Unverständlich ist auch, warum der neue Staatssekretär für Integration, Kurz, keine Gespräche mit Gül während dessen Besuchs suche. Bezeichnend sei, dass Kanzler Faymann in diesem Punkt beharrlich schweige.

An Staatspräsident Gül kritisierte Stadler, dass dieser schon als Außenminister durch seine Nähe zur AKP-nahen Organisation Gülen aufgefallen sei. Diese Organisation, laut Stadler eine "islamisch-türkische Sekte Marke Scientology" stehe in Deutschland etwa unter Beobachtung des Verfassungsschutzes und habe in der Türkei Einfluss bis in höchste Kreise.

Völlig unverständlich ist für den BZÖ-Europasprecher, dass die Türkei für die "Heranführung" bereits der größte Empfänger von Entwicklungshilfegeldern der EU ist; "das ist unehrlich", erklärte Stadler. Wäre die Türkei bereits Mitglied, erhielte sie für die Jahre 2007 bis 2013 rund 125 Mrd. Euro (2,5 Mrd. von Österreich) aus dem Strukturfonds, etwa 100 Mrd. Euro an Agrarzuschüssen und derzeit schon rund 4,9 Mrd. Euro aus dem Entwicklungsfonds, rechnete Stadler vor.

"Diesen Beitritt wird es aber nicht geben", so Stadler, weil dazu in der EU das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Für ihn ist die Linie klar: "Nicht mit dem BZÖ!" - egal ob in der Regierung oder in der Opposition. Deshalb werde das BZÖ auch das offizielle Programm des Staatsbesuchs boykottieren und allen Veranstaltungen fern bleiben; "auch aus gesundheitlichen Gründen - da bleibt einem ja der Bissen im Hals stecken"; sagte Stadler.

Zusätzlich werde das BZÖ erneut einen Antrag auf Abberufung des türkischen Botschafters im Parlament einbringen. Einen weiteren Antrag kündigte Stadler an, damit die Zahlungen der EU an die Türkei eingestellt werden; "es wird keinen Beitritt geben, daher zahlen wir auch nicht!"

 

 Van der Bellen: Beitrittsverhandlungen mit Türkei müssen weitergehen
Defizite im Menschenrechtsbereich sowie bei Medien- und Meinungsfreiheit
Wien (grüne) - "Es braucht einen neuen Anlauf bei den stockenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Am Fast-Stillstand sind sowohl die Blockadehaltung einiger EU-Länder als auch die lahmenden Reformanstrengungen in der Türkei selbst schuld", stellt Alexander Van der Bellen, außenpolitischer Sprecher der Grünen, anlässlich des Österreich-Besuchs des türkischen Präsidenten Gül fest. Die Grünen sind nach wie vor für die Weiterführung der Verhandlungen und für einen Beitritt der Türkei, sofern das Land alle EU-Bedingungen erfüllt. "Die Türkei ist als Bindeglied zum Mittleren und Nahen Osten schon jetzt ein wichtiger Partner des Westens. Das zeigt sich auch jetzt vor dem Hintergrund der Umbruchsituation in den arabischen Ländern." Bei der Annäherung an die EU müssten jedoch wichtige Bedingungen erfüllt sein, was aber noch lange nicht der Fall sei.

Der außenpolitische Sprecher weist dabei insbesondere "auf Defizite im Menschenrechtsbereich sowie bei der Medien- und Meinungsfreiheit" hin. "Die österreichischen Grünen haben immer wieder, auch gegenüber türkischen VertreterInnen, auf diese Defizite hingewiesen. Vor allem die Lage der KurdInnen bereitet uns Sorge." Trotz einiger kleinerer Verbesserungen sind selbst die von der Regierung angekündigten Reformen nur teilweise umgesetzt worden. Die Missachtung der Meinungsfreiheit, politisch motivierte Verhaftungen und Prozesse sowie das letztjährige Verbot der Kurdenpartei DTP hätten nicht gerade Raum für Verständigung geschaffen. Verschärft hat sich die Situation sechs Wochen vor den Parlamentswahlen auch nach der Inhaftierung, und teilweisen Entlassung, von kurdischen PolitikerInnen wie Layla Zana. "Ich hoffe, dass der Reformprozess in der Türkei wieder aufgenommen wird. Insbesondere in den Bereichen der Minderheitenrechte müssen endlich substantielle Verbesserungen erkennbar werden."

