Edtstadler: Ratsvorsitz Österreich setzt auf
 parlamentarische Zusammenarbeit

 

erstellt am
10. 07. 18
13:00 MEZ

Prioritäten der Bundesregierung bei COSAC-Treffen vorgestellt
Brüssel/Wien (pk) – Die parlamentarische Stimme zur Zukunft der Europäischen Union füllte am 9. Juli die Hofburg. Für die österreichische Bundesregierung ergriff Staatssekretärin Karoline Edtstadler das Wort bei der COSAC-Tagung des Parlaments. Ehe sie den TeilnehmerInnen – VertreterInnen der EU-Ausschüsse aus den EU-Mitgliedstaaten bzw. aus Ländern des Westbalkans und RepräsentantInnen des Europäischen Parlaments – die Schwerpunkte von Österreichs Ratsvorsitz erläuterte, hielt Edtstadler fest: "Wir freuen uns auf eine intensive Partnerschaft im Dienste der europäischen Idee".

Seit Österreichs letztem EU-Ratsvorsitz 2006 habe die parlamentarische Dimension deutlich an Gewicht gewonnen, zeigte sich Edtstadler erfreut. Dies sei nicht zuletzt angesichts zahlreicher Herausforderungen zu begrüßen, nannte sie als Beispiele den verstärkten internationalen Wettbewerb, Migrationsbewegungen, Terrorismus und Klimawandel. Die EU müsse in der Lage sein, diese Herausforderungen zu meistern, das könne sie aber nur, wenn die BürgerInnen europäische Maßnahmen mittragen. Mehr Bürgernähe sei folglich gefragt: "Es ist unsere Pflicht, das Vertrauen in europäische Institutionen wieder herzustellen", sodass das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente als "Sprachrohre" für Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen würden. Das Motto des österreichischen Vorsitzes, "Europa, das schützt", trage dem Rechnung. Allen sei bewusst, dass "diese Zeit eine sehr wesentliche Zeit ist" – eine bewegte Zeit, unter schwierigen Voraussetzungen. "Wir brauchen dafür Ihre Unterstützung", warb Edstadler, die sich selbst als "glühende Europäerin" bezeichnete, für enge Kooperation zwischen der Parlamentarischen Versammlung und dem Ratsvorsitz.

Subsidiarität soll Europa stärken
Wichtig ist für Staatssekretärin Edtstadtler in diesem Zusammenhang die Subsidiarität. "In Vielfalt geeint" entspreche dem Vorsatz, die Debatte großer Fragen im Unionsrahmen zu führen und als EU geeint stark aufzutreten. In Politikbereichen, die besser auf nationaler oder regionaler Ebene gelöst werden, solle sich Brüssel dagegen zurücknehmen. Die Europäische Kommission habe zur Subsidiarität bereits eine eigene Task Force eingerichtet, informierte sie, ein entsprechender Bericht werde demnächst an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker übergeben. Österreich veranstalte als Ratsvorsitzland in Bregenz kommenden November eine Konferenz dazu. Weiters habe die aktive Bürgerbeteiligung als Mittel, Anliegen zur EU-Politik vorzubringen, einen höheren Stellenwert zu erhalten, betonte Edtstadler, die einen Abschluss der Reform Europäischer Bürgerinitiativen noch unter österreichischem Vorsitz in Aussicht stellte. "Wir können die BürgerInnen nur mitnehmen, wenn wir es schaffen, ihnen den Mehrwert der EU zu verdeutlichen".

