NR-Präsident Sobotka und BR-Präsidentin Posch-Gruska eröffnen Konferenz der
COSAC-Vorsitzenden im Großen Redoutensaal
Brüssel/Wien (pk) - Österreich wolle im Rahmen seines Ratsvorsitzes Wege zu einem respektvollen
Miteinander aufzeigen, unterstrich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gegenüber den Vorsitzenden
der Europaausschüsse der Parlamente der Mitgliedstaaten (COSAC), die am 9. Juli zu einer Konferenz im
Großen Redoutensaal der Hofburg trafen. Unterschiedliche Positionen müssten akzeptiert und respektiert
werden, im Endeffekt habe die gemeinsame Lösung im Vordergrund zu stehen.
Sobotka: Die EU fällt nicht auseinander
Es gehe darum, dass Europa wieder geeinter auftritt, betonte Sobotka. Er gehöre nicht zu jenen, die meinen,
Europa stehe an einem Scheideweg und werde angesichts der großen Herausforderungen auseinanderfalle. Denn
die EU habe schon viele Krisen bewältigt, rief der Nationalratspräsident zu einer positiven Haltung auf.
Gleichzeitig warnte er, die Errungenschaften des Friedens, des Wohlstands, der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie
nicht aufs Spiel zu setzen. Die Sorgen, Ängste und Nöte der Menschen dürfe man jedoch nicht negieren.
Darin sieht Sobotka eine wesentliche Aufgabe des Parlamentarismus. Dieser könne einen wesentlichen Beitrag
zur Festigung der Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit und zur Bürgernähe leisten, zeigte er sich
davon überzeugt, dass die parlamentarische Zusammenarbeit wichtiger denn je ist.
Das heutige Treffen der COSAC-Vorsitzenden unter Vorsitz des Obmanns des EU-Unterausschusses des Nationalrats,
Reinhold Lopatka, und des Obmanns des EU-Ausschusses des Bundesrats, Christian Buchmann, markiert den Beginn der
"parlamentarischen Dimension" des österreichischen Ratsvorsitzes. Auch VertreterInnen der Staaten
des Westbalkans nehmen an der Tagung teil. Bereits gestern trafen einander die Vorsitzenden der Parlamente der
Troika (Bulgarien, Österreich, Rumänien).
Begrüßt wurden die TeilnehmerInnen von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsidentin
Inge Posch-Gruska. Über die Schwerpunkte des österreichischen Ratsvorsitzes informierte Staatssekretärin
Karoline Edtstadler, über die Zukunft und Perspektiven der EU diskutierten die KonferenzteilnehmerInnen mit
dem Ersten Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans und der Vizepräsidentin des EU-Parlaments,
Mairead MacGuiness.
Sobotka: Frage der Migration ist Thema des 21. Jahrhunderts
Der Nationalratspräsident wies auf die enormen aktuellen Aufgaben innerhalb der Union, aber auch global hin,
mit denen sich die EU konfrontiert sieht. Als besondere Herausforderungen nannte Sobotka die Sicherheits- und Migrationskrise,
da diese die Menschen auch emotionale stark bewege. Die erhöhte Terrorgefahr seit den Pariser Anschlägen
von 2015 habe zu einer besseren europäischen Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte geführt, wodurch
neue Anschläge verhindert werden konnten. Als große Aufgaben bezeichnete Sobotka den Kampf gegen sogenannte
"ausländische terroristische Kämpfer", den radikalen Islam in Europa und darüber hinaus
sowie Cyberkriminalität in allen Formen.
Migration sei das Thema des 21. Jahrhunderts. Die Voraussetzungen für einen effektiven Außengrenzschutz
seien bisher nicht erfüllt worden, merkte er kritisch an. Der Nationalratspräsident unterstützte
daher explizit den jüngsten Ratsbeschluss zur Stärkung des Schutzes der Außengrenzen und des Mandats
von Frontex. Gleichzeitig mahnte Sobotka aber auch verstärkte Bemühungen um Integration und Hilfe vor
Ort in den Herkunftsländern ein.
Darüber hinaus müsse der Ratsvorsitz die Verhandlungen zum Mehrjährigen EU-Budget vorantreiben,
wo es um mehr Effizienz gehe sowie darum, um das Spannungsfeld Nettozahler, EU-Kommission und EU-Parlament in Einklang
zu bringen. Die Finanzkrise sei zwar größtenteils überwunden, merkte Sobotka zudem an, die Bankenunion
aber noch nicht vollendet und der Euro habe noch nicht die Bedeutung, die ihm als europäischer Währung
zukommen sollte.
Ein besonderes Anliegen ist dem Nationalratspräsidenten die Heranführung der Länder des Westbalkans
an die EU, um Stabilität in der unmittelbaren Nachbarschaft zu gewährleisten. Das österreichische
Parlament wolle seinen Beitrag dazu leisten und setze Initiativen zur Weiterentwicklung des Parlamentarismus in
der Region, darunter auch ein Stipendienprogramm für ParlamentarierInnen und MitarbeiterInnen der Parlamentsverwaltungen.
Ferner unterstütze die Demokratiewerkstatt des österreichischen Parlaments bereits jetzt Montenegro und
den Kosovo bei Programmen zur Vermittlung von Parlamentsarbeit und Demokratie, andere Staaten zeigten sich interessiert.
Als weitere anstehende Themen nannte der Nationalratspräsident den Brexit, wobei er die Notwendigkeit eines
einheitlichen Auftretens der EU-27 unterstrich, sowie das transatlantische Verhältnis als eine tragende Säule
der Europapolitik, das aber aktuell die EU vor große wirtschaftliche und diplomatische Herausforderungen
stelle. Sobotka trat dabei für starke und klare Antworten seitens der EU ein. Was den Dialog mit Russland
betrifft, so meinte er, langfristig sei Stabilität in der europäischen Nachbarschaft nur dann gegeben,
wenn Russland mit am Tisch sitzt.
Posch-Gruska: Subsidiarität nicht für Nationalismen missbrauchen
Als "Europakammer und Zukunftskammer" bezeichnete Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska den Bundesrat.
Dieser sehe sich vor allem auch als Schnittstelle zwischen der EU und ihren BürgerInnen. Deshalb stelle die
Subsidiaritätskontrolle einen besonderen Schwerpunkt in der Arbeit der Länderkammer dar, betonte Posch-Gruska
und wies darauf hin, dass der EU-Ausschuss des Bundesrates einer der aktivsten innerhalb der EU sei.
So wichtig die Subsidiarität auch im Hinblick auf Bürgernähe ist, so eindringlich warnte die Bundesratspräsidentin
aber auch davor, dieses Prinzip für Nationalismen zu missbrauchen. Es gehe vielmehr darum, das Vertrauen der
BürgerInnen wieder zurückzugewinnen, sagte sie.
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