Prioritäten der Bundesregierung bei COSAC-Treffen vorgestellt
Brüssel/Wien (pk) – Die parlamentarische Stimme zur Zukunft der Europäischen Union füllte
am 9. Juli die Hofburg. Für die österreichische Bundesregierung ergriff Staatssekretärin Karoline
Edtstadler das Wort bei der COSAC-Tagung des Parlaments. Ehe sie den TeilnehmerInnen – VertreterInnen der EU-Ausschüsse
aus den EU-Mitgliedstaaten bzw. aus Ländern des Westbalkans und RepräsentantInnen des Europäischen
Parlaments – die Schwerpunkte von Österreichs Ratsvorsitz erläuterte, hielt Edtstadler fest: "Wir
freuen uns auf eine intensive Partnerschaft im Dienste der europäischen Idee".
Seit Österreichs letztem EU-Ratsvorsitz 2006 habe die parlamentarische Dimension deutlich an Gewicht gewonnen,
zeigte sich Edtstadler erfreut. Dies sei nicht zuletzt angesichts zahlreicher Herausforderungen zu begrüßen,
nannte sie als Beispiele den verstärkten internationalen Wettbewerb, Migrationsbewegungen, Terrorismus und
Klimawandel. Die EU müsse in der Lage sein, diese Herausforderungen zu meistern, das könne sie aber nur,
wenn die BürgerInnen europäische Maßnahmen mittragen. Mehr Bürgernähe sei folglich gefragt:
"Es ist unsere Pflicht, das Vertrauen in europäische Institutionen wieder herzustellen", sodass
das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente als "Sprachrohre" für Bürgerinnen
und Bürger wahrgenommen würden. Das Motto des österreichischen Vorsitzes, "Europa, das schützt",
trage dem Rechnung. Allen sei bewusst, dass "diese Zeit eine sehr wesentliche Zeit ist" – eine bewegte
Zeit, unter schwierigen Voraussetzungen. "Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung", warb Edstadler,
die sich selbst als "glühende Europäerin" bezeichnete, für enge Kooperation zwischen der
Parlamentarischen Versammlung und dem Ratsvorsitz.
Subsidiarität soll Europa stärken
Wichtig ist für Staatssekretärin Edtstadtler in diesem Zusammenhang die Subsidiarität. "In
Vielfalt geeint" entspreche dem Vorsatz, die Debatte großer Fragen im Unionsrahmen zu führen und
als EU geeint stark aufzutreten. In Politikbereichen, die besser auf nationaler oder regionaler Ebene gelöst
werden, solle sich Brüssel dagegen zurücknehmen. Die Europäische Kommission habe zur Subsidiarität
bereits eine eigene Task Force eingerichtet, informierte sie, ein entsprechender Bericht werde demnächst an
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übergeben. Österreich veranstalte als Ratsvorsitzland in
Bregenz kommenden November eine Konferenz dazu. Weiters habe die aktive Bürgerbeteiligung als Mittel, Anliegen
zur EU-Politik vorzubringen, einen höheren Stellenwert zu erhalten, betonte Edtstadler, die einen Abschluss
der Reform Europäischer Bürgerinitiativen noch unter österreichischem Vorsitz in Aussicht stellte.
"Wir können die BürgerInnen nur mitnehmen, wenn wir es schaffen, ihnen den Mehrwert der EU zu verdeutlichen".
Schwerpunktsetzung im Dienste der BürgerInnen
Konkret auf die Schwerpunkte des Ratsvorsitzes eingehend – Kampf gegen illegale Migration, Wohlstand durch Digitalisierung,
Stabilität im benachbarten Südosteuropa – erläuterte Staatssekretärin Edtstadler Details dieser
Prioritäten. Dem Schutz der EU-Außengrenze unter Einhaltung der Menschenrechte widme sich der Europäische
Rat am 20. September in Salzburg, bei dem die Staats- und Regierungschefs außerdem die Stärkung von
der europäischen Küstenwache Frontex, ein gemeinsames resilientes Asylwesen und die Reform des Dublinsystems
– Stichwort Dublin IV - erörtern würden. "Wesentlich ist, hier Lösungen für die Menschen
zu finden", denn Sicherheit und Migration stünden in direktem Zusammenhang. Europa müsse auch in
Krisenzeiten handlungsfähig bleiben. Ähnlich ist laut Edtstadler das Ziel bei der EU-Wirtschaftspolitik.
Zwar sei die EU immer noch global führende Handelsmacht, doch gehe der europäische Anteil an der weltweiten
Wirtschaftsleistung zurück. Zahlreiche Dossiers stünden hier zur Verhandlung an, etwa für faire
Wettbewerbsbedingungen oder zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft gemeinsam mit einem "ausgewogenen Regelungsrahmen
im Sinne der Digitalisierung". Die Abwehr von Cyber Crime-Attacken bedürfte ebenfalls weitreichender
Maßnahmen.
Westbalkan wichtiger Teil Europas
Anstrengungen unternehme Österreich überdies, den Westbalkan näher an die EU heranzuführen,
immerhin seien Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Bosnien und der Kosovo wirtschafts- und sicherheitspolitisch
ein wichtiger Teil Europas. "Sicherheit und Frieden sind in Europa nur möglich, wenn in der Nachbarschaft
auch Frieden herrscht." Ihre Verlässlichkeit hätten die Länder schon im Rahmen der Migrationskrise
bewiesen, erklärte Edtstadler. Nun gelte es daran zu arbeiten, dass die Westbalkanstaaten die Kriterien für
einen EU-Beitritt erfüllen. "Österreich verbindet eine lange Tradition mit den Staaten des Westbalkans",
dieser Spirit sollte nach Brüssel weitergetragen werden, um den Ländern eine echte EU-Perspektive zu
geben. Im Gegenzug wolle man europäische Werte in den Westbalkan tragen. Ebenso habe man die Stabilisierung
in afrikanischen Ländern voranzutreiben. Österreich trachte aber auch danach, innerhalb der EU als Brückenbauer
zu wirken und den Erhalt des demokratischen Bewusstseins abzusichern.
Zu den begonnen Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union für
die Jahre 2021 bis 2027, sagte die Regierungsvertreterin, Österreich habe sich einen schnellen Abschluss mit
europäischem Mehrwert zum Ziel gesetzt. "Es ist im Interesse von uns allen". Die veranschlagten
Mittel müssten effizienter eingesetzt werden, sektorale Teilbereiche wie die Kohäsionspolitik bedürften
einer Neuausrichtung. Zeitlich begrenzt – nämlich bis Herbst 2018 - seien die Möglichkeiten, einen geordneten
EU-Austritt des Vereinigten Königreichs auszuverhandeln und für die parlamentarische Ratifizierung zu
finalisieren. Eine gute Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich sei jedenfalls anzustreben, unterstrich
Edtstadler. Außerdem machte sie sich für den Beitritt der EU zur europäischen Menschenrechtskonvention
stark.
In der anschließenden Diskussion war die Migration herausragendes Thema. Bestätigt wurde vom Plenum
die Bedeutung der Migrationsfrage bzw. eines nachhaltigen Schutzes der EU-Außengrenze, schon im Sinne der
Binnenfreizügigkeit und des Kampfs gegen Schlepper. Eine Änderung des Dublinsystems, das nur den Eintrittsländern
die Verantwortlichkeiten für die Versorgung der Flüchtlinge überträgt, wurde dabei mehrfach
eingemahnt. Allerdings wurden auch Stimmen laut, die vor einer Entmenschlichung der Migrationsdebatte warnten und
mehr Mittel für Integration sowie Entwicklungszusammenarbeit einforderten.
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