 

Türkischer Staatspräsident trug sich ins Goldene Buch der Stadt Wien ein
Staatspräsident Gül dankte für die Gastfreundschaft und würdigte die kulturelle Bedeutung Wiens und die hohe Lebensqualität der Stadt.
Wien (rk) - Der Staatspräsident der Türkei, Abdullah Gül, trug sich am Nachmittag des 02.05. im Rahmen seines offiziellen Staatsbesuches in das Goldene Buch der Stadt Wien ein. Bürgermeister Dr. Michael Häupl würdigte die historischen Beziehungen zwischen Wien und der Türkei und verwies auf die internationale Bedeutung der Stadt Wien als Stätte des Dialogs, besonders auch mit Ankara und Istanbul. Weiters erwähnte er, dass sich rund 70.000 Menschen türkischer Abstammung in Wien aufhielten und Teil dieser Stadt seien. Häupl sprach sich dezidiert gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aus, man begreife Vielfalt als Chance. Jedenfalls seien Bildung und eine gemeinsame Sprache der Grundstein für sozialen Aufstieg für alle in Wien. Das Goldene Buch sei ein Zeichen der Dialogbereitschaft.

Staatspräsident Gül dankte für die Gastfreundschaft und würdigte die kulturelle Bedeutung Wiens und die hohe Lebensqualität der Stadt. Die Türkei unterstütze die freundschaftlichen Beziehungen. Die türkische Gemeinde in Wien schenke der Stadt Vielfalt. Für Integration sei die Sprache von besonderer Bedeutung. Abschließend sprach sich Gül dafür aus, die bestehenden Beziehungen auf kommunaler Ebene auszubauen.

 

Leitl: Österreich war 2010 größter Investor in der Türkei
Türkischer Präsident Gül und Bundespräsident Fischer bei Wirtschaftsforum in der WKÖ - gegenseitiges passives Wahlrecht für Unternehmen auf Kammerebene
Wien (pwk) - Anlässlich seines Staatsbesuches in Österreich eröffnete der türkische Staatspräsident Abdullah Gül am 03.05. gemeinsam mit Bundespräsident Heinz Fischer und WKÖ-Präsident Christoph Leitl ein österreichisch-türkisches Wirtschaftsforum in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). WKÖ-Präsident Leitl wies in seiner Eröffnungsrede auf die intensiven wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den beiden Staaten hin. So überschritten die österreichischen Exporte in die Türkei im Vorjahr erstmals die Ein-Milliarden-Euro-Schwelle und konnten mit einem Zuwachs von 40% die größte prozentuelle Exportsteigerung innerhalb der Top 30 Exportpartner Österreichs erzielen. Die Importe aus der Türkei beliefen sich auf knapp 900 Mio. Euro (+11%). Im Ranking der wichtigsten österreichischen Handelspartner liegt die Türkei mittlerweile bereits auf Platz 20. Der Außenhandel Österreichs mit der Türkei hat sich seit 2001 verdreifacht.

Österreich liegt unter Auslandsinvestoren vor Deutschland
Leitl: "Die Bedeutung der Türkei für Österreich als Außenhandelspartner zeigt sich aber ganz besonders bei den österreichischen Direktinvestitionen in der Türkei. Lagen wir im Jahr 2006 noch auf Platz Fünf der wichtigsten Auslandsinvestoren in der Türkei, so war Österreich im Vorjahr mit Investitionen in der Höhe von 1,8 Mrd. US-Dollar die unangefochtene Nummer Eins!" Mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 4,5 Mrd. US-Dollar liegt Österreich im kumulierten Zeitraum 2002 - 2010 sogar vor Deutschland. Leitl und der Präsident des Dachverbandes der türkischen Handelskammern (TOBB), Rifat Hisarciklioglu, betonten im Rahmen des Staatsbesuchs die Vertiefung der Kooperationen zwischen den beiden Interessenvertretungen. So wurde bereits im Vorfeld eine Vereinbarung unterfertigt, welche Unternehmern mit türkischer Staatsbürgerschaft in Österreich das passive Wahlrecht bei Wirtschaftskammerwahlen und umgekehrt Unternehmern mit österreichischer Staatsbürgerschaft bei Kammerwahlen in der Türkei einräumt. Weiters wurde von der WKÖ und TOBB heute ein Letter of Intent für eine Kooperation zwischen dem WIFI International und der TOBB University of Economics and Technology mit der Zielsetzung einer Franchise-Kooperation unterschrieben.