Schwerpunktsetzung im Dienste der BürgerInnen

Konkret auf die Schwerpunkte des Ratsvorsitzes eingehend – Kampf gegen illegale Migration, Wohlstand durch Digitalisierung, Stabilität im benachbarten Südosteuropa – erläuterte Staatssekretärin Edtstadler Details dieser Prioritäten. Dem Schutz der EU-Außengrenze unter Einhaltung der Menschenrechte widme sich der Europäische Rat am 20. September in Salzburg, bei dem die Staats- und Regierungschefs außerdem die Stärkung von der europäischen Küstenwache Frontex, ein gemeinsames resilientes Asylwesen und die Reform des Dublinsystems – Stichwort Dublin IV - erörtern würden. "Wesentlich ist, hier Lösungen für die Menschen zu finden", denn Sicherheit und Migration stünden in direktem Zusammenhang. Europa müsse auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben. Ähnlich ist laut Edtstadler das Ziel bei der EU-Wirtschaftspolitik. Zwar sei die EU immer noch global führende Handelsmacht, doch gehe der europäische Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung zurück. Zahlreiche Dossiers stünden hier zur Verhandlung an, etwa für faire Wettbewerbsbedingungen oder zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft gemeinsam mit einem "ausgewogenen Regelungsrahmen im Sinne der Digitalisierung". Die Abwehr von Cyber Crime-Attacken bedürfte ebenfalls weitreichender Maßnahmen.

Westbalkan wichtiger Teil Europas
Anstrengungen unternehme Österreich überdies, den Westbalkan näher an die EU heranzuführen, immerhin seien Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Bosnien und der Kosovo wirtschafts- und sicherheitspolitisch ein wichtiger Teil Europas. "Sicherheit und Frieden sind in Europa nur möglich, wenn in der Nachbarschaft auch Frieden herrscht." Ihre Verlässlichkeit hätten die Länder schon im Rahmen der Migrationskrise bewiesen, erklärte Edtstadler. Nun gelte es daran zu arbeiten, dass die Westbalkanstaaten die Kriterien für einen EU-Beitritt erfüllen. "Österreich verbindet eine lange Tradition mit den Staaten des Westbalkans", dieser Spirit sollte nach Brüssel weitergetragen werden, um den Ländern eine echte EU-Perspektive zu geben. Im Gegenzug wolle man europäische Werte in den Westbalkan tragen. Ebenso habe man die Stabilisierung in afrikanischen Ländern voranzutreiben. Österreich trachte aber auch danach, innerhalb der EU als Brückenbauer zu wirken und den Erhalt des demokratischen Bewusstseins abzusichern.

Zu den begonnen Verhandlungen über den Mehrjährigen Finanzrahmen der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027, sagte die Regierungsvertreterin, Österreich habe sich einen schnellen Abschluss mit europäischem Mehrwert zum Ziel gesetzt. "Es ist im Interesse von uns allen". Die veranschlagten Mittel müssten effizienter eingesetzt werden, sektorale Teilbereiche wie die Kohäsionspolitik bedürften einer Neuausrichtung. Zeitlich begrenzt – nämlich bis Herbst 2018 - seien die Möglichkeiten, einen geordneten EU-Austritt des Vereinigten Königreichs auszuverhandeln und für die parlamentarische Ratifizierung zu finalisieren. Eine gute Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich sei jedenfalls anzustreben, unterstrich Edtstadler. Außerdem machte sie sich für den Beitritt der EU zur europäischen Menschenrechtskonvention stark.

In der anschließenden Diskussion war die Migration herausragendes Thema. Bestätigt wurde vom Plenum die Bedeutung der Migrationsfrage bzw. eines nachhaltigen Schutzes der EU-Außengrenze, schon im Sinne der Binnenfreizügigkeit und des Kampfs gegen Schlepper. Eine Änderung des Dublinsystems, das nur den Eintrittsländern die Verantwortlichkeiten für die Versorgung der Flüchtlinge überträgt, wurde dabei mehrfach eingemahnt. Allerdings wurden auch Stimmen laut, die vor einer Entmenschlichung der Migrationsdebatte warnten und mehr Mittel für Integration sowie Entwicklungszusammenarbeit einforderten.

 

 

 

Siehe auch:
Sobotka zu Ratsvorsitz: Es geht um ein respektvolles Miteinander im Interesse gemeinsamer Lösungen
Timmermans warnt vor Renaissance nationalstaatlichen Denkens

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at
http://www.eu2018parl.at

 

 

 

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