Der türkische Präsident Gül wies auf dem Forum, das mit rund 500 Teilnehmern aus Österreich und der Türkei zu einem der größten Wirtschaftsforen der WKÖ zählte, darauf hin, dass "die Wirtschaftsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern eigentlich schon optimal laufen, wir sie aber unbedingt noch ausbauen wollen." Gerade die wirtschaftspolitischen und bürokratischen Reformen der letzten Jahre erleichtern österreichischen Unternehmen jetzt den Einstieg in der Türkei und Gül sieht vor allem im Energiebereich gute Chancen für weitere Kooperationen. Gül erwartet weiter, dass sein Land in den kommenden zehn Jahren zu den Top-10 der weltweiten Wirtschaftsnationen aufsteigen werde. Bundespräsident Fischer zeigte andererseits die Vorteile für türkische Investoren in Österreich auf: "So wie die Türkei auch ein Sprungbrett für Unternehmen ist, die in die Schwarzmeerregion oder den Nahen Osten expandieren wollen, hat Österreich eine Brückenfunktion nach Mittel- und Osteuropa und bietet neben der hohen Qualität seiner Arbeitskräfte zusätzlich eine gut ausgebaute Infrastruktur, sozialen Frieden, Stabilität und Lebensqualität."

Chancen für österreichische Unternehmen in allen Bereichen
Die türkische Wirtschaft ist nach einer Wachstumsdelle im Krisenjahr 2009 wieder auf Expansionskurs. Die Wachstumsrate lag 2010 bei 9% und für heuer wird ein BIP-Plus fast 5% erwartet. Gute Chancen für österreichische Firmen in der Türkei sieht WKÖ-Präsident Leitl praktisch in allen Branchen, wie auch die aktuelle Streuung österreichischer Unternehmen in der Türkei zeigt: Vertreten sind Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen wie Energie, Finanzdienstleistungen, Papier, Bau, Spanplatten, Dämmstoffe oder Gewürze. Insgesamt sind rund 200 österreichische Firmen in der Türkei aktiv. Abschließend betonte Leitl, dass die Türkei auch für kleinere und mittlere Unternehmen Chancen biete: "Die WKÖ ist mit ihren zwei AußenwirtschaftsCentern in Ankara und Istanbul für alle Betriebe da, die sich in der Türkei engagieren wollen." Zu den großen Investitionen österreichischer Unternehmen gehören die Aktivitäten von OMV, welche 2010 das Tankstellennetz von Petrol Ofisi übernommen und den Bau eines Gaskraftwerkes in der Nähe der Schwarzmeerstadt Samsun begonnen hat. Zu den weiteren Projekten gehört der Bau der Nabucco Gaspipeline. Der Verbund, welcher bereits die Stromversorgung von Ankara und der bis zum Schwarzmeer reichenden Provinzen mit 5 Mio. Kunden durchführt, hat 2010 ein Gas- sowie ein Windkraftwerk eröffnet, welche beide am Marmarameer liegen. Der Markteinstieg von bauMax erfolgte im Frühjahr 2010 mit der Eröffnung des ersten Marktes in Samsun, ein zweiter Markt wurde in Izmit im Einzugsgebiet von Istanbul eröffnet. Im Sommer erfolgte auch der Spatenstich für die Errichtung eines Weichenwerks von Voestalpine in Kooperation mit den türkischen Staatsbahnen sowie die Übernahme von 71,5% der Anteile am türkischen Kantenhersteller Roma Plastik durch Egger Holzwerkstoffe.
     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet sich in der Regel nach deren
Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der Personen. Die Redaktion

 